@ BobMoraneWir denken auch häufig in Ploterlevanz. Die Sache ist, dass wir Spieler unseren eigenen Plot definieren. Und der SL geht darauf ein.
Wenn unser Vorgesetzter uns die Aufgabe gibt, eine Gefangene zu bewachen, dann haben wir prinzipiell drei Möglichkeiten:
1) Wir bewachen die Gefangene.
2) Wir befreien die Gefangene.
3) Wir finden heraus, warum die Gefangene für unseren Vorgesetzten so wichtig ist.
Wofür wir uns entscheiden, bleibt uns überlassen. Aber wir können uns sicher sein, dass der SL daraus einen spannenden Plot macht.
bzgl. 3 Musketiere und Lady de WinterAls Leser des Romans weiß man, dass d'Artagnan der Gute und Lady de Winter die Böse ist.
Als Spieler beim RPG weiß man das nicht. Da weiß man nur, dass d'Artagnan Lady de Winter einsperrt und deinem SC den Befehl gibt, sie zu bewachen. - Wer jetzt der Gute und wer der Böse ist, ist dir nicht bekannt.
Stelle dir mal vor, du würdest einen einfachen Soldaten in einer Armee spielen und ein Offizier betritt den Raum und wirft eine Zivilistin in den Kerker. Du erhältst den Befehl, sie zu bewachen. - Als der Offizier draußen ist, beteuert sie ihre Unschuld. Wenn du den Offizier wegen der Zivilistin befragt, erhältst du die Anweisung, nicht mit ihr zu reden.
Wie würdest du als Spieler reagieren? Was würdest du deinen SC tun lassen?
Als SL würde ich die Situation wie folgt aufbauen:
An jedem Spielabend gibt es eine 5 Minuten Szene, wo die Gefangene mit dem SC redet. Danach ist Wachablösung und der SC wird auf Mission geschickt. Bzw. erlebt ein Abenteuer, das nichts mit der Gefangenen zu tun hat. - Zu Beginn des nächsten Spielabends hat er wieder Wachdienst, der outtime eine 5 Minuten Szene ist.
Das heißt: Jeden Spielabend kann der SC 5 Minuten mit der Gefangenen sprechen. Danach gibt es für den restlichen Spielabend ein Abenteuer, das nichts mit der Gefangenen zu tun hat.
Natürlich kann der Spieler jederzeit sagen: "Ich kneble die Gefangene." oder "Ich stecke mir Wachs in die Ohren während ich Wachdienst habe und höre ihr nicht mehr zu."
Aber das werden die wenigsten Spieler machen. Die meisten Spieler sind neugierig und werden das Gespräch mit der Gefangenen suchen. Und wenn der Offizier dem SC verbietet, mit der Gefangenen zu sprechen, dann macht das den Spieler erst Recht neugierig.
Ich bin da sehr zuversichtlich, dass nach etwa 7-9 Spielabenden wenigstens 50% aller Spieler die Gefangene befreien würden.
Wenn die Gefangene nach 10 Spielabenden noch immer nicht befreit wurde, hört der SC einen Gesprächsfetzen, nachdem die Gefangene am nächsten Abend hingrerichtet werden soll. Der SC hat jetzt also nur noch 1 Spielabend Zeit, die Gefangene zu befreien. Wenn er sich entscheidet, sie nicht zu befreien, dann wird sie am Ende des 11. Spielabends aus der Zelle geschleppt. Wenn sie an dem SC vorbeigezerrt wird, schaut sie ihn mit traurigen Augen an. Kein Vorwurf ist in ihren Augen zu erkennen, nur Trauer. Wenn der SC sich entschließt, den beiden zu folgen, sieht er, wie die Gefangene auf einen Richtblock gelegt wird und der Henker sein Werk vollrichtet. - Der Spieler wird nie erfahren, weshalb die Gefangene im Kerker saß und letztendlich hingerichtet wurde.
Aber ich denke, soweit wird es gar nicht kommen. Die meisten Spieler entscheiden sich vorher, die Gefangene zu befreien. (Du solltest nur nicht den Fehler machen und die Gefangene "Lady de Winter" nennen. Aber wenn du ihr einen unverfänglicheren Namen gibst, hegen die wenigsten Spieler Verdacht.)
Wie gesagt: 99% des Spielabends verbringen die SCs mit irgendwelchen ABs, die nichts mit der Gefangenen zu tun haben. Die Gefangene ist immer nur eine einzelne 5 Minuten-Szene pro Spielabend.
bzgl. Harry Potter und VoldemortVorneweg: Ich hatte
hier bereits gesagt, dass man durch Rauschmittel seinen freien Willen verliert. In diesem Fall verliert also auch der Spieler die Handlungskontrolle über seinen SC und muss würfeln.
Der Spieler kann also entscheiden, ob er mit dem Gegenüber etwas trinkt oder nicht. Aber wenn er sich zum Trinken entscheidet, dann muss er eine Zechen/Konsti-Probe würfeln, bei deren scheitern der SC betrunken ist und der Spieler die direkte Kontrolle über den SC verliert.
