Mich stören stark anwachsende Hit Points Polster nicht - wenn sie sinnvoll ins gesamte Kampfsystem eingebunden sind und selbiges wiederum so gebaut ist, dass es zum angestrebten Genre und den angestrebten Abenteuern passt.
Gerade beim D&D-Bereich, wo für mich die Grundstory vom Zauberlehrling oder Bauernsohn zum Halbgott ist, oder zumindest vom Helden zum Halbgott, passen riesige Hit Point Polster zum Spiel. In Warhammer wäre sowas undenkbar für mich. Die Frage ist also: Will ich mit dem Spiel Abenteuer spielen, in denen die Hauptfiguren durchgängig in einem nebensächlichen Gefecht mit Wölfen sterben oder durch einen Sturz vom Rücken eines im Schritt gehenden Pferdes abtreten können, oder will ich Abenteuer spielen, in denen Zauberlehrlinge von Goblins gemeuchelt, aber Erzmagier nur von großen roten Drachen gegrillt werden?
Stark ansteigende Trefferpunkte sind eine Methode, deutlich zu machen, dass mundane Gefahren die Helden immer weniger bedrohen. Das kann man natürlich auch über einen gravierenden Anstieg der Abwehrwerte erzielen. Hohe Trefferpunkte haben da den Vorteil, dass sie Bedrohungen außerhalb von Kampfsituationen mit abdecken. Ein Drachentöter stirbt eben nicht mehr durch einen Sturz vom Heuschober (mit 2d6 Damage), sondern holt sich blaue Flecken, wohingegen der Milizionär (Stufe 1) mit etwas Pech im Koma liegen bleibt.
Wenn ich mir ein Kampfsystem anschaue, dann frage ich mich meistens, wie viel Zeit am Spieltisch ich brauchen werde, um einen "Standardkampf" und einen "Bossfight" abzuwickeln, und wie viele Runden ein solcher Kampf andauern wird. Am liebsten sind mir Kämpfe, die mehrere Runden dauern (4 - 6 Standard, 8 - 10 Bossfight), deren einzelne Kampfaktionen aber schnell abgehandelt werden können, sodass ein normaler Kampf sich über 15 - 30 Minuten, ein Bosskampf über 30 - 60 Minuten hinzieht (höchstens!).
Wenn hohe HP-Progression mit ansteigendem Schadensoutput einhergeht und das Verhältnis zwischen Angriffs- und Verteidigungswerten sich nicht gravierend ändert, stört sie mich also nicht. Wenn dagegen die HP ansteigen und der Schaden nicht hinterherzieht, oder die Verteidigung sich deutlich zu Lasten der Trefferchance verbessert (was ebenfalls Schaden reduziert), dann ziehen sich nach meiner Erfahrung Kämpfe so sehr in die Länge, dass es mir keinen Spaß mehr macht, sie auszuspielen. Aber das kann auch durch viele andere Stellschrauben ausgelöst werden. Wenn ich kann, vermeide ich z.B. Systeme mit aktiver Parade, weil mir das oft das Spiel verleidet.