Autor Thema: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern  (Gelesen 5501 mal)

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Offline Chiarina

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Ich habe gerade die Spielleitertipps zur Szenario- und Kampagnengestaltung aus dem Fate Core Regelwerk gelesen und mich gelüstet nach einem kleinen Austausch.

Zunächst meine möglicherweise subjektive Zusammenfassung: Was wird hier vorgeschlagen?
Schritt 1: Ich entwickle als Spielleiter aus den Setting- und Charakteraspekten Probleme.
Schritt 2: Einige wenige dieser Probleme werden zu einem Szenario gebündelt.
Schritt 3: Dann entwickle ich aus diesen Problemen "Story Questions", d. h., ich überlege mir, welche Zwischenschritte auf dem Weg zur Lösung aller oder zumindest einiger der Probleme denkbar sind ("Can/Will (character) accomplish (goal)?" ist in meinen Augen nichts anderes).
Schritt 4: Ich arbeite gemäß der Regeln wichtige und weniger wichtige NSC´s aus.
Schriitt 5: Ich überlege mir eine effektvolle erste Szene, mit der die Handlung in Gang kommt.
Und... das war´s. Es folgen ein paar Ratschläge, wie man anhand seiner "story questions" und Aspekten die Themen und Inhalte der folgenden Szenen gestalten kann und wie man Szenenanfänge und -enden findet. Dann ist endgültig Schluss.

Im Abschnitt "The scenario in play" findet sich der wunderbare Satz: "Notice that we don´t recommend predetermining what scenes and locations are going to be involved in your scenario - that´s because we find that most of the time, you´re going to throw out most of that material anyway, in the face of a dynamic group of players and their choices."

Wow, denke ich erstmal. Noch nicht mal Locations ausarbeiten! Diese ganzen situation aspects schüttele ich also aus dem Ärmel? Ich merke, dass das ein wichtiges Kapitel für mein bisheriges Rollenspielverständnis ist und versuche es zunächst mal mit der Haltung: Na und, was ist da schon besonderes dran?

Also: Was ist da schon besonderes dran? Wenn ich irgendwelche Kaufabenteuer kaufe und diese sind nicht ganz bescheuerte Railroading-Szenarien, dann gibt´s doch auch öfter mal Phasen, in denen das Vorgehen der Charaktere offener gehalten ist. Die Fate Abenteuer dauern laut Angaben drei bis vier Spielabende. (Später heißt es - etwas widersprüchlich - ein bis vier Abende, ich gehe im Foilgenden aber eher von drei bis vier Abenden aus, das ist einfach an meinen Gewohnheiten näher dran.) Die Kaufabenteuer, die ich spiele dauern oft länger als vier Spieleabende, manchmal viel länger. Bin ich bei Fate einfach nur auf einem niedrigeren Level gelandet? Umfasst das, was ich als Kaufabenteuer gewöhnt bin, bei Fate einfach drei oder vier Szenarien? Dann könnte es ja sein, dass sich bei Fate auf der Ebene, auf der meine üblichen Kaufabenteuer angesiedelt sind, doch wieder eine lineare Planung ergibt!

Ich bin etwas verwirrt und versuche erstmal zu klären, was diese Begriffe im Fate-Kontext bedeuten:
session: ein Abend (endet mit minor milestone)
scenario: drei bis vier Spieleabende (endet mit significant milestone)
story arc: zwei bis fünf Sitzungen (später heißt es - etwas widersprüchlich - ca. drei Scenarios, diese zweite Angabe kommt mir aber vernünftiger vor, ich gehe im Folgenden davon aus; story arc endet mit major milestone)
Campaign: mehrere story arcs

Nun zur Frage, ob die höheren Ebenen (also story arcs und campaign) prädeterminiert sind. Ich lese die Infos über Story Arcs:
„We recommend using the same method for building scenarios […] to build arcs, but changing the scope of the story questions you come up with.”
Ah ja. Jetzt nochmal gerade die höchste Planungsebene gecheckt (aber ich habe schon einen Verdacht):
„Building a campaign: […] if you want to do a little bit of focusing planning, the advice is the same as for arcs, except you´re generalizing even more.”
O.K. Es gibt also anders gesagt schlicht und einfach drei Ebenen von story questions: Kleinschrittige Fragen für die scenarios, mittelschrittige Fragen für die story arcs und großschrittige Fragen für die campaign.

Nun versuche ich mir ein Gesamtbild zu verschaffen. Was etwas verwirrend ist, ist ja die Tatsache, dass diese drei Ebenen synchron verlaufen. Wenn ich in einer campaign bin, bin ich gleichzeitig in einem story arc, bin ich gleichzeitig in einem scenario.
Um mir das genauer vorstellen zu können brauche ich ein Beispiel. Jetzt kommt eins. Ich lege hier keinen Wert auf Originalität, ich will nur dieses Kampagnenkonzept verstehen.

Settingaspekte sind: „Die Barbarenhorden kommen!“ (impending issue) Und „Der Egoismus der Mächtigen“ (current issue).
(Auf das Einfügen von Charakteraspekten verzichte ich jetzt mal, weil ich nicht auch noch Beispielcharaktere entwerfen will, nur um mir ein Bild von der Spielleiterplanung zu machen.)

Die campaign heißt: Mongolensturm (ich nehme einfach mal eine historische Welt mit Fantasyelementen an):
Story questions auf campaign Ebene:
1.   Können die Charaktere nach dem Erstkontakt das Schlimmste verhindern?
2.   Können die Charaktere übernatürliche Verbündete gewinnen?
3.   Können die Charaktere zusammen mit ihren Verbündeten die Mongolen zurückschlagen?

Nun soll ja möglichst viel offen bleiben, aber ein Anfang darf gesetzt werden. Ich schnappe mir also meinen Punkt 1 und mache einen story arc daraus.
Der story arc heißt: Können die Charaktere nach dem Erstkontakt das Schlimmste verhindern?
Story questions auf story arc Ebene
1.   Können die Charaktere die völlige Verwüstung einer Region verhindern?
2.   Können die Charaktere verhindern, dass der Großkhan der Mongolen alle Stämme zu einer einzigen Streitmacht vereinigt?
3.   Können die Charaktere einen mächtigen Schamanen der Mongolen unschädlich machen bzw. vielleicht sogar für eigene Zwecke einspannen?

Ich breche den story arc noch eine Ebene weiter herunter und lande auf der scenario Ebene. Auch hier stelle ich nur Fragen für den ersten Schritt.
Das scenario heißt: Können die Charaktere die völlige Verwüstung einer Region verhindern?
Story questions auf scenario Ebene:
1.   Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen?
2.   Können die Charaktere aus einer nahen Stadt ein paar wichtige Dinge retten, bevor die Mongolen über die Stadt herfallen?
3.   Können die Charaktere den König des Landes davon überzeugen, dass dem Mongolenangriff mit Nachdruck begegnet werden muss?

Mein erste Szene heißt nun: Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen. Gemäß den Richtlinien („Start things off by being as unsubtle as possible“) beginnt die ganze Geschichte mit einem für die Charaktere völlig überraschenden Überfall einer Mongolenvorhut auf ein Bauerndorf. Das Bauerndorf kann ich vielleicht noch ein wenig ausarbeiten, das war´s dann aber.

Dann erstelle ich ein paar NSC´s für das erste Szenario: vielleicht den Anführer der Mongolenvorhut, Mongolenmooks, Vertreter verschiedener Interessengruppen in der nahen Stadt, Stadtwachenmooks, König, zwei oder drei wichtigere Mitglieder des Hofstaates, königliche Soldatenmooks.

Das war´s. Die Spieler sind dran.

