Autor Thema: Freigeistige Fantasy - wie gehts?  (Gelesen 7841 mal)

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Offline Blutschrei

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Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« am: 19.07.2015 | 00:27 »
Ich bin auf ein Problem gestoßen. Nach meiner letzten Spielrunde habe ich feststellen müssen, dass ich noch nie so wirklich "Fantasy" gespielt habe. Und das, obwohl ich die ganze Zeit dachte, ich würde Fantasy spielen.
Aber dieser eigentliche Geist, den die Fantasy versprüht, dem konnte ich nie habhaft werden. Stattdessen spielte ich viele Plots, die ich rückblickend eher als Ansammlung fantasieloser, strikt mechanischer Abläufe bezeichnen muss. In Settings, die abgesehen von ein paar bunten Pinselstrichen ebenso fantasielos waren.

Und nun, wo ich das festgestellt habe, pocht in mir noch viel mehr das Fernweh nach mystischen Welten, nach großem Staunen vor Anderswelten, nach dem Hinter-mir-lassen von Konventionen und Imperativen.
Ich suche nach dieser anschmiegsamen Dynamik, nach dieser lauen Luft, die jede Spielminute zum Herantasten an eine neue Welt macht, die Platz für neue Erfahrungen, und neue Blickwinkel bietet. Und zwar ohne mich mechanisch festlegen zu müssen; ein kunterbuntes "Ad Hoc"´sches Aufeinandertreffen der kuriosesten Ideen, die ich in den Vorstellungsraum transportieren will, und ihnen dort Platz lassen will, um zu werden.

Ich merke - mein Problem ist wohl sehr schwer zu durchschauen oder zu verstehen. Sprache reicht einfach nicht an die Welt heran. Weder an die da draußen, noch an die hier drinnen.
« Letzte Änderung: 19.07.2015 | 00:29 von Blutschrei »
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Offline sangeet

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #1 am: 19.07.2015 | 00:58 »
Lies dir mal "Burning Wheel" durch :) Ich verstehe was Du meinst.
Alles schließt Nichts mit ein.

Offline Turning Wheel

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #2 am: 19.07.2015 | 01:10 »
Wittgenstein meinte, die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unseres Geistes. :)

Hast du einfach mal versucht, Freeform mit Leuten zu spielen, oder etwas assoziativ-narratives wie Idee!, das keine inhaltlichen Vorschriften zur Erzählung macht?

Offline Blutschrei

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #3 am: 19.07.2015 | 01:26 »
Zitat
Wittgenstein meinte, die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unseres Geistes.

Das musste er in seinen Spätwerken aber meines Wissens nach auch revidieren ;)

Zitat
Hast du einfach mal versucht, Freeform mit Leuten zu spielen, oder etwas assoziativ-narratives wie Idee!, das keine inhaltlichen Vorschriften zur Erzählung macht?

Ja, wir haben das mal so aus dem Redefluss raus ausprobiert. Es hatte sich aber als relativ schwer erwiesen, die verschiedenartigen Impulse der Spieler unter einen Hut zu bekommen und nach einer halben Stunde irritierendem beschnuppere sind wir wieder in "alte Muster" zurück verfallen. Muss man der Sache vielleicht einfach ein paar Anläufe geben? Ein wenig mehr Zeit, und konkreten Input bereithalten? Ich könnte mir vorstellen, das noch das ein oder andere mal auszuprobieren, falls es mein Problem lösen könnte.
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Offline Turning Wheel

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #4 am: 19.07.2015 | 02:08 »
Ich habe das assoziative Geschichten erzählen mit den tarot-ähnlichen Karten auch erst mal lernen müssen.
Das war etwas völlig anderes, als das was ich bisher gewohnt war. Hat sich aber als sehr gehaltvoller Zuwachs meiner Techniken erwiesen, weil man es
z.B. auch in Verbindung mit klassischen Regeln als Ideenlieferant für Plots und Charaktererschaffung benutzen kann.

Die andere Sache ist das freie Erzählen. Das ist vielleicht auch erst (auf dem Level wie du es haben möchtest) möglich, wenn man sich vorher klar macht, dass man
im Kopf blockiert ist von den Fantasyspielen und -medien, die man schon kennt. Vielleicht hilft eine Art Briefinggespräch vor dem Spiel, wohin die Reise gehen soll, bzw.
wie weit die Kreativität bzw. Phantasie der Erzählung gehen darf.

