Autor Thema: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab  (Gelesen 18758 mal)

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Achamanian

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Ich habe es jüngst wieder in unserer leider dahingeschiedenen 13th-Age-Runde bemerkt: Irgendwie komme ich nicht mit Systemen klar, bei denen die Hit Points der SC sich im Laufe ihrer Abenteurerkarriere tendenziell vervielfachen - also vor allem mit der ganzen D&D-Familie.
Ich verstehe auf mehreren Ebenen nicht, was das soll - denn die Bedrohungen (und deren Schadensoutput) müssen ja eh mitskalieren, damit es spannend bleibt, also hantiert man bloß mit immer größeren Zahlen. Oder man hat den Effekt, den es auf höheren Stufen bei DSA 1-3 gab, dass alle Beteiligten hohe Lebenspunkte haben, während der Schaden etwa auf dem gleichen Niveau dahindümpelt und Kämpfe sich unnötig in die Länge ziehen, was noch weniger wünschenswert ist.
Klar verstehe ich schon, dass es cool ist, wenn der hochstufige Held dann vom am Rande auftauchenden Kroppzeug kaum angekratzt werden kann, aber muss das über die Hit Points geregelt werden? Warum nicht über ordentliche Angriffs- und Verteidigungswerte oder zusätzliche Gummipunkte? Das entspricht auch sehr viel mehr meinem Bild von einem wirklich coolen Kämpfer: Der ist nicht gut, weil er irgendwie so zäh ist, dass er zehn Schwerthiebe lächelnd wegsteckt, sondern weil er halt einfach nicht getroffen wird.
Natürlich haben die meisten Spiele mit hoher Hit-Point-Progression die Hit Points inzwischen mehr oder weniger explizit in Plot Armour umdefiniert (man kassiert nach der Lesart dann einfach immer nur Erschöpfung und Streiftreffer, bis man schließlich dicht über 0 ist und die Treffer dann als ernste Verletzungen angesehen werden können); das finde ich aber nach wie vor ziemlich unintuitiv - ich muss jedes Mal erst umdenken: "Er hat mich getroffen; äh, nein, er hat mich eigentlich nicht getroffen, weil der Treffer ja gar keine spürbaren Auswirkungen hat; dann war das jetzt nur der Luftzug von seiner Waffe, der ich doch knapp ausgewichen bin, obwohl ich ja eigentlich nicht ausgewichen bin ..."
Wenn man sicherstellen will, dass schon lang gespielte SC nicht mehr so leicht "versehentlich" über die Klinge springen wie Frischlinge, dann könnte man hier ja auch mit zusätzlichen Gummipunkten aushelfen, die es erlauben, "doch nicht getroffen worden zu sein." So was finde ich sehr viel klarer und durchschaubarer als die Ansage, dass Hit Points irgendeine diffuse Mischung aus körperlicher Widerstandsfähigkeit, Ausdauer und Schicksalsgunst sind.

Was genau ist der Reiz massiv anwachsender Hit Points? Einfach nur das Hantieren mit großen Zahlen?

Tatsächlich ist die Hit-Point-Progression inzwischen meist das erste, was ich mir an einem System ansehe, wenn ich darüber nachdenke, es zu spielen. Ich bin beispielsweise ein bisschen betrübt, dass das so vielversprechend aussehende AGE von Green Ronin offenbar eine D&D-artige Progression hat ... und The One Ring und Splittermond gefallen mir unter anderem deshalb, weil die mit dem Verhältnis Schaden/Hit Points in etwa meinen Sweet Spot treffen, wo tendenziell jeder Treffer einem zumindest ein bisschen was ausmacht, man aber normalerweise nicht mit Instant-Kills rechnen muss. Die BRP-Familie ist mir tendenziell ein bisschen zu fies mit den niemals steigerbaren ca. 10-15 Hitpoints bei Schadensouptputs zwischen W4 und mehreren W10.