Ich habe jetzt einen Eindruck davon, was zumindest für mich wirklich anders ist. Die Rollenspiele, die ich gespielt habe, die Menschen, mit denen ich gespielt habe und auch die Abenteuer, die ich geleitet habe, die schienen mir stets zuzuflüstern: Sei vorbereitet! Je besser vorbereitet du bist, desto besser wird die Runde! Fate sagt mir: Naja, bereite dich eben ein bisschen vor, aber nicht zu sehr, denn wenn du gute Leute am Start hast, musst du sowieso alles wieder umschmeißen (und ich denke mir dazu: wenn du dann nicht dazu in der Lage bist, wird die Kampagne schlechter als sie sein könnte).

Ich fühle: Ich werde es mal auf diese Weise ausprobieren.

Meine Fragen:
1.   Habe ich´s überhaupt richtig verstanden?
2.   Hat das schon mal jemand so oder so ähnlich gemacht? Wenn ja, wäre ich sehr an Erfahrungsberichten interessiert.

Chiarina.
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 00:23 von Chiarina »
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Offline Anastylos

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #1 am: 5.11.2014 | 00:31 »
Meine Vorbereitung beinhaltet in der Regel zwischen drei und fünf Sätzen sowie stats für 1 - 2 wichtige nsc, eventuell auch mobs.

Es kann sich lohnen zu überlegen welche Werte die Mongolen haben sollen und wer im Dorf wichtig ist und dessen Werte. Die Spieler dürfen sich austoben bis die Mongolen kommen, dann müssen sie auf diese Reagieren und am Ende müssen die Spieler entscheiden was sie dann machen wollen. Aus dem was sie wollen und dem was ich angedacht habe picke ich das wieder ein paar Sätze für den nächsten Abend.


Offline Haukrinn

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #2 am: 5.11.2014 | 04:50 »
Meine Fragen:
1.   Habe ich´s überhaupt richtig verstanden?
2.   Hat das schon mal jemand so oder so ähnlich gemacht? Wenn ja, wäre ich sehr an Erfahrungsberichten interessiert.

1. Ja, absolut.
2. Ständig, und das nicht nur bei FATE. Und die Kernaussage ist absolut richtig - lass die Leute gemeinsam mit Dir eine Geschichte erschaffen und die Sache wird großartig. Greife Ideen auf, improvisiere, mach einfach mal fast nichts. Das funktioniert tatsächlich - sofern Du mit Leuten spielst die für so etwas offen sind. Wer Geschichten nicht erschaffen, sondern erleben möchte, ist da natürlich falsch. Wem Geschichten am Popo vorbei gehen - ebenfalls.

Die Konsequenz daraus ist dass dieser Leitstil bei "etabilierten" Rollenspielern in aller Regel nur funktioniert wenn diese diesen Stil offen annehmen oder eh schon pflegen. Ansonsten bist Du bei sowas tatsächlich mit Neulingen sehr viel besser bedient.
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Offline Slayn

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #3 am: 5.11.2014 | 07:51 »
Ich habe jetzt einen Eindruck davon, was zumindest für mich wirklich anders ist. Die Rollenspiele, die ich gespielt habe, die Menschen, mit denen ich gespielt habe und auch die Abenteuer, die ich geleitet habe, die schienen mir stets zuzuflüstern: Sei vorbereitet! Je besser vorbereitet du bist, desto besser wird die Runde! Fate sagt mir: Naja, bereite dich eben ein bisschen vor, aber nicht zu sehr, denn wenn du gute Leute am Start hast, musst du sowieso alles wieder umschmeißen (und ich denke mir dazu: wenn du dann nicht dazu in der Lage bist, wird die Kampagne schlechter als sie sein könnte).

Naja, es ist nicht so als ob man nicht Vorbereiten würde. Es verschiebt sich nur der Fokus.
Es ist z.B. nützlich ein Repertoire an "Standards" zu erarbeiten, also potentielle Locations, NSC, Plot-Schnipsel und für sich die Aspekte-Verteilung mit diesen Elementen schon mal einzuüben, damit man dann relativ schnell auf Spieltisch auf das Geschehen eingehen kann und man somit immer noch eine relativ stabile Qualität bringen kann.
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Offline Chiarina

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #4 am: 5.11.2014 | 11:04 »
Zitat von: Slayn
Es ist z.B. nützlich ein Repertoire an "Standards" zu erarbeiten, also potentielle Locations, [...] Plot-Schnipsel

Naja, wenn es das gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich keinen Strang eröffnet. Von der Entwicklung der Locations und Plot-Schnipsel im Voraus wird ja sogar abgeraten: "we don´t recommend predetermining what scenes and locations are going to be involved in your scenario". Natürlich kann man das trotzdem machen, keine Frage. Ich finde die Fate-Tipps aber gerade deshalb interessant, weil sie sich für mich ziemlich radikal anhören. Wenn von vornherein klar ist, dass ich Orte improvisieren muss, dann gelingt mir das vielleicht auch besser, als wenn in einem ausgearbeiteten Szenario plötzlich dieser Moment entsteht: "Oh, über diese Situation hat sich hier noch niemand Gedanken gemacht, Mist, da muss ich wohl improvisieren!"

Zur Aspekte-Verteilung: Ich glaube, es würde für mich am Anfang hilfreich sein, einfach zu wissen, wieviele es im Durchschnitt so in etwa sein sollten. Wie die dann konkret benannt werden, dazu fällt mir schon etwas ein.

Also konkrete Frage an die erfahrenen und eher frei vorgehenden Fate-Spielleiter: Die Charaktere kommen in das Bauerndorf und steuern den zentralen Platz an. Es ist gerade Wochenmarkt. Als Spielleiter hast du im Hinterkopf, dass in wenigen Augenblicken eine wilde Mongolenhorde das Dorf überfallen wird. Auf dem Marktplatz wird Chaos und Verwirrung herrschen. Wieviele Location-Aspekte improvisierst du dir so aus dem Ärmel?

Chiarina.
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Offline Tyloniakles

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #5 am: 5.11.2014 | 11:54 »
Ich glaube, das soll eher heißen: Bereite ruhig Orte, Figuren, etc. vor, aber benutze sie nur als Baukasten und sei flexibel. Wieviel man improvisiert ist jedem selbst überlassen, mach als SL  möglichst Angebote und lass die Spieler mitreden. Die Ansätze des Railroading sollen nur schon bei der Preparation vermieden werden.

Offline Slayn

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #6 am: 5.11.2014 | 12:07 »
@Chiarina:

Wir reden gerade an einander vorbei, fürchte ich.

Gerade wenn man bestimmte Genres bespielt, gibt es einfach bestimmte Tropen die man dazu beherrschen muss und die man dann in einer sich schnell verändernden Situation abrufen können sollte.
Trotz allem Player Enpowerment ist der SL immer noch die maßgebliche Instanz wenn es darum geht die nächste Szene auszugestallten und sinnvoll verwendbar zu machen, wobei es gerade da schon hilft zum passenden Genre schon ein paar vorsortierte Gedanken zu haben.

Was wären bei "Pulp" a la Indiana Jones passende Orte? Was macht sie "pulpig"? Was für NSC rennen rum? Was macht sie "pulpig"? Was wären Allround-Aspekte die man immer irgendwie anbringen kann weil sie zu "Pulp" gehören? Was wären Standard-Szenen die man schnell aufgreifen kann? Was wären passende Aspekte und Änderungen an einer Szene, die einfach zu "Pulp" gehören?

Beispiel: Die Spieler wollen spontan von A nach B reisen.
*Schnitt*
Ein Tramp-Frachter aus Trinidad (Die Crew ist schlimmer als Piraten/ Der Kaptän ist ein nicht ganz koscher / Ein schwimmender Haufen Rost / U-Boote? Wer hat was von U-Booten gesagt?) ....

Je mehr solcher Elemente man sich also schon ausgedacht und vielleicht schon etwas mehr ausgearbeitet hat, umso schneller kann man auch dem Genre entsprechend im Spiel auf alle Situationen reagieren und muss nicht lange erst rumfrickeln.
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 12:25 von Slayn »
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Offline Auribiel

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #7 am: 5.11.2014 | 12:36 »
Naja, wenn es das gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich keinen Strang eröffnet. Von der Entwicklung der Locations und Plot-Schnipsel im Voraus wird ja sogar abgeraten: "we don´t recommend predetermining what scenes and locations are going to be involved in your scenario".

