Autor Thema: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren  (Gelesen 19523 mal)

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Achamanian

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #100 am: 9.02.2015 | 10:02 »
An der Stelle könnte man ja zusammenfassen:

Als SL stelle ich fest, dass die Spieler einen (zeitlichen und inhaltlichen) Schwerpunkt auf etwas legen, was für mich bisher - egal ob die Spieler erfolgreich sind oder nicht - ohne Relevanz war. Ich kann nun
  • Die Spieler machen lassen und hoffen, dass sie nicht zuviel Zeit vertrödeln.
  • Den Spielern "outtime" sagen, dass sie auf dem Holzweg sind und bitte etwas anderes machen sollen.
  • Die Entscheidung der Spieler mit Bedeutung aufladen, so dass der Ausgang, abhängig vom Erfolgsgrad der Spielerhandlungen, eine Bedeutung für das übrige Spielgeschehen hat und, anders als geplant, Auswirkungen auf den Plot haben wird.

Oder gibt es noch mehr Möglichkeiten?

Mir reichen die drei, Danke!

EDIT: Warum kann ich so was eigentlich nicht so schön kurz zusammenfassen ...?

Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #101 am: 9.02.2015 | 10:10 »
Ja, ob es Railroading (nach Forge-Definition) ist, kann der Kulissenschiebende SL direkt nach dem Spiel rausfinden, indem er es den Spielern sagt und ihre Reaktionen betrachtet.
Xemides fände es, wenn ich ihn richtig verstanden habe, nicht gut und würde sich dann im Nachhinein gerailroaded fühlen.
Andere (die Mehrheit die sich hier geäußert hatten) fänden das gut, weil sie dadurch mehr unterhaltsame Sachen im Abenteuer hätten.
Ich bin auch eher jemand, den das als Spieler ankotzen würde, im Nachhinein davon zu erfahren, weil dann meine taktische Leistung (egal ob gut oder schlecht) nicht mehr relevant war und sich ein eventueller Sieg nicht mehr wie ein Sieg anfühlt.

Wenn ich einen Marathon laufe, will ich das aus eigener Kraft schaffen und akzeptiere meine Platzierung.
Wenn ich einfach nur schnell, gut, schön, sicher und bequem ans Ziel kommen will, dann steig ich in die Bahn und lass mich fahren.
Letzten Endes kommt es halt drauf an, was die Spieler vom Spiel erwarten.
« Letzte Änderung: 9.02.2015 | 10:15 von blind cat »

Offline Dark_Tigger

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #102 am: 9.02.2015 | 10:14 »
  • Die Spieler machen lassen und hoffen, dass sie nicht zuviel Zeit vertrödeln.
  • Den Spielern "outtime" sagen, dass sie auf dem Holzweg sind und bitte etwas anderes machen sollen.
  • Die Entscheidung der Spieler mit Bedeutung aufladen, so dass der Ausgang, abhängig vom Erfolgsgrad der Spielerhandlungen, eine Bedeutung für das übrige Spielgeschehen hat und, anders als geplant, Auswirkungen auf den Plot haben wird.

Oder gibt es noch mehr Möglichkeiten?
Er kann ihnen auch intime Informationen zukommen lassen, die ihnen Zeigen das sie auf dem Holzweg sind, ohne "die Kulisse zu verschieben".
Zitat
Noli Timere Messorem
Im Gedenken an einen großen Schrifftsteller

Achamanian

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #103 am: 9.02.2015 | 10:36 »
Ich bin auch eher jemand, den das als Spieler ankotzen würde, im Nachhinein davon zu erfahren, weil dann meine taktische Leistung (egal ob gut oder schlecht) nicht mehr relevant war und sich ein eventueller Sieg nicht mehr wie ein Sieg anfühlt.

Wenn ich einen Marathon laufe, will ich das aus eigener Kraft schaffen und akzeptiere meine Platzierung.
Wenn ich einfach nur schnell, gut, schön, sicher und bequem ans Ziel kommen will, dann steig ich in die Bahn und lass mich fahren.
Letzten Endes kommt es halt drauf an, was die Spieler vom Spiel erwarten.

Klar, wenn Leistung bemessen an einer objektivierbaren Aufgabe für dich ein wichtiger Aspekt am RSP ist, dann ist so was natürlich doof ...

