In diesem Thread
http://www.tanelorn.net/index.php/topic,92608.0.htmlwurde die Frage aufgeworfen, warum Greyhawk nicht beliebter wäre.
Neben diversen Antworten und Theorien fiel mir und anderen als erstes der Elefant namens Design im Raum auf:
die Welt ist, wie so oft bei Fantasy-RPGs und vor allem auch bei -Romanen, blasser, naiver Eklektizismus.
(Obs jetzt bei Greyhawk stimmt oder nicht sei erst mal dahingestellt)
Modus Operandi Schlawinicus funktioniert hier so:
diverse kulturelle Blasen werden mit Fingerfarben auf ein weisses Blatt gerieben, am Ende hat man prachtvolle Phäntä'sy!
Was aber machen die guten Settings gut?
Eine Auswahl von Eigenschaften:
1) HistorizitätEs gibt eine nachvollziehbare historische Entwicklung, die immer noch wirkt.
Kulturen, die seit 1000 Jahren die Renaissance feiern sind mehr als fragwürdig.
2) harte ökonomische FaktenEs gibt wenigstens eine grobe Wirtschaftsgeographie.
Das fängt dabei an, dass die Örxe nicht einfach in der Einöde irgendwie überleben, sondern wenigstens furchtbare Erdspalten oder Fischgünde haben.
Elfen leben nicht einfach "im Wald"(ausser Punkt 4).
Und es endet nicht damit, dass arme Nachbarn mit riesigen Armeen gerne mal zum reichen Nachbarn schielen. Ach so, beide sind "Gut", na dann ist ja alles klar...
3) KulturKulturen sind teils abgegrenzt, teils vermischt, aber immer klar umrissen.
Man kann vermuten, wer die Hosen anhat und wer demnächst wieder Fallwindeln trägt.
Leben die Örxe 1000 Jahre neben den Menschen in gemässigtem, fruchtbaren Klima, werden sie wohl Ackerbautechniken gelernt haben oder man hat eine gute Erklärung für ihre Unfähigkeit (reine Fleischfresser etc)
4) "weil Magie"Dumme Ideen werden nicht mit übernatürlichen Verklärungen abgewiegelt.
Müssen "Elfen" aufs Klo, haben sie einen Stoffwechsel. Leben sie dabei im Wald, jagen sie wohl Tiere und haben winzige Populationen.
Tun sie das nicht und tragen sie auch noch Seidengewänder, ists vermutlich der Hang zur naiven Ausrede oder schlicht die Unfähigkeit, eine originelle aber nachvollziebare, interessante Kultur zu kreieren.
5) Magie und Götter ja, aber unpolitischEs gibt ein echtes, einigermassen falsifizierbares Pantheon das mit klaren Edikten aber auch mächtigen Segnungen daherkommt. Es gibt auch Magie, und Anwender können Berge versetzen.
Könige entstammen bitte nicht einfach einer Faulpelz-Dynastie und haben weder den Segen der einen noch das Wissen der anderen.
6) die Kunst der korrekten Kartographie - (Dank an BadHorse)Kontinente deren falsche Tektonik selbst einen Young Earther zu Lachanfällen bewegt?
Städtenamen, die nichts mit den jetzigen oder ehemaligen Bewohnern zu tun haben?
Ein Masstab, der das fein säuberlich eingetragene Strassennetz vollkommen unnütz erscheinen lässt?
In der K-Note kann ein Setting ne Menge Punkte gutmachen oder verlieren.
ich halte hier mal ein, ggf kommt die schöne Assistentin Edith mit weiteren Einschüben.
Ich hätte gerne neben einer angeregten Diskussion Settingvorschläge mit Wertung (1-5).
Die Settings poste ich hier nebst Wertungen und fange mit 2 Beispielen an:
Krynn, Dragonlance2/5 - Opfer amerikanischer Christenbefindlichkeit ("das Gute MUSS über das Böse triumphieren"), absolute Aussetzer bei mehreren Stellen trüben Immersion
positiv:
+ Geschichte: interessante vorher/nachher Welt, die nen Asteroideneinschlag und Wegfallen der Götter verkraften musste, später diverse Kriege und pantheonische Rochaden, die sich bis hin zur Kontinentalverschiebung bemerkbar machten
+ potentiell hunderte Kulturen, davon wenige sogar recht interessant und einzigartig (Tiefseeelfen, Chorane etc)
negativ:
- Kulturen sind Blasen, die nicht interagieren; einige kriminell nichtinteragierend (zB Taladas) obwohl Drachen, Teleport usw existiert
-- supernaives Gut vs Böse Schema, sowohl bei den Menschen als auch im Himmel
-- fast alle Kulturen auf Krynn müssten mittlerweile wieder in bronzeitlichen Gefilden leben, so arg wurde die Welt gebeutelt; einige Völker sind praktisch purer comic relief und dürfen daher irgendwie existieren (Gnome)
Essos & Westeros, Song of Ice & Fire4/5 - hält den Ball flach und punktet effektiv; typische Aussetzer lassen sich oft galant mit dem Stark-Sprüchlein wegwischen weil das Winterphänomen vieles erklären könnte
positiv
+ fast 0 Nonsense, wenig Übernatürliches, vieles davon hoch fragwürdig selbst für Westerosi-Eingeweihte und somit plausibler (fast alle Legenden von Maestern als solche abgetan)
+ bronzezeitliche Völkerwanderungen mit klarer Besiedelungs- und Kulturgeschichte
+ keine Fäntel-Gefühlsdusseligkeiten, sondern scharf umrissene Realpolitik gestaltet die Regierungsgeschäfte
negativ
- wenig Übernatürliches nicht für jedermann
- politische und Wirtschaftsgeographie teils fragwürdig, kann sich aber meist mit der Winterausrede retten; Westeros ist zB mit seiner Nord-Süd Ausdehnung prädestiniert für untersch. Kulturen, der Narrow Sea müsste viel wichtiger sein mit viel mehr grossen Städten usw
- Feudalismus Fetisch siegt über der Realität, einen Kontinent unmöglich vom eisernen Thron regieren zu können; theoretisch müsste es permanent scheppern
Avatar, Setting von Airbender [Danke an Anastylos]4/5
...hier hat man in 80 Jahren einen Technologiesprung und auch einen gesellschaftlichen Wandel. Es gibt auch verschiedene Kulturen etc. Ich würde dem Setting (4/5) Punkten geben, einen Abzug weil es halt doch oft "Magie" als Antwort gibt
die Welt des Hexers, Geralt von Riva3,5/5
ein bischen wenig Abwechslung, man vermisst andere Kulturen, im Prinzip Spätmittelalter mit Fantasy.
