Wenn Dich so etwas stört, bist Du aber auch irgendwie beim falschen System, oder?
D&D ist nunmal heroic fantasy und da gehört es auch dazu, dass man nicht vor jedem Kampf weglaufen muss, bloß weil die Gegner halt riesig, stark und in der Überzahl sind.
Insgesamt sagt mir die 5E sehr zu. Für mich löst sie gewissermaßen das Versprechen der 3E ein, nämlich die D&D Regeln im Vergleich zu AD&D 2nd Edition logischer und geradliniger zu machen. Nach anfänglicher Euphorie über die 3E war ich irgendwann frustriert vom Power Creep durch gefühlt drei Zentner mehr oder weniger unausgegorener Splat Books, dem Zeitaufwand in der Vorbereitung für den SL, und der verlorenen Spielzeit dank "does it stack" Wahnsinn (um mal nur ein paar Dinge zu nennen).
Die 4E hat mich mit ihrem Marketing gar nicht abgeholt und war mir insgesamt zu brettspielig. Ich weiß inzwischen, dass das zum Teil auch Voreingenommenheit meinerseits war, aber diese Edition ist halt damals an mir vorbei gegangen.
An 5E mag ich wirklich vieles. Die Charakterklassen sind weitgehend gut gelungen (von Ausreißern nach unten wie dem Beastmaster Ranger und dem Four Elements Monk mal abgesehen). Die Advantage Regeln funktionieren an meinem Tisch wunderbar und ich würde diese Eleganz nicht mehr eintauschen wollen - anfänglicher Skepsis zum Trotz. Die Verknüpfung von Backgrounds und Inspiration ist IMO eine gute Idee, funktioniert aber (an meinem Tisch) in der Praxis nicht sehr gut, weil wir das immer noch vergessen. Die größten Schwierigkeiten hatte ich lange Zeit mit der Concentration Mechanik, und selbst die finde ich inzwischen geradezu genial, weil dadurch (auf sehr einfache Art und Weise) die Gruppe zur Kooperation in der Gruppe erzwungen wird. In 3.x hat halt einfach jeder vor Kampfbeginn oder in den ersten paar Runden seine Buff Suite hochgefahren und ist dann Nova gegangen - weitgehend losgelöst von den anderen Charakteren. Heute kann man starke Synergien nur noch durch Kooperation erzielen. Beispiel: Der Diviner spendiert dem Feuerriesen eine gewürfelte drei auf den Rettungswurf gegen den "Hold Monster" des Barden und wirkt anschließend "Haste" auf den Vengeance Paladin, der dann den gelähmten Riesen mit kritischen Treffern in Stücke hackt.
Was ich nicht sehr liebe ist die (mangelnde) Tödlichkeit des Systems, oder besser: Die Konsequenzlosigkeit des Scheiterns: Wenn die Monster nicht gezielt den Heiler zuerst ausschalten, dann ist "Null Trefferpunkte" eigentlich keine ernste Situation für den betroffenen Charakter. Mehr noch: Selbst harte Kämpfe haben kaum Konsequenzen, da eine Long Rest einfach alles ungeschehen macht, was zuvor passiert ist. Es muss ja nicht gleich sowas endgültiges sein wie der Charaktertod, aber dass man nach 8 Stunden Rast automatisch wieder alle TP zurückbekommt und es kaum Effekte gibt, die nach einer langen Rast nicht neutralisiert werden, ist es letzten Endes fast egal, ob drei von fünf SC bewusstlos aus dem Dungeonraum geschleift werden mussten, oder ob die Gruppe die Bgegnung fast unbeschadet überstanden hat.
Natürlich hat man als Spielleiter ein paar Instrumente, mit denen man die Gangart ein wenig verschärfen kann: Einschränkung der Rastmöglichkeiten, Exhaustion-Effekte und Monster, die Charaktere ohne Death Saving Throws töten können wie z.B. bestimmte Untote wie Shadows oder Wraiths. Allerdings sind diese Möglichkeiten endlich und können nur dann und wann eingesetzt werden, wenn man nicht die Plausibilität der Fiktion aufs Spiel setzen will.
Du hast nun nicht ganz Unrecht mit der Aussage, dass D&D 5th Edition den von mir präferierten Spielstil nicht 100% unterstützt, allerdings ist das spezifisch für die 5. Edition, wobei das System seit AD&D 2nd Edition von Edition zu Edition weniger (endgültig) tödlich geworden ist. Ältere Editionen waren extrem gnadenlos. In AD&D hieß null Trefferpunkte Charaktertod. Der erste verfügbare Wiederbelebungszauber war "Raise Dead" auf dem 5. Grad, und der wirkte z.B. nicht auf Elfen und konnte komplett fehlschlagen wenn der Wiederbelebte seinen survival check versaut hat. Davon abgesehen gab es selbst im Erfolgsfall dauerhaft -1 Konstitution. Die mächtigere Variante Resurrection lag auf dem 7. Grad und hatte andere Nebenwirkungen, wie z.B. den Priester mal eben 3 Jahre altern zu lassen, was effektiv dazu führt, dass man eben nicht mal eben in den nächsten Tempel rennen kann, dort ein paar Taused Goldmünzen spendet und schon ist der Charakter wieder im Spiel. Von den vielen Save or Die Effekten, die heute allesamt nur noch Save or Hurt sind, will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen.
Mir ist klar, dass sehr viele Spieler die Regeln in der heutigen Form bevorzugen, und unterm Strich will ich auch nicht zurück zu AD&D, weil dort einfach andere Dinge viel schlechter funktionieren als in der 5E. Trotzdem denke ich schon seit längerem darüber nach, wie man das System via Hausregeln verändern könnte, um das (von mir als solches wahrgenommene) Problem der Konsequenzarmut in den Griff zu bekommen.