Ich habe mit Midgard angefangen und das viele Jahre gespielt. Am Anfang haben wir einiges ausprobiert: DSA, AD&D, Runequest, auch ein paar Exoten, die heute kaum noch jemand kennt (Chivalry & Sorcery, Swordbearer). Es war damals so, dass zumindest für uns Midgard relativ schnell als das überlegenere System dastand.
Es gibt auch Systeme, die wir eine Weile zu Midgard parallel gespielt haben:
Traveller - Wir wollten mal ein neues Genre ausprobieren und haben das eine ganze Weile auch gespielt. Irgendwann haben wir es wieder gelassen. Ich glaube, uns nervten damals diese kaum vorhandenen Lernmöglichkeiten der Travellercharaktere - ja und die schon legendär bescheuerten Charaktererschaffungsregeln.
Harnmaster - Das kam etwas später. Uns erschien das damals als ein System, das Midgard überlegen war. Zum ersten Mal eigentlich. Wir haben es eine Weile gespielt und ich würde es auch heute noch jederzeit Midgard vorziehen... aber leider hat Columbia Games eine recht gewöhnungsbedürftige Veröffentlichungspolitik. Die Sachen sind nicht so einfach zu bekommen, es gab eine neue Edition, von der wir ein paar Sachen kauften, aber irgendwann wussten wir nicht: Haben wir das schon oder ist das etwas neues? Irgendwann waren wir abgehängt und hatten den Überblick verloren. Dann eben wieder Midgard.
Dann kam Ars Magica - Wir haben es gespielt, weil es etwas Neues in unser Spiel mitbrachte: den Covenant als Metacharakter, eine Menge Spielercharaktere, unter denen man wählen kann, ein Magiesystem mit relativ großem Eigenbau-Anteil. Das System reizt mich immer noch. Die Regeln sind anspruchsvoll und manchmal fluche ich auch darüber. Aber wenn ich mich in irgendein Thema bei Ars Magica hineingekniet habe, passiert es mir oft, dass ich am Ende verstehe und sich für mich eine neue Spielebene erschließt. Das macht mir Spaß und deshalb bin ich auch immer noch dabei. Seit der 5. Edition spiele ich es sogar häufiger als Midgard, denn was man mit Midgard machen kann, weiß ich inzwischen sehr genau und es reizt mich nicht mehr wirklich.
Lange Jahre gab es nur Ars Magica und Midgard für mich. Dann wurde meine Midgardrunde so lahm, dass etwas passieren musste. Ich wusste, dass mit diesen Leuten Ars Magica nicht zu machen ist. Also begann ich mal über meinen Tellerrand hinaus zu schielen - und musste erstaunt feststellen, dass es eine Theoriediskussion gab, in der über Sachen gesprochen wurde, von denen ich nicht die geringste Ahnung hatte. Ich las ein paar Forge-Artikel und gestehe: am Anfang fand ich das extrem bescheuert. Ich wollte spielen, nicht theoretisieren. Frustriert vom Gelaber kehrte ich zu Midgard zurück. Aber die Diskussionen hörten nicht auf. Ich bekam am Rande mit, wie Systeme kategorisiert wurden: das ist ein System, mit dem man dies und jenes machen kann... offensichtlich entstanden sogar Systeme, nur weil vorher gelabert wurde! Irgendwann fielen Worte wie Indie-Revolution. Hm, dachte ich, da scheint irgendwie eine Entwicklung stattzufinden, die an mir komplett vorbei geht, obwohl ich das möglicherweise spannend finde. Inzwischen habe ich den ein oder anderen Tanelorn-Artikel gelesen und bin bereit zu ein paar Experimenten. Es kann gut sein, dass ich Midgard danach verschrotte.
Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass mir vor ein paar Tagen aufgefallen ist, wie sehr ich schon wieder hinterherhinke. Da eröffnet Wellentänzer doch wahrhaftig einen Strang, der behauptet, System does not matter. Jungejunge, ich habe ´ne ganze Weile gebraucht, bis ich für mich annehmen konnte, dass es sich lohnen kann, nach einem anderen System zu suchen. Ich habe mit großem Amüsement die Fiascoregeln durchgelesen und bei mir zuhause liegt Fate Core, das ich schon ein paarmal mit neugierigen Augen angesehen habe. Ich habe ein bisschen Aufbruchsstimmung und freue mich auf ein paar neue Erfahrungen. Und jetzt kommt als Bumerang bei Tanelorn jemand daher und behauptet: Ist doch egal, was du für ein Spiel spielst! Uff. (Ich weiß, dass es nicht ganz so gemeint war, aber trotzdem war ich erstmal etwas ernüchtert). Ist das die neueste Entwicklung? System egal? Dann verkünde ich hiermit, dass ich einiges aufzuholen habe. Ich werde jetzt ein paar Jahre lang Indie-Rollenspiele spielen und dann wieder alles in die Tonne treten. O.K.?
Chiarina.