Autor Thema: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?  (Gelesen 35566 mal)

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Pyromancer

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #125 am: 15.06.2015 | 18:33 »
Erhellend ist für mein Gefühl wirklich die historische Genese, wenn man sich die den Ursprung des Rollenspiels im Wargaming anschaut,
Es ist offensichtlich, dass du dir die genauen Ursprünge des Rollenspiels im Wargaming nicht angeschaut hast.

Ich kann dir nur raten, das nachzuholen, das ist wirklich eine interessante Geschichte.

Offline D. M_Athair

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #126 am: 15.06.2015 | 20:54 »
Ein paar Gedankensplitter:

Das Kernproblem liegt doch darin, dass Rollenspiele zu weiten Teilen kaum als Gesellschaftsspiele wahrgenommen oder als solche gespielt werden, sondern als irgendetwas anderes, ein treffen von Leuten, die mehr oder weniger gemeinsam, üblicherweise unter Anleitung eines Haupterzählers, am Tisch eine Geschichte erzählen wollen.
Tatsächlich? Das würde erklären, warum ich mit Spielen wie DSA, Pathfinder und - so wie das bisher aus sieht - FFG-Star-Wars so schlecht zu Recht komme.
Für mich sind Rollenspiele Gesellschaftsspiele. So wie "Es war einmal ...", "Castle Ravenloft" oder auch "Ohne Furcht und Adel".

Wirft man einen ehrlichen Blick auf diese Situation, braucht man zum "Rollenspielen" eigentlich gar nichts, außer eben eine halb strukturierte, halb offene Geschichte.
Möglicherweise ist es genau das, was mich von Spielen wie WFRP3 abstößt. Akte, Atempausen, ... sowas taugt mir gar nicht.

(ACHTUNG, ich spreche vom Mainstream, damit nicht jeder Schlauberger gleich wieder sein "Aber der Exot X-Y funktioniert anders" postet)
Hättest du das gleich geschrieben [UND old school wie DCC RPG oder Swords & Wizardry, die trotz aller Versuche sie zu solchen zu degradieren, keine marginalisierten Exoten sind, ausgeschlossen], dann hätte ich zu dem Thema wohl nie was geschrieben.
Andererseits: Ich hatte jetzt nicht den Eindruck als wäre das Thema auf Spiele wie Pathfinder, DSA, Vampire, Pegasus-Cthulhu und Shadowrun fixiert.

Ich hole mir das Flair lieber aus einer schönen Settingbeschreibung.
Hmmm ...
Settingbeschreibungen. Auch da kann man sehr gut eine ähnliche Frage stellen, wie die im Eingangsbeitrag.
Und zwar: "Wie viel Settingbeschreibung braucht ein Rollenspiel?" Auch hier werden die Antworten ganz unterschiedlich ausfallen.
(Ich mag z.B. Sachen wie Points of light sehr gern. Da stecken 4 Settings in weniger Seiten als in DSA3s Herzogtum-Weiden-Heft drin. Obwohl ich auch L5Rs "Emerald Empire" schätze.) Ich glaube mit einer Gegenüberstellung von Spielmechanismen (und gerade Freiform-RSP hat eine ganze Menge implizierter Regeln jenseits sozialer Konventionen) und Settingbeschreibung verschiebt man das Problem lediglich.
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Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #127 am: 19.06.2015 | 05:54 »
Wußte garnicht das man "manche Zusatzregeln sind mir Zuviel " auch so umstaendlich ausdruecken kann. ;)
Ansonsten bleiben Regeln eben Simulation von Leben und Agieren in einer fiktiven Welt. Und die moechte ich nicht missen, weil sie das Rückgrad detailierter Simulation ist was reine Erzählung eben nicht richtig alleine kann. Es sei den ich habe sehr großes Vertrauen in meinen Meister und der kann sich das alles aus den Fingern saugen und ich verzichte somit auf konkretere Nachvollziebarkeit beim Geschehen und   schematischer Darstellung meiner Charaktereigenschaften. Fuer mich sehr Wichtig zum Aufbau desselben.

Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #128 am: 19.06.2015 | 06:03 »
Settings sind eine Frage der Lust aufs Detail. Wer die weniger hatt braucht schonmal weniger Setting und umgekert. Ich brauche viel Setting ob selbgermacht und/oder gekauft weil dan die Exotik und Simulation der Welt erst realistisch wird.
Das ist auch wieder eine Geschmacksfrage wie sehr man das jeweils vertiefen will.