Mich würde übrigens interessieren, wie du auf die Erkenntnis gekommen bist, dass man mehr oder überhaupt mal Phantasie haben könnte. War da ein Buch oder ein
Film, der dem Gedanken zugrunde liegt? Und was war das Spiel, das dir so technisch vorkam, bzw. welche Spielweise oder Spielinhalte waren vor allem dafür verantwortlich?

Das Wittgenstein-Zitat war natürlich nicht wirklich ernst gemeint.

Offline Blutschrei

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #5 am: 19.07.2015 | 03:06 »
Zitat
wenn man sich vorher klar macht, dass man im Kopf blockiert ist von den Fantasyspielen und -medien, die man schon kennt. Vielleicht hilft eine Art Briefinggespräch vor dem Spiel, wohin die Reise gehen soll, bzw. wie weit die Kreativität bzw. Phantasie der Erzählung gehen darf.

Gerade dieses Gespräch wiederum stelle ich mir sehr schwer vor:
Entweder ich gebe Verbalen/visuellen Input, oder sage "so wie...". Beides hat wiederum den Nachteil, dass es dem Gedanken weitgehend "fantastisch" zu spielen schon wieder zu einem gewissen Grad zuwieder läuft.
Die Definition ex negativo - also: "NICHT wie in DSA, und NICHT wie in DnD und NICHT wie in Herr der Ringe" hinterlässt wahrscheinlich auch fragende Blicke.

Vielleicht wäre es möglich, den Input so zu gestalten, dass man viele Stränge offen lässt, Themen anreisst, die die Spieler weiterspinnen können, oder gar paradoxe Aussagen macht, um eine gewisse Vielschichtigkeit und Offenheit zu erzeugen.


Zitat
Mich würde übrigens interessieren, wie du auf die Erkenntnis gekommen bist, dass man mehr oder überhaupt mal Phantasie haben könnte. War da ein Buch oder ein Film, der dem Gedanken zugrunde liegt?
Dem Gedanken der Fantasie generell? Ich habe von Kind an viele Fantasy-Romane gelesen...
Was mich aktuell immer mal wieder auf den Fantasie-Gedanken stößt, vor allem in Verbindung mit dem Rollenspiel, ist die Beschäftigung mit Heideggers "Ursprung des Kunstwerks". Demnach erzeugt (unter anderem) Kunst unsere (subjektiv erfasste) Welt. Ohne das kritiklos stehenlassen zu wollen, hat es mich trotzdem zum Nachdenken darüber gebracht, wie viel Konvention eigentlich in der Art Rollenspiel zu spielen steckt, und wie wenig Ver-rücktheit in der rollenspielerischen Darstellung vorkommt.

Der eigentliche Auslöser für mein aktuelles Anliegen war jedoch eine misslungene gamistische Dungeon-Crawl-Runde, nach der ich mich lange mit meinem alteingesessenen Rollenspielkollegen über die Wesenszüge von "gutem Rollenspiel" unterhalten habe.

Zitat
Und was war das Spiel, das dir so technisch vorkam, bzw. welche Spielweise oder Spielinhalte waren vor allem dafür verantwortlich?
Primär DSA und einige selfmade-Sachen, teils im Elder-Scrolls-Universum, einiges an SaWo-Swashbuckling... aber auch Shadowrun und selbst Magna Veritas.
Was mich wohl am meisten stört, ist der immanente Anspruch, dass eine natrwissenschaftlich konsistente, berechenbare Spielwelt, und ein allgemein Vernünftiges Handeln von Akteuren/Entitäten in der Spielwelt erwartet wird. Bei jeder Szene, bei jedem (Nicht-Spieler-)Charakter, glaube ich mir die Frage stellen zu müssen: "Passt er in die Welt? Wie bringe ich ihn mit dem restlichen Spielweltgeschehen in Einklang? Welchen Grund hat er überhaupt dafür, Plotrelevant zu sein? Wen kennt er?" und selbiges selbst für Landstriche "Passt diese Kultur so nah an die nächste? Ist das plausibel? Können Klimazonen so nah aneinander liegen?" oder sowas wie "kann man sowas mit Magie überhaupt machen?".
Ich will diese ganzen Fragen eigentlich über Bord werfen, und die Dinge einfach für sich stehen lassen, so fantastisch wie sie eben sein können.