Online 1of3

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #1 am: 24.06.2015 | 21:38 »
Statt statischer Verteidigungswerte lieber ablative Hit Points zu erhöhen, ist angenehmer bei der Skalierung. Dann können mehrere schwache Gegner immer noch Eindruck machen.

Natürlich kann man auch Gummipunkte nehmen. Im Grunde sind Hit Points ja nichts anderes.

Offline Hotzenplot

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #2 am: 24.06.2015 | 21:42 »
Ich bin da absolut bei dir. Ich habe auch in der Erzählung/Vorstellung der Situation ähnliche Probleme. Außerdem führen die hohen Hitpoints zu teilweise absurden Problemen. Klassischerweise die Bedrohung durch eine Truppe Banditen mit Bögen in einer Schlucht, die bei manchen Systemen im Spiel selbst einfach gar nicht funktioniert ("Höhö, schießt doch, ihr macht höchstens X Schaden, ich habe aber X*Y Hitpoints!"). Es passt einfach nicht zu meiner Vorstellung, jedenfalls in typischen Fantasy-Genrekonventionen, dass ein Protagonist - nur weil er ein paar XP gesammelt hat - plötzlich 10 Pfeile im Leib haben kann, ohne wirklich beeinträchtigt zu sein.
Das Runterkloppen von HP (D&D, DSA, beide zumindest in manchen Versionen) ödet mich sowieso an.
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Offline K!aus

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #3 am: 24.06.2015 | 21:46 »
Hallo,
ich kann dir nur rundum beipflichten, da es mich mittlerweile auch abschreckt. Wobei ich dabei meist die ganz pragmatische Schiene fahre, dass mir es als SL zu mühselig ist, viele einzelne Hit Points der ganzen NSCs zu verwalten. Und die dafür entwickelten Mook Regeln überzeugen mich i.d.R. nicht.

Mein Problem ist aber, dass ich deine Gegenargumente auch nicht so recht nachvollziehen kann: Wenn ich mir den schillernden Ritter in glänzender Platte vorstelle, dann kann ich noch akzeptieren, dass der irgendwann solch gute Kampfwerte und so eine dicke (magische) Rüstung hat, dass ihm die Angriffe einfacher Wegelagerer bis hin zu dunklen Rittern nicht mehr viel anhaben können.

Aber was machst du dann, wenn die Gegner auf einmal sprichwörtlich riesig werden: Wenn so ein Riese von 5m Größe mit seiner Keule durchzieht, dann haut das den schillernden Ritter einfach aus den Latschen. Ab dem Zeitpunt hätte ich wiederum Schwierigkeiten mir vorzustellen, dass die Kampfwerte dazu führen, dass auch solche Schläge geblockt werden. Und in dicker Platte weicht man nicht agil aus.

Und jetzt skalieren wir das nochmal hoch zu Drachen und ähnlichen.

Ich hatte irgendwann bei Deathwatch entschieden, dass solche Gegner zu "Plot Gegnern" werden. Selbst Space Marines, die irgendwann die einfachen Schergen von Orks, Tyraniden, Tau oder Chaos Kultisten unter ihren Stiefeln zermatschen, müssen eingestehen, dass sie gegen bestimmte Gegner nichts ausrichten. Alles was sie tun können, ist entsprechend dicke Waffen auf sie auszurichten, ausfindig zu machen, in Betrieb zu nehmen. Da müssen die Spieler dann auf der Map Punkt A und B erreichen, um synchron die Waffe auf den Gegner abzufeuern.

Aus dem Grund habe ich es irgendwann als - sagen wir - notwendiges Übel angesehen, dass du mit diesen dicken Hit Points Monstern von Spielern, eben solch epischen Kreaturen bekämpfen kannst. Sonst habe ich gänzlich Probleme mir vorzustellen, wie man als Spieler diesen Gegnern begegnen soll.

