Ich mag kein Experte sein, aber ich denke nicht dass diese Beispiele passend sind: im ersten wird eine regel angewendet, der Char verfügt über eine Fähigkeit, die genau das (nach den Regeln) abbildet. Genauso könnte ein D&D-Char über Jack-of-all-trades oder sogar über Tongues agieren - beides einfach regeln, die ihm in der Situation helfen. Und auch hier wird er letztlich das Eiverständnis des SL brauchen, damit es klappt.
Auch im zweiten Fall gibt der SL den letzten Ton an. Bisher habe zumindest ich aber (von einigen hier) verstanden, dass der Spieler etwas hinzuerfindet und sich der SL letztlich nicht dagegen wehren kann, weil er letztlich auch nur ein Spieler mit Sonderfunktionen ist.
Nicht wirklich, Charakter-Aspekte sind in Fate keine klar definierten "Fähigkeiten" wie in traditionellen Systemen, sondern legen eher "Themen" fest, die für den Charakter bedeutsam sind/werden können. Es gibt keine Regel, die ausdrücklich besagen würde, dass ein Charakter mit dem Aspekt
If I Haven’t Been There, I’ve Read About It einen Fate-Punkt ausgeben darf, um eine beliebige Sprache zu können (und ein anderer Charakter mit Aspekt AB stattdessen YZ).
Stattdessen lautet die Regel (in Fate Core) ganz allgemein:
Sometimes, you want to add a detail that works to your character’s advantage in a scene. For example, you might use this to narrate a convenient coincidence, like retroactively having the right supplies for a certain job (“Of course I brought that along!”), showing up at a dramatically appropriate moment, or suggesting that you and the NPC you just met have mutual clients in common.
To do this, you’ll spend a fate point. You should try to justify your story details by relating them to your aspects. GMs, you have the right to veto any suggestions that seem out of scope or ask the player to revise them, especially if the rest of the group isn’t buying into it.
Definitionsfragen sind immer schwierig, aber ich würde das definitiv als ein Beispiel für Shared Narrative Control sehen. Der Spieler gibt einen Gummi-Punkt aus, um ein erzählerisches Detail vorzuschlagen, dass so noch nicht im Spiel etabliert war. Er übt damit also selbst beschränkt narrative Kontrolle aus, die traditionellerweise Spielleitern vorbehalten ist/war.
Shared Narrative Control schließt übrigens in meinen Augen nicht aus, dass die Vorschläge noch "abgenickt" werden müssen. In manchen Fällen ist das der Spielleiter, in vielen Fällen aber auch die Gruppe, die entweder begeistert zustimmt oder kopfschüttelnd Veto einlegt, weil die Idee ihnen nicht in den Kram passt (auf Alt-Forge-isch ausgedrückt: ihren "shared imagined space" verletzen und damit die "suspension of disbelief" brechen würde).
Die Notwendigkeit von Gruppenkonsens sorgt dafür, dass eingebrachte Ideen sich reibungslos in das Spiel (lies: Setting-Festschreibungen, Genre-Konventionen etc.) einfügen. Darauf würde ich nicht verzichten wollen – es sei denn, ich ziele ganz bewusst auf ein surreales Spielerlebnis ab.
Als weiteres Beispiel für "Shared Narrative Control" würde ich in Fate Core "Success with a Cost" sehen. Schlägt ein Würfelwurf fehl, kann der Spieler sich entscheiden, statt einem schlichten Fehlschlag das Ziel doch zu erreichen, aber zu einem Preis – ein klarer Fall von "Ja, aber". Dabei ist es ausdrücklich eine Option, dass der Spieler den "Preis" selbst vorschlägt (
http://fate-srd.com/fate-core/what-do-during-play#let-the-player-do-the-work)
Beispiel: "Ja, du schaffst es, die Türe aufzubrechen, aber machst dabei so viel Krach, dass dich bestimmt irgendjemand gehört hat. Was tust du?" (anstatt: "Nein, diese Tür bekommst du nicht auf, du wirst dir wohl einen anderen Weg suchen müssen. Was tust du?")