Für mich ist es eher so: Wenn ich sage: "Vielleicht können wir die anderen überholen, indem wir an einem gefährlichen Küstenstück mit Riffen und Eisklippen und so anlegen", dann ist meine Leistung, dass ich neue Elemente in die Story einbringe (Klippen, Wettlauf). Und honoriert wird für mich diese Leistung, wenn der SL diese Elemente aufgreift, evtl. sogar ins Zentrum rückt, auch auf Kosten bereits anders vorbereiteter Elemente.

Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #104 am: 9.02.2015 | 11:48 »
Klar, wenn Leistung bemessen an einer objektivierbaren Aufgabe für dich ein wichtiger Aspekt am RSP ist, dann ist so was natürlich doof ...

Für mich ist es eher so: Wenn ich sage: "Vielleicht können wir die anderen überholen, indem wir an einem gefährlichen Küstenstück mit Riffen und Eisklippen und so anlegen", dann ist meine Leistung, dass ich neue Elemente in die Story einbringe (Klippen, Wettlauf). Und honoriert wird für mich diese Leistung, wenn der SL diese Elemente aufgreift, evtl. sogar ins Zentrum rückt, auch auf Kosten bereits anders vorbereiteter Elemente.

Jaaa, die Frage ist ohnehin, ob diese objektive Aufgabe im Rollenspiel überhaupt so existiert, oder ob das nicht ein Trugschluss von taktischem Spiel ist.
Ich empfinde ja auch diebische Freude daran, als taktischer Spieler auf eine virtuose Lösung gekommen zu sein, an die der SL gar nicht gedacht hatte.
Wenn ich die aber einbringe wird ja doch wieder eine neue Idee draus, die es vorher nicht gab. Wobei dann aber Handwedeln nicht so gerne gesehen wird, sondern eher offensichtlich plausible oder sogar axiomatische oder beweisbare Umsetzungen.
Es ist ja gerade die gegenseitige kreative Befruchtung, die "echtes Rollenspiel"©™ von Computer-Rollenspiel oder Brettspiel abgrenzt. Deshalb wundert es mich auch nicht, dass fast alle hier das ganz gut finden. Es ist wohl die normale Art des Rollenspielens, die nur in Extremversionen wie Railroading oder Sandboxing nicht erwünscht ist.

Wobei ich auch nochmal auf den obigen Beitrag von DarkTigger hinweisen möchte. Wenn sich ein Sachverhalt durch Information lösen lässt, ist das in den meisten Fällen wohl die bessere Lösung als gleich ganze Städte zu versetzen.
« Letzte Änderung: 9.02.2015 | 11:53 von blind cat »

Offline Xemides

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #105 am: 9.02.2015 | 21:49 »
Also nochmal zur Erklärung:

Was bei mir als SL festeht und wo ich auch möchte das es feststeht ist, das Ziel des Abenteuers.

Der Mörder, der Dieb, der Intriganz, der Ort des Schatzes, die Lösung des Rätseln etc.

Wo ich improvisiere und auch gerne improvisiert werden darf, ist der Weg dahin.

Wenn die Spieler auf eine Abkürzung zum Ziel finden und ich ihn für plausibel halte, dürfen sie ihn gehen.

Wenn sie eine originellen Weg finden, etwas zu tun dürfen sie das.

Wenn sie einen Weg einschlagen, den das Abenteuer nicht vorsieht, akzeptiere ich ihn wenn ich ihn für gangbar halte.

Da ich aber fertige Settings bevorzuge gibt es Klippen nur, wenn da Klippen sind. Das wissen meine Spieler aber auch.

Was ich aber nicht ändere ist halt die Lösung, nur weil die Spieler eine andere haben. Sie können den Mörder auf frischer Tat ertappen, wenn sie einen Weg finden dahin. Sie können auch das Abenteuer abkürzen damit, wenn sie eine Tat verhindern können. Aber der Täter bleibt der Täter.
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Offline Greifenklaue

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #106 am: 9.02.2015 | 22:33 »
Als SL stelle ich fest, dass die Spieler einen (zeitlichen und inhaltlichen) Schwerpunkt auf etwas legen, was für mich bisher - egal ob die Spieler erfolgreich sind oder nicht - ohne Relevanz war. Ich kann nun
  • Die Spieler machen lassen und hoffen, dass sie nicht zuviel Zeit vertrödeln.
  • Den Spielern "outtime" sagen, dass sie auf dem Holzweg sind und bitte etwas anderes machen sollen.
  • Die Entscheidung der Spieler mit Bedeutung aufladen, so dass der Ausgang, abhängig vom Erfolgsgrad der Spielerhandlungen, eine Bedeutung für das übrige Spielgeschehen hat und, anders als geplant, Auswirkungen auf den Plot haben wird.