Gruß,
  Klaus.
GURPS Deathwatch
[FFG] Star Wars Jedi Ritter, Rebellen
Mein biete Thread - schau doch mal rein. :)

Offline Thunder Child

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #4 am: 24.06.2015 | 22:00 »
Wieviel ein SC aushalten kann, ist auch vom Spiel abhängig. Heroische Fantasy/Mantel&Degen/Action Charaktere sollten schon ein paar Treffer aushalten. Charaktere in  Call of Cthulhu eher weniger (aber trotzdem nicht gerade One Hit Kills).
Mit ewig langem HP runterklopfen kann ich aber auch nichts anfangen.

Ein vernünftiges Wundsystem wäre eine Alternative. 
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Offline kalgani

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #5 am: 24.06.2015 | 22:01 »
Ich mag Hitpoints, aber ich spiele auch am liebsten das "larger than life" was DnD und Derivate abbilden.
Gerade 13A hat das extrem gut abgebilet, da hier auch der Schaden der Spieler+Gegner mitskaliert und man auch einfach Level10 mooks reinwerfen kann.


Offline Rhylthar

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #6 am: 24.06.2015 | 22:06 »
Wie Geschmäcker doch auseinandergehen...

Ein System, das mit übermäßiger Verwendung von "Gummipunkten" daherkommt (Definition: [...]"Gummipunkten aushelfen, die es erlauben, "doch nicht getroffen worden zu sein."), würde ich ablehnen. Ich kann damit leben, dass es ab und an wie z. B. in Eberron über Action Points oder irgendeine Fähigkeit durch die Glücksgöttin (D&D) solche Situationen gibt, aber als generelle "Verteidigungsmaßnahme"...furchtbar.

Kämpfe mit hohen Hit Points werden für mich nur dann langweilig, wenn es zum Runterkloppen mutiert, weil keine anderen Fähigkeiten vorhanden/einsetzbar sind. Die sollten auf SC-/Gegnerseite vorhanden sein. Untreffbare Rüstungswerte bei hohen Charakteren sind auch unsexy...gab es in D&D 3.5, was dazu führte, dass man entweder ganze Gegnerscharen aus dem Spiel nehmen konnte oder sie bis zum letzten aufpumpen musste (Hallo Half-Dragon Kobold Fighter X/Sorcerer X/Dragon Disciple...!).

Als alternatives System gefiel mir aber Shadowrun 3.01 ganz gut. Zwar viel Würfelei und Rechnen, aber eben nicht über HP.
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Offline Anastylos

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #7 am: 24.06.2015 | 22:07 »
Wenn die Gegner mitskalieren ist das ganze überflüssig. Dann kann man auch gleich bei den alten Werten bleiben. Einfacher ist es doch wenn der Gegner einen Bonus bekommt wenn er besonders mächtig ist und einen Malus wenn er besonders schwach ist.
Meine Faterunde spielt sogar ganz ohne Charaktersteigerung, weil die Spieler das nicht wollen. Andererseits kann man bei Fate die Steigerung auch gut über Aspekte regeln.

Offline Skyrock

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #8 am: 24.06.2015 | 23:04 »
Hitpoints sind ein bewährtes Design Pattern mit vielen Vorteilen. Alleine schon die Zugänglichkeit des Konzepts und seine Bekanntheit sogar bei Nichtrollenspielern ist etwas, mit dem kein anderes Verwundungssystem mithalten kann.
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Offline Bad Horse

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #9 am: 24.06.2015 | 23:07 »
Hitpoints sind ein bewährtes Design Pattern mit vielen Vorteilen.

Und welchen, außer, dass es bekannt ist?
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline YY

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #10 am: 24.06.2015 | 23:24 »
Was genau ist der Reiz massiv anwachsender Hit Points? Einfach nur das Hantieren mit großen Zahlen?

Meiner Wahrnehmung nach vor Allem das Gefühl, spürbar besser/robuster/kampfstärker zu werden.
Die Zahl an Hitpoints ist eben ein Riesenfaktor, also kann man für eine massive Verbesserung daran drehen.

