Da ich morgen evtl. einen (für mich hochnostalgischen) Cthulhu-Oneshot anbieten will, lese ich gerade das oft gelobte Abenteuer "Nachts im Schwarzwald" (in der Fassung, die sich in der dritten Auflage des Gratis-Einsteiger-Hefts findet).
Ich bin eigentlich ganz angetan von dieser etwas subtiler gestrickten Hillbilly-Horror-Variante; eine ganz einfache Idee, ein gut ausgearbeiteter Schauplatz samt NSCs - genau richtig für ein Einsteigerabenteuer. Bietet mir auch genau das, was ich für morgen brauche.
Mir fällt beim Lesen aber auch wieder das auf, was mich an Cthulhu (vor allem Pegasus-Cthulhu) so oft nervt: In meinen Augen ganz schlechte SL-"Tipps". Das fängt bei dem Cthulhu-üblichen "machen Sie den Spielern mit billigen Gruseltricks Angst" an - was für eine blöde Idee. Entweder, der billige Gruseltrick funktioniert nicht, dann ist er unfreiwillig komisch (dann doch lieber bewusster schwarzer Humor); oder er funktioniert und ich habe eventuell einem Mitspieler eine unangenehme Erfahrung bereitet. In ein Horror-Spiel gehört m.E. ganz dringend der SL-Tipp "lassen Sie die Spieler selbst bestimmen, wie weit sie sich auf den Grusel einlassen."
Dann den Vorschlag, der SL solle im Dialog schwäbisch-alemannischen Dialekt imitieren. Tja, Dialekte imitieren, die man nicht beherrscht, ist halt nur für die meisten Leute richtig schwer. Das Abenteuer liefert deshalb als Dialekt verfasste Dialogpassagen samt Hochdeutsch-Übersetzung zum Ablesen. Tja, und schon wird der Einsteiger-Spielleiter zum Ablesen verleitet und steht noch dazu im Regen, sobald der Dialog auch nur mit einem Wort vom erwarteten Verlauf abweicht. So kann man dem SL natürlich auch leicht das Gefühl geben, überfordert zu sein.
Ganz typisch ist dann wieder der Kasten "Wenn es anders läuft - Troubleshooting für den Spielleiter", in dem als mögliches "Problem" unter anderem aufgeführt ist: "Die Charaktere werden kreativ". Oh Gott, sie werden kreativ! Womit hat die arme SL das nur verdient? Okay, der sich anschließende Tipp ist dann gar nicht so schlecht (einfach Gründe für das Scheitern des großen Rituals Retconnen und auf die SC zurückführen), aber das so was unter "Probleme" und nicht unter dem Normalablauf eines Abenteuers aufzuführen, ist schon ein starkes Stück.
Man merkt dem Abenteuer dann auch leider im Haupttext an, dass erst einmal ganz viel nicht vorgesehen ist - stillschweigend wird davon ausgegangen, dass die Charaktere sich durch die Bank von einer relativ kleinen Gruppe nur mit Messern bewaffneter Kultisten gefangen nehmen und fesseln lassen werden - evtl. sogar mehrmals! Die Möglichkeit, dass wenigsten einige von ihnen entkommen (und eventuell die anderen befreien - zurück in das Gruselhaus? Das könnte ja glatt ein Konflikt sein, eine Entscheidung erfordern!), wird überhaupt nicht angerissen, ganz zu schweigen davon, dass die SC den Spieß frühzeitig umdrehen, falls sie sich schlau anstellen ...
Das ist schade, weil das Abenteuer alles bietet, was für derlei Entwicklungen benötigt wird - mit dem vorhandenen Material könnte sich das ebenso sehr zu einem Standoff, gegenseitigem Beschleichen im Haus oder einer wilden Flucht durch den Wald entwickeln. Das Abenteuer verweist aber nicht auf diese Möglichkeiten, sondern liest sich mal wieder so, als sei der einzige wünschenswerte Verlauf der, in dem sie SC sich passiv in ihr Schicksal fügen ...
Ich frage mich echt, woran das liegt (vor allem, weil Autor Peer Kröger mit "Ein Schiff wird kommen" auch schon gezeigt hat, dass er es anders kann); ist das wieder dieser Versuch zur "Einsteigerfreundlichkeit", bei dem ein klarer Verlauf vorgegeben wird und gerade der Einsteiger-SL dann an dem eigentlich ganz simplen Szenario verzweifeln darf, weil man ihm vermittelt, dass er es falsch gemacht hat, wenn es anders läuft?