Autor Thema: Cyberpunk im Rollenspiel?  (Gelesen 6691 mal)

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Offline Infernal Teddy

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Cyberpunk im Rollenspiel?
« am: 1.09.2015 | 07:02 »
Was macht für euch Cyberpunk im Rollenspiel aus, bzw. ein Cyberpunk-Rollenspiel, und wodurch unterscheidet es sich von einem transhumanistischen Rollenspiel oder einem postapokalyptischen Rollenspiel?
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Teddy sucht Mage

Offline tartex

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #1 am: 1.09.2015 | 07:17 »
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Offline Kaskantor

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #2 am: 1.09.2015 | 07:28 »
Cyber/Punk
Cyber steht , für mich für kybernetische Verstärkungen und allgemein für die Fortgeschrittenen Techniken.
Punk, steht für mich in dem Fall dafür, sich gegen das System aufzulehnen.
Ansonsten ist Cyberpunk ja meist als dystopische Zukunft oder Dark Future bezeichnet, was in der Begriffsdefinierung sich ja zu den Begriffen Postapokalypse und Transhumanismus soweit abgrenzt.
Für mich hat das nicht immer was mit 80er zu tun. Siehe Interface Zero oder auch SR5.
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Offline Medizinmann

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #3 am: 1.09.2015 | 07:40 »
obsolete Technik & Kapitalismusvorstellungen der 80er Jahre, die durch Reale Techniken und reale Dystopien
schon längst überholt worden sind.
Cyberpunk ist schon lange völlig überholt,genauso wie die ....Heile Welt Utopien aus den 60ern (siehe die Jetsons ).
Dystopien, ja / Post Apokalypse auch OK.

Zitat
Siehe Interface Zero oder auch SR5.
SR5 ist kein Cyberpunk ! Es hat ein paar Cyberpunk Elemenete, aber das hat jede SR Edition
Shadowrun hat in der 2ten Ed aufgehört Cyberpunk zu sein !
( es haben noch viele SR3 als Cyberpunk gespielt, weil der "Bruch" zwischen 2 & 3 nicht so gross war, es viele Spieler gar nicht merkten oder warhaben wolltenaber offiziell war schon Ende der 2ten Ed mit Cyberpunk schluss)

Hough !
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Offline LushWoods

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #4 am: 1.09.2015 | 07:54 »
"Punk" wird halt mittlerweile recht inflationär und oft falsch verwendet.
Es gibt relativ wenig Spiele die diesen Suffix auch verdient haben. Ein Musterbeispiel dafür ist z.B. Jadepunk, ein Setting das den "Punk"-charakter quasi atmet.

Deep_Impact

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #5 am: 1.09.2015 | 07:56 »
Eigentlich ist ja schon alles gesagt. Cyberpunk ist schon Retro-Tech, also die Zukunft der 80er. Aber das ist auch nichts anderes als Pulp der 40er zu spielen. Kann ich mich mit geringen Anpassungen gut drauf einlassen.

Meine Lieblingswelt ist und bleibt das Neuromancer-Artige also CP2020 und Co. Cyperpunks leben auf der Strasse und es liegt irgendwie in der Natur der Sache, dass die nie wirklich aus der Gosse kommen. Das Leben ist immer quer, die Zukunft immer düster und ganz wichtig: Es ist immer Nacht und es regnet schon wieder!!!

Vurt / Pollen habe ich ganz aktuell gelesen, hat mich aber nicht so richtig überzeugt.
Kuro fand ich cool, aber nicht wirklich Punk.

Aber Punk ist halt Punk und damit ausserhalb der gängigen Gesellschaftsordnung. Darum spreche ich Steampunk auch immernoch das "Punk" ab!

Ob Shadowrun aktuell Cyberpunk ist oder nicht kann ich nicht sagen, habs mir seit Edition 2 nicht mehr angeschaut und damals war es auch schon Cyberfantasy. (Schubladen sind eh doof!)

