Eigentlich ist es verwunderlich, dass das Konzept des Progressors in Space-Opera-RPGs nur sehr selten vorkommt - denn es bietet im Grunde Abenteuerstoff ohne Ende!
Für diejenigen, denen das Wort "Progressor" jetzt nichts sagt: Bei Progressoren handelt es sich um Agenten hoch entwickelter Raumfahrerzivilisationen, deren Aufgabe es ist, die Entwicklung "primitiver" Völkerschaften zu beschleunigen. Meistens in Undercover-Missionen und in der Regel aus altruistischen Motiven. Wenn man so will, tun Progressoren also genau das, was bei Star-Trek mit der "Obersten Direktive" verhindert werden soll
. Das Konzept kommt insbesondere in den Romanen um die "Welt des Mittags" von den Strugazki-Brüdern und den Kulturromanen von Iain Banks. Wenn das nicht mal Stoff für eine zünftige Space-Opera-Kampagne wäre!
Die raumfahrende Zivilisation, der die SC entstammen, ist eine ultrahoch entwickelte und auch gesellschaftlich ziemlich utopische Ecke der Galaxis. Deswegen hat man dort die Idee entwickelt, man müsse nun weniger weit fortgeschrittenen Zivilisationen das Heil der Erleuchtung bringen. Und da es ja böser Imperialismus und schädlich wäre, einfach die Tür einzutreten und die "Primitivlinge" gewissermaßen "gewalttätig" zu zivilisieren, hat man sich darauf verlegt, getarnte Undercover-Agenten einzuschleusen, die die Entwicklungen der Zielzivilisationen beschleunigen sollen, in dem sie dezent Ideen streuen, progressive Kräfte stützen, das Böse bekämpfen, etc.pp. Dabei sind natürlich gewisse Regeln einzuhalten:
- Der Progressor darf nichts tun, was die zu entwickelnden wieder tiefer in Aberglauben und Primitivität zurückstoßen würde (Hightech zu nutzen um als Erzengel Gabriel zu erscheinen wäre nur in Notfällen statthaft oder gar ein ganz großes Pfui).
- Die zu Entwickelnden dürfen nichts von der Einmischung der Progressoren erfahren.
- Es ist zu vermeiden, die Situation zu verschlimmern, es sei denn, die Verschlimmerung wäre nur zeitweilig, da absehbar ist, dass sie langfristig zur Verbesserung der Lage beiträgt.
- Und Ähnliches, was noch zu überlegen wäre
.
Nun funktioniert die Sache mit dem aus dem Geheimen heraus unter die Arme greifen in der Theorie weit besser als in der Praxis. Wer die Vorlagenromane kennt, der wird wissen, dass Progressoren auch gehörigen Mist bauen können und die Sache oft schon an Kleinigkeiten krankt (wie etwa: Was, wenn alle Parteien einer Welt miese Drecksäcke sind - so alá GoT? Oder was, wenn ich allein durch einen kleinen Fehler mit meiner Hightech-Ausrüstung versehentlich eine neue Religion verursache?). Mal ganz abgesehen von den moralischen und philosophischen Fragen, die dieses Vorgehen aufwirft: Ist die Tätigkeit der Progressoren letztlich nicht auch eine Form von Imperialismus? Dürfte ich als Progressor sowas wie die Französische Revolution anzetteln, die in sich zwar furchtbar blutig ist, aber vielleicht zu mehr Aufklärung beiträgt? Was, wenn ich herausfinde, dass die "Progressiven Kräfte" die ich unterstützt habe, sich als ebenso schlimm herausstellen wie das Regime, dass ich zu beseitigen trachtete? Und was, wenn eine andere Sternenzivilisation genau das selbe versucht, unter "Weiter entwickelt" aber was anderes versteht? Wie sollte man "Weiterentwicklung" überhaupt definieren?
Ich find mal, das hat einiges an Potential.
Meinungen, weitere Ideen, Kritiken, Verrisse?
P.S.: Warum das Ganze im Traveller-Unterforum? Weil ich Traveller hier als potentielles System recht passend fände.....