Die "Known World" (aus Artesia) könnte alle hier genannten Kriterien erfüllen:
1) Historizität
Es gibt eine nachvollziehbare historische Entwicklung, die immer noch wirkt.
Kulturen, die seit 1000 Jahren die Renaissance feiern sind mehr als fragwürdig.
Ausführlicher Geschichtsabschnitt mit einer Entwicklung von der Antike bis in die Pseudo-Renaissance.
Kulturelle Umbrüche (durch Eroberungen, Veränderungen der religiösen Doktrin etc.) sind gut und glaubwürdig umrissen und wirken noch nach (z.B. im Falle von Reichen, welche durch arbiträre Grenzziehung der Besatzer vereinigt wurden, aber noch immer mit kulturellen Unterschieden zu kämpfen haben, was sich in religiösen Konflikten, lokaler Tradition und Gesetzgebung widerspiegelt).
2) harte ökonomische Fakten
Es gibt wenigstens eine grobe Wirtschaftsgeographie.
Das fängt dabei an, dass die Örxe nicht einfach in der Einöde irgendwie überleben, sondern wenigstens furchtbare Erdspalten oder Fischgünde haben.
Elfen leben nicht einfach "im Wald"(ausser Punkt 4).Und es endet nicht damit, dass arme Nachbarn mit riesigen Armeen gerne mal zum reichen Nachbarn schielen. Ach so, beide sind "gut", na dann ist ja alles klar...
Ist ebenfalls gut dargestellt. Besonders gut gefällt mir, dass das Äquivalent der "Nachtwache" in diesem Setting (haben die Arschkarte an Ländereien bekommen und müssen große Mauer bewachen) eine wesentlich glaubwürdigere Wirtschaft hat, als bei Martin (eines der Wachturmkönigreiche ist durch seine Position im Grenzbereich sogar zur Handelsmacht aufgestiegen und macht sich mehr und mehr unabhängig bzw. könnte die anderen bald integrieren).
3) Kultur
Kulturen sind teils abgegrenzt, teils vermischt, aber immer klar umrissen. Man kann vermuten, wer die Hosen anhat und wer demnächst wieder Fallwindeln trägt.
Leben die Örxe 1000 Jahre neben den Menschen in gemässigtem, fruchtbaren Klima, werden sie wohl Ackerbautechniken gelernt haben oder man hat eine gute Erklärung für ihre Unfähigkeit (reine Fleischfresser etc)
Siehe 1). Und neue Ideen aus Nachbarreichen kommen nach und nach reingetröpfelt (zum Zeitpunkt wo das Spiel einsetzt ist die Herstellung Schießpulver z.B. noch relativ neu und ein gut gehütetes Militärgeheimnis eines Nachbarreiches, aber es wird angedeutet dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch andere Länder auf den Trichter kommen).
4) "weil Magie"
Dumme Ideen werden nicht mit übernatürlichen Verklärungen abgewiegelt.
Müssen "Elfen" aufs Klo, haben sie einen Stoffwechsel. Leben sie dabei im Wald, jagen sie wohl Tiere und haben winzige Populationen.
Tun sie das nicht und tragen sie auch noch Seidengewänder, ists vermutlich der Hang zur naiven Ausrede oder schlicht die Unfähigkeit, eine originelle aber nachvollziebare, interessante Kultur zu kreieren.
Magie ist deutlich unspektakulärer als in anderen Fantasy-Settings, folgt aber klaren Regeln. Ebenso Götterwirken, welches nach "do ut des" funktioniert.
5) Magie und Götter ja, aber unpolitisch
Es gibt ein echtes, einigermassen falsifizierbares Pantheon das mit klaren Edikten aber auch mächtigen Segnungen daherkommt. Es gibt auch Magie, und Anwender können Berge versetzen.
Pantheon ist klar und unbestritten, religiöse Konflikte existieren nur dergestalt, wie genau es organisiert ist und welcher Gott für welche Bittstellungen zuständig ist.
Götter greifen in die Welt ein, soweit sie Opfergaben erhalten (was auch dazu führt, dass in Kriegszeiten die Angreifer schonmal Göttern opfern die sie selbst nicht verehren, damit diese neutral bleiben
). Wie man Götter verehrt ist ein Politikum - Religion und Staat sind nicht getrennt und Häresie ist gleichbedeutend mit Landesverrat (was die in 1.) angesprochenen kulturellen Konflikte noch verschärft). Ebenso verhält es sich mit Magie - den Naturgesetzen etwas zu befehlen gelingt nur, indem man sich auf die Macht von Göttern beruft (Politikum!) oder ihren Dienern schmeichelt/sie besticht (ebenfalls nicht unproblematisch).
Könige entstammen aber grösstenteils einer Faulpelz-Dynastie und haben weder den Segen der einen noch das Wissen der anderen. Hier muss man nichts mehr sagen, dass ist einfach nur peinlich.
Könige haben (nach der dominanten Religion) göttliches Blut in ihren Adern (nicht nur im übertragenen Sinne, sondern tatsächlich) und sind damit zum Herrschen geboren. Im Laufe ihrer Herrschaft haben ihre Vorfahren einen Haufen magischer Gegenstände angehäuft, welche idR besser sind als das Zeug, was sonst so rumfliegt. Ach so, sie sind auch noch oberste Priester bei Staatsakten und in Kriegszeiten und damit diejenigen, welche sich direkt an die Götter wenden, wenn die Kacke am Dampfen ist. Außerdem sind sie Hauptarbeitgeber für fähige Magier, Alchimisten und Priester, um ihre Macht zu stärken (dass Magier einfach irgendwo in der Wildnis in ihrem Turm sitzen ist in diesem Setting eher ungewöhnlich - außer natürlich sie haben ein Problem mit dem Herrscher).