Offline KhornedBeef

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #6 am: 1.09.2015 | 08:28 »
Ich muss da mal meinen Senf zu geben...
"Punk" ist auch nach meinem Verständnis im Wesentlichen das, was Kaskantor und Deep-Impact gesagt haben: Subkultur, Abgrenzung und Auflehnung.
"-punk" wird aber in vielen Wortkombinationen verwendet, um das Abgrenzen zu betonen, von einer vorherrschenden Denkweise, Tradition oder ähnlichem. Eben das was die Shadowrunner-Subkultur zur Konzernkultur tut.
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Achamanian

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #7 am: 1.09.2015 | 09:19 »
Eigentlich ist Cyberpunk schon ein ziemlich paradoxes Wort ... die Kybernetik kommt schließlich eigentlich vom Begriff des Steuerns (ich glaube, Kybernos ist altgriechisch für Steuermann oder so); "Punk" steht seit den 80ern dagegen für individuelle Auflehnung, Rebellion und Verweigerung gegenüber Gesellschaft und Politik. Ich verstehe das am ehesten so, dass Cyberpunk-Geschichten sich um individuelle (und nicht unbedingt politische) Rebellion in einem technokratischen, "gesteuerten" System handelt.
Das passt zumindest auf ein Werk, das William Gibson glaube ich mal als Ur-Buch des Cyberpunk bezeichnet hat, John Shirleys City Come A'Walkin. Und auch halbwegs auf Gibsons Neuromancer, wobei der Protagonist da eigentlich gar nicht so sehr ein Rebell ist - aber er bewegt sich schon in den gesellschaftlichen Nischen, in denen individuelle Rebellion stattfindet (und auch Wintermute könnte man als eine Art Rebell betrachten, wenn ich mich richtig erinnere).

Und dann hängt natürlich noch die ganze 80er-Ästhetik dran ... wobei ich die gar nicht sooo essenziell finde.

Zur Abgrenzung zu transhumanistischer SF: In der SF-Literatur sagt man ja tendenziell, dass Cyberpunk nicht tot ist, sondern irgendwie in alles andere eingesickert. Finde ich ganz angemessen, wobei die Punk-Attitüde da halt oft immer weniger spürbar wird. Aber die Idee einer (gar nicht unbedingt von oben) und bis in den menschlichen Körper hinein technisch "durchsteuerten" Welt ist schon ziemlich allgegenwärtig, und dass es dabei auch immer wieder um individuelle Freiräume für Auflehnung/Verweigerung geht, liegt fast schon in der Sache.

Beim Rollenspiel verkörperte für mich das "alte Shadowrun" ganz gut das Cyberpunk-Feelung; Heute würde ich auf Eclipse Phase als zeitgemäße SF mit starken Cyberpunk-Erbe verweisen - thematisch ist da auch alles drin, sogar deutlich mehr als bei Shadowrun.

Offline Dreamdealer

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #8 am: 1.09.2015 | 09:20 »
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Offline blut_und_glas

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #9 am: 1.09.2015 | 09:30 »
"-punk" wird aber in vielen Wortkombinationen verwendet, um das Abgrenzen zu betonen, von einer vorherrschenden Denkweise, Tradition oder ähnlichem.

Ästhetik. Abgrenzen der Ästhetik. Das ist zum Kern der Kombinationspunks geworden.

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Offline LushWoods

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #10 am: 1.09.2015 | 09:32 »
Der Begriff Cyberpunk  hat sich halt im Laufe der Zeit in seiner Bedeutung verändert bzw. wurde verwässert.
Meistens wird er als Synonym für Mehr-oder-Weniger-Near-Future-Sci-Fi verwendet. Nur die wenigesten versuchen die ursprüngliche Begrifflichkeit zu erhalten.
Seine Derivate Steampunk, Dieselpunk, Wasweißichpunk bauen normalerweise darauf auf und nicht auf dem ursprünglichen Begriff.
Vielleicht muss man sich von dem ursprünglichen Begriff einfach langsam komplett lösen und akzeptieren das Cyberpunk halt mittlerweile was anderes ist.
Und was Transhumanismus angeht ... der Gedanke steckt seit Anfang an im Cyberpunk drin, nur hat irgendwann jemand angefangen den Transhumanismus auszugliedern und als eigenes Genre zu verwenden.

Offline KhornedBeef

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #11 am: 1.09.2015 | 09:38 »
Ästhetik. Abgrenzen der Ästhetik. Das ist zum Kern der Kombinationspunks geworden.