Oder gibt es noch mehr Möglichkeiten?

Ein Scene Framing. (Im Prinzip ist es ja vielleicht auch nur eine Technik für Punkt 2 in etwas eleganter.)
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Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #107 am: 10.02.2015 | 05:50 »
... Aber der Täter bleibt der Täter.

Du hast also noch nie ein Spiel geleitet, wo etwas wichtiges passiert ist (z.B. jemand umgebracht worden ist), ohne dass du zu Beginn als SL wusstest wer es ist?

Offline Xemides

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #108 am: 10.02.2015 | 05:54 »
Du hast also noch nie ein Spiel geleitet, wo etwas wichtiges passiert ist (z.B. jemand umgebracht worden ist), ohne dass du zu Beginn als SL wusstest wer es ist?

Wenn derjenige nicht von den Spielern umgebracht wurde, nein.
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Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #109 am: 10.02.2015 | 06:05 »
Das geht aber einfacher als man vielleicht denkt. Du könntest es mal probieren. Es ist auch ziemlich spannend für den SL.
Die Vorgehensweise geht so. Du konfrontierst die Spieler einfach mit einem Tatort und schaffst dann wenn die
Spieler etwas untersuchen nach und nach wohlwollend (!) Fakten, bis du selber weißt, wer es war.
Der Vorteil ist, dass sich meine Ideen deutlich von den Ideen unterscheidet, die ich normalerweise beim Abenteuerschreiben im
stillen Kämmerlein habe.

Die Betonung liegt dabei vor allem auf "wohlwollend". D.h. deine Fakten sind zwar deine Ideen, aber sie orientieren sich vor allem
daran, was die Spieler wissen wollen.
Wenn die Leiche da liegt und zuerst jemand in den Mund guckt, dann ist im Mund der erste Hinweis (vielleicht Gift). Wenn jemand
den Körper untersucht ist es vielleicht ein gebrochenes Rückgrat etc.

Weiß nicht, ob das ein Experiment für dich sein könnte. Du kannst das am Anfang mit etwas nicht plotrelevantem ausprobieren.

Offline Oberkampf

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #110 am: 10.02.2015 | 06:56 »
Detektivabenteuer nach Vorbild der englischen Detektivliteratur (Whodunit?) sind ein spezialgelagerter Sonderfall. Natürlich kann man Kriminalabenteuer auch in 10 000 anderen Geschmacksrichtungen spielen, aber einen Whodunit? kriegt man eben nur hin, wenn von vorne herein unverrückbar feststeht, wer der Täter ist, wie er es getan hat und warum er es getan hat. Whodunit gehören in die gleiche Schublade wie Tunierabenteuer.
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Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #111 am: 10.02.2015 | 07:42 »
... aber einen Whodunit? kriegt man eben nur hin, wenn von vorne herein unverrückbar feststeht, wer der Täter ist, wie er es getan hat und warum er es getan hat. ...
Glaube ich nicht. Was genau spricht dagegen, das so zu machen wie ich oben beschrieben habe?

Offline Xemides

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #112 am: 10.02.2015 | 08:00 »
@Blind cat:

Das geht ja ein die gleiche Richtung wie ich oben beschrieben habe mit der Tatsache, das ich auf dem Weg dahin improvisiere. Aber der Mord und der Täter sind ja die Auslöser des Abenteuers und stehen halt von vornherein fest, wenn die Tat nicht durch die Spieler verursacht wurde.
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Offline blut_und_glas

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #113 am: 10.02.2015 | 08:06 »
Das geht ja ein die gleiche Richtung wie ich oben beschrieben habe mit der Tatsache, das ich auf dem Weg dahin improvisiere. Aber der Mord und der Täter sind ja die Auslöser des Abenteuers und stehen halt von vornherein fest, wenn die Tat nicht durch die Spieler verursacht wurde.