Offline Chruschtschow

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #129 am: 19.06.2015 | 09:20 »
@Lysander:
Ich gehe beim Setting genau anders herum dran. Um die Spieler optimal einzubinden, möchte ich wenige Grenzen und vertraue auf die Fähigkeiten der Spieler. Und ich möchte bei den Regeln entsprechend wenige Grenzen, eher Leitlinien, um Konfliktpotentiale im Spiel zu erzeugen und Spieler aus ihrer Komfortzone (gibt es das so als Wort im Deutschen?) heraus zu holen.

Das Wieviel ist absolut Geschmacksfrage. Ansonsten könnte man die gleichzeitige Existenz von Fiasco- und DSA-Spielern kaum erklären.
« Letzte Änderung: 19.06.2015 | 09:24 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #130 am: 19.06.2015 | 17:19 »
Wer es locker angeht nimmt es  eben nicht so genau. Wer es genau nimmt will es auch so. Manche quaelen sich mit  fuer sie umstaendlichen Regeln obwohl sie es einfacher braeuchten. Selbst mir sind einige Mechanismen zb bei DSA4 spieltechnisch  zu umstaendlich. Dennoch mag ich nicht auf Talente und Fertigkeiten und komplexen Hintergrund verzichten.
Regeln sind  dabei freiwillige Grenzen wenn sie stimmig sind, die ich dan auch moechte weil sie der Simulation dienen. Wenn sie behindern habe ich unpassende Regeln, sie nicht bewusst eingewoehnt oder habe eben einen oberflaechlicheren Spielstil. Nicht jeder will  in lange Entwicklungen eintauchen sondern  eben nur mal kurze lockere Geschichten erleben.
« Letzte Änderung: 19.06.2015 | 17:23 von Lysander »

Offline Chruschtschow

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #131 am: 19.06.2015 | 18:51 »
Siehst du, da haben wir absolut gegensätzliche Ansätze. Mein Problem mit vielen regelstarken Systemen ist die für mich damit verbundene narrative Oberflächlichkeit. Ich kann ohne dieses Korsett viel tiefgehendere Charakterisierungen mit all den Konsequenzen und Implikationen der freien Gestaltung von fünf Aspekten, ein paar Skills / Methoden und ein paar Stunts hinbekommen, weil die Dichte an relevanten Informationen einfach viel größer und fokussierter ist bei gleichzeitiger maximaler Flexibilität. Und ich möchte, dass sich Grenzen aus der Rolle und der Wechselwirkung mit der Umgebung im Spiel ergeben, nicht an den Regeln reiben. Die sollen mir nur das Werkzeug zum Erzeugung von Reobung geben. Aber ich sehe natürlich auch, dass viele Leute einfach nicht diese Flexibiltät wünschen.

Ich fürchte aber, dass du einem Fehlschluss aufgesessen bist, wenn du Detailfülle von Setting und Regeln mit tiefgängigem Rollenspiel gleichsetzt. ;)
« Letzte Änderung: 19.06.2015 | 18:54 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Maarzan

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #132 am: 19.06.2015 | 20:44 »
Aber ich sehe natürlich auch, dass viele Leute einfach nicht diese Flexibiltät wünschen.
Die Flexibilität wünschen sogar oft noch (wobei da der Übergang zur Beliebigkeit und/oder Munchkinismus  am äußeren Ende auch fließend ist), aber die Regeln müssen eben nicht nur für einen passen, sondern als erste Priorität eine ganze Gruppe am Tisch zusammenbringen und -halten. 

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Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #133 am: 20.06.2015 | 00:19 »
Chrustschow: "Die Wechselwirkung von Rolle und Umgebung " sollen die Regeln ja grade abbilden ! Ihre  Zahlen in Talentwerten usw sollen grade eine komplexe Figur darstellen und dem Spieler damit helfen das damit  nachzuspielen.
Wenn mich da irgendwas blockiert habe ich die falschen Regeln und /oder will eben keine solche Simulation. Will ich sie, brauche ich die Werte.

Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #134 am: 20.06.2015 | 00:33 »
" narrative Oberflaechlichkeit " entsteht aus nicht verinnerlichten und dan falschen Regeln. Sie sollen Handlungen lebendig darstellen. Manchmal kommt das  auch durch zuviel zeitraubendes Würfeln was ich dan auch nicht mag. Aber ein einfacher Wurf zu einer Probe ist fuer mich kein Problem sondern erwuenscht. Ab dreimal Wuerfeln wirds aber schon umstaendlich. DSA hatt zb bei Talentproben drei Atribtutswuerfe. Geht noch, ich mache da aber schon gern Sammelwerte ( = 1 x Wuerfeln ! ). Auch diverse Zauber sind mir zu umstaendlich und ich mache eben Hausregeln.

