Ich würde Railroading ähnlich definieren wie Luxferre: In der Spielhandlung sind Ereignisse fest eingeplant, die sich durch die Spieler nicht beeinflussen lassen.
Das kann die dramatische Spannung in der Handlung erhöhen:
- Redundante Teile werden übersprungen. Das Railroading hat dann die Rolle von einem Zwischenschnitt oder einer Montage, um eine Lücke zwischen zwei interessanteren Szenen zu überbrücken.
- Neue Situationen, Komplikationen und Konflikte werden der Handlung hinzugefügt. Gegenüber spontan erfundenen oder im Spiel generierten Handlungselementen besteht der Vorteil darin, dass sie besser geplant und auf verschiedene Aspekte des Spiels abgestimmt sein können.
- Unabwendbare Ereignisse (teilweise mit allgemein bekanntem Ausgang) sind das Thema der Handlung. Wenn z.B. ein Abenteuer auf der Titanic während ihrer Junfernfahrt spielt, soll vielleicht die Schiffskatastrophe der Hintergrund für die eigentliche Handlung sein.
Es kann aber auch das Spiel stören:
- Spieler sind frustriert, weil ihre Darstellung der SCs und ihre eigenen kreativen Beiträge zur Geschichte abgeblockt oder uminterpretiert werden.
- Die Spieler können sich nicht mehr mit der Handlung identifizieren und haben das Gefühl, nur noch Statisten im Drehbuch des Spielleiters zu sein.
- Das Spiel wird destruktiv, weil SL und Spieler mit allen Mitteln um die Kontrolle über die Geschichte kämpfen.
Zuviel Railroading macht das Spiel zu einem reinen Theaterstück mit festem Drehbuch (das die Spieler aber nicht kennen), bei dem sich im Notfall auch die Regeln der Vision des Autors unterordnen müssen. Gar kein Railroading macht das Spiel zu einem Drunkard's Walk, bei dem das Geschehen von spontanen individuellen Entscheidungen und Würfelwürfen gesteuert mal in diese, mal in jene Richtung taumelt.
Dazwischen ist alles möglich und was "richtig" ist, hängt von der Gruppe und vom Abenteuer ab. Manche Gruppen machen gern ihr eigenes Ding und wollen vom SL nur an und ab ein paar Häppchen hingeworfen bekommen. Andere sind froh, wenn sie die große Disneylandtour mit allen Sehenswürdigkeiten bekommen und nur ab und zu etwas entscheiden oder würfeln müssen. Im Dungeon oder bei historischen Abenteuern will ich persönlich weniger out-of-the-box-thinking und mich mehr an den Vorgaben orientieren als beim charakterbetonten Spiel oder bei einer Planspiel-Sandbox.
Probleme sehe ich in folgenden Situationen:
- Die Gruppe ist sich nicht einig, was gespielt wird, Leute bestehen darauf, etwas an Dingen ändern zu können, die nicht dazu gedacht waren.
- Der SL versucht, Railroading vor der Gruppe zu verstecken oder, schlimmer, ihm ist gar nicht klar, dass er Railroading betreibt (weil er versucht, sich an das ganz toll offene Kaufabenteuer zu halten, das die Handlungswahl der Spieler nicht bedacht hat und gerade aus den Angeln gehoben wird).
- Die Spieler haben das Gefühl, gegängelt zu werden, obwohl der SL einfach nur auf ihre (schlechten) Entscheidungen reagiert (vielleicht etwas pedantisch und zu konsequent).
- Die vom SL ausgedachte Handlung ist mist. Die Spieler würden gern ihre Entscheidungsgewalt für eine interessante Geschichte tauschen, aber haben das Gefühl, den Unfug, den der SL ihnen vorsetzt, besser hinzubekommen.