Wie würdest du das einordnen, wenn statt Improvisation ein Zufallsmechanismus (klassisch: Tabellen) eingesetzt würde?

Nehmen wir an, festgelegt wurde, dass es eine Leiche gibt. Was die Spieler bei der Untersuchung finden wird aber am Tisch ausgewürfelt.

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #114 am: 10.02.2015 | 09:03 »
Das geht aber einfacher als man vielleicht denkt. Du könntest es mal probieren. Es ist auch ziemlich spannend für den SL.
Die Vorgehensweise geht so. Du konfrontierst die Spieler einfach mit einem Tatort und schaffst dann wenn die
Spieler etwas untersuchen nach und nach wohlwollend (!) Fakten, bis du selber weißt, wer es war.
Der Vorteil ist, dass sich meine Ideen deutlich von den Ideen unterscheidet, die ich normalerweise beim Abenteuerschreiben im
stillen Kämmerlein habe.

Die Betonung liegt dabei vor allem auf "wohlwollend". D.h. deine Fakten sind zwar deine Ideen, aber sie orientieren sich vor allem
daran, was die Spieler wissen wollen.
Wenn die Leiche da liegt und zuerst jemand in den Mund guckt, dann ist im Mund der erste Hinweis (vielleicht Gift). Wenn jemand
den Körper untersucht ist es vielleicht ein gebrochenes Rückgrat etc.

Weiß nicht, ob das ein Experiment für dich sein könnte. Du kannst das am Anfang mit etwas nicht plotrelevantem ausprobieren.

 :d

Was ich hieran ziemlich geil finde, ist dass der SL auch ein Stückweit mehr Spieler sein kann. Er re-agiert und lässt sich überraschen. Sowohl von außen (Spielerinput), als auch von innen (neue, kreative[re] Ideen). Gut formuliert, Herr Wheel.

Offline Xemides

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #115 am: 10.02.2015 | 09:04 »
Wie würdest du das einordnen, wenn statt Improvisation ein Zufallsmechanismus (klassisch: Tabellen) eingesetzt würde?

Nehmen wir an, festgelegt wurde, dass es eine Leiche gibt. Was die Spieler bei der Untersuchung finden wird aber am Tisch ausgewürfelt.


Könnte ich zur Not mit leben, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, das das eine logische Kette von Indizien gibt, mit deren Hilfe ich das Rätsel lösen könnte.
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Offline firstdeathmaker

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #116 am: 10.02.2015 | 09:10 »
Ich finde das driftet ganz schön vom Thema ab, auch wenn ich es interessant finde. Mir fällt allerdings auf, das man bei einem solchen improvisierten Vorgehen höllisch aufpassen muss, sich nicht in Widersprüche zu verwickeln aus denen man später nur noch mit einer abstrusen Erklärung heraus kommt. Einfacher fände ich es, wenn man sich vorher überlegt, was genau passiert ist und dann, je nachdem was die Spieler tun, entsprechende Hinweise streut, die dazu passen.

Aber eigentlich geht es ja ums Kulissen schieben, ich finde da das Beispiel mit der penibel ausgearbeiteten Stadt die man dann mit einer anderen tauscht, ganz schön. Jedenfalls für nicht-Sandbox Runden. Sie stellt einen als SL wirklich vor ein Dilemma und ich weis nicht, wie ich mich in dem Fall entscheiden würde. Vermutlich hängt es davon ab, wie viel die Spieler wissen und wie stark die beiden Städte in meiner Welt verflochten sind (d.h. wie schwierig es wäre, wirklich alle Verflechtungen die sich dadurch ändern, zu bedenken und umzuändern). Wenn das einfach wäre, würde ich es definitiv tun, da bei mir alles was die Spieler noch nicht von mir gehört haben noch nicht 100% festgelegt ist. Ich bereite zwar Dinge vor, aber das dient nur dazu, den Spielfluss und die Qualität zu erhöhen. Ich möchte ganz explizit, dass die Entscheidungen meiner Spieler Einfluss auf die Geschichte und die Welt haben. Deshalb bereite ich auch nicht 3 Abenteuer im Vorraus vor, sondern schaue, was die Spieler machen und welche Wendungen dazu passen könnten.