Spielmechanisch, verwaltungsseitig und vorstellungsmäßig sagen mir aber große HP-Zahlen für sich schon nicht zu, und mit starker Progression erst recht nicht.

Statt statischer Verteidigungswerte lieber ablative Hit Points zu erhöhen, ist angenehmer bei der Skalierung. Dann können mehrere schwache Gegner immer noch Eindruck machen.

Das geht doch über Verteidigungswerte genau so - wenn X schwache Gegner würfeln, schafft es eben irgendwann mal einer. Vorausgesetzt, das System gibt das überhaupt her.

So hat man immerhin noch etwas Unsicherheit mit drin. Ein Gegner, der bei einem Treffer 1d6 Schaden von einer dreistelligen HP-Zahl abzieht, ist ja frühestens mittelfristig "gefährlich".


Hitpoints sind ein bewährtes Design Pattern mit vielen Vorteilen. Alleine schon die Zugänglichkeit des Konzepts und seine Bekanntheit sogar bei Nichtrollenspielern ist etwas, mit dem kein anderes Verwundungssystem mithalten kann.

Das hat aber mit der starken Progression erst einmal nichts zu tun.

Die ist nämlich ab einem gewissen Punkt nur noch umständlich und ohne eine gehörige Portion Abstraktion nicht mehr vorstellbar.


Aber was machst du dann, wenn die Gegner auf einmal sprichwörtlich riesig werden: Wenn so ein Riese von 5m Größe mit seiner Keule durchzieht, dann haut das den schillernden Ritter einfach aus den Latschen. Ab dem Zeitpunt hätte ich wiederum Schwierigkeiten mir vorzustellen, dass die Kampfwerte dazu führen, dass auch solche Schläge geblockt werden. Und in dicker Platte weicht man nicht agil aus.

Und jetzt skalieren wir das nochmal hoch zu Drachen und ähnlichen.

Da könnte man z.B. schauen, wie diverses reales Großgetier historisch zur Strecke gebracht wurde und ebenso, wie das im Märchen mit fantastischem Viehzeug gemeinerhand so läuft.

Ohne Vorbereitung, einen guten Plan oder auf fantastischer Seite spezialisierte Zauber/magische Ausrüstung ist es da meistens Essig. Frontal draufknüppeln können sich nur einige wenige Leute erlauben, die i.d.R. selbst schon zu den Sagengestalten zählen.

Der ganze Rest, der das versucht, stellt dann eben die vielen in der Einleitung erwähnten Ritter, die der Drache schon getötet hat  >;D


Im Grunde ist das wieder das alte Problem, ob man ein System haben will, das "echte" Heldentaten produziert, oder eines, das Geschichten und Verläufe abbildet, die so aussehen wie Heldentaten, wenn man sie in unserem realen Bezugsrahmen betrachtet - spielmechanisch aber reine Routine sind.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Skyrock

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #11 am: 24.06.2015 | 23:36 »
Und welchen, außer, dass es bekannt ist?
Bekanntheit reicht eigentlich schon. Wenn ich ein Zwischendurchsystem für One-Shots und Kurzkampagnen haben will, dessen Regeln schnell erlernbar sein sollen, oder eines das für Einsteiger zugänglich ist, komme ich mit dem Hitpoint-Pattern diesen Zielsetzungen schon sehr nahe.
Die Mikrospiele von Precise Intermedia wie Coyote Gulch sind ein excellentes Beispiel für ersteres.
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Offline Eismann

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #12 am: 25.06.2015 | 01:02 »
Hitpoints sind halt eine Resource. Und je höher die Zahl, desto feiner die Auflösung. Damit lassen sich auch sehr leichte Verletzungen darstellen. So können schwache Gegner einen starken halt gegebenenfalls auch nach und nach runter kauen, auch wenn sie einzeln kaum gefährlich werden. Ist die Auflösung gröber, treffen sie entweder gar nicht oder bewirken unerwartet hohen Schaden.