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Offline Turning Wheel

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #6 am: 19.07.2015 | 04:51 »
Eigentlich müsste dir in deiner gerade gegebenen Antwort schon klarer geworden sein, wie du deinen Mitspielern beschreiben könntest, worauf du hinaus willst.
Ich glaube jedenfalls verstanden zu haben, was du willst.
Ist es im Prinzip nicht eine "warum eigentlich nicht"-Haltung zu mehr Fantasie und Kreativität, die nicht durch Simulationismus- und Plausibilitätsüberlegungen begrenzt oder behindert werden soll?
Ist die Rule of Cool (Handwedeln zugunsten guter Ideen) vielleicht auch eine Sache, der du dafür folgen würdest?
Ich vermute aber, du solltest vor allem zu einem Spielsystem greifen, das keine vorgefertigten Listen (Fertigkeitsbeschreibungen, Ausrüstung, Handlungsoptionen im Kampf etc.) für irgendwas bietet.

Luxferre

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #7 am: 19.07.2015 | 08:23 »
Du suchst also nach einer phantastischen, aber plausiblen, konsistenten Spielwelt, die Deine Kreativität über die Grenzen des allgemein Bekannten hinaus beflügelt?

Dazu bestenfalls ein System, welches das angestrebte Ziel auf unkonventionelle Weise unterstützt?

Hmmm ...

An Seting würde ich Dir mal Tékumel ans Herz legen.
An System nebst dem schon genannten Burning Wheel (sehr sachlich) wäre vielleicht ein sehr offenes wie FATE etwas für Dich.

Offline 1of3

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #8 am: 19.07.2015 | 09:31 »
Ich glaube, Blutschrei sucht exakt nicht nach einer fertigen Welt, insbesondere keiner plausibel konsistenten, sondern nach einem kreativen Prozess.

Wie müsste denn ein Spiel sein, dass wie die Unendliche Geschichte funktioniert?

Offline aikar

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #9 am: 19.07.2015 | 10:03 »
Versuch mal Microscope. Wir hatten gerade zwei Runden und es ist kreativitätsmäßig so richtig abgegangen  :)
Du baust gemeinsam die Geschichte eines Settings von 0 auf, nur mit einer Handvoll am Anfang gemeinsam festgelegten Grenzen.

Was ich in letzter Zeit auch öfter gemacht habe war "Fate spontan".
Einfach die leeren Fate Turbo-Charakterbögen ohne jede Vorbereitung auf den Tisch legen und mal in die Runde fragen: "Auf was hättet ihr mal so richtig Lust es zu spielen?"
Kurzes Brainstorming und Charakterbau, dann wenn nötig ein paar Minuten Vorbereitungszeit für den SL und los gehts.
Da kamen richtig coole und schräge Sachen raus (Postapokalypse mit Riesen-Mutanten-Kakerlaken, Steampunk-Luftschiffschlacht mit Roboter-Piraten und Trollen, "klassische" Fantasy mit einem zeitreisenden Magier, einem elfischen Templer und einem von ihm "bekehrten" vegetarischen (!) Dämon,...).
Allgemein ist Fate ein spitzen System, wenn du Kreativität fördern willst und da vor allem Fate Turbo, da es dir praktisch überhaupt keine Grenzen setzt.

Was auch einen Blick wert sein könnte (auch Fate) ist Gods and Monsters. Hier spielt man Götter in der Anfangszeit der Welt. Die Welt und die Götter selbst sind extrem wandelbar und offen in ihren Möglichkeiten.

Und als Setting möchte ich dir auch noch Numenera ans Herz legen. In dieser Welt ist wirklich alles möglich.
« Letzte Änderung: 19.07.2015 | 10:06 von aikar »
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Offline Skele-Surtur

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #10 am: 19.07.2015 | 10:31 »
Ich glaube, wenn ich mir das so durchlese, Blutschrei sucht nach dem Woah-Gefühl, dem kindlichen Staunen vor etwas Unbegreiflichem. Nach etwas wirklich Wunderbaren  Alles technische, alles verregelte läuft diesem sich-wundern entgegen, es muss also frei sein, frei von Konventionen, frei von Grenzen nach Oben, frei von Altbekanntem. Ich selbst kann dieses Gefühl mit keinem mir bekannten Rollenspiel(system) heraufbeschwören.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

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Offline aikar

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #11 am: 19.07.2015 | 10:42 »
Genau dieses Gefühl schätze ich eben auch und habe sie eben bei den von mir genannten Systemen gefunden: Microscope, Fate Turbo und Numenera. Bei den ersten beiden durch die offenen Regeln, bei letzterem durch die offene Welt.

Wir haben bei Microscope letztens die Evakuierung eines Imperators aus seinem Palast in eine andere Welt ausgespielt, während die Welt zerbrochen ist und der Gigant (Elementar-Gott) unter der Stadt sich erhoben hat (was dann Inception-artige Effekte mit einer sich am Horizont hochrollenden Stadt zur Folge hatte),....
Microscope ist freies Erzählen, es gibt keine regeltechnischen Einschränkungen. Die Spielregeln definieren eigentlich nur die Erzählrechte der Spieler untereinander.