Deckt sich mit meiner Erfahrung. Was aber mMn wirklich schwierig zu improvisieren sind, sind gut angepasste NSC-Stats. Ich würde mir also zumindest ein kleines Bestiarium und eine NSC-Liste anlegen.

Feuersänger:
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Offline LvR

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #8 am: 5.11.2014 | 13:22 »
Die Konsequenz daraus ist dass dieser Leitstil bei "etabilierten" Rollenspielern in aller Regel nur funktioniert wenn diese diesen Stil offen annehmen oder eh schon pflegen. Ansonsten bist Du bei sowas tatsächlich mit Neulingen sehr viel besser bedient.
Das kann ich unterschreiben. Schwierig ist hier mEn v.a. die Befürchtung der Spieler, die primär das Spiel nach relativ strikten Plots kennen, dass sie durch irgendeine Handlung den Plot der SL sprengen. Da hilft es auch nicht wirklich ständig zu wiederholen, dass das nicht passieren kann, da dieses Verhalten eher unterbewusst abläuft. Insgesamt führt das dazu, dass ständig auf SL Input gewartet wird statt selbst proaktiv zu agieren.

An Vorbereitung bedarf es mMn nicht wirklich viel. Es ist hilfreich einen Baukasten zu haben (zumindest von Dingen mit denen man sich schwer tut, z.B. Namenslisten bei mir) und es kann auch nicht schaden, wenn man ein paar Ideen hat, wie man die Aspekte der SC ggf. compellen kann im angedachten Szenario, falls das Spiel gerade einen Durchhänger hat.
Wenn man dann noch weiß welche Motivation die NSC haben, welche Ziele sie verfolgen und welche Mittel sie bereit sind dafür einzusetzen kann man sich zurücklehnen, die Spieler machen lassen und auf die Ideen reagieren.

Was die Anzahl der Aspekte angeht: Wenn man für eine Location 1-2 Aspekte hat reicht das völlig. Da die Spieler durch Create an advantage problemlos weitere schaffen können kommen mehr von allein. Zusammen mit den Aspekten von (N)SC sind es dann schnell 20-30 in einer Szene, auch ohne dass man eine Location mit zig Aspekten bezeichnet hat.

Offline Chiarina

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #9 am: 5.11.2014 | 13:55 »
Zitat von: Slayn
Wir reden gerade an einander vorbei, fürchte ich.

Dann muss ich vielleicht nochmal besser auf den Punkt bringen, worauf es mir hier ankommt:

Ich will verstehen, wie sich die Autoren des Fate Core Regelwerkes die Vorbereitung einer konkreten campaign / eines story arcs / eines scenarios vorstellen.

Dann will ich das mal selbst ausprobieren.

Ich finde es durchaus auch interessant, wenn ihr darüber hinausgehende Vorschläge habt, die so ein Unterfangen mit größerer Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen. Das würde ich aber gern gesondert betrachten. Denn wenn eure eigenen Ideen als solche kenntlich bleiben, kann man hinterher über die Ideen aus dem Fate Core Regelwerk urteilen.

Es kann zum Beispiel sein, dass sich herausstellt:
- So, wie das im Fate Core Regelwerk steht ist das eine Superidee und nur zu empfehlen. Oder
- So, wie das im Fate Core Regelwerk steht funktioniert das nur bei außergewöhnlich begabten Spielleitern. Oder
- So, wie das im Fate Core Regelwerk steht funktioniert das nur bei ganz bestimmten Gruppenzusammensetzungen, die es nur in verschwindend geringer Zahl gibt. Oder
- So, wie das im Fate Core Regelwerk steht, ist das nicht praktikabel, es sei denn man nutzt die Ideen, die Slayn mit ins Spiel gebracht hat.

Die Angaben im Regelwerk sind ziemlich konkret. Da steht: Wir empfehlen dir, keine Locations vorweg zu bestimmen. Jetzt kann man natürlich sagen:

Zitat von: Zant
Ich glaube, das soll eher heißen: Bereite ruhig Orte, Figuren, etc. vor, aber benutze sie nur als Baukasten und sei flexibel.

Allerdings ist das Spekulation, denn das steht da eben nicht.

Diese Genretropen, die Slayn angesprochen hat, kann ich nachvollziehen. Ich finde allerdings nicht, dass sie hier unbedingt in Erwägung gezogen werden müssen. Erstmal ist Fate ein Universalsystem mit dem Anspruch, alles mögliche damit spielen zu können. Und dann wählt eine Gruppe doch in aller Regel ein Genre, von dem sie zumindest eine Vorstellung hat. Es bleibt die Frage, ob derartige Tropen dann quasi als Steinbruch ausgearbeitet werden sollen oder ob Spielleiter und Spieler im Vertrauen auf ihre Improvisationsfertigkeiten davon ausgehen, dass sich das auch improvisieren lässt. Je nachdem, ob man solche Tropen mit "scenes and locations" gleichsetzt oder nicht rät das Fate Core Regelwerk entweder davon ab, sie auszuarbeiten, oder macht darüber keine Aussage.

Zitat von: Auribiel
Was aber mMn wirklich schwierig zu improvisieren sind, sind gut angepasste NSC-Stats. Ich würde mir also zumindest ein kleines Bestiarium und eine NSC-Liste anlegen.

Und das ist interessanterweise die Ausnahme. Fate Core empfiehlt ausdrücklich NSCs zu erschaffen. Damit verbunden dürften dann auch Namenslisten sein.

Zitat von: LvR
[...]es kann auch nicht schaden, wenn man ein paar Ideen hat, wie man die Aspekte der SC ggf. compellen kann im angedachten Szenario

Und auch das wird im Fate Core Regelwerk mehr oder weniger empfohlen. Es gibt da die Passage, in der beschrieben wird, dass man bei der Szenarioerschaffung darauf achten kann, Charakteraspekte in die Handlung zu integrieren bzw. mit anderen Aspekten zu kombinieren. Etwas später folgt der Ratschlag, ein bisschen darauf zu achten, welche Charakteraspekte im Abenteuer nicht ausdrücklich gefeatured werden und für diese dann nach anderen Gelegenheiten Ausschau zu halten (ob das in schriftlicher Form geschieht oder nicht, ist an dieser Stelle allerdings nicht thematisiert).

Chiarina
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 14:07 von Chiarina »
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Offline Slayn

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #10 am: 5.11.2014 | 14:18 »
@Chiarina:

Leider funktioniert der SL-Teil von Fate Core nicht so ganz. Was hier beschrieben wird ist der hauptsächliche Unterschied zu "normalen" Spielen (Was soll das heutzutage eigentlich noch sein? DSA? Ok..), worauf aber so rein gar nicht eingegangen wird ist die Eigentliche Arbeit eines SL dabei.
Es macht also insofern einen Sinn wenn man erst seine "Wege des Meisters" gelesen hat und sich dann die Unterschiede zum Umgang mit Fate daraus erarbeitet, ansonsten fehlt aber so einiges.

Soll bedeuten: Auch bei einem Story Arc ist der SL in der Pflicht zu versuchen mit dem, was er da gerade hat, einen Spannungsbogen aufzubauen und sich eine Geschichte von A bis Z entwickeln zu lassen, dabei aber immer wieder steuernd eingreift (im Gegensatz zu: Die vorrausgesetzte Geschichte erspielen zu lassen).