Aber zum Glück habe ich da eine sehr kooperative Gruppe: Sie wissen, dass ich mir sehr viel Mühe mit der Vorbereitung mache und sind daher auch gewillt, bestimmten Hinweisen zu folgen. Es ist ja kein Spielen "gegeneinander" sondern miteinander (jedenfalls bei uns). Und ich als Spielleiter muss an einer solchen Stelle die Entscheidung treffen, was für den Spielspaß am besten wäre. Und da muss ich dann bei dem Stadtbeispiel "Kulissenschieberei" betreiben, solange es die Glaubwürdigkeit der Spielwelt nicht beeinträchtigt. Und was die Freiheit der Spieler angeht, finde ich andere Entscheidungen viel interessanter, als die, wo man als nächstes hingeht (jedenfalls wenn man sich zwischen zwei Dingen entscheiden muss, über die man eigentlich keine Informationen hat). Interessantere Entscheidungen sind für mich z.B. ob man einen Konflikt friedlich oder gewaltsam angeht, was man mit den kleinen Goblinkindern macht die vom Stamm übrig sind nachdem man die Krieger besiegt hat oder ob man dem despotischen Diktator bei der Verteidigung der Stadt hilft oder ihn stürzt und riskiert, dass die Orkarmee vor der Stadt den Angriff schafft weil die Stadt im chaos versinkt.







« Letzte Änderung: 10.02.2015 | 09:13 von firstdeathmaker »

Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #117 am: 10.02.2015 | 09:15 »
Könnte ich zur Not mit leben, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, das das eine logische Kette von Indizien gibt, mit deren Hilfe ich das Rätsel lösen könnte.

Der Brettspiel-Klassiker Cluedo funktioniert genau so.

Ich finde das driftet ganz schön vom Thema ab, auch wenn ich es interessant finde. Mir fällt allerdings auf, das man bei einem solchen improvisierten Vorgehen höllisch aufpassen muss, sich nicht in Widersprüche zu verwickeln aus denen man später nur noch mit einer abstrusen Erklärung heraus kommt. ...

Das hat insofern genau mit dem Thema zu tun, da es genau dem Zweck dient zu beweisen, dass es ein durchaus akzeptables Konzept ist, nachträglich Ideen abzuändern, weil es sich prinzipiell nicht davon unterscheidet die Idee gleich beim Spiel aus einer Spieleraktion zu assoziieren.
« Letzte Änderung: 10.02.2015 | 09:19 von blind cat »

Offline Necoras

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #118 am: 10.02.2015 | 09:19 »
:d

Was ich hieran ziemlich geil finde, ist dass der SL auch ein Stückweit mehr Spieler sein kann. Er re-agiert und lässt sich überraschen. Sowohl von außen (Spielerinput), als auch von innen (neue, kreative[re] Ideen). Gut formuliert, Herr Wheel.

Das sehe ich vollkommen anders. Ist wohl Geschmackssache. Ich finde es auch wichtig, den Spielleiter bei der ganzen Diskussion als Mitspieler im Blick zu haben. Aber für den SL ist der Illusionismus oder das Kulissenschieben ja notwendigerweise als solcher/s sichtbar.

Vielleicht stelle ich mir das auch einfach nur nicht "richtig" vor. Aber ich lande beim Überlegen sehr schnell bei Beispielen, die mir gar nicht  zusagen: Wenn Spieler bei einem verdächtigen NSC Proben auf Empathie würfeln oder ihn geschickt mit Fakten konfrontieren wollen, um herauszufinden, ob er nun ein Verräter ist oder nicht, dann wäre es ja für uns alle (SCs wie SL) maximal kreativ und unvorhergesehen, wenn ich als SL verdeckt würfeln würde, ob es sich bei ihm um einen Verräter handelt. Aber dann orientiert sich die Geschichte halt maximal am Spielerhandeln. Denn ohne ihre Verdächtigungen hätte ich als SL ja nie gewürfelt, ob der NSC überhaupt ein Verräter hätte sein können. Er wäre einfach unbedeutend geblieben.

