Grau habe ich in der Realität wahrlich genug, das brauche ich im Spiel nicht bzw. nur punktuell (Stichwort Eskapismus). D&D ist für mich Super Hero Fantasy. Für ein anderes Spielgefühl gibt es andere Systeme.
Ich finde einfach die Gleichsetzung Super Hero Fantasy = Keine Graustufen falsch. Selbst bei den klassischen Superhelden-Comics ist das schon spätestens seit dem Ende des Silver Age in den 80ern nicht mehr gültig.
Marvel ist unter anderem deswegen groß geworden, weil ihre Geschichten und Charaktere Graustufen hatten.
Es ist für mich Popcorn Action Kino, weitgehend ohne große Moralkeule, mit klaren Fronten. Die Helden stehen am Ende das Kampfes auf, lecken sich die Fleischwunden und weiter geht's. Und wenn mal einer drauf geht, dann ist das ein tiefer dramatischer Moment, mit Zeitlupe und lautem Nooooo!... und danach ist das Team irgendwie nicht mehr das gleiche, aber es geht trotzdem weiter wie vorher, weil der BBEG eben aufgehalten werden muss.
Das ist das Spielgefühl, was D&D für mich bedeutet.
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Ich bin vor allem Buttkicker, und D&D ist eben für mich ideal, um den Bösen in den Hintern zu treten. Grautöne sind fürs Buttkickin halt hinderlich...
Es ist problemlos möglich, in einer "grauen" Welt klare Bösewichter aufzubauen. Dann ist genau dieser Orkstamm besonders grausam, kannibalistisch und opfert alle Gefangenen. Peng, keine Hemmungen mehr sie zu schnetzeln.
Umgekehrt ist es aber deutlich schwieriger. Insofern finde ich eine graue Basis besser, weil vielfältiger nutzbar.
Also ja, D&D5 ist Super Hero Fantasy Popcorn Action Kino (mit fähigen Charakteren mit oft besonderen Kräften). Und ja, das macht als Eskapismus Spaß und ist ein Grund, warum ich D&D5 so gerne leite.
Nein, dass muss nicht zwangsläufig heißen, dass die Welt Schwarz/Weiß sein muss. Und schon gar nicht, dass das Regelsystem das abbilden muss.
Eine graue Welt bietet sich für den superheldigen Stil sogar deutlich besser an, weil es, wenn es keine klar "weiße" Seite gibt, an den Helden liegt, sich dem Schurken zu stellen, während die anderen sich gegenseitig in die Haare kriegen, anstatt einfach nach der Armee des Lichts zu rufen. Auch das MCU ist nicht Schwarz/Weiß. Die Avengers haben noch zu Beginn von Infinitiy War damit zu kämpfen, dass sie als Verbrecher gesucht werden.
Ich leite(te) mit D&D5 Humblewood (mit knuffigen Tiermenschen und sehr grauen Themen wie Flüchtlinge und Rassismus), die Wildermark-Kampagne in Aventurien ("Game of Thrones"-Stil mit vielen Graustufen), eine Piratenkampagne (pulpige bunte Action mit Kultisten und Dämonenpaktierern als klaren Widersachern), eine Eberron-Kampagne (Schatzjagd gegen einen nekromantischen Kult um eine Lich) und gerade erst kürzlich eine Runde mit Weihnachtselfen gegen den Krampus mit kurzem Auftritt des Grinch.
Vielfältigkeit ist die wahre Stärke von D&D5 und diese Vielfältigkeit zu stärken, kann ich daher nur unterstützen.