Natürlich macht es keinen Sinn eine feste Abfolge an Ereignissen und Szenen zu antizipieren, bzw. eine feste, in sich geschlossene Szene erzählen zu wollen, trotzdem ist es so, das eine Szene auf die andere folgt und die muss der SL nun mal liefern, bevölkern und beschreiben.
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Offline Chiarina

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #11 am: 5.11.2014 | 14:49 »
Zitat von: Slayn
Auch bei einem Story Arc ist der SL in der Pflicht zu versuchen mit dem, was er da gerade hat, einen Spannungsbogen aufzubauen und sich eine Geschichte von A bis Z entwickeln zu lassen, dabei aber immer wieder steuernd eingreift

Ja, das kann ich nachvollziehen. "Das, was er gerade hat" scheint mir bei Fate Core mit den "story questions" übereinzustimmen. Die sind nichtlinear flexibel einsetzbar gedacht.

Ich versuche es mal am konkreten Beispiel.

Beim Szenario "Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen?" entscheiden sich die Spieler, dass sich ihre Charaktere gefangen nehmen lassen, in der sicheren Annahme, dass ihre sozialen Fähigkeiten weitaus besser aufgestellt sind als die kämpferischen.

Der gründliche Spielleiter hat nun das Mongolenlager ausgearbeitet, Tagesablauf bestimmt, sich Gedanken darum gemacht, wie eigentlich Kommunikation mit so einem fremden Volk funktionieren soll, er hat sich auch schon überlegt, was Mongolen mit ihren Gefangenen so anstellen, schließlich hat er sich Möglichkeiten überlegt, wie gefangene Charaktere aus Mongolenlagern entkommen können.

Der fatige Spielleiter hat ein paar Aspekte für Anführer und Mooks zusammen und er hat noch ein paar Storyquestions auf Lager, die er in diesem Abenteuer unterbringen möchte: "Können die Charaktere aus einer nahen Stadt ein paar wichtige Dinge retten, bevor die Mongolen über die Stadt herfallen?" und "Können die Charaktere den König des Landes davon überzeugen, dass dem Mongolenangriff mit Nachdruck begegnet werden muss?". Das sind story questions, die ihm in der gegenwärtigen Situation nicht weiterhelfen. In meinen Augen hat er jetzt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:
- Er kann sagen: "Das Mongolenlager ist kein Ort, an dem in diesem Szenario viel Drama zu erwarten ist." Dann improvisiert er die Spieler flott ans Ziel ihrer Wünsche (Freiheit) und gut ist.
- Er kann sagen: "Interessanter Plotverlauf. Mir fallen gerade noch ein paar story questions mehr ein - und hey: da sind ja noch ein paar Aspekte, die mir auch ganz gut in den Kram passen!" Das Abenteuer nimmt einen zuvor ungeahnten Verlauf. Eventuell muss der Spielleiter als Hausaufgabe noch ein oder zwei spannende Charaktere aus dem Mongolenlager nachliefern.

Ist die Wahrscheinlichkeit für ein spannendes Spiel beim gründlichen Spielleiter größer als beim fatigen? Das ist die Frage. Wir werden sehen.

Chiarina.
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 14:57 von Chiarina »
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Offline Lord Verminaard

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #12 am: 5.11.2014 | 15:06 »
FATE ist ein sehr anpassungsfähiges System. Das ist Fluch und Segen zugleich. Der Vorteil ist, dass es für verschiedene Leit- und Spielstile funktioniert, indem man die vorhandenen Regeln einfach auf andere Weise einsetzt: Aspekte eher in ihrer deskriptiven oder eher in ihrer normativen Funktion verwendet, FATE-Punkte nach unterschiedlichen Kriterien vergibt, unterschiedliche Maße an Crunch und Regelanwendungsdichte verwendet, statische oder dynamische Charaktere spielt… Der Nachteil ist, dass diese Offenheit oft auch zu Missverständnissen bzw. dazu führen kann, dass man aneinander vorbei spielt. Immerhin schafft FATE durch die Aspekte, Compells, Invokes etc. eine relativ klare Kommunikation. Aber man kann eigentlich nicht sagen, dass FATE etwas Bestimmtes von den Spielern "will". Insofern kann man aber ebenso wenig sagen, dass man FATE auf eine ganz bestimmte Art und Weise leiten oder vorbereiten muss.

Die Art, Abenteuer vorzubereiten, die dort beschrieben wird, ist eine Methode, die sich für viele SLs bewährt hat. Ein Typ namens Ron Edwards hat dafür mal versucht, den Begriff "Bass Playing" zu prägen, wie man es nennt, ist aber eigentlich auch Schnuppe. Dazu möchte ich zwei Dinge sagen:

1) Dank der vorerwähnten Offenheit ist es für FATE überhaupt kein Problem, mit einem anderen Vorbereitungs-/Leitstil klarzukommen. Selbst ganz klassische Questen oder Missionen, bei denen das Lösen einer Aufgabe im Vordergrund steht, sind mit FATE ohne weiteres machbar. Oder auch plot-getriebene Szenarien, bei denen es einen – in der Regel von den Antagonisten ausgehenden – Handlungsverlauf gibt, in den die Charaktere verwickelt werden und der schon eine starke Eigendynamik hat, sodass du als SL eine recht gute Vorstellung davon hast, wohin die Reise geht. Erst recht, wenn die Gruppe sich auch auf gewisse Genre-Erwartungen verständigt hast, sodass du eben, z.B., in einer "Indiana Jones" Runde relativ sicher davon ausgehen kannst, dass die Charaktere schon versuchen werden, die Pläne der Nazis zu vereiteln und das Schwert des Dschingis Khan zu bergen. Zwar ist es richtig, dass die Spieler bei FATE größere Einflussmöglichkeiten haben. Das hindert euch als Gruppe aber überhaupt nicht daran, einen im Wesentlichen SL-getriebenen Plot zu spielen, solange die Spieler den Plot geil finden und dabei mit dem SL an einem Strang ziehen. D.h. die Spieler sollten das, was du ihnen als SL anbietest, gut finden, was ich aber ohnehin als Grundvoraussetzung einer gelungenen Runde ansehen würde, insofern legt FATE hier allenfalls ohnehin bestehende Defizite offen, wenn ein Plot vor die Wand fährt.

2) Die andere Frage ist, ob "offene" Szenarien und "Bass Playing" besser sind. Ob bei der Vorbereitung weniger wirklich mehr ist. In der Beschreibung, wie du sie oben zitierst, taucht ja auch noch der Begriff "Zen" auf,  der ursprünglich im Rollenspiel-Zusammenhang von einem Typen namens Graham Walmsley geprägt wurde, für den Zen-Spielleitung ebendies bedeutet: Weniger ist mehr. Sei langweilig. Sei offensichtlich. Tue nichts. Die Spieler machen schon. Nun setzt das erstens voraus, dass man Spieler hat, die auch tatsächlich machen, was in der Tat für FATE nicht schlecht wäre, aber keineswegs eine conditio sine qua non. Und zweitens setzt es voraus, dass man als SL mit einer solchen Rolle zufrieden ist. Umgekehrt spricht m.E. nichts dagegen, als SL einen deutlichen Gestaltungswunsch anzumelden, solange dieser nicht auf Kosten des Gestaltungswunsches der Spieler geht. Ich persönlich weiß einen gut vorbereiteten SL, der mich mit spannenden und stimmungsvollen Ideen überrascht und herausfordert, mehr zu schätzen als einen, der mich als Spieler die ganze Arbeit machen lässt und auf jede Frage nur mit "sag du es mir" antwortet. Wenn einem "gestaltungsmächtigen" SL Vorbehalte entgegengebracht werden, schwingen glaube ich viele Negativ-Erfahrungen mit popeligen SL-Tyrannen und langweiligen, unlogischen, dummen Szenarien mit. Der Schlüssel ist aus meiner Sicht einerseits Transparenz (eine Stärke von FATE), und andererseits schlicht und ergreifend ein stimmiger, ansprechender Inhalt. Und genau bei letzterem kann eine detailliertere Vorbereitung, bei der man sich schon auch Gedanken zum Handlungsverlauf, Aktion und Reaktion, möglichen Szenen und Schauplätzen macht, durchaus von Vorteil sein.