Das ist wie bei Fate, wenn man die Herausforderungen zu stark an den Fähigkeiten der Spieler orientiert: Wenn ich als SL immer nur darauf achte, dass die Spieler bei egal was sie tun immer ein bisschen gefordert sind, aber durchaus eine realistische Chance auf Erfolg haben, die Setzung der Schwierigkeit also immer nur von den Skills der SCs abhängig mache (Athletics) und nicht von der intime-Herausforderung (Fachwerkhauswand mit Griffmöglichkeiten), dann mögen zwar jegliche Proben gut "dosiert" sein. Aber die Story geht für mich dann total flöten. Ich finde, wenn ich als SC kreativ bin und mir einen plausiblen und einfachen Weg zum Einbrechen in das Haus suche, dann kann ich auch dafür belohnt werden, dass die Proben für mich tatsächlich leicht sind. Dann sollte ich als guter Kletterer da auch ganz einfach hoch kommen. Scheiß egal, ob das Metaspiel in dem Moment nahe legt "Die Geschichte bewegt sich langsam auf den Höhepunkt zu und der Spielabend ebenfalls; die Spannung sollte angezogen werden und Proben sollen ja immer spannend sein."

Luxferre

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #119 am: 10.02.2015 | 09:21 »
Das sehe ich vollkommen anders. Ist wohl Geschmackssache. Ich finde es auch wichtig, den Spielleiter bei der ganzen Diskussion als Mitspieler im Blick zu haben. Aber für den SL ist der Illusionismus oder das Kulissenschieben ja notwendigerweise als solcher/s sichtbar.

Ist doch auch gut so  :d
Im Übrigen heißt das auch nicht, dass ich immer und ausschließlich SO spiele. Es ist eine Art zu leiten. Oder Abschnitte zu leiten. Oder nur kurze Szenen. Oder man lässt es sein, weil es nicht in den Plot, die Kampagne oder an den Tisch passt.

Offline Necoras

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #120 am: 10.02.2015 | 09:27 »
Ist doch auch gut so  :d
Im Übrigen heißt das auch nicht, dass ich immer und ausschließlich SO spiele. Es ist eine Art zu leiten. Oder Abschnitte zu leiten. Oder nur kurze Szenen. Oder man lässt es sein, weil es nicht in den Plot, die Kampagne oder an den Tisch passt.
Ja, da hast Du recht. Der große Vorteil an dieser Improvisationstechnik ist halt auch, dass man sie nach Belieben dosieren und nutzen kann, ohne sich vorher irgendwie darauf vorbereiten oder festlegen zu müssen. Vermutlich tun wir das alle im kleineren oder größeren Ausmaß, wenn wir spielleiten.

Luxferre

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #121 am: 10.02.2015 | 09:33 »
Ja, da hast Du recht. Der große Vorteil an dieser Improvisationstechnik ist halt auch, dass man sie nach Belieben dosieren und nutzen kann, ohne sich vorher irgendwie darauf vorbereiten oder festlegen zu müssen. Vermutlich tun wir das alle im kleineren oder größeren Ausmaß, wenn wir spielleiten.

Wichtig finde ich an dieser Stelle, dass man in der Gruppe darüber spricht. Dass man das gleich Gruppen"vertrag" nennt, ist mir persönlich zuwider. Aber wir ja in Deutschland  >;D

Ucalegon

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #122 am: 10.02.2015 | 12:12 »
Das hat insofern genau mit dem Thema zu tun, da es genau dem Zweck dient zu beweisen, dass es ein durchaus akzeptables Konzept ist, nachträglich Ideen abzuändern, weil es sich prinzipiell nicht davon unterscheidet die Idee gleich beim Spiel aus einer Spieleraktion zu assoziieren.

Naja Rumpel ging es hier ja eigentlich um die Nähe zum Railroading. Er hat sich imho vollkommen zurecht Sorgen gemacht, dass Kulissenschieben (wie in dem Beispiel mit der Weggabelung) der SL dazu dienen könnte, ihren vorgeplanten Story-Ablauf als Meistererzählung durchzusetzen und Spielerentscheidungen zu entwerten.