Meine Beispiele für Fate Turbo habe ich ja schon gebracht. Die Handlungsoptionen sind vielleicht etwas stärker durch die Regeln definiert als bei Microscope, aber letztendlich nur vom Setting und den Charakteren abhängig und dahingehend erlaubt es praktisch alles.

Und Numenera...Gut, das Cypher-System mag vom Spiel her klassischer sein, aber die Welt...Ich habe mich als SL noch nie so frei gefühlt einfach alles zu machen was mir in den Sinn kommt und bei praktisch jeder Idee der Spieler sagen zu können: "Klar, warum eigentlich nicht"
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Offline Anastylos

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #12 am: 19.07.2015 | 11:54 »
Bist du Spieler oder Spielleiter?
Als Spieler musst du darauf hoffen das der Spielleiter geniale Ideen hat (oder eure genialen Ideen einbindet), als Spielleiter kannst du dich austoben. Wir spielen Fate Turbo in einem eigenen Setting, dadurch kann ich als Spielleiter gut auf die Ideen der Spieler reagieren und gleichzeitig eine ganze Welt entwerfen (Stück für Stück), dabei habe ich oft diesen Whoa Effekt wenn mir plötzlich klar wird wie verschiedene Dinge miteinander zusammenhängen.

Offline 1of3

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #13 am: 19.07.2015 | 12:09 »
Es gibt keinen SLs, bevor das Spiel anfängt.  Und da kann man sie bauen, woe man sie braucht.

Offline D. M_Athair

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #14 am: 19.07.2015 | 13:47 »
Stattdessen spielte ich viele Plots, die ich rückblickend eher als Ansammlung fantasieloser, strikt mechanischer Abläufe bezeichnen muss. In Settings, die abgesehen von ein paar bunten Pinselstrichen ebenso fantasielos waren.
Das Gefühl kann ich irgendwo nach vollziehen. Hatte ich recht stark bei Shadowrun, Pathfinder, z.T. bei Savage Worlds (unabhängig vom Setting), DSA 4 sowie Midgard 3 (wobei das hier auch nur  am SL gelegen haben kann) und FFG Star Wars. Hat mit dem Kodifizierungsgrad der Regeln, vielen sich gegenseitig beeinflussenden Einzelregeln und generell einem mechanisitischen Grundverständnis der Spiele, was Regeln sein sollen, zu tun. Außerdem mit klischeeüberladenen Spielwelten. (Sie alle folgen, was Setting und Regeln angeht Monte Cooks 3E-Philosophie: "The best way to describe a thing is to define it."


Meine drei Varianten:

Ich glaube, wenn ich mir das so durchlese, Blutschrei sucht nach dem Woah-Gefühl, dem kindlichen Staunen vor etwas Unbegreiflichem. Nach etwas wirklich Wunderbaren  [...]
I) Diesbezüglich habe ich die OSR für mich entdeckt. Ist natürlich nicht frei von Altbekanntem, aber der Sense of Wonder, der z.B. beim Lesen von (guten) Märchen zum tragen kommt, ist da. Außerdem begehen die Settings/Abenteuer doch "ways less/rarely travelled". Gerade mit Hilfe von kreativen Sandbox-Werkzeugen wie z.B. Vornheim. In Bezug auf einen sword-&-sorcery-artigen "Sound" macht das Regelwerk von Crypts & Things einen guten Job.

II) Was auch funktioniert hat, war für mich Everway, dem Idee! - soweit ich das beurteilen kann - ähnelt. Jedoch auf einer ganz anderen Ebene. Nämlich für freie Fantasy-Welten, am ehesten vergleichbar dem Vibe den Ursula LeGuins Erdsee versprüht. "Sehnsucht" und "Freiheit" sind da gute Stichworte.

III) Für frei assoziierte, wilde, ungebundene Kreativität haben The Pool und das SL-lose Spotlight 24h die besten Dienste getan.

... ich fürchte, dass ich wenig mehr dazu schreiben kann. Vielleicht außer, dass mir Microscope - nach allem, was ich davon mitbekommen habe, ein passendes Spiel sein könnte.