Ich persönlich bin ja ein Ketzer und glaube, dass es vielen bei FATE erst mal reicht, ihre größeren Gestaltungsmöglichkeiten auszunutzen und einfach mal Kick-Ass-Charaktere zu spielen, denen auch mal was gelingt und die tatsächlich mal im Spiel so rüberkommen, wie man sich das vorher ausgedacht hat, und einfach dieses "Sein" der Charaktere reicht völlig aus, und ob dieses "Sein" ich in einer noch so klischeehaften und absehbaren Kulisse abspielt, ist Nebensache, ebenso wie die Handlung Nebensache ist. Aber wenn man das mal hinter sich lässt, wird man vielleicht doch feststellen, dass das, was sich ein Zen-Bassspieler-SL spontan aus den Rippen leiert, eben auch mal einfallslos oder widersprüchlich sein kann und dass das jetzt nicht unbedingt die Bezeichnung besser rechtfertigt, im Gegensatz zu einem SL, der sich vorher alles ganz genau überlegt hat.
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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #13 am: 5.11.2014 | 15:12 »
Ich persönlich finde, dass bei Situationsaspekten weniger mehr ist. Lass' dich von der Charaktererschaffung inspirieren. Überleg' dir ein "High Concept" für die Szene – worum geht es hier überhaupt? – und ein "Trouble" – was macht den Charakteren hier das Leben schwer und hält sie von ihrem Ziel ab? Das ist schon mal ein sehr solides Grundgerüst, und ist meist SEHR schnell überlegt (oder offensichtlich).

Dazu noch maximal drei weitere Aspekte (Fokus!), welche die Szene weiter definieren – aber nur, wenn dir irgendetwas spontan einfällt, es soll nicht in Arbeit ausarten, und erst recht nicht in ein "wartet mal ein paar Minuten, ich muss mir noch ein paar Situationsaspekte überlegen" – das tötet den Spielfluss.

Sehr schön ist es, wieder von der Charaktererschaffung inspiriert, diese weiteren Szenenaspekte an Spielercharaktere zu "binden": Irgendetwas, das einen bestimmten Charakter ganz besonders in die Szene "hineinzieht". Das kann "Kulisse" oder "Requisiten" sein, das können Charaktere sein, das kann eine bestimmte Atmosphäre sein, das können Themen sein, die in der Szene vorkommen sollen/werden.

Aber wie gesagt, nur wenn dir spontan etwas einfällt – Aspekte können schließlich "on the fly" immer noch ergänzt werden, wenn mir (oder einem Spieler) irgendetwas einfällt, das noch zur Szene passt. Lieber mit weniger Aspekten in eine Szene starten und sie nachträglich ergänzen, als sie mit Aspekten zu überfluten. Da geht schnell der Fokus verloren. Und durch "Create an Advantage" und Konsequenzen kommen eh noch immer neue Aspekte ins Spiel.

Schwierigkeiten u. Ä. überlege ich mir im Vorhinein eigentlich gar nicht, sondern ich verwende einfach die Ratschläge von "Situation Aspects Are Your Friend" (http://fate-srd.com/fate-core/what-do-during-play#situation-aspects-are-your-friend) und "Justify your Choice" ("http://fate-srd.com/fate-core/what-do-during-play#important-justify-your-choice). Wenn ein Situationsaspekt nahelegt, dass irgendetwas problematisch ist, dann würfle (alles andere ist für die Szene wohl nicht wichtig genug Fate simuliert ja "Story-Logik"). Wenn ein weiterer Aspekt nahelegt, dass es noch schwieriger ist als ohnehin schon, erhöhe die Schwierigkeit um +2. Üblicherweise angefangen bei Average (+1), denn "Average is called Average for a reason—if nothing about the opposition sticks out, then the difficulty doesn’t need more than a +1. Darüber hinaus habe ich immer noch GM-Invokes zur Verfügung.

Eine Idee für Fate Accelerated wäre es – um sich nochmal von der Charaktererschaffung inspirieren zu lassen – der Szene Approaches zu geben. Wie schwer ist es, in dieser Szene mit einem bestimmten Approach voran zu kommen? (Situations-Aspekte und Invocations können das natürlich weiter verkomplizieren.) Das sind quasi die "Approach-Related Target Numbers" (http://fate-srd.com/fate-accelerated/being-gamemaster#optional-rule-approach-related-target-numbers), bloß etwas "strukturierter". Bietet sich besonders in zentralen Szenen an, wo die Schwierigkeit ruhig etwas höher werden darf. (An "Nebenschauplätzen" wäre das in meinen Augen meist schon zu viel des Guten, da mach' ich das lieber "on the fly".)

Stunts für Szenen und NPCs vermeide ich eher, da einerseits sie "on the fly" eher mühsam zu erfinden sind und ich andererseits ungern so viel vorausplane. Falls mir spontan einfällt, der wie die Faust auf's Auge passt, super. Falls nicht, auch gut. Darüber würde ich aber ebenfalls nur in wichtigen Szenen und nicht auf "Nebenschauplätzen" Gedanken machen. Und selbst da würde ich nicht über 3 Spielleiter-Stunts pro Szene gehen. Es soll ja übersichtlich bleiben.

Ein komplettes Szenen-Writeup könnte dann so aussehen:
  • Szenen-Konzept
  • Szenen-Problem
  • Optional: weiteres Szenen-Detail oder "Hook" für Charakter A
  • Optional: weiteres Szenen-Detail "Hook" für Charakter B
  • Optional: weiteres Szenen-Detail "Hook" für Charakter C
  • Optional: Approach +0/Approach +1/Approach +1/Approach +2/Approach +2/Approach +3
  • Optional: bis zu 3 Stunts
  • Optional: Stress-Boxen und Konsequenzen

Mehr braucht es finde ich wirklich nicht.

Caveat: Individuelle NPC-Statblocks verwende ich überhaupt nicht, das macht diesen Zugang natürlich leichter. Bei mir rollen nur die Spieler den Würfel, ich bestimmte nur passive Opposition – "success with a cost" rückt extrem ins Zentrum (vgl. soft/hard moves von Dungeon World). Das hier ausführlich zu erklären würde aber zu weit führen.


Statt fertig ausgearbeitete, auf bestimmte Szenen zugeschnittene NSCs, Locations u. Ä. würde ich für Fate übrigens eher "Vignetten" überlegen – zur Kampagne passende "Bausteine", die ich überall einsetzen kann, wenn sich mal die Gelegenheit ergibt.

Sprich, auch in Fate hindert dich niemand, dir dies und das im Vorhinein zu überlegen – du solltest bloß nicht darauf bestehen, das genau jetzt sofort einbringen zu wollen. Überleg' dir ruhig etwas, kritzel' dir irgendwo Notizen nieder, merk' dir die Stichworte. Vielleicht hast du eine Idee für eine coole Location, eine spannende Situation oder einen tollen NPC. Super, behalt's dir im Hinterkopf. Schreib es dir auf einen Schummelzettel für den Fall, dass du irgendwann auf der Leitung stehen solltest und du eine schnelle Inspiration brauchst.

Wenn du irgendwann das gefühlt hast, einer dieser "Bausteine" passt gerade perfekt ins Spiel – nur zu, wirf ihn rein! Aber sei auch nicht enttäuscht, wenn es nicht so ist – vielleicht ein andermal.

Die campaign heißt: Mongolensturm (ich nehme einfach mal eine historische Welt mit Fantasyelementen an):
Story questions auf campaign Ebene:
1.   Können die Charaktere nach dem Erstkontakt das Schlimmste verhindern?
2.   Können die Charaktere übernatürliche Verbündete gewinnen?
3.   Können die Charaktere zusammen mit ihren Verbündeten die Mongolen zurückschlagen?