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Hm. Jetzt nur im Literarischen oder generell? Und was für eine Ästhetik wäre das, außer jetzt individualistisch zu sein?
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Offline blut_und_glas

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #12 am: 1.09.2015 | 10:20 »
Und was für eine Ästhetik wäre das, außer jetzt individualistisch zu sein?

Die Abgrenzung des Individuums ist da nicht der Punkt, sondern die Abgrenzung des Settings.

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Deep_Impact

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #13 am: 1.09.2015 | 10:32 »
Mich würde ja mal interessieren, welches System für euch das Gefühl des Cyberpunks am besten transportiert und warum?

Vielleicht ohne lange Herleitung, sondern als Ein-Satz-Argumentation, im Stile von:

D&D5 transportiert Cyberpunk am Besten, weil...
...es unglaublich cinematisch ist, wenn ein Endgegner erst nach 35 Treffern zu Boden geht!


(Das ist ganz bewusster Nonsense...)


Sollte das das Thema sprengen, bitte einfach abtrennen.

Achamanian

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #14 am: 1.09.2015 | 10:41 »
Eclipse Phase transportiert für mich am besten das Gefühl des Cyberpunks ...
... weil es sich am stärksten an der Literatur orientiert, die ich als Cyberpunk bezeichnen würde.

Bangrim

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #15 am: 1.09.2015 | 10:47 »
Was macht für euch Cyberpunk im Rollenspiel aus, bzw. ein Cyberpunk-Rollenspiel, und wodurch unterscheidet es sich von einem transhumanistischen Rollenspiel oder einem postapokalyptischen Rollenspiel?

Mike Pondsmith hat das in meinen Augen ganz gut zusammengefasst:

https://www.youtube.com/watch?v=sPZxkhLoukI ( so ab 00:30 bis 1:50 )

Das Video macht mir immer wieder Lust auf Cyberpunk 2020.  :headbang:

Offline LushWoods

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #16 am: 1.09.2015 | 11:00 »
Wenn man nach dem ursprünglichen Begriff geht Cyberpunk 2020 und Interface Zero.

Offline Blechpirat

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #17 am: 1.09.2015 | 11:06 »
Für mich ist Urban Fantasy das Cyberpunk von 2015.

Warum? Cyberpunk hat sich immer gefragt, was einen Menschen ausmacht, wo das Menschsein beginnt und endet, und warum Menschen Monster sind. Bei Urban Fantasy kann man genau das thematisieren: Wieviel Mensch steckt in einem Vampir? Ist ein Werwolf ein Mensch, ein Tier oder ein Monster?

Die anderen beiden Themen ("was stellt Technik mit dem Menschen an" und "Was tut der Kapitalismus mit uns") sind praktisch überholt. Wir müssen uns keine Gedanken mehr über eine Dystopie voller Überwachung und Ausbeutung machen - wir leben mitten drin. Und insoweit ist Urban Fantasy da auch das bessere Genre, weil es /Jetztzeit/ ist, und nicht irgendwann in der Zukunft.

Offline YY

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #18 am: 1.09.2015 | 18:15 »
Was macht für euch Cyberpunk im Rollenspiel aus, bzw. ein Cyberpunk-Rollenspiel, und wodurch unterscheidet es sich von einem transhumanistischen Rollenspiel oder einem postapokalyptischen Rollenspiel?

Bei postapokalyptischen Settings weiß man nicht nur, wo die Reise hingehen wird, sie ist schon vorbei.
Der Höhenflug hat geendet, vieles ist auf Anfang gesetzt und in Sachen Technologie gibt es nur noch Reste des einstigen Glanzes.


Transhumanismus ist wesentlich positiver eingestellt; es wird mehr Technologie einfach mal postuliert und deren teils recht abgefahrenen Auswirkungen bis ins Kleinste ausgewalzt.


Cyberpunk ist als Abgrenzung von diesen beiden für mich am Ehesten ein Aufbruch in eine ungewisse Zukunft; der Beginn einer Reise, von der keiner weiß, ob man sie eigentlich antreten will oder sollte.
Cyberpunk ist nicht zurück können, aber auch nicht vollends vorwärts wollen, mit den zugehöigen Verwerfungen als zentrales Element.
Cyberpunk ist auf der Straße stehen, hilflos und angewidert in die Welt schauen und sagen "Scheiß doch drauf".