Aber wie kann der Voldemort-Agent auch ohne Rauschmittel vom SC Informationen über den Harry-Potter-Geheimbund erlangen?
1. Möglichkeit:Er gibt sich ganz offen als Voldemort-Agent zu erkennen und schlägt dem SC einen Deal vor: Jeder darf abwechselnd eine Frage stellen, die der Gegenüber dann wahrheitsgemäß beantwortet. Jeder darf das Spiel von sich aus beenden, nachdem er eine Frage beantwortet hat. (Das heißt, wenn er gerade eine Frage gestellt hat, muss er auch noch eine Frage beantworten, bevor er das Spiel beenden kann.)
Sollte der SC das Spiel nicht spielen wollen, wird der Voldemort-Agent sein Bier austrinken und anschließend friedlich die Kneipe verlassen. Aber er warnt den SC auch: Sollte er sich auf das Spiel einlassen und versuchen zu betrügen, dann wird der Voldemort-Agent ihn angreifen.
Und klar, der SC darf bei jeder Antwort aussuchen, ob er lügt oder die Wahrheit sagt: Aber wenn er sich fürs Lügen entscheidet, gibt es eine "Lügen vs. Empathie"-Probe.
Sollte der NSC den SC beim ersten Mal beim Lügen ertappen (d.h. Empathieprobe besser gelungen als Lügenprobe), dann warnt er den SC und fordert die richtige Antwort. Sollte er den SC ein zweites Mal beim Lügen ertappen, dann tut er so, als ob er die Antwort glaubt und wartet die Frage des SCs ab. Er beugt sich nun vor, um dem SC die Antwort scheinbar ins Ohr zu flüstern. Anstatt zu flüstern, schreit er dem SC jedoch ins Ohr und sticht gleichzeitig mit einem Dolch zu.
Sollte der SC sich jedoch an die Regeln halten, wird der Voldemort-Agent irgendwann das Spiel beenden, dem Harry-Potter-Agenten freundlich zunicken, ihm noch ein Bier bestellen und dann das Lokal verlassen. (Je nach NSC ist das Bier entweder vergiftet oder wirklich eine Respektbekundung von Voldemort an Harry Potter.)
2. Möglichkeit:Der Voldemort-Agent beginnt etwas Smalltalk mit dem SC. Der Agent wirkt dabei sichtlich betrübt. Wenn der SC irgendwann mal nachfragt, wird der NSC erst zögern, aber nach kurzer Zeit bekannt geben, dass Voldemort seine Familie getötet hat.
Der Spieler wird natürlich sofort misstrausich und will eine Empathie-Probe machen, um zu erkennen, ob der NSC die Wahrheit sagt. (Die Empathie-Probe ist freiwillig. Wenn der Spieler keine Probe machen will, muss er auch keine Probe machen.)
Sollte der Empathie-Wurf besser gelungen sein als ein Take 10 beim Lügenwert des NSCs, dann erkennt der SC, dass der NSC lügt.
Sollte der Empathie-Wurf schlechter sein, dann scheint der NSC die Wahrheit zu sagen. (Der Spieler hat immernoch die Möglichkeit, dem NSC zu misstrauen. Er kann halt nur nichts über Empathie erkennen.)
Nach einiger Zeit wird der NSC das Gespräch so lenken, dass er Rache an Voldemort üben will und seine Familie noch ein mächtiges Artefakt hatte, das zum Glück gut genug versteckt war, so dass die Voldemort-Häscher es nicht bekommen konnten.
So ziemlich jeder Spieler wird hier sofort hellhörig und hat sofort Interesse an dem Artefakt.
Der NSC gibt jetzt jedoch vor, dem SC zu misstrauen und dass er bereits viel zu viel verraten hat.
Der NSC hofft nun darauf, dass der SC versuchen wird, ihn zu überreden. - Vor allem wird der NSC auch die Frage stellen, warum er dem SC vertrauen sollte.
Der Spieler wird hier den Eindruck haben, dass er versucht, das Vertrauen des NSCs zu erringen. In Wirklichkeit ist es andersum und der NSC erschleicht sich allmählich das Vertrauen des Spielers.
Auch hier: Es ist keine Sache von 5 Minuten, dass der Spieler dem NSC alle seine Geheimnisse verrät. Der NSC muss Geduld aufbringen, sich langsam das Vertrauen erschleichen und kann womöglich die Organisation der SCs unterwandern.
Wichtig hierbei ist natürlich:
Der SL darf nicht nur mit bösen NSCs kommen: Wenn alle NSCs den SCs feindlich gesonnen sind, dann sind die SCs vollkommen zurecht misstrauisch und vertrauen niemanden.
Wenn die meisten NSCs jedoch auch gegen Voldemort eingestellt sind und versuchen den SCs mit ihren bescheidenen Mitteln zu helfen: Dann werden die Spieler auch nicht in jedem NSC einen Verräter sehen.