Ein paar Fragen hätte ich noch:
Woran machst du fest, dass ihr nie Fantasy im eigenlichen Sinn gespielt habt. Am Spieler- & SL-Input grundsätzlich? An klischee- und schablonenhaften Welten/NSC/SC? An Regeln, welche die Imagination immer wieder unterbrechen? An Abenteuerstrukturen, die in Bezug auf das Spiel selbstreferentiell geworden sind? => Shadowrun: Johnson, Planung, Run, Schwierigkeiten - Plan geht nicht auf, schnell raus, double crossed by Johnson.




Was ich an Prämissen (insbesondere für OSR-Spiel) hilfreich fand:
"Monsters are people too."  => Es gibt immer irgendwelche Gründe, warum irgendein Wesen so handelt, wie es handelt. Die müssen vorhanden aber nicht immer nachvollziehbar sein.
"There's no single SC/NSC, that isn't meant to be killed." => Der Tod ist eine ständige Gefahr. KEINER! - weder SC noch NSC - genießt Plotimmunität.

Für andere Spielweise kann #2 ersetzt werden durch:
"There is (merely) no death just transformation". Ehrlich gesagt ist das aber die schwierigere Variante. The Shadow of Yesterday/Solar System arbeitet ganz stark mit dem Prinzip. Uns ist da mal eine Runde kaputt gegangen, weil ein Spieler seine Vorstellung von seinem SC mit der Charaktererschaffung fixiert und luftdicht versigelt hat.

« Letzte Änderung: 30.07.2015 | 02:11 von Strohmann-Hipster »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline Blutschrei

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #15 am: 19.07.2015 | 17:24 »
Zitat
Woran machst du fest, dass ihr nie Fantasy im eigenlichen Sinn gespielt habt. Am Spieler- & SL-Input grundsätzlich?
Ich würde sagen: An meinem subjektiven Empfinden des Spielerlebnisses, das sich vielmehr nach "blasser Abklatsch der Realwelt" angefühlt hat, als dieses "fantastische" Erlebnis, das ich beim Gehirnfasching während dem Stöbern über Deviantart oder in einem PC-Spiel öfter mal habe.

Zitat
An klischee- und schablonenhaften Welten/NSC/SC?
Ja! Voll und ganz!

Zitat
An Regeln, welche die Imagination immer wieder unterbrechen?
Ein klares Jain: Während ich einerseits begeistert von Regeln bin, die Möglichkeiten aufzeigen und die Welt Mit-Konstruieren, oder zumindest eine gewisse Einordnung der SCs in die Welt erlauben, befassen sich die meisten Regeln mit Dingen, die mir nicht so sehr wichtig sind. Ich würde in ein Regelkonstrukt gerne meine eigenen Regelinhalte einbringen. Die Aspekte von Fate mögen dem schon einigermaßen nahe kommen, aber ich habe mit Fate andersweitig meine Probleme. Nämlich beispielsweise, dass mir das Regelkonstrukt zu verwaschen ist.*


Zitat
An Abenteuerstrukturen, die in Bezug auf das Spiel selbstreferentiell geworden sind? => Shadowrun: Johnson, Planung, Run, Schwierigkeiten - Plan geht nicht auf, schnell raus, double crossed by Johnson.
Das finde ich als Kriterium schwer. Zoomt man nur weit genug heraus, findet sich für jede Menge von gespielten Abenteuern innerhalb eines Spiels eine Menge an Kriterien, aus denen man die Selbstreferenz ableiten könnte, oder?


Zitat
"Monsters are people too."  => Es gibt immer irgendwelche Gründe, warum irgendein Wesen so handelt, wie es handelt. Die müssen vorhanden aber nicht immer nachvollziehbar sein.
Mit diesem Punkt habe ich ein gewisses Problem:
Einerseits können wir natürlich nicht anders denken, als Kausal: Für alles, was ist/passiert, scheint es eine Ursache zu geben. Da ich in meinem Alltag aber nicht alle Ursachen für alle Dinge, die mir wiederfahren kenne, sehe ich auch nicht die unbedingt Notwendigkeit dafür, dass diese Ursachen für NSCs/Spielwelt-Entitäten formuliert werden müssen. Zumal ich dann natürlich in Versuchung gerate, dieses Ursache-Wirkungs-Spiel mit meiner allzu menschenartigen Denkweise aufzuladen.





*Loser Gedankenstrang: Ein System, das verschiedene Konfliktmechanismen für die gleichen Situationen bietet, und je nach erzählerischer Situation zur Wahl stellt, könnte interessant sein. Die einzigen Fixpunkte sind "Werte"/"Aspekte", die vergleichbar sind und als Input in die Systemmechanismen benutzt werden können... aber ich bin mir nicht sicher, ob dies noch mit meinem hier genannten Problem zusammenhängt.