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #135 am: 20.06.2015 | 01:12 »
@Lysander: Chruschtschow versteht unter narrativ was Anderes als Du.

Vermi hatte das mal sehr schön erklärt:
Thematisches Rollenspiel: Die Spieler setzen sich mit den moralischen und menschlichen Dilemmata des gemeinsamen Vorstellungsraums auseinander, beziehen dazu als Spieler Stellung und treffen dadurch eine Aussage über ihren Charakter und/oder die Spielwelt. Wir sprechen von Narrativism.

Bei Chruschtschow werden also Proben aus etwas anderen Gründen und Plausibilisierungen gemacht als bei Dir. Auch die Wechselwirkungen zwischen Rolle und Umgebung beziehen sich da auf etwas Anderes.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Offline Chruschtschow

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #136 am: 20.06.2015 | 01:52 »
@Lysander:
[EDIT]*SCHNIPPSCHNAPP* RIESENTEXTWAND WEG *SCHNIPPSCHNAPP*, denn erstens sind wir ein bisschen vom Thema ab und zweitens kann ich meinen Punkt kurz genauso gut erläutern:

Für mich erzeugen stark verregelte Systeme durch die zwangsläufig unvollständige Simulation, die aber gleichzeitig sehr detailliert Ergebnisse vorgibt, oft eine starke Disparität zwischen Spielwelt und Spielfiguren, wie die Regeln sie darstellen und wie sie in meinem Vorstellungsraum existieren. Weniger detaillierte Regeln mit Vertrauen in die Interpretationsfähigkeit der Spieler ermöglichen mir einen einfacheren Rückschluss von der Mechanik auf die Welt, der eben der Vorstellung angepasst ist.

Gleichzeitig kann der weite Rahmen, in der die Spielmechanik einsetzbar ist, mehr Teile der Spielwelt auch einbinden und abbilden, weil eben auch hier ein System mit geringerem Detailgrad leichter auf die verschiedenen Aspekte einer Welt übertragen werden kann, statt nur Teilaspekte (meistens Kampf) abzubilden. Auch hier wieder weil einfach die Interpretation stärker in Spielerhand gegeben wird.
« Letzte Änderung: 20.06.2015 | 08:24 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Abaton23

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #137 am: 20.06.2015 | 12:30 »
Ich persönlich sehe in den Mechaniken der Regeln lediglich Werkzeuge zum Erzählen einer Geschichte-- so wie ein Handwerker auch Werkzeuge beim Erstellen eines Werkstücks nutzt. Die Qualität der Arbeit wird am Endprodukt gemessen, weniger an den Werkzeugen selbst.

Um meine Ansicht zu verdeutlichen:
Ein Schreiner möchte einen Schrank bauen. Für einen einfachen Kasten aus Brettern wird er wenige Werkzeuge brauchen. Für einen tollen Vollholz-Schrank mit Schnitzwerk wird er wohl deutlich mehr Werkzeuge einsetzen. Trotzdem wird der Fachmann das Können des Schreiners am Werkstück ablesen und nicht am Inhalt seines Werkzeugkastens. Interessanterweise brauchen ein tolle Schreiner in aller Regel weniger Werkzeuge zum Bau des Selben Produkts, wie der Hobbyhandwerker. Allerdings legen diese sehr großen Wert auf die Qualität ihrer Werkzeuge.