Wir müssen uns keine Gedanken mehr über eine Dystopie voller Überwachung und Ausbeutung machen - wir leben mitten drin.

Nein, tun wir nicht.
Die technischen Möglichkeiten sind im Gegensatz zu früher eher vorhanden und einige Aspekte und Strömungen lassen sich wiedererkennen, stecken aber größtenteils immer noch in den Anfängen bzw. sind nicht so eingetreten wie im klassischen Cyberpunk.

Es gibt ein paar Ecken auf der Welt, die politisch und sozial schon ziemlich nah dran sind, dort fehlt es aber an der Technologie - und umgekehrt.

Ja, die Aussage, dass Cyberpunk überall eingesickert und zur Normalität geworden ist, hat ein Stück weit ihre Berechtigung; allerdings am Ehesten immer noch bezogen auf Kunst und Literatur und nicht so sehr auf die Realität.


Cyberpunk ist noch nicht mal so sehr überholt in dem Sinne, dass die Wirklichkeit schon längst viel krasser ist als die Settings der einschlägigen Bücher, Spiele, Regelwerke.

Das zentrale Lebensgefühl von Cyberpunk ist vielmehr genau so verpufft wie der drohende atomare Weltkrieg und die jüngeren können mit beidem nichts mehr anfangen.
Aber vielleicht überspringt es nur eine Generation ;)


Mich würde ja mal interessieren, welches System für euch das Gefühl des Cyberpunks am besten transportiert und warum?

Das ist für mich eine sehr schwer greifbare Sache.

Glücklicherweise sehe ich gar keine so große Diskrepanz zwischen den Schwerpunkten diverser Systeme und dem, was Cyberpunk ausmacht - vieles von der Kritik kann ich also nicht wirklich nachvollziehen und fühle mich bei den Mainstream-Cyberpunk-Systemen recht wohl.

Dieses diffuse Gefühl von "ja, genau das ist es" habe ich am Ehesten bei älteren SR-Sachen (SR2) und bei neueren Systemen vor Allem bei Interface Zero.
Das ist aber hauptsächlich von der Präsentation und dem Gesamteindruck abhängig und weniger von einzelnen, klar erkennbaren Einzelheiten von System oder Setting.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Ucalegon

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #19 am: 1.09.2015 | 18:16 »
Das Rollenspiel sollte sich erkennbar bemühen, die wichtigsten Cyberpunk-Tropes [1] [2] umzusetzen.

Ein transhumanistisches Rollenspiel muss im Gegensatz zu Cyberpunk nicht zwingend dystopisch sein.

80s Cyberpunk ist natürlich saucool, die Tropes/den Begriff Cyberpunk darauf zu beschränken aber unnötig dogmatisch. Case, Kusanagi, Kovacs, scheißegal. Hauptsache zynische SF-Dystopia. Und geniale Randerscheinungen wie Japanischen Cyberpunk gibt es ja auch noch.

Das beste Cyberpunk-Rollenspiel ist Remember Tomorrow, weil es sich auf das Wesentliche konzentriert. Nicht nur in der Mechanik, sondern auch in Sprache und Layout. Mir gefällt das, was Hutton aus den Klassikern destilliert.

Hutton kommentiert:

Zitat
Those books, and this game, are not about "teams" of "runners" loading up on tech from "MetalBookIV" or Min/Maxing  every damage die and +2s out of guns/gear while marking in 40 boxes of damage. Fuck no.

Eine ähnliche Diskussion über CP2020 (bzw. Shadowrun, da trifft das ja auch zu) und die Entwicklung, die deren Form von Cyberpunk genommen hat, gibt es hier:

http://forum.rpg.net/showthread.php?754612-Cyberpunk-Gaming-Bleeding-Edge-Emergent-Gameplay-and-Eric-Brennan

http://www.therpgsite.com/showthread.php?t=32197

Fand ich ganz interessant.