« Letzte Änderung: 19.07.2015 | 17:39 von Blutschrei »
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Online Sashael

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #16 am: 19.07.2015 | 17:54 »
Ich versuche dir zu folgen, komme dabei aber bei Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln(besonders die späten Kapitel) oder einigen Henson-Filmen (Der Dunkle Kristall oder Labyrinth) an.

Fantastik mit mehr als nur einer Spur Surrealismus.

Oder versteh ich dich einfach nur falsch?
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Offline Blutschrei

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #17 am: 19.07.2015 | 18:12 »
Ich wollte dir zuerst voll und ganz zustimmen. Denn: Tatsächlich kam mir schon Alice in den Sinn. Weil das Werk eben dieses Loslösen von Konventionen und das Öffnen für Neues so großartig hinbekommt.*
Bei dem Wort "Surrealismus" musste ich dann aber innehalten. Allem voran, weil ich mir der Bedeutung nicht so ganz bewusst war, ich verbinde damit erstmal bewusst provokante, eher Zweck-Gerichtete Kunstwerke. Und weil ich mit "klassisch" surrealistischer Kunst immer eine gewisse Kälte und Entfermdung, ein Verloren-Sein empfinde. Dagegen habe ich beim Gedanken an das entdecken einer fantastischen Welt eher das Gefühl kindlichen Entdeckergeistes, das "sich einleben" in eine neue, aber zumindest stellenweise vertraut-werdende Umgebung. Beisst sich hier die Schlange in den Schwanz? Ist das "sich einleben" schon wieder notwendigerweise das entdecken mechanischer Zusammenhänge?

Vielleicht liegt das Ziel irgendwo dazwischen: Konventionelle "Heimat-Punkte", die verstreut durch eine surrealistische glibbrig-neblige Weltenmasse schweben.


*Handlungs-Inhaltlich finde ich Alice hingegen stellenweise echt träge, aber darum geht es hier vermutlich nicht.
« Letzte Änderung: 19.07.2015 | 18:16 von Blutschrei »
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Offline Turning Wheel

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #18 am: 19.07.2015 | 19:37 »
Blutschrei: 1of3 hat ja weiter oben die unendliche Geschichte erwähnt. Das war auch meine Vorstellung von deinem gewünschten Spiel. Ist das so?

Ich selbst kann dieses Gefühl mit keinem mir bekannten Rollenspiel(system) heraufbeschwören.

Das überascht mich nicht, denn der Witz ist ja, dass es nicht systematisch sondern wirklich kreativ-phantastisch sein soll. Das Spiel besteht also vor allem darin, dass die Teilnehmer wirklich kreativ werden. Ein System kann diese gewollte Art von Spiel ermöglichen indem es sich inhaltlich zurückhält (also abwesend ist oder höchstens abstrakt systematisch) oder die Art von Spiel verhindern indem es konkrete Vorschriften macht.
« Letzte Änderung: 19.07.2015 | 19:42 von Turning Wheel »

Online Sashael

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #19 am: 19.07.2015 | 20:41 »
Beisst sich hier die Schlange in den Schwanz? Ist das "sich einleben" schon wieder notwendigerweise das entdecken mechanischer Zusammenhänge?
Ich würde sagen: Ja.

"Sich einleben" bedeutet ja, die Zusammenhänge seiner Umgebung zu durchschauen, sowohl auf der physischen als auch auf der psychischen Ebene.

Die Alice-Bücher kranken (imho) auch daran, dass die imaginäre Umgebung zum Ende hin zerstört wird, da der kreativ-chaotische Faktor zu groß und die Konsistenz der fantastischen Welt aufgelöst wird.

Bezogen aufs Rollenspiel sehe ich das Problem, dass sich damit zwar eindrucksvolle One-Shots erschaffen lassen, aber eine Langzeitmotivation möglicherweise auf der Strecke bleibt. Irgendwann möchten die meisten doch einen gewissen Wiedererkennungseffekt erleben. Wenn kreativ-fantastisch mit Hang zum Chaotischen zur Norm wird, droht (imho) die Gefahr der Langeweile, wenn es keine Erwartungen gibt, mit denen man spielen oder die man brechen kann. Ich habe selbst schon mal auf einer Con einen recht starken Ermüdungseffekt erlebt, als die Geschichte einfach zu abgedreht wurde. Das war dann irgendwann nur noch "Jaja, was passiert als nächstes Verrücktes?". Allerdings wurde das Ziel der Runde im Vorfeld nicht ausreichend kommuniziert und wir versuchten, dieses kreative Chaos mit konventionellen Rollenspieltechniken zu erleben und zu lösen. War natürlich von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Interessanterweise hatte ich den stärksten Sense of Wonder mit meinen ersten Kane-Geschichten von K.E.Wagner, welche ja wirklich sehr klassische Sword&Sorcery darstellen. Aber die großen Hintergründe blieben meist verborgen und man erfuhr in den Geschichten immer nur Momentaufnahmen aus dem Leben eines Unsterblichen mit schwammigen Hinweisen auf all die Jahrhunderte, die er sonst so erlebte. Da war die Mischung aus Vertrautem (Schwertkämpfe und menschliche Interaktion) und Fremden (Andeutungen über fremde Zeitalter und Völker) genau richtig.
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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #20 am: 23.07.2015 | 22:02 »
Hallo zusammen,