Nun soll ja möglichst viel offen bleiben, aber ein Anfang darf gesetzt werden. Ich schnappe mir also meinen Punkt 1 und mache einen story arc daraus.
Der story arc heißt: Können die Charaktere nach dem Erstkontakt das Schlimmste verhindern?
Story questions auf story arc Ebene
1.   Können die Charaktere die völlige Verwüstung einer Region verhindern?
2.   Können die Charaktere verhindern, dass der Großkhan der Mongolen alle Stämme zu einer einzigen Streitmacht vereinigt?
3.   Können die Charaktere einen mächtigen Schamanen der Mongolen unschädlich machen bzw. vielleicht sogar für eigene Zwecke einspannen?

Ich breche den story arc noch eine Ebene weiter herunter und lande auf der scenario Ebene. Auch hier stelle ich nur Fragen für den ersten Schritt.
Das scenario heißt: Können die Charaktere die völlige Verwüstung einer Region verhindern?
Story questions auf scenario Ebene:
1.   Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen?
2.   Können die Charaktere aus einer nahen Stadt ein paar wichtige Dinge retten, bevor die Mongolen über die Stadt herfallen?
3.   Können die Charaktere den König des Landes davon überzeugen, dass dem Mongolenangriff mit Nachdruck begegnet werden muss?

Mein erste Szene heißt nun: Können die Charaktere bei einem überraschenden Mongolenangriff mit dem Leben davon kommen. Gemäß den Richtlinien („Start things off by being as unsubtle as possible“) beginnt die ganze Geschichte mit einem für die Charaktere völlig überraschenden Überfall einer Mongolenvorhut auf ein Bauerndorf. Das Bauerndorf kann ich vielleicht noch ein wenig ausarbeiten, das war´s dann aber.

Dann erstelle ich ein paar NSC´s für das erste Szenario: vielleicht den Anführer der Mongolenvorhut, Mongolenmooks, Vertreter verschiedener Interessengruppen in der nahen Stadt, Stadtwachenmooks, König, zwei oder drei wichtigere Mitglieder des Hofstaates, königliche Soldatenmooks.

Das war´s. Die Spieler sind dran.

Danke dass du das so schön aufgeschlüsselt hast, das zeigt sehr schön die "fraktale" Natur von Fate! Gefällt mir.

Offline Chiarina

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #14 am: 5.11.2014 | 15:39 »
Zitat von: Lord Verminaard
In der Beschreibung, wie du sie oben zitierst, taucht ja auch noch der Begriff "Zen" auf,  der ursprünglich im Rollenspiel-Zusammenhang von einem Typen namens Graham Walmsley geprägt wurde, für den Zen-Spielleitung ebendies bedeutet: Weniger ist mehr. Sei langweilig. Sei offensichtlich. Tue nichts. Die Spieler machen schon.

Ach du meine Güte! Der Begriff ist belegt? Das hätte ich nicht gedacht! Naja, ein bisschen von dem, was du darüber so berichtest, schwingt in meiner Vorstellung durchaus mit, aber ich hätte das nie so absolut gesetzt. Weniger machen und mehr geschehen lassen, das war so meine Vorstellung, und der Begriff war dann eben einfach nur so eine Assoziation.

Zitat von: Tar-Calibôr
•Optional: Approach +0/Approach +1/Approach +1/Approach +2/Approach +2/Approach +3
•Optional: bis zu 3 Stunts
•Optional: Stress-Boxen und Konsequenzen

Danke für deine doch recht konkreten Tipps. Mit den Approaches, den Stunts, den Stress-Boxen und Konsequenzen hast du das ausformuliert, was du später als "Vignetten" bezeichnest, oder?

Zitat von: Tar-Calibôr
Bei mir rollen nur die Spieler den Würfel, ich bestimmte nur passive Opposition

Das verstehe ich leider nicht. Deine NSC´s führen keine Angriffe o. ä. durch?

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Offline LvR

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #15 am: 5.11.2014 | 16:24 »
Das verstehe ich leider nicht. Deine NSC´s führen keine Angriffe o. ä. durch?
Sie führen sie schon aus, nur der SL würfelt keinen Angriff, sondern der Spieler eine Verteidigung gegen eine feste Schwierigkeit (den Angriffwert des NSC). Es können natürlich auch beide würfeln, dann ist aber die Varianz in den Ergebnissen größer, da der max. Unterschied dann 8 statt 4 beträgt. Ansonsten kommt es aufs gleiche raus, da der Erwartungswert eines Wurfes 0 ist.

Zu deinem Bsp: Hier stellt sich beim vorbereiteten Spielleiter die Frage, wie wichtig es ist, dass er das alles parat hat und es nicht on the fly von der Gruppe definiert wird.
Ist es wichtig zu wissen, wie das Mongolenlager genau aussieht? Oder reichen hier auch allgemeine Infos ala "es besteht aus 2 Dutzend Zelten und ist voller Leben. Menschen eilen umher, bereiten Essen vor oder versorgen die allgegenwärtigen Pferde"?
Ist der exakte Tagesablauf im Lager wichtig? Ist es wichtig zu wissen exakte Vorstellung zu haben, wie die Kommunikation funktioniert oder welche Wege des Entkommens es gibt?

MMn nicht, da die Spieler meistens eh nicht auf das kommen, was sich der SL überlegt hat und eigene Wege beschreiten. Da man dann auch mit Vorbereitung auf diese eingehen sollte, ist es egal, was man sich vorher überlegt hat. Natürlich ist es hilfreich ein paar Gedanken daran zu verschwenden im Vorfeld, aber es muss nichts exakt vorbereitet werden. Hier muss man einfach nur den Spielern beim Pläne schmieden zuhören und die dabei entstehenden Ideen aufgreifen.
Zumindest ist das meine Erfahrung, unabhängig von Fate. Bislang haben die wenigsten meiner SL Pläne den Erstkontakt mit den Spielern überlebt.

Daraus folgt für mich, dass die Wahrscheinlichkeit für spannendes Spiel in beiden Fallen relativ ähnlich ist, in einer der SL aber deutlich weniger Arbeit hatte (und auch nicht in Versuch kommt seine Vorstellung "durchzudrücken" oder sich hinterher über die ganze unnötige Arbeit ärgert).
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 16:37 von LvR »

Offline Haukrinn

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #16 am: 5.11.2014 | 18:47 »
Ach du meine Güte! Der Begriff ist belegt? Das hätte ich nicht gedacht! Naja, ein bisschen von dem, was du darüber so berichtest, schwingt in meiner Vorstellung durchaus mit, aber ich hätte das nie so absolut gesetzt. Weniger machen und mehr geschehen lassen, das war so meine Vorstellung, und der Begriff war dann eben einfach nur so eine Assoziation.

Ich empfehle da auf jeden Fall Grahams Buch Play Unsafe mal als Lektüre. Das ist gerade für FATE-Spieler und -SLs eine sehr schöne und nützliche Lektüre.

Zum Thema Vorbereitung: Die Sache mit den NSC ist meiner Meinung nach immens wichtig. Erstens weil es wirklich Kacke ist sich mitten im Spiel Aspekte für einen NSC ausdenken zu müssen (Skills und Stunts sind da nicht so schwer), andererseits weil NSC natürlich auch ein extrem wichtiges Plot Device sind - eben weil du nicht viel mehr als das, die Dinge die in der Setting Creation definiert worden ist und vielleicht noch ein paar Plot Hooks vorbereiten musst. Im FATE Toolkit finden sich dann noch weitere Elemente die einem hier helfen können (Quest-Aspekte, Aspect Events usw.)

Viel wichtiger als die Vor- ist meiner Meinung aber die Nachbereitung einer FATE-Runde (es sei denn man spielt einen Oneshot, dann kann man das natürlich ignorieren). Was passiert ist sollte man festhalten. Ob neue Settingaspekte hinzu gekommen sind. Ob neue NSCs hinzu gekommen sind. Welche Veränderungen mit den SC und den NSC passiert sind. Aber selbst das ist erst einmal im Vergleich zu anderen Rollenspielen noch "wenig" Arbeit.