Ökonomie ist hart, der Hexer verhandelt stets an der Grenze zum Bauerngaming, aber phantastische Gimmicks gibts für teuer Geld und die sind sinnvoll eingebettet.
Schwache Hochkulturen wie zB die der Elfen stirbt wg demographischem Druck brutal weg.
Magier sind skrupellose Eliten die es erst wenige hundert Jahre gibt und trotzdem die Geschicke der Welt lenken wollen. Daher stehen sie mit dem Hochadel entw. auf Schmuse- oder Konfrontationskurs.
Generell ist der Magiekomplex zwar oft skizziös, manchmal sogar albern aber doch plausibel nachzuvollziehen.
the Known World, Artesia [Dank an alexandro]Ausführlicher Geschichtsabschnitt mit einer Entwicklung von der Antike bis in die Pseudo-Renaissance.
Kulturelle Umbrüche (durch Eroberungen, Veränderungen der religiösen Doktrin etc.) sind gut und glaubwürdig umrissen und wirken noch nach (z.B. im Falle von Reichen, welche durch arbiträre Grenzziehung der Besatzer vereinigt wurden, aber noch immer mit kulturellen Unterschieden zu kämpfen haben, was sich in religiösen Konflikten, lokaler Tradition und Gesetzgebung widerspiegelt).
Ist ebenfalls gut dargestellt. Besonders gut gefällt mir, dass das Äquivalent der "Nachtwache" in diesem Setting (haben die Arschkarte an Ländereien bekommen und müssen große Mauer bewachen) eine wesentlich glaubwürdigere Wirtschaft hat, als bei Martin (eines der Wachturmkönigreiche ist durch seine Position im Grenzbereich sogar zur Handelsmacht aufgestiegen und macht sich mehr und mehr unabhängig bzw. könnte die anderen bald integrieren).
[...]neue Ideen aus Nachbarreichen kommen nach und nach reingetröpfelt (zum Zeitpunkt wo das Spiel einsetzt ist die Herstellung Schießpulver z.B. noch relativ neu und ein gut gehütetes Militärgeheimnis eines Nachbarreiches, aber es wird angedeutet dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch andere Länder auf den Trichter kommen).
Magie ist deutlich unspektakulärer als in anderen Fantasy-Settings, folgt aber klaren Regeln. Ebenso Götterwirken, welches nach "do ut des" funktioniert.
Pantheon ist klar und unbestritten, religiöse Konflikte existieren nur dergestalt, wie genau es organisiert ist und welcher Gott für welche Bittstellungen zuständig ist.
Götter greifen in die Welt ein, soweit sie Opfergaben erhalten (was auch dazu führt, dass in Kriegszeiten die Angreifer schonmal Göttern opfern die sie selbst nicht verehren, damit diese neutral bleiben
). Wie man Götter verehrt ist ein Politikum - Religion und Staat sind nicht getrennt und Häresie ist gleichbedeutend mit Landesverrat (was die in 1.) angesprochenen kulturellen Konflikte noch verschärft). Ebenso verhält es sich mit Magie - den Naturgesetzen etwas zu befehlen gelingt nur, indem man sich auf die Macht von Göttern beruft (Politikum!) oder ihren Dienern schmeichelt/sie besticht (ebenfalls nicht unproblematisch).
Könige haben (nach der dominanten Religion) göttliches Blut in ihren Adern (nicht nur im übertragenen Sinne, sondern tatsächlich) und sind damit zum Herrschen geboren. Im Laufe ihrer Herrschaft haben ihre Vorfahren einen Haufen magischer Gegenstände angehäuft, welche idR besser sind als das Zeug, was sonst so rumfliegt. Ach so, sie sind auch noch oberste Priester bei Staatsakten und in Kriegszeiten und damit diejenigen, welche sich direkt an die Götter wenden, wenn die Kacke am Dampfen ist. Außerdem sind sie Hauptarbeitgeber für fähige Magier, Alchimisten und Priester, um ihre Macht zu stärken (dass Magier einfach irgendwo in der Wildnis in ihrem Turm sitzen ist in diesem Setting eher ungewöhnlich - außer natürlich sie haben ein Problem mit dem Herrscher).
Auran Empire [danke, Belphegor!]siehe Antwort 69, darin ausführliche Links zu einem potentiellen 5er GI-Kandidaten
Danke auch an
Feuersänger und sein Settingprojekt, welches die GI-knusprige
Tetrarchie als Kampagnenort beschreibt:
http://www.tanelorn.net/index.php/topic,77777.msg1605731.html#msg1605731