Offline Feuersänger

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #13 am: 25.06.2015 | 04:02 »
Hm, ich hab prinzipiell eigentlich kein Problem mit starker HP-Skalierung. Allerdings gibt es Randfälle, bei denen es mir auf den Zeiger geht. Damit meine ich aber vor allem, wenn die Gegner zu wahren Fleischbergen mutieren, die man dann mühsam über zig runden abnutzen muss (Stichwort D&D 4E). *gäääääääähn*

Potentiell die gleiche Gefahr besteht auch bei Legend D20, aber da liegt es am SL was er draus macht: die HP an sich skalieren etwa wie bei D&D üblich, aber es gibt massenweise Selbst- und Fremdheilungsoptionen. Wenn man es damit übertreibt, dauern die Kämpfe auch ewig, weil die Beteiligten sich halt ununterbrochen wieder hochheilen, wie die Stehaufmännchen.
Bei diesem System ist auch generell die Skalierung etwa doppelt so hoch wie von D&D gewohnt; ein Level 3 Charakter hat da schon locker 50-60HP. Das erlaubt freilich auch, entsprechend kleinere Prozentzahlen abzuziehen oder zu regenerieren.

Anmerkung: linear bis ultimo skalieren HP in D&D erst seit 3E. In AD&D ist bei Stufe 10 ein Plateau erreicht, ab dem nur noch sehr wenige HP dazukommen. Auch ein paar 3E-Ableger wie z.B. Conan D20 machen das so.

Der Sinn von starker HP-Progression ist halt durchaus so ein Larger-Than-Life Gefühl, was ja schon genannt wurde: ich kann halt nicht nur zehn Schwerttreffer aushalten, was man auch über Verteidigungswerte abbilden könnte; ich kann auch leicht angekokelt aber quicklebendig (und stinksauer) aus einem Feuerball heraustreten, oder ich kann auch schonmal einen Sprung 30 Meter in die Tiefe wagen und mir sicher sein, dass ich nach der Landung einfach aufstehen und gehen kann.

Ist halt einfach eine Frage des Anspruchs an das Spiel. Realistisch ist das freilich nicht (insbesondere beim Fall-Szenarion leicht einzusehen). Wer die Illusion von Realismus haben will, der ist sicher mit einem anderen Konzept besser bedient. Aber da es in den meisten Systemen sowieso tausend Mechaniken gibt, die mit der SoD Schlitten fahren, sind HP da für mich wirklich kein Showstopper.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Online 1of3

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #14 am: 25.06.2015 | 06:23 »

Das geht doch über Verteidigungswerte genau so - wenn X schwache Gegner würfeln, schafft es eben irgendwann mal einer. Vorausgesetzt, das System gibt das überhaupt her.

Jein. Die meisten Prozeduren, die so für "Proben" benutzt werden haben irgendwo eine Ende, wo sie nicht mehr funktionieren.

Hinzu kommt, dass ein wiederholtes Nein weniger befriedigend ist als die mühsame Ernährung des Eichhorns.

Generell wäre ich bei D&D eher versucht die Angriffs- vor den Schadenswürfen rauszunehmen. Das funktioniert sehr gut, wie zB die NWoD zeigt.

eldaen

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #15 am: 25.06.2015 | 06:27 »
Also mich schrecken generell Systeme mit einem "Akira-Effekt" ab. Soll heißen, Systeme, bei denen im Vergelich zum Anfang die Charaktere ihr Fähigkeiten Potenzieren.

alexandro

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #16 am: 25.06.2015 | 07:29 »
Das Problem an TP ist leider, dass man die (für ausgewogene Begegnungen) eigentlich ALLE braucht. D.h. wenn man ein paar verloren hat, dann wäre es das sinnvollste erstmal zu rasten und wieder TP "aufzutanken", weil man sonst am Drachen scheitert. Da man damit das Spiel ausbremst ist das aber ziemlich ätzend.