Übertragen auf ein stimmungsvolles Rollenspiel: Für einfache Settings tun es meist wenige, gut durchdachte Regeln. Komplexe Welten mit detaillierter Magie etc. werden wohl mehr Regeln benötigen. Ich halte es für wenig förderlich, wenn Spieler die Geschichte aus den Augen verlieren, weil sie sich von Regeln erschlagen fühlen. Wie solche Regeln die tolle Stimmung anheizen sollen, ist für mich auch nicht schlüssig. So erging es mir mit dem Modifizierungs-obergau in D&D 4.0 ab etwa Stufe-7. Oder dem Kleingefiesel in DSA 4.1. Wenn die Mitspieler + SL dann sagen, das macht doch nix, wir "wedeln mit der Hand", dann frag ich mich: Wozu? Da wirds ja wohl schlüssigere Regelwerke ohne "Handwedeln" geben. Sonst kann ich das Regelwerk gleich in die Ecke schmeißen und zum freien Erzählspiel übergehen.
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Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #138 am: 20.06.2015 | 12:33 »
6: Ja, Chrustchow meint was anderes worüber wir reden.
Chrustchow: Wir sind genau beim Thema, wieso ? Was war die kurze Erlaetuerung ? ;))
Du meinst wohl andere Spielthemen wie viele Dialoge und dan willst du eine noch im Entstehen begriffene Welt die man grade spontan erfindet ?
Ja, dan behindert mich Vorgabe. Ich modifiziere ja auch manches, Neues kann ich auch immer noch erfinden, aber so Sachen wie Rechtssystem, Waehrung, Tempelhierarchie, Nichtspielercharaktere brauch ich unbedingt. Gute Vorgaben dazu sind mir eine Hilfe keine Begrenzung wenn mir die Welt gefällt.
Und Talente thematisieren ja kaum Kampf sondern soziale Interaktion.
Rein als Liste sind sie ja schlicht auch eine Gedankenstuetze was meine Figur alles darstellt und erlebr hatt. Nicht jeder hatt sein Zwerg oder Elfsein mit allen Aspekten immer im Kopf. Und als naechstes kommt dan die Reibung mit der Umwelt die man eben mit Wuerfeln simuliert.

Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #139 am: 20.06.2015 | 12:40 »
Abaton: Nein, finde nicht das Regeln erst spaeter was liefern. Sie sind staendiges Werkzeug und muessen soviel Komlexitaet haben wie ich brauche. Will ich gewisse Teilaspekte nicht simulieren und extra auswuerwefeln dan lasse ich sie besser einfach weg. Wenn ich es will hatt es wiederum Sinn. Es geht immer um Simulation.

Offline Thandbar

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #140 am: 20.06.2015 | 12:42 »
Ich persönlich sehe in den Mechaniken der Regeln lediglich Werkzeuge zum Erzählen einer Geschichte-- 

Dann möchtest Du halt Spielregeln, die Dir vermutlich beim freieren Erzählen möglichst wenig in die Quere kommen.
Das ist natürlich völlig okay, aber es gibt natürlich Leute, die wiederum andere Schwerpunkte setzen.
Dein Handwerkerbeispiel finde ich allerdings etwas schräg. Es ist ja nicht so, dass der Laienrollenspieler möglichst viele Regeln bräuchte und der Profi möglichst wenige. Das ist einfach eine Frage der Vorliebe.

Regeln erzeugen Spielinhalte. Oder sie sind sogar der Spielinhalt. Ein Handwerkerwerkzeug entscheidet ja nicht, ob am Ende ein Schrank rauskommt oder Du doch einen Satz Stühle angefertigt hast.
Die allermeisten Rollenspielregeln beeinflussen aber durchaus den Ausgang, und nicht primär die Qualität einer Geschichte.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

Offline Edvard Elch

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #141 am: 20.06.2015 | 12:50 »
Ich persönlich sehe in den Mechaniken der Regeln lediglich Werkzeuge zum Erzählen einer Geschichte-- so wie ein Handwerker auch Werkzeuge beim Erstellen eines Werkstücks nutzt. Die Qualität der Arbeit wird am Endprodukt gemessen, weniger an den Werkzeugen selbst.

Irgendwie hinkt der Vergleich. Es gibt beim Rollenspiel kein fertiges Endprodukt das irgendwie objektiv zu evaluierren möglich wäre. Klar kann man am Ende aus dem Spielgeschehen am Tisch eine Geschichte rekonstruieren, aber das ist meistens (zumindest in keiner Runde, die ich kenne) nicht Primärziel. Da geht es in der Regel um das Spiel, den interaktiven/kommunikativen Prozess am Tisch.


Um meine Ansicht zu verdeutlichen:
Ein Schreiner möchte einen Schrank bauen. Für einen einfachen Kasten aus Brettern wird er wenige Werkzeuge brauchen. Für einen tollen Vollholz-Schrank mit Schnitzwerk wird er wohl deutlich mehr Werkzeuge einsetzen. Trotzdem wird der Fachmann das Können des Schreiners am Werkstück ablesen und nicht am Inhalt seines Werkzeugkastens. Interessanterweise brauchen ein tolle Schreiner in aller Regel weniger Werkzeuge zum Bau des Selben Produkts, wie der Hobbyhandwerker. Allerdings legen diese sehr großen Wert auf die Qualität ihrer Werkzeuge.

