Ich bin definitiv nicht der Erste, der dieses Thema anspricht (vermutlich nicht einmal der Erste im
), aber nachdem die Diskussion aufkam, ob Fate Core auf Deutsch ungebührlich teurer wäre als auf Englisch, möchte ich das als Beispiel verwenden, um hier mal den Gegenwert eines Rollenspielprodukts durchzurechnen. Man kann sich lange darüber unterhalten, welche Kosten gestemmt werden müssen, um ein Werk auf den Markt zu bringen (machte letztens unter anderem die Dorp). Aber mir ist viel wichtiger, was ich durch den Kauf gewinne, als was ich dafür zahle. (Vielleicht bin ich da zu positiv eingestellt…)
Das Fate Core-Regelwerk kostete mich damals ca. 30 Euro (mit Transport nach Deutschland usw.). Seitdem leitete ich damit regelmäßig über mehr als ein halbes Jahr in unserem Rollenspielverein. Ich schätze, es kamen etwa 30 Sitzungen zustande, wobei die mittlere Spielerzahl irgendwo zwischen 3 und 7 schwankte. Rechnen wir konservativ mit fünf Leuten (vier Spielern und einem SL). Da wir Werktags spielen, dauert eine Sitzung meistens etwa vier Stunden.
Oder anders ausgedrückt: Aus diesen 30 Euro Anfangsinvestition entsprangen 30 * 5 * 4 = 600 Personenstunden Spielvergnügen, Tendenz steigend. Das entspricht einem Preis-Leistungs-Verhältnis von 5 Cent pro Stunde und Person. Sich darüber zu beschweren, wäre selbst Ebenezer Scrooge peinlich.
Um das mal in Perspektive zu rücken:
Ein Kinofilm kostet ca. 10 Euro für 90 min, was 6,67 Euro pro Stunde und Person bedeutet – das 133-fache des Rollenspiels. Dieser Unterschied ist größer als jener zwischen dem BIP pro Kopf der BRD und der Demokratischen Republik Kongo, dem ärmsten Land der Welt.
Ein Videospiel für 50 Euro mit 20 Stunden Spielzeit (für heutige Verhältnisse viel) kommt auf 2,5 Euro pro Stunde und Person – das 50-fache.
Der flächendeckende Mindestlohn beträgt 8,50 Euro – das 170-fache. Oder anders ausgedrückt: Bei 30 Euro für das Regelwerk müsst ihr dreieinhalb Stunden arbeiten für etwas, was euch um ein Vielfaches länger bei Laune hält.
Man kann es aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt sehen: Nehmen wir mal an, ich wäre wirklich sehr geizig und sagte, ich wolle nicht mehr als 50 Cent pro Stunde und Person berappen. Das wäre das Zehnfache des aktuellen Gegenwerts. Dann könnte das Regelwerk entweder um das Zehnfache teurer sein oder (vielleicht der bessere Ansatz) ich kaufe mir für das Zehnfache Rollenspielbücher und wenn ich davon nur 10 % am Ende wirklich nutzen kann, ist es immer noch um den Faktor 5 günstiger als ein Videospiel, was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht. Dass Rollenspiele so unverschämt günstig sind, bedeutet eben im Umkehrschluss, dass man sich viele kaufen kann, die vielleicht nicht so toll sind. Wenn nur jede zehnte Kaufentscheidung sich als richtig herausstellt, dann wäre das immer noch im Rahmen. Und glücklicherweise sind mehr als nur jedes zehnte Rollenspielprodukt zu gebrauchen.
Worüber beschweren wir uns also? Warum sehen wir es als dreist an, wenn Rollenspielverlage etwas Geld mit ihren Produkten machen (immer noch im Bereich wenigen tausend Euro), haben aber kein Problem damit, dass Plattenfirmen, Filmriesen, Videospielentwickler, Fußballspieler usw. Millionen einfahren?
Mein Fazit ist klar: Rollenspiele sind nicht zu teuer, sind sie schon fast unmoralisch günstig. Wir leben im Rollenspielparadies.