Der wesentliche Punkt bei Kunst ist für mich das der Künstler sich Gedanken zur Aussage seines Werkes gemacht hat und das Werk vorstellbar und reproduzierbar bzw. fest ist.
Zum ersten Punkt würde ich sagen, dass das definitv kein Kriterium für Kunst sein kann; viele Künstler lehnen die Vorstellung einer dem Werk vom Künstler beigelegten Aussage doch gerade ab und sehen ihre Kunst als eine Auseinandersetzung mit dem Material, die ein Ergebnis hervorbringt, dass beim Betrachter gerade Wirkungen jenseits einer inhaltlichen Aussage erzielen.
Und zum reproduzierbaren/vorstellbaren/festen: Was ist beispielsweise mit einer Improvisations-Tanzperformance? Kann die keine Kunst sein? Klar, man kann sie auf Video aufzeichnen, womit sie ansatzweise reproduzierbar ist, aber das gilt ja auch für Rollenspielrunden.
Und dann würde ich noch mal einen Denkanstoß zum Verhältnis Material/Werk ins Spiel bringen: ich glaube, dass eine Trennung zwischen den Materialien als Mittel, mit dem der Künstler seine Vision umsetzt, und dieser Vision/dem Werk als Kunstwerk falsch ist. Ich bin jetzt auch nicht der große Kunsttheoriekenner, bin aber ziemlich überzeugt, dass der künstlerische Prozess beispielsweise bei einem Maler in der Regel viel damit zu tun hat, die verschiedenen Qualitäten einer Farbe (Konsistenz, Reflektion, Struktur) zu erforschen, die Farben also nicht einfach nur austauschbares Mittel zur Umsetzung einer schon vorher im Kopf bestehenden Vision sind, sondern ein Stück Wirklichkeit, mit der sicher der Künstler auseinandersetzt, um Kunst zu schaffen.
So würde ich wenn überhaupt dann auch die Regelmechaniken als Material interpretieren: Sie wären dann halt nicht bloß ein austauschbares Mittel zum Zweck. Und damit hätte sich dann auch die Trennung zwischen dem "Erzählkunstteil" und der "bloßen Mechanik" für mich erledigt.
@Huntress:
Mir geht es übrigens nicht darum, "künstlerisch wertvolles Rollenspiel" zu propagieren oder Groschenroman-Storys im Rollenspiel (oder überhaupt) schlechtzureden; ich finde es nur komisch, wenn gerade der erzählerische Inhalt von Rollenspiel zum "Kunstwerk" erhoben werden soll, weil gerade das ein Aspekt des Rollenspiels ist, der meiner Erfahrung nach am wenigsten den normativen Ansprüchen an Kunst gerecht wird. Wenn man schon "Rollenspiel als Kunst" begründen will, dann wäre es sehr viel sinnvoller, auf das Besondere des Rollenspiels abzuheben, also auf die Verknüpfungen von Spiel, Schauspiel und Geschichtenerzählen, anstatt den Spielaspekt aus dem Künstlerischen auszugrenzen.
Letztendlich habe ich auch kein Interesse an "künstlerischem Rollenspiel"; Wellentänzers Ansatz macht auf mich aber dem Eindruck, dass er letztlich nur mal wieder die Mär wiederholt, dass Regeln egal seien und "anspruchsvolles Rollenspiel" im Prinzip ohne sie auskäme, nur um das dann auch noch als Kunst zu überhöhen, und das geht mir doch gegen den Strich, weil das weder dem Rollenspiel noch irgendeinem Kunstbegriff gerecht wird.