Offline Boba Fett

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #20 am: 1.09.2015 | 18:27 »
Das meiste wurde schon gesagt, was ich noch vermisse ist die "Style over substance" Attitüde...
Das für mich besteCberpunk RPG ist immer noch CP2020
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline WeepingElf

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #21 am: 1.09.2015 | 21:39 »
Bei postapokalyptischen Settings weiß man nicht nur, wo die Reise hingehen wird, sie ist schon vorbei.
Der Höhenflug hat geendet, vieles ist auf Anfang gesetzt und in Sachen Technologie gibt es nur noch Reste des einstigen Glanzes.

Ja.  Im CP ist die Zivilisation noch nicht in den Arsch gegangen, sondern erst auf dem Weg dorthin.  In der Postapokalypse ist das Spiel dann wirklich aus und beginnt von vorn.

Zitat
Transhumanismus ist wesentlich positiver eingestellt; es wird mehr Technologie einfach mal postuliert und deren teils recht abgefahrenen Auswirkungen bis ins Kleinste ausgewalzt.

Genau.  Im Transhumanismus ist die Grundhaltung positiv, die Technik dient als nächster Schritt der Evolution des Menschen.  Das ist zwar meiner Meinung nach völliger Bockes und steht in der unguten Tradition der Eugenik, aber es ist eben der Unterschied zum CP: Im Cyberpunk macht die Technik den Menschen langsam kaputt, statt ihn auf eine höhere Stufe zu heben.

Zitat
Cyberpunk ist als Abgrenzung von diesen beiden für mich am Ehesten ein Aufbruch in eine ungewisse Zukunft; der Beginn einer Reise, von der keiner weiß, ob man sie eigentlich antreten will oder sollte.
Cyberpunk ist nicht zurück können, aber auch nicht vollends vorwärts wollen, mit den zugehöigen Verwerfungen als zentrales Element.
Cyberpunk ist auf der Straße stehen, hilflos und angewidert in die Welt schauen und sagen "Scheiß doch drauf".

Ich denke, das bringt es auf den Punkt.


Zitat
Nein, tun wir nicht.
Die technischen Möglichkeiten sind im Gegensatz zu früher eher vorhanden und einige Aspekte und Strömungen lassen sich wiedererkennen, stecken aber größtenteils immer noch in den Anfängen bzw. sind nicht so eingetreten wie im klassischen Cyberpunk.

Das kann man nicht laut genug sagen!  Diejenigen, die alle Nase lang davon faseln, dass wir in einem Überwachungsstaat leben würden, haben keine Ahnung davon, was es wirklich bedeutet, in einem tatsächlichen Überwachungsstaat zu leben!  (Ich weiß es auch nicht, habe zum Glück nie in einem gelebt, aber ich bin mir im klaren darüber, dass ich es nicht weiß.)  Wir haben zwar viele technische Mittel, Leute auszuspionieren und Profile von Internetnutzern zu erstellen, und das IST alles bedenklich, aber es gibt etwa in den heutigen EU-Staaten eben keine Geheimpolizei, die sich dieser Mittel bedienen könnte!

Zitat
Es gibt ein paar Ecken auf der Welt, die politisch und sozial schon ziemlich nah dran sind, dort fehlt es aber an der Technologie - und umgekehrt.

So ist es.

Zitat
Ja, die Aussage, dass Cyberpunk überall eingesickert und zur Normalität geworden ist, hat ein Stück weit ihre Berechtigung; allerdings am Ehesten immer noch bezogen auf Kunst und Literatur und nicht so sehr auf die Realität.

Zweifellos kann jemand, der heute Science Fiction schreibt, nicht am Cyberpunk vorbei, weil dieser Fragen aufgeworfen hat, die auch heute noch aktuell sind, und beim Entwerfen einer glaubwürdigen Zukunft nicht ignoriert werden können.  Siehe weiter unten.

Zitat
Cyberpunk ist noch nicht mal so sehr überholt in dem Sinne, dass die Wirklichkeit schon längst viel krasser ist als die Settings der einschlägigen Bücher, Spiele, Regelwerke.