Wenn ich als SL jetzt in ein Detektivszenario reingehe, um gemeinsam mit der Gruppe herauszufinden, wer eigentlich für den Mord/Diebstahl/etc. verantwortlich war und mich dabei von Vorschlägen und Ideen der Gruppe leiten lasse, dann finde ich es schwer, das mit RR in Verbindung zu sehen. Dabei ist es dann auch egal ob ich das freeforme, Zufallstabellen für clues habe, FATE Punkte einsetze und so weiter. Wir haben das mal mit tremulus probiert und es hat eigentlich super funktioniert. Kulissen an denen sich meine Entscheidungen konkretisieren könnten gibt es hier aber gar nicht, weil es meine und die Entscheidungen meiner Mitspieler(innen) sind, die die Kulissen entstehen lassen.

Ein bisschen anders läuft das ja bei Gumshoe, wo von vorneherein ein Fall samt vordefinierten Clues feststeht (eine Kulisse), die Spieler(innen) aber, egal wie sie vorgehen (ob sie zuerst in den Mund schauen oder den Körper untersuchen) bestimmte Core Clues auf jeden Fall erhalten. Aus meiner Sicht hat das, wie ich ganz am Anfang des Threads geschrieben habe weder was mit RR noch mit Illusionismus zu tun, weil von vorneherein allen klar sein muss, dass es, zumindest was die Core Clues angeht, keine Spielerentscheidung gibt, die entwertet werden könnte. Diese Art mit der Suche nach Indizien umzugehen fällt für mich unter Scene Framing. Die Frage ist nicht ob die Spieler(innen) bestimmte Infos bekommen, sondern wie sie damit umgehen. Gumshoe-Experten dürfen mich gerne korrigieren, wenn ich da was falsch verstanden habe.

Zur Frage des Schiebens nochmal meine Meinung: Wenn die SL Kulissen schafft, dann kann ich als Spieler natürlich nicht wissen ob in dem Raum jetzt 1 oder 3 Trolle sind, ob A oder B die Mörderin ist, wohin der rechte und wohin der linke Pfad führt, bevor ich es im Spiel herausfinde. Was ich aber wissen kann und worauf ich mich auch verlassen können will, ist, dass ich meine Entscheidungen auf einer feststehenden Basis treffe und die SL nicht plötzlich anfängt Parameter zurechtzubiegen, weil meine Entscheidung und ihre plausibel abzuleitenden Konsequenzen nicht in ihr Story Konzept passen oder ihr nicht interessant/erfolgversprechend/gefährlich genug erscheinen oder oder. Ob das immer Railroading sein muss oder ob es Grenzfälle geben kann? Schwierige Frage.       

Edit: Zurück zum Zitat  ~;D Ich würde dir also widersprechen und behaupten, dass es sehr wohl einen Unterschied macht ob ich nachträglich Kulissen verschiebe oder diese aus Spieler(innen)handlungen entwickle.
« Letzte Änderung: 10.02.2015 | 12:18 von Ucalegon »

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #123 am: 10.02.2015 | 15:39 »
Der Brettspiel-Klassiker Cluedo funktioniert genau so.

Habe ich nie gespielt, wenn dann vor Jahren ein oder zwei Mal. Und nur weil es im Brettspiel vielleicht Spaß macht, muß es das im RPG noch lange nicht. Sind ja zwei verschiedene Spielarten, und bei beiden gehe ich mit unterschiedlicher Erwartung ran.

Ich komme eher von den Lebstlösekrimis, die es in meiner Jugend gab, oder Sherlock Holmes Kriminal Kabinett.

Deshalb  mag ich vielleicht auch die Midgard-Abenteuer lieber, bei denen man ein Mysterium oder Rätsel lösen muss als puren Dungeoncrawl. Was für ein Spaß war das, bei Smaskrifter die Geheimnisse zu lösen. Und wie unmöglich wäre das geworden, wenn der Spieler sich da nach uns Spielern gerichtet hätte.
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Pyromancer

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #124 am: 10.02.2015 | 15:46 »
Im Endeffekt läuft es auf folgenden Unterschied hinaus:
1) Die Spieler ermitteln in einem fiktiven Mordfall - suchen Hinweise, befragen Zeugen, versuchen, das Puzzle zu lösen, und schaffen das oder scheitern.

oder

2) Die Spieler ermitteln gar nicht wirklich, sondern erschaffen gemeinsam mit dem SL eine Erzählung, die nur wie eine Ermittlungs-Geschichte aussieht.

Das kann beides Spaß machen, man sollte sich halt als Gruppe einig sein, ob man 1) oder 2) spielt.