Besonders schlimm ist es bei D&D (zumindest vor 4E & 5E), wo die Heilmöglichkeiten nicht verhältnismäßig mit den gewonnenen HP mitwachsen, so dass man um so langsamer heilt, je mächtiger man wird. Doppelt ätzend.


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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #17 am: 25.06.2015 | 07:42 »
Und in dicker Platte weicht man nicht agil aus.
warum nicht?
Radschlagen geht doch auch.
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Rhylthar

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #18 am: 25.06.2015 | 07:51 »
Zitat
Besonders schlimm ist es bei D&D (zumindest vor 4E & 5E), wo die Heilmöglichkeiten nicht verhältnismäßig mit den gewonnenen HP mitwachsen, so dass man um so langsamer heilt, je mächtiger man wird. Doppelt ätzend.
Huh?

Habe zwar gerade nicht meine AD&D-Regelwerke zur Hand, aber in 3.5 war das nun nicht wirklich der Fall.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #19 am: 25.06.2015 | 08:44 »
Natürlich kann man auch Gummipunkte nehmen. Im Grunde sind Hit Points ja nichts anderes.
Genau. Wenn es nur um ein Problem der Benennung geht, dann nimm doch einfach die ersten 10 Hitpoints und nenne sie "Trefferpunkte" und nenne alle übrigen "Ausdauer". Fertig. :)
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- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Luxferre

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #20 am: 25.06.2015 | 08:48 »
Ich habe es jüngst wieder in unserer leider dahingeschiedenen 13th-Age-Runde bemerkt: Irgendwie komme ich nicht mit Systemen klar, bei denen die Hit Points der SC sich im Laufe ihrer Abenteurerkarriere tendenziell vervielfachen - also vor allem mit der ganzen D&D-Familie.

Oh, das kenne ich nur allzu gut ... Auch auf das sonst tolle 13A bezogen.

Zitat
Tatsächlich ist die Hit-Point-Progression inzwischen meist das erste, was ich mir an einem System ansehe, wenn ich darüber nachdenke, es zu spielen. Ich bin beispielsweise ein bisschen betrübt, dass das so vielversprechend aussehende AGE von Green Ronin offenbar eine D&D-artige Progression hat ... und The One Ring und Splittermond gefallen mir unter anderem deshalb, weil die mit dem Verhältnis Schaden/Hit Points in etwa meinen Sweet Spot treffen, wo tendenziell jeder Treffer einem zumindest ein bisschen was ausmacht, man aber normalerweise nicht mit Instant-Kills rechnen muss. Die BRP-Familie ist mir tendenziell ein bisschen zu fies mit den niemals steigerbaren ca. 10-15 Hitpoints bei Schadensouptputs zwischen W4 und mehreren W10.

Gerade BRP (aka RQ6) finde ich da super.
Sagen wir mal, Du hast 6 TP am Torso. Plus leichte Rüstung für Schutz 3.
Ein richtig fetter Treffer macht 10 Schaden. Damit bist Du bei -1 und hast eine Verwundung. Bist aber handlungsfähig. Disabled bist Du doch erst ab -6 TP.
Ich mag die Wertigkeit von Rüstungen im Kampf halt sehr gern. HârnMaster ist da ähnlich aufgestellt.
Auch jeden Kampf im Voraus zweimal zu überlegen und ein Gruppenmitglied mit Heilkräften zu schützen und zu achten finde ich super. Meinen Stil dürfte das ziemlich genau treffen ;)
Und: sorry fürs OT.

Offline Rhylthar

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #21 am: 25.06.2015 | 08:49 »
Zitat
Das Problem an TP ist leider, dass man die (für ausgewogene Begegnungen) eigentlich ALLE braucht.
Mir gerade noch aufgefallen:
Ist das nicht immer so? Bzw. in anderen Systemen sogar noch schlimmer?

