Japanische Schulmädchen, die sich Gefechte in Zweiter-Weltkriegs-Panzern liefern – als Wahlpflichtfach in der Schule. Klingt absurd, ist es auch, aber das ist die Prämisse der Anime-Serie "Girls und Panzer" - eine der besten Anime-Serien, die ich in letzter Zeit gesehen habe.
Die kleine Miho Nishizumi ist neu an der Oarai High School – sie hat traumatische Erfahrungen mit "Panzerfahren" gemacht und ist hierher gekommen, weil es hier nicht mehr angeboten wird. Aber kaum ist sie da, wird es wieder eingeführt, und sie, da sie an ihrer alten Schule durchaus erfolgreich darin war, wird von der SMV genötigt, mitzumachen; was die dann ihren Freundinnen zu liebe auch tut. Und dann fahren sie Panzer und liefern sich Gefechte mit anderen Schulen.
Die Handlung ist nicht sonderlich tiefgehend, aber auch nicht peinlich flach. Fast jede der Charaktere hat einen winzig kleinen Mini-Arc. Da gibt es hier mal Streit und Aussöhnug mit der Familie, dort kommt die Erkenntnis durch, dass man eine Sportart auch betreiben kann, weil sie Spaß macht, und nicht nur um zu gewinnen, ein schüchternes Mädchen findet Freunde; alles größtenteils harmlos, aber nie peinlich oder aufgesetzt, sondern schön gemacht und mit einer pädagogisch wertvollen Botschaft – also wirklich kindgerecht.
Die Charaktere sind zwar alle nur mit groben Strichen gezeichnet, aber trotzdem nicht austauschbar – und das ist bei gerade mal 12 Folgen und über 20 Mitgliedern des Oarai-Panzerteams eine gewaltige Leistung.
Was ich besonders schön finde ist die Tatsache, dass die Charaktere in der Serie die Prioritäten richtig setzen. "Panzerfahren" ist ein Sport, der zwar (von manchen mehr, von manchen weniger) wichtig genommen wird, aber es bleibt ein Sport. Schlüsselszene: Eines der Mädchen bekommt nach einem Match den Anruf, dass ihre Oma gestürzt sei und im Krankenhaus liege. Sie sind auf dem Festland, müssten erst lange auf die Fähre warten, und in ihrer Verzweiflung will sie schon schwimmen, da kommt aus dem Hintergrund die Böse, die schon als Endgegnerin für das Staffel-Finale aufgebaut wird, und von der es bisher nur Spott, Verachtung und verletzende Spitzen für die "Neulinge" gab, und meint: "Wir können dich mit unserem Hubschrauber zu deiner Oma fliegen." - was sie dann auch tun. Das wahre Leben ist eben wichtiger als irgendwelche sportlichen Rivalitäten.
Die Musik ist auch hervorragend. Ein fetziges Marschmusik-Hauptthema zieht sich in stimmungsvoll angepassten Variationen durch die gesamte Serie. Die Highlights sind aber an anderer Stelle: Da fangen japanische Schulmädchen in T-34s völlig ohne Vorwarnung an, russische Weltkriegs-Schlager zu schmettern, oder beim Angriff der "Deutschen" ertönen alte Gassenhauer wie "Erika" oder das "Panzerlied", das dem einen oder anderen noch aus Film, Funk und Fernsehen oder dem Grundwehrdienst bekannt sein dürfte. Das mag zwar alles etwas unreflektiert sein, passt aber wie die Faust auf's Auge zu einer Serie über japanische Schulmädchen, die sich Gefechte in Zweiter-Weltkriegs-Panzern liefern.
Aber die Hauptsache: Die Panzergefechte sind hervorragend gemacht! Den "Realismus" kann man zwar nur in Anführungszeichen setzen; die Panzer fahren etwa doppelt so schnell, wie sie eigentlich dürften, niemand wird verletzt, weil die Kampfräume mit "Carbon" verkleidet sind und nur zertifizierte Sicherheitsmunition verwendet wird, aber davon abgesehen sind die Gefechte nachvollziehbar, abwechslungsreich und spannend. Kein Gefecht ist gleich, es wird taktiert (oder auch nicht), es werden Fehler gemacht, geniale Strategien verhunzt, im Regelbuch nachgeschlagen, ob bestimmte Dinge überhaupt erlaubt sind, und selbst blöde Aktionen sind "nachvollziehbar blöd" und nicht "der Plot fordert es so, und deshalb handelt der Charakter jetzt blöd". Es gibt auch eine sichtbare Lernkurve bei den Panzerfahrern, die im Laufe der Serie spürbar besser werden - vielleicht mit Ausnahme des Protagonisten-Panzers, der von Anfang an mit der Protagonistin (die an ihrer alten Schule schon ein "Panzerfahren"-Star war), einem Naturtalent an der Kanone und einem Universal-Genie am Steuer ordentlich rockt.
Wer auch nur den Hauch eines Interesses an Anime-Serien oder Panzern hat, der muss diese Serie anschauen - ohne wenn und aber!