Immersion, die ich im Rollenspiel-Kontext verstehe als Einfühlen in den Charakter, so dass Wahrnehmungen und Entscheidungen auf einer unbewussten Ebene nicht mehr aus Sicht des Spielers, sondern aus der des Charakters getroffen werden (im Gegensatz zur bewussten Steuerung des Charakters durch den Spieler), ist sicherlich etwas, das man, wenn man es mal erlebt hat, als überdurchschnittlich intensives Spielerlebnis beschreiben wird. Es ist also erst mal nix verkehrt an Immersion.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich intensive Spielerlebnisse auch auf andere Weise erreichen lassen. Meine intensivsten Runden waren mehrstenteils recht unimmersive kooperativen Storygaming-Runden, bei denen sich die Spieler in der Tat in größerem Umfang im Author Stance befanden.
Als zusätzliches Problem kommt obendrauf, dass es kaum Techniken gibt, die Immersion fördern, und der Versuch, immersiv zu spielen, häufiger als nicht in verkrampfte wir-wollen-jetzt-Stimmung-Sessions ausartet, in denen meist viel zu viel ausgespielt wird, weil auch die Alltäglichkeiten angeblich helfen, sich in den Charakter einzufühlen (tun sich nach meiner Erfahrung im Allgemeinen nicht. Helfen tun die Momente, die für den Charakter intensiv sind, weil die Rückkopplung zum Spieler dann entsprechend hoch ist).
Insofern bleibt als Fazit: Immersion ist potenziell erstrebenswert, aber nicht auf Knopfdruck zu erzeugen, und auch kein Indikator auf besseres oder gar einzig wahres Rollenspiel. Wenn man beim Rollenspiel keine Immersion erfährt, ist das kein Beinbruch, sondern Normalität, und Spaß kann man problemlos auch ohne haben.