Leider funktioniert der SL-Teil von Fate Core nicht so ganz. Was hier beschrieben wird ist der hauptsächliche Unterschied zu "normalen" Spielen (Was soll das heutzutage eigentlich noch sein? DSA? Ok..), worauf aber so rein gar nicht eingegangen wird ist die Eigentliche Arbeit eines SL dabei.

Eigentlich ist es genau umgekehrt. FATE beschreibt ziemlich genau was jeder am Spieltisch zu tun hat. Das irritierende für den "normalen Rollenspieler" TM ist dabei die Tatsache dass genau diese Dinge mitunter doch recht stark von dem abweichen was sie/er so kennt.

Soll bedeuten: Auch bei einem Story Arc ist der SL in der Pflicht zu versuchen mit dem, was er da gerade hat, einen Spannungsbogen aufzubauen und sich eine Geschichte von A bis Z entwickeln zu lassen, dabei aber immer wieder steuernd eingreift (im Gegensatz zu: Die vorrausgesetzte Geschichte erspielen zu lassen).

Hmm, auch damit bin ich nicht so ganz einverstanden. Es ist ja die explizite Pflicht aller Mitspieler dafür zu sorgen das jeder "awesome" sein kann und darf. Für mich fällt auch sowas darunter (sprich Story und Drama zu schaffen ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und es ist auch die Aufgabe dem SL dabei zu helfen "awesome" zu sein). Aber vielleicht interpretiere ich da auch zu viel von mir selbst hinein.
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Offline Chruschtschow

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #17 am: 5.11.2014 | 21:30 »
Ich halte zwei Dinge beim Vorbereiten für recht wichtig:

Die wichtigen NSC sollten in jedem Fall vorbereitet sein, denn ihr Verhalten formt ganz klar die Handlung, liefert oft ja den Initialzünder. Welchen Sinn macht die Mongolenkampagne ohne die Obermongolen, die ihre Horde nach Westen führen? Welchen Sinn macht die Beispielkampagne aus dem Grundregelwerk ohne Barathar, die Schmugglerkönigin?

Die bilden mit den Grundannahmen zur Kampagne das Gerüst, dass ich mit den Storyfragen dann auch für mich als Spielleiter erschließe. Eine wichtige Frage nach jeder Storyfrage sollte nämlich auch immer sein: Macht die Frage auch aus Sicht der Spieler Sinn? Damit sehe ich, wohin das Spotlight gehört oder wo mein eigener Umgang mit den NSC und dem Hintergrund logisch und sinnvoll ist. Und das hilft mir ungemein ein Setup für die Spieler zu bieten, ohne eine Handlung vorzugeben. Da ist ein Gerüst. Dieses Gerüst reagiert in einer bestimmten Art und Weise auf euch. Je genauer ich mir der Reaktionen der Umwelt bewusst bin, desto einfacher und konsistenter kann ich auf die Aktionen der Spieler eingehen.

Sind die Spieler allerdings ebenfalls reaktiv, dann kann es ganz schon langweilig werden. Das hatten wir damals in unserer Fate-Runde mal, dass da ein paar Leute echt ihr Verhalten beibehielten, wie man es stereotyp von DSA-Spielern manchmal dann doch erwartet: Bespaße mich, Kiesowscher Auf-ein-Wortler! Während also einige Spieler proaktiv schon ein Feuerwerk abbrannten, bezahlten sie schön ihre Fatepunkte, wenn sie gereizt wurden und verbrachten den Abend in gepflegter Langeweile... Ist die ganze Runde so drauf, würde ich vielleicht zu Fiasko wechseln. ~;D

Die zweite Sache sind generische Orte und NSC. Orte finde ich ganz hilfreich, weil ich mir dann irgendwann vorher mal Gedanken mache, welche Aspekte zum Beispiel in einer "Alten Bibliothek" sinnvoll sind. "Brennt leicht", "Hohe Regale" und so weiter. Aber da gibt es noch mehr, die vielleicht in der Situation sinnvoller sind. Tagsüber bei einer simplen Recherche ist "Brennt leicht" sicher nicht der beste Aspekt. "Hohe Regale" sind auch erst gut, wenn ich draufklettern oder sie umwerfen will. "Wissen der Jahrhunderte" passt wieder nicht so in den wilden Kampf (wobei sich ein bibliophiler Charakter wunderbar damit reizen ließe, nachdem "Brennt leicht" schon zum Einsatz kam). Alles auf die Karteikarte, sonst vergisst man Aspekte. Dann im Spiel eben ein kurzer Blick drauf, wenn man eine Idee braucht, wie die Bibliothek denn im Detail auszustatten ist und los.

Ähnliches gilt für NSC. Verschiedene Aspekte, Fertigkeiten, Stunts kann man sich passend zum Stereotypen notieren und sich dann dieses grobe Gerüst eben im Spiel greifen, wenn man mag. Ob der Gesetzeshüter jetzt im 15., 19. oder 22. Jahrhundert unterwegs ist, "Unstillbarer Hunger auf Schmalzgebäck" gehört als Aspekt dazu. ~;D
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 21:36 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #18 am: 5.11.2014 | 23:43 »
Mit den Approaches, den Stunts, den Stress-Boxen und Konsequenzen hast du das ausformuliert, was du später als "Vignetten" bezeichnest, oder?

Nicht ganz. Den Begriff "Vignetten" habe ich meines Wissens aus einer jahrealten Diskussion im ehemaligen Alveran-Forum, weiß nicht wie er mir gerade wieder eingefallen ist (der Begriff ist glaube ich nicht sehr üblich, habe ihn zumindest ewig nicht mehr gelesen). Habe gerade Google bemüht und ein paar Beispiele gefunden: Link

Vielleicht trifft's der Begriff doch nicht ganz so gut, "Bausteine" ist wohl besser. Elemente, die nicht an ein konkretes Abenteuer/eine bestimmte Szenegebunden sind, sondern die quasi "jederzeit" ins Spiel eingebaut werden können. "Vigetten" im oben verlinkten Sinne können solche "Bausteine" sein, aber nicht alle Bausteine müssen Vignetten.

Wobei ich davor warnen würde, mit einer ellenlange gedruckten/geschriebenen Liste potentieller Elemente ins Spiel zu gehen, das hemmt die Kreativität ungemein...du schaust wahrscheinlich andauernd auf deine "was könnte ich jetzt einbringen"-Liste, anstatt einfach mit der Situation zu gehen und zu improvisieren. Es spricht nichts dagegen, sich im vorhinein Gedanken über dies und das zu machen, sich eben ein paar "Bausteine" zu überlegen. Aber verlass dich während des Spiels auf das, was in deinem Kopf ist, nicht das, was vor dir liegt.

Und vor allem: Versuch nicht "perfekt" zu sein, sondern lass' deinen Assoziationen freien lauf. Das ist glaube ich der beste Tipp, den ich überhaupt geben kann.

Jetzt habe ich vermutlich mehr Verwirrung geschaffen als ich aufgelöst habe ;)

Sie führen sie schon aus, nur der SL würfelt keinen Angriff, sondern der Spieler eine Verteidigung gegen eine feste Schwierigkeit (den Angriffwert des NSC). Es können natürlich auch beide würfeln, dann ist aber die Varianz in den Ergebnissen größer, da der max. Unterschied dann 8 statt 4 beträgt. Ansonsten kommt es aufs gleiche raus, da der Erwartungswert eines Wurfes 0 ist.

So hab ich angefangen, ja. Nicht nur weil ich ein fauler Spielleiter bin, sondern weil es einfach einen Wurf einspart, der nicht unbedingt nötig ist. Das spart zwar nicht viel Zeit, aber es spart ein kleinwenig Zeit, und jedes bisschen Zeit das ich von der Mechanik abzwacken kann ist gut. Und es untermauert, dass die Charaktere die eigentlichen Akteure sind. Der Erwartungswert bleibt wie du sagst gleich, nur die Varianz wird reduziert, was ich eine gute Sache finde. Fate verwendet bei den Skills eine relativ geringe Wertespanne (+0 bis +4), da ist eine Würfel-Spannweite von -8 bis +8 bei opposed rolls schon echt heftig.

