Hm. Ich muss gestehen, dass ich bei diesem Thema weniger an Tolkien denke, sondern eher an Peter Jackson. Tolkien ist tot und hatte seine Verdienste. Ich vergöttere ihn nicht, aber ich denke, man kann ihn lesen. Vorlagentreue interessiert mich bei Verfilmungen eigentlich nicht. Bei Peter Jacksons Wahl der Tolkien-Stoffe habe ich allerdings im Blick, dass der Mann noch lebt und dass er mal etwas zu sagen hatte! Hier ein kleiner unrepräsentativer Überblick über Peter Jacksons Schaffen als Regisseur, wie er sich für mich darstellt. Ich nehme sein Schaffen in Phasen wahr, für die ich einfach mal den jeweiligen Hauptfilm nenne... (alles ist logischerweise nur mein völlig unmaßgeblicher Privateindruck):
Phase 1. Braindead: Splatterfilmparodie. Die unrealistischen Splatterszenen und Horrorelemente (Zombies) werden distanziert, weil parodistisch, verwendet. Wie sich das für einen richtigen B-Movie gehört, endet der Film offen mit Option auf Fortsetzung. Diese Fortsetzung hat Jackson nie gedreht. Selbst der Cliffhanger ist also Element der Parodie.
Phase 2. Heavenly Creatures: Ernster Film über Pubertätsverirrungen zweier junger Mädchen mit grausamem Unhappy-End. Es gibt (kitschige) Fantasyelemente, die aber die Traumwelten der Mädchen darstellen, daher distanziert eingesetzt werden und in eine realistische Handlung integriert sind. Einzelner Film mit abgeschlossener Handlung.
Phase 3. Herr der Ringe: Tolkiens Original ist in drei Bücher unterteilt, Jackson dreht entsprechend eine Filmtrilogie. Die Fantasy der Vorlage wird übernommen, d. h. sie wird distanzlos illusionistisch eingesetzt. Kitschige Bilder sollen affirmativ ("Ach, wie schön und wunderbar ist das in Lothlorien!") verstanden werden und sind nicht ironisch gebrochen.
Phase 4. Der Hobbit: Jacksons distanzlose Darstellung von Fantasy in der Art des Herrn der Ringe wird fortgesetzt. Diesmal allerdings wird ein Kinder- oder Jugendbuch mittleren Umfangs zu einer Trilogie aufgeblasen.
(Ich weiß, dass Jackson noch mehr Filme gemacht hat und ein paar davon kenne ich auch. "The Frighteners" ist für mich beispielsweise ein Übergangsfilm von Phase 2 zu Phase 3, "King Kong" ein Seitenprojekt von Phase 3)
Insgesamt wird der Mann für mich immer uninteressanter. Ein Regie-Rebell erliegt dem Kommerz und stirbt (in künstlerischer Hinsicht), so sehe ich die Sache. Nach dem ersten Hobbit-Film war für mich der Ofen aus.
Chiarina.