Ferndiagnosen sind ja immer schwierig aber ich versuche Mal darzulegen wie für mich die besten Fantasy Runden zustande kamen.
Als System würde ich eins wählen das ich um 3.00 Uhr Morgens noch in- und auswendig beherrsche. - Je weniger Gedanken ich mir zu den genauen Regeln und den Werten ich mir bei NPCs und Monstern machen muss umso lockerer und flexibler kann ich Abenteuer gestalten und auch auf Ideen meiner Spieler eingehen.

Je kleiner und persönlicher eine Sache ist umso mehr Emotionen investieren Spieler in ihren Charakter. Wenn es episch wird und Armeen, Götter und Drachen aufeinander prallen dann sind die Charaktere nur Rädchen im Getriebe oder selbst so mächtig das sie keine Gefühle sondern einen Teil dieser Macht investieren. Wenn die Charaktere zwischen einem Dorf das sie gastfreundlich aufgenommen hat und der Zombiehorde steht wird die Sache persönlich. Wenn man jetzt nur einen Teilerfolg hatte und Menschen die man kannte gestorben sind ist das ganze eben persönlich.
Auch Reiseziele können persönlich sein. Ich erinnere mich noch gut daran wie ein zwergischer Charakter von mir das erste Mal die Hauptstadt der Zwerge sah. Da hatte man einen Grund Stolz darauf zu sein ein Zwerg zu sein.

Gruß Jochen
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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #21 am: 23.07.2015 | 22:39 »
Wäre die Lösung vielleicht eine Art Traumreiserollenspiel? So grob in Richtung der Cthulhu Dreamlands? Du stellst Dir etwas vor, und es wird "Realität", aber eine Realität, die sich auch gegen Dich wenden kann und mit der auch Deine Mitspieler interagieren können.

Was in meinen Runden auch sehr schön war, um den "Sense of Wonder" zu stärken, war Kinder zu spielen. Wir hatten mal einen saustarken Abend, als wir alle Pfadfinder in einem Camp in der Wildnis gespielt haben, die sich am Lagerfeuer Geschichten erzählten, die plötzlich begannen, real zu werden.
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Offline Urias

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #22 am: 23.07.2015 | 23:23 »
Hm... Das hat für mich den Eindruck, dass du tatsächlich mehr ein Spielgefühl suchst als irgendein System oder eine fertige Spielwelt.

Hab ich dich soweit richtig verstanden, als dass dir bei herkömmlichen Rollenspielen das wahrhaft Fantastische fehlt also dieses "kindliche Staunen" welches irgendwie mit einem Gefühl der Überwältigung und Entfremdung zu tun hat, welches durch die Konfrontation mit etwas vollkommen Neuem, das sich nicht in das gewohnte einordnen lässt entsteht? Aber möglicherweise kommt das auch falsch bei mir an.

Es wär ganz interessant zu wissen ob du irgendeine Referenz hast bei der du dir denkst "Das ist das Setting, das Gefühl,... das ich erzeugen und erleben will beim Rollenspiel"?
Ohne Gott ging es nicht weiter, und so hab ich mich entschieden, / meiner ist jetzt der Alkohol. / Ich trank ein paar Schlücke und ich fand meinen Frieden / und ich fühlte mich kurzfristig wohl. - Joint Venture, Der trinkende Philosoph

Offline Maarzan

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #23 am: 24.07.2015 | 14:12 »
Das mit dieser Art Sense of Wonder wird nicht problemlos funktionieren, weil es an der Grundeigenschaft von Rollenspiel als soziale Aktivität mit mehreren Beteiligten scheitert.

Die Schilderungen erinnern mich an sehr kleine Kinder, die zwar nominell zusammen spielen, aber letztlich alle unabhängig tief in die eigene Welt versunken vor sich hin brabbeln und nur gelegentlich Schlagwörter der anderen auffangen und dann zusammenhangslos verwursten.

