John McClane "spielt" aber nach dramaturgischen Regeln: Wenn er was aufs Maul bekommt, wird er dadurch nicht schwächer, sondern reißt stattdessen noch krassere Action. Und weil sein Gesicht auf dem Kinoplakat ist, ist garantiert, dass er bis zum Finale durchhält, egal wie viele "Encounter" im das Drehbuch bis dahin vor den Latz knallt.
In jedem Kampf stellen zwar Treffer dar, wieviel er abbekommen hat und wie nah er dran ist, zu unterliegen, aber beim nächsten Kampf ist das wieder zurückgesetzt und seine Chancen sinken nicht dadurch, dass er vor fünf Minuten einen Volltreffer vor den Schädel bekommen hat.
Dass das trotzdem ernst und "realistisch" wirkt, liegt allein an der Präsentation: Makeup und schauspielerische Darstellung lassen den Charakter echt übel wirken und der Regisseur ist clever genug, die Recoveries zwischen die Szenen und die Full Heal-Ups zwischen die Filme zu legen. Bruce Willis hat es halt raus, seinen Charakter so fertig wirken zu lassen, dass es beim fast beim Zuschauen wehtut. Wenn man dasselbe Drehbuch mit Bud Spencer umgesetzt hätte, würde der Zuschauer wahrscheinlich nicht so sehr darüber hinweggetäuscht, dass John McClane eigentlich einen Durchmarsch bis zum Finale macht, ohne dass sein letztendlicher Erfolg je wirklich in Frage steht.
Hitpoints sind meiner Meinung nach eine dramatische Ressource, die mit darüber bestimmen, wieviel schlimme Dinge einem Charakter passieren können, bevor er (für die laufende Szene) ausgeschaltet ist. In einer heroischen Action-Geschichte haben sie aber nicht die Aufgabe, einen Helden schlecht dastehen zu lassen oder geile Action zu verhindern. In jeder Situation mehr zu reißen und mehr zu überleben ist das, wofür ein Actionheld gut ist, genauso wie Sherlock Holmes Rätsel lösen, Danny Ocean Leute überlisten und Yoda immer einen schlauen Spruch haben soll. Regeln, die das für länger als ein, zwei Szenen behindern, bringen den Zuschauer um das, was er sehen bzw. den Spieler um das, was er spielen will.
Die Regeln tun an der Stelle m.E. was sie sollen - wenn man den Eindruck vermitteln will, dass die Charaktere echter Gefahr ausgesetzt sind und von Treffern merklich verletzt werden, sollte man meiner Meinung nach eher an der Präsentation und der Charakterdarstellung drehen anstatt an den Regeln. Nur weil auf dem Blatt noch ein paar Punkte stehen, heißt das ja nicht, dass es nicht verdammt wehtut, wenn der Oger einen mal wieder quer durch den Raum an die Wand klatscht.