Mittlerweile bin ich noch einen Schritt weiter gegangen und versuche mich an radikaleren Ansätzen (gewissermaßen die "Initiative- und Runden-Losigkeit" von Apocalypse World/Dungeon World nach Fate zu "importieren"). Das hier auszuführen ist wie gesagt viel zu ausführlich, aber in einem anderen Thread hab' ich das vor einer Weile schon mal ein wenig ausgeführt: Link Ich hab mir seitdem schon ein paar weitere Gedanken gemacht, aber als "Grundlegung" meiner Hirngespinste ist es immer noch ausreichend.

Ich empfehle da auf jeden Fall Grahams Buch Play Unsafe mal als Lektüre. Das ist gerade für FATE-Spieler und -SLs eine sehr schöne und nützliche Lektüre.
:d

Ich hatte mit Graham Walmsley's "Play Unsafe" das erste mal über Dominic Wäschs Spielleiten in Kontakt, sein "Zen of Gaming" hat mich seitdem sehr geprägt. Ich würde aber "Spielleiten" mehr empfehlen als "Play Unsafe", weil man mehr für's Geld bekommt – die Ideen aus "Play Unsafe" werden dort gut verständlich (und auf Deutsch) vorgestellt, neben unmengen von anderem Zeug. Das Buch ist ein großartiger Ideensteinbruch.

"Spielleiten" kostet derzeit €19,95 (176 Seiten Softcover voller Inhalt), "Play Unsafe" kostet ca. 15 Euro (82 Seiten Softcover mit viel Weißraum). Die Ebook-Version von "Play Unsafe" kostet hingegen knappe 4 Euro, das ist es für alle, die einen E-Reader besitzen, auf alle Fälle wert.

Wem die Ideen aus "Play Unsafe" gefallen würde ich auch sehr empfehlen, sich mit Keith Johnstones Improvisation and the Theatre und Impro for Storytellers zu lesen – von dort hat Graham Walmsley seine Ideen her.

Und falls ihr Zeit habt besucht einmal einen Impro-Theater-Workshop – gibt es mittlerweile in jeder größeren Stadt dann und wann. Es zahlt sich aus, man kann daraus viel für's Rollenspiel mitnehmen (sowohl als Spieler als auch als Spielleiter).
« Letzte Änderung: 5.11.2014 | 23:54 von Tar-Calibôr »

Offline Chiarina

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #19 am: 6.11.2014 | 09:43 »
Zitat von: LvR
Sie führen sie schon aus, nur der SL würfelt keinen Angriff, sondern der Spieler eine Verteidigung gegen eine feste Schwierigkeit (den Angriffwert des NSC). Es können natürlich auch beide würfeln, dann ist aber die Varianz in den Ergebnissen größer, da der max. Unterschied dann 8 statt 4 beträgt. Ansonsten kommt es aufs gleiche raus, da der Erwartungswert eines Wurfes 0 ist.

Zitat von: Tar-Calibôr
Fate verwendet bei den Skills eine relativ geringe Wertespanne (+0 bis +4), da ist eine Würfel-Spannweite von -8 bis +8 bei opposed rolls schon echt heftig.

Ah. Alles klar. Um so eine Entscheidung zu treffen, brauche ich erstmal ein bisschen Praxis.

Zitat von: Dr. Jan Itor
Viel wichtiger als die Vor- ist meiner Meinung aber die Nachbereitung einer FATE-Runde

Das kann ich mir sehr gut vorstellen!

Zitat von: Chruschtschow
Sind die Spieler allerdings ebenfalls reaktiv, dann kann es ganz schon langweilig werden. Das hatten wir damals in unserer Fate-Runde mal, dass da ein paar Leute echt ihr Verhalten beibehielten, wie man es stereotyp von DSA-Spielern manchmal dann doch erwartet: Bespaße mich, Kiesowscher Auf-ein-Wortler! Während also einige Spieler proaktiv schon ein Feuerwerk abbrannten, bezahlten sie schön ihre Fatepunkte, wenn sie gereizt wurden und verbrachten den Abend in gepflegter Langeweile... Ist die ganze Runde so drauf, würde ich vielleicht zu Fiasko wechseln.

Auf einen Tipp von Strohmann-Hipster hin plane ich zwei Runden Fiasco vorneweg, um sie ein bisschen wach zu machen!   >;D

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Offline Dragon

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #20 am: 9.11.2014 | 21:08 »
NSC's vorbereiten. Ganz wichtig! Ich zumindest habe festgestellt, dass es mir bei Fate recht schwer fällt die einfach so aus dem Ärmel zu schüttel. Also wichtige NSC's, keine Mooks, Mooks sind einfach :D

Ansonsten, Lokalitäten, Szenen und damit verbundene Aspekte oder Reizungsmöglichkeiten sofern sie mir in den Sinn kommen. D.h. ich sitze nicht da und grübele darüber nach. Wenn mir irgendwann zwischen den Sitzungen, egal ob unter der Dusche oder sonst wo, etwas passendes einfällt, notier ich es mir. Aber wenn nicht, dann nicht.
Und ansonsten lass ich meinen Spielern ihren Lauf.
Die haben es mittlerweile drauf, wenn die irgendwo stecken bleiben, oder ihnen langweilig werden sollte, dann werfen die mir einen Fate Punkt zu und lassen sich selbst so etwas wie die von Robert Hanz betitelten "Handgranaten" einfallen.
"Mäh... irgendwie kommen wir bei der Vorbereitung den Mafia-Kontakt hoch zu nehmen nicht weiter..."
"Mmmh *fatepunktrüberwerf* der Mafia-Kontakt ist gar nicht der Mann, sondern seine Frau und weil wir die total vernachlässigt haben, hat sie jetzt Sc#A, der den Mann beschattet hat, bemerkt und hetzt ihre Leute auf ihn."
Spieler von Sc#a: "Ähm... warum immer ich?... Aber ja... ist cool."
Ich *schulterzuckend*: "Ok, klingt auch spannend!"

Wichtig - wie ich festgestellt habe - ist wirklich, dass man sich vorher auf einen guten soliden Rahmen geeinigt hat (z.B. wie viel pulp darf es sein? Wie "hart" soll es sein? Und natürlich ggf. Settinggrenzen.)

Edit:
mein google fu bringt übrigens "play unsafe" als ebook Variante für 5€ (nicht mal als e-book Variante) nicht zutage  :-\
« Letzte Änderung: 9.11.2014 | 21:10 von Dragon »

Offline Haukrinn

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #21 am: 9.11.2014 | 21:20 »
Nimmst Du auch eins für 8$? ;)
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Offline Dragon

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #22 am: 9.11.2014 | 21:25 »
Ja gut, DAS habe ich gefunden. Aber PDF ist imo keine e-book Variante ;)
Leider finde ich PDF's meistens etwas suboptimal für e-book Reader, je nachdem wie die formatiert sind, muss man dann halbe Seiten blättern oder mit doch selbst für gute Augen sehr kleiner Schrift leben.
Aber danke, dann war das wohl ein Missverständnis, ja zur Not tuts auch ein PDF.

Offline Chruschtschow

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #23 am: 9.11.2014 | 21:30 »
E-Book gibt es auch: Amazon.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Dragon

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Re: Die Kunst des Zen beim Entwerfen von Fate Abenteuern
« Antwort #24 am: 9.11.2014 | 21:45 »
Oh danke... jetzt bin ich verwirrt :D
Das Buch hab ich bei Amazon zwar gefunden, aber keine Anzeige für das e-book bekommen ::) und kindle edition ist super  :d