Bei D&D (als HP-System) gehe ich lieber mit 90 % der HP in einen Kampf als in Shadowrun 3.01 mit nur mit einer leichten Wunde, weil dies schon Mali bedeutet.
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eldaen

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #22 am: 25.06.2015 | 09:01 »
Mag sein, aber dabei ist mir die SR3 Variante irgendwie lieber als die binäre Funktion von TP bei D&D. Das mag aber natürlich genrebedingt so sein. Wo man bei D&D vielleicht erwartet einfach bis zum Ende schnetzeln zu können geht es bei SR ja tendenziell eher auch darum, zu "leiden" und - sorry - am Arsch zu sein. Da machen Abzüge auch bei leichten Wunden ja durchaus Sinn.

Zu HârnMaster: Da finde ich auch sehr schön, dass die Trefferpunkte eben gar nicht steigen (weil es keine gibt), sondern nur die (Kampf-) Fähigkeiten. Und die ebn auch in einem Maße, dass vier unerfahrene Räuber mit Knüppeln gegen einen erfahrenen Ritter mit Bastardschwert durchaus eine Chance haben. SOll heißen: Die Steigerungen in den Fertigkeiten machen keinen Halbgott aus den Charakteren. Generell sollten einige Systeme mal den Begriff "Helden" für sich klarer definieren. Für mich zeichnen sich "helfen" durch das aus, was sie tun, nicht wie mächtig sie sind. Gerade bei den D&D-Artigen scheint der Ansatz da ein deutlich anderer zu sein.
« Letzte Änderung: 25.06.2015 | 09:15 von HEXer »

alexandro

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #23 am: 25.06.2015 | 09:13 »
Huh?

Habe zwar gerade nicht meine AD&D-Regelwerke zur Hand, aber in 3.5 war das nun nicht wirklich der Fall.

Man heilt einen HP pro Stufe und Tag, zwei wenn man nichts anderes macht. Man bekommt in der Regel mehr als 2 HP pro Stufe dazu. Kann sich jeder selbst ausrechnen, was das bedeutet.

Und klar gibt es Zauber. Aber dann fehlen halt Ressourcen an anderer Stelle (zudem die Heilzauber auch hinter dem Heilbedarf eines Fighters der vergleichbaren Stufe zurückbleiben).

Mir gerade noch aufgefallen:
Ist das nicht immer so? Bzw. in anderen Systemen sogar noch schlimmer?

Bei D&D (als HP-System) gehe ich lieber mit 90 % der HP in einen Kampf als in Shadowrun 3.01 mit nur mit einer leichten Wunde, weil dies schon Mali bedeutet.

Wenn ich die Wahl habe zwischen "mit vernachlässigbar geringem Schaden in den Kampf gehen" und "mit schweren Verletzungen in den Kampf gehen", dann wähle ich das erstere. Egal in welchem System. Nur ist das bei D&D halt eine suboptimale Entscheidung gegenüber "unverletzt in den Kampf gehen" (im Gegensatz zu anderen Systemen, wo "unverletzt" und "vernachlässigbar geringer Schaden" regeltechnisch das gleiche bedeuten).

D&D kaschiert zudem, wie wichtig es ist dass man (exotische Sachen die DR geben einmal ausgenommen) bei einem Treffer IMMER HP abstreichen muss, d.h. man sie häufiger braucht. Das führt zu dem "Heulsusen-Effekt", dass Popelschaden zwar im Moment nichts bewirkt, man sich auf der Metaebene aber darauf einstellen muss, dass der Charakter schneller zusammenklappt. Kognitive Dissonanz.

Offline Rhylthar

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Re: Systeme mit starker Hit-Point-Progression schrecken mich ab
« Antwort #24 am: 25.06.2015 | 09:22 »
3.5 hat den SC sehr viel Heilung in die Hand gegeben.

Sei es das Spontane Zaubern von Klerikern oder die spottbillige Wand of Cure Light Wounds, die fast jeder nutzen kann. Buffs mal ganz aussen vor.

Den von Dir beschriebenen Effekt kenne ich nicht.
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