Übertragen auf ein stimmungsvolles Rollenspiel: Für einfache Settings tun es meist wenige, gut durchdachte Regeln. Komplexe Welten mit detaillierter Magie etc. werden wohl mehr Regeln benötigen. Ich halte es für wenig förderlich, wenn Spieler die Geschichte aus den Augen verlieren, weil sie sich von Regeln erschlagen fühlen. Wie solche Regeln die tolle Stimmung anheizen sollen, ist für mich auch nicht schlüssig. So erging es mir mit dem Modifizierungs-obergau in D&D 4.0 ab etwa Stufe-7. Oder dem Kleingefiesel in DSA 4.1. Wenn die Mitspieler + SL dann sagen, das macht doch nix, wir "wedeln mit der Hand", dann frag ich mich: Wozu? Da wirds ja wohl schlüssigere Regelwerke ohne "Handwedeln" geben. Sonst kann ich das Regelwerk gleich in die Ecke schmeißen und zum freien Erzählspiel übergehen.

Das klingt für mich schwer danach, als würdest du Regeln/Mechanismen nur auf der Skala "wenig" bis "viel" bemessen (zugegeben mit einem Qualitätsattribut) und dabei vollkommen außer acht lassen, dass es viele verschiedene Arten von Werkzeugen gibt, die für den jeweiligen Zweck ausgewählt werden sollten.


Es geht immer um Simulation.

Ich würde dir nahe legen, dir mal Fate, Fiacso und andere Indies anzuschauen. Einfach mal zur Horizonterweiterung.
« Letzte Änderung: 20.06.2015 | 12:53 von Edvard Elch »
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Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #142 am: 20.06.2015 | 12:53 »
Man muß auch nicht staendig alle Regeln anwenden, trotzdem koennen sie zwischendurch Sinn machen und haben dadurch schon Berechtigung. Das geht eben bei Regeln mit mehr einzelnen Fertigkeiten  besser als bei Stufenpaketen.

Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #143 am: 20.06.2015 | 13:03 »
Edward Elch: Danke mein Horizont ist  eigentlich ausreichend geweitet und meinen Bedarf bedient. Verstehe auch garnicht was diese Bemerkung ueberhaupt soll ? Das du da kompetenter sein moechtest ?

Offline Abaton23

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #144 am: 20.06.2015 | 13:25 »
Dann möchtest Du halt Spielregeln, die Dir vermutlich beim freieren Erzählen möglichst wenig in die Quere kommen.
Das ist natürlich völlig okay, aber es gibt natürlich Leute, die wiederum andere Schwerpunkte setzen.

Ja, das ist tatsächlich meine persönliche Vorliebe. Alledings betonte ich, dass komplexe Settings entsprechend umfangreichere Regeln erfordern können. Die Regeln sollten dem Anspruch genügen und nicht für sich selbst existieren. So wie Werkzeug der Arbeit dienen kann und nicht nur dem Füllen eines Werkzeugschrankes.

Dass allerdings umfangreiche Kleinregeln zu besserem Rollenspiel führen, halte ich für einen weit verbreiteten Irrtum. Meine persönlichen Beobachtungen zeigten bisher, intensives Hineinversetzen in die Rolle eines Chars wird weniger durch ein intensives Regelwerk gefördert. Im Gegenteil, oft führt die Regulierungswut zu sehr eindimensionalen Klischees, z.B. Elfen als teilnahmslose Grünheinis oder der ewig rumalbernde Gnom. Manche Regelwerke bewirken das Gegenteil von Individualismus. Es wird stellenweise unnötig kompliziert und erzeugt lächerliche Stereotypen.
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Offline Maarzan

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #145 am: 20.06.2015 | 13:34 »
Wenn der Schrank aber von mehreren Leuten gebaut werden soll, dann sollte da bitte ein entsprechender Satz Baupläne bei zu Grunde legen. Und wenn der minimal ausfällt, passt der Schrank vielelicht sogar zusammen, aber dann darf man sich eben auch nicht an Details wie unterschiedliche Farben oder Dekors, welche von Tür zu Tür nicht ineinander passen ärgern. Diesen Anspruch darf man eben dann nicht ahben oder muss diese Punkte ausgiebig vorab diskutieren, sich dabei auch an alles dann erinnern und vorzugsweise auch Niederschriebe - womit wir wieder eine solche  Bauzeichnung haben ... !