Bei jedem über dieser Entwicklungsstufe wird das in der Praxis zu Problemen führen, weil eben die eigene fantastische Freiheit an den Grenzen der des Nächsten endet und die Leute weder autistisch die anderen ausblenden noch untertänigst sich in den Dienst fremder Unterhaltung stellen, sondern vielmehr von einer sozialen Aktivität eine entsprechende konstruktive, paritätische Integration ihrer Beteiligung erwarten - und dazugehören eben Regeln und Kompromisse, welche jeden einzelnen dann an eine gemeinsame Übereinkunft binden.
Autoren haben dieses Problem nicht, da keine Beteiligung weiterer im Schaffensprozess vorhanden ist. Da gibt es dann eben am Ende vom Empfänger ein Daumen hoch oder runter für das Gesamtwerk.

Am ehesten wird der Wunsch nach ungehemmtem, anforderungslosem Fallenlassen in eine Welt der Eindrücke daher wohl noch durch gemeinsames Kiffen erreicht.

Die nächstbeste Lösung wäre vermutlich das Ablegen aller eigenen Vorerwartungen, Ansprüche und die bedingungslose Unterwerfung unter die Show eines Spielleiters, der einem all die Mühen und Verantwortungen abnimmt und einem etwas erzählt, wie sonst z.B. ein erwachsener Erzähler einem Kind.

Schon das freie Erzählspiel wird nicht ohne Absprachen und Limitierungen auskommen, wenn nicht jeder Anspruch an Konstistenz und Würdigung des eigenen Beitrags aufgegeben wird. Wenn beim fürstlichen Ball erst Piraten, dann Zombies, Elvis, Robotassassinen und schließlich Stripperninjas reinplatzen, wird irgendwer voraussichtlich anfangen zu sagen " das geht zu weit". Und das wird nicht immer erst bei den Strippern sein ... .

Regeln, Absprachen und damit fremdbeeinflusste Limits sind einfach der Preis, welcher für eine soziale Interaktion unter freien Beteiligten erforderlich ist, so sehr es einen in dem einen oder anderen Moment auch stören mag.

Alles woran man da verbessern kann ist die Auswahl der Regeln (oder Mitspieler mit gleichen Vorstellungen bezüglich dieser) und die eigene Beherrschung dieser gemeinsamen Grundlagen.



Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Selganor [n/a]

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Re: Freigeistige Fantasy - wie gehts?
« Antwort #24 am: 24.07.2015 | 15:36 »
Mir kommt da (vermutlich weil es kuerzlich mal wieder anderenorts angesprochen wurde) das "Weltenspringen" wie in Amber bzw. dem "Nachfolger" Lords of Gossamer and Shadow in den Sinn.

Die Spielercharaktere sind von den reinen Werten her meistens weit besser als die faehigsten Leute auf einer Welt sein koennen, allerdings sind auf einigen Welten trotzdem auch fuer sie gefaehrliche Leute und die wirklich gefaehrlichen Leute (die vom Powerlevel aehnlich gut wie die SC sind, aber auch durchaus mal besser) koennen auch die Welten durchreisen.

Durch die Tatsache, dass man im Prinzip im Sekundentakt VOELLIG unterschiedliche Welten bereisen kann kann hier immer ein Gefuehl der Entdeckung neuer Sachen aufkommen, allerdings muss sich auch das mal jemand aus den Fingern saugen (Spieler oder Spielleiter).

Ein SC kann sich z.B. auf die Suche nach einer Welt machen in der es eine ganz bestimmte Sache gibt und die in dieser Welt auch funktioniert Wir hatten da mal jemanden der eine Schusswaffe wollte die mit jederlei Munition (von Steinen ueber Pfeile/Bolzen sowie Kugeln bis hin zu Energiepaketen) umgehen konnte und hat auch irgendwo in den sonstigen Weiten des Multiversums eine Welt gefunden in der das tat.
Es gab zwar relativ wenige Welten in denen diese Waffe komplett funktioniert hat, aber in einer dieser Welten hat er seine Basis aufgebaut und seine Wachen damit ausgeruestet ;)

Allerdings ist das System (komplett wuerfellos, es werden im Normalfall nur Werte und - meistens vom SL bestimmte - Modifikatoren verglichen. Hoeherer Wert gewinnt) nicht fuer jeden.
Abraham Maslow said in 1966: "It is tempting, if the only tool you have is a hammer, to treat everything as if it were a nail."