Habe mir gerade mal den Preview vom Cypher-Corebook angesehen, in dem ja noch einmal betont wird, wie stark die Cyphers zum Systemkern gehören. Auch an einen Review erinnere ich mich, der das betont und darauf hinweist, das andernfalls die Gefahr einer Todesspirale im Kampf bei dem Pool-System enorm groß sei.
Ich habe inzwischen vierzehn Numenera-Runden geleitet und dreimal gespielt. Zu einer Todesspirale kommt es definitiv nicht. Weder mit noch ohne Cypher. In den Runden, die ich geleitet und gespielt habe, gab es zwar ausreichend Cypher, aber zu keinem Zeitpunkt waren alle Cypher eingesetzt - noch war es notwendig die Cypher einzusetzen. Ja, klar manchmal gab es echt coole Cypher-Einsätze, aber sie haben sich nie so notwendig angefühlt wie Monte Cook und sein Team das gerne darstellen.
So schön ich die Cyphers bei Numenera finde - für ein Universalsystem finde ich sie doch ein bisschen speziell. Kommt halt sehr aus der Magic-Item-Sammelschule von D&D, mit der ich so gar nicht groß geworden bin, und funktioniert für mich irgendwie nur in Gonzo-Settings wie der Neunten Welt so richtig.
Es gibt ne Menge andere Settings, in denen Cypher funktionieren können, ohne ein komplettes Gonzo-Setting zu haben.
Cypher könnten sein:
- Zaubertränke bei Cyphermond (eine Splittermond-Konvertierung)
- Runensteine bei einer Runequest Konvertierung
- Technobabble bei Cypher Trek (eine Star Trek Konvertierung)
- Blutkräfte bei einer Vampire-Konvertierung
- Göttliche Segen (keine Ahnung wo...)
- Gadgets von Q in einer James Bond Adaption
Wollte man damit auf Mittelerde spielen - oder klassisches Cthulhu - fiele mir so leicht nichts ein, was in der vom System geforderten Frequenz als Cypher auftauchen könnte. Und auch bei etwas härteren SF-Settings wäre es schwer, immer einen Grund herbeizureden, warum ein Gerät nur einmal funktioniert und nicht reproduzierbar ist.
Also gerade bei einer Star Trek Konvertierung wären Cypher als Technobabble der schönste Grund zu erklären, warum der Trick mit dem Transporter aus der Vorwoche in dieser Woche nicht mehr die Lösung des Problems bringt. Okay, Star Trek ist noch nicht mal hard-ish SF.
Bei Cthulhu können es Erkenntnisse aus den Mythos-Büchern sein. Und weil der typische Investigator eben kein übler Kultist ist, kann er sich immer nur zeitweise Eindrücke aus den Werken verschaffen. Hat er sich mehr Eindrücke verschafft als sein Cypher Limit hat das Auswirkungen auf seinen Intellekt...
Kurz: Man müsste in den meisten Setting schon ziemlich auf die Meta-Ebene gehen, um Cyphers zum funktionieren zu bringen - ein Vorschlag im Nachbarthread war ja, dass eine Cypher z.B. auch ein Gefallen sein kann, den einem jemand schuldet.
Ich denke, durch clever eingefügte Cypher kann man einem Setting noch den gewissen Kick verschaffen. Aber die Cypher sind längst nicht so zentral wie der Designer meint.
Hat jemand eine Vorstellung, was mit dem System passieren würde, wenn man einfach weitgehend auf Cyphers verzichten würde?
Es würde sich ganz normal spielen lassen. Der Punkt ist glaube ich wirklich, dass Monte Cook einen Namen für das System brauchte und dann auf die Cypher bei Numenera geschaut hat: Cypher System. Seitdem versucht er die Bedeutung der Cypher herbeizureden, hat dabei aber übersehen, dass sein Design so robust ist, dass die Cypher zwar nette Gimmicks, aber nicht spielentscheidend sind.
Und das sage ich als Cypher System-Fanboy.
Bei Numenera haben sie ja auch ein Limit wie viele Cypher man gleichzeitig dabei haben kann (meistens auf Stufe 1 ja nur 2 oder 3).
Das Limit wird es auch im Cypher System Rulebook geben. Das ist aus dem Preview schon klar ersichtlich.