Und selbst ein Ikeaschrank, der so eine Zeichnung hat, ist in der Praxis immer noch besser als ein Edelholzhaufen, der zusammenklappt, weil da zufällig etwas wichtiges gar nicht zusammen passt.
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Offline 1of3

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #146 am: 20.06.2015 | 13:44 »
Alledings betonte ich, dass komplexe Settings entsprechend umfangreichere Regeln erfordern können.

Tatsächlich ist die Hintergrundwelt kein guter Determinator für das verwendete Regelwerk. Treffender ist noch die Core Story, also der prototypische Handlungsablauf einer Spielsitzung. Wenn es darum geht, Politik im galaktischen Senat zu machen, braucht es womöglich keine Regeln für Raumkämpfe, auch wenn die in der Welt durchaus vorkommen können. Die Hintergrundwelt kann insofern nur als Anstrich für die Regeln dienen. Für eine Cyberpunk-Welt heißt das Attribut vielleicht "Cool" statt "Seele", auch wenn es technisch das gleiche tut.

Am wichtigsten allerdings sind die gewünschten Interaktionsmuster unter den Leuten am Tisch. Regeln sind eben keine Mittel zur Simulation der Spielwelt. Sie können das tun, aber ist ungefähr so zentral, dass ein Auto ein eingebautes Radio hat. Für einige Leute total wichtig, aber das macht es nicht zu einem Auto.

Regeln regeln das Spiel, d.h. die Handlungen der Spielenden. Die zentrale Regel bei den meisten Spielen ist: "Es gibt eine SL, alle anderen kreieren und spielen einen SC." Die nächste Regel ist: "Die SCs lösen im Team Abenteuer, die von der SL vorgestellt werden." Die dritte Regel ist: "Die SL spielt alle Charaktere außer die SCs." Die vierte Regel: "Die SL bestimmt, wer und was in einer Szene ist." Die fünfte Regel: "Die SL setzt mehr oder weniger frei Hand die Schwierigkeit für Proben fest und wann diese vorkommen." Die sechste Regel: "Die SL verteilt Erfahrungspunkte, durch welche die SCs besser werden." Usw.

Die in diesem Thema betrachteten Mechanismen sind relativ schwache Beiträge zum letzendlichen Spiel. Jene grundlegenden Regeln, die sich unmittelbar auf die Hanldungen der Spielenden beziehen, sind deutlich wichtiger.

Tatsächlich kann man Spielerhandlungen regeln, indem man Mechanismen aufsetzt. Das zentrale Element an einer Würfelprobe ist nicht, wie man würfelt, sondern wer sagen darf, dass gewürfelt werden soll.


Wenn du weiter sagst, dass "intensives Hineinversetzen in die Rolle eines Chars" mit weniger intensivem Regelwerk besser gelänge, dann hast du den Zusammenhang schon richtig erkannt. Die Mechanismen haben also nur ganz wenig mit der Spielwelt, aber ganz viel mit den Spielenden zu tun. Es gibt also Mechanismen, die dem Hineinversetzen in Charaktere helfen können, und solche, die das nicht tun.

Du drückst dich unglücklich aus, wenn du sagst, dass komplexe Mechanismen nicht zu besserem Rollenspiel führten. Sie führen vielleicht nicht zu dem, was du für gutes Rollenspiel hälst, wenn das denn eben das Hineinversetzen in Charaktere ist.
« Letzte Änderung: 20.06.2015 | 13:47 von 1of3 »

Offline Edvard Elch

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #147 am: 20.06.2015 | 13:53 »
Tatsächlich kann man Spielerhandlungen regeln, indem man Mechanismen aufsetzt. Das zentrale Element an einer Würfelprobe ist nicht, wie man würfelt, sondern wer sagen darf, dass gewürfelt werden soll.

Ich finde eigentlich noch zentraler, was mit dem Ergebnis gemacht wird bzw. wer Ergebnisse interpretieren darf.
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Offline 1of3

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #148 am: 20.06.2015 | 13:57 »
Auch richtig. Wobei das häufig implizit in der Tatsache drin steckt, dass jetzt gewürfelt wird. Aber gut, das noch mal zu erwähnen.

Offline Lysander

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Re: Wieviel Mechanismen braucht Rollenspiel?
« Antwort #149 am: 20.06.2015 | 22:31 »
Komplexe Settings haben wenig mit dem Unfang gewünschter Simulation zu tun was Charaktere betrifft. Entweder ich will nur Erzählen oder verbindlich simulieren, wozu ich Regeln brauche.