Wenn ich heute die Neuromancer-Trilogie lese, kann ich über all die Details schmunzeln, die Gibson falsch vorausgesagt hat (Leute rauchen in Restaurants und gehen zum Telefonieren unterwegs in eine Telefonzelle), und sein Mißbrauch falsch verstandener Computerterminologie ist ja schon legendär, aber im Großen und Ganzen kann ich mir immer noch vorstellen, dass die Geschichten so ähnlich sich tatsächlich in der 2. Hälfte unseres Jahrhunderts ereignen könnten - auch heute noch.  Im Gegensatz zu den Space Operas der 40er Jahre, oder den heute ziemlich überholt wirkenden Atomkriegsgeschichten.  (Modedetails der 80er Jahre, wie die berühmt-berüchtigten Spiegelsonnenbrillen, können ja wiederkommen ...)

Aber die Wirklichkeit ist keineswegs schon "krasser" als in den CP-Geschichten.  Vieles, was da geschildert wird, gibt es heute eben doch noch nicht.

Zitat
Das zentrale Lebensgefühl von Cyberpunk ist vielmehr genau so verpufft wie der drohende atomare Weltkrieg und die jüngeren können mit beidem nichts mehr anfangen.
Aber vielleicht überspringt es nur eine Generation ;)

Zweifellos ist das Lebensgefühl heute ein anderes als damals.  Insofern ist Cyberpunk heute schon eher retro.

Zitat
Das ist für mich eine sehr schwer greifbare Sache.

Glücklicherweise sehe ich gar keine so große Diskrepanz zwischen den Schwerpunkten diverser Systeme und dem, was Cyberpunk ausmacht - vieles von der Kritik kann ich also nicht wirklich nachvollziehen und fühle mich bei den Mainstream-Cyberpunk-Systemen recht wohl.

Dieses diffuse Gefühl von "ja, genau das ist es" habe ich am Ehesten bei älteren SR-Sachen (SR2) und bei neueren Systemen vor Allem bei Interface Zero.
Das ist aber hauptsächlich von der Präsentation und dem Gesamteindruck abhängig und weniger von einzelnen, klar erkennbaren Einzelheiten von System oder Setting.

CP2020 brachte das Gefühl schon ziemlich authentisch rüber.  GURPS Cyberpunk auch.  Bei Shadowrun macht der EDO-Fantasy-Anteil viel kaputt und das Ganze kippt ins Absurde ab.  Andere CP-Rollenspiele kann ich nicht beurteilen.
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Offline Grandala

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #22 am: 1.09.2015 | 23:13 »
Ich glaube ihr hängt euch viel zu sehr an den eigenen "Gefühlsduseleien" in Bezug auf das auf, was ihr unter CP verstehen möchtet.

Das britische Englisch kennt das Wort Punk in der Alltagssprache für eine "worthless Person", was durchaus abwertend gemeint ist. Angenommen, dass die meisten CP RPGs aus dem anglosprachigen Raum kommen und diese nicht an der deutschen Punkerwelle der 70er und 80er hängen, wäre dieser Begriff sicherlich deutlich brauchbarer zur "Was ist c-Punk" Frage. Die Punks in Britannien, besonders die der 70er, haben lediglich das Label bewusst für sich genutzt. Parallel dazu hat das auch die LGBT Gemeinde in Nordamerica das Wort "gay" für ihre Zwecke kulturell Gebunden, dies jedoch nicht von der eigendlichen Wortbedeutung entfernt.
Ähnlich wie Gothic-Punk, wie Vampire the Masquerade sich Früher z.B. vermarkten wolle, geht es eher um ein sichtbares Stielelement in der Memetik der Spielwelt, gepaart mit dem Blick der Inhabitenten dieser Spielwelt auf die typischen Charaktere.

Transhumanismus hingegen ist eine tatsächliche Philosophie in Bezug auf die eigengesteuerte Entwicklung und Fortentwicklung der Menschheit als solche und des Menschen als Individuum. Diese postuliert im ersten Schritt ein "reengeneering" der menschlichen Art von Menschenhand und eine Verbesserung der "Human condition" durch Einsatz von selbsterbrachtem "intelligent design". Ein solches Rollenspiel sollte sich also als Hauptthematik auseinandersetzen mit der Menschlichkeit des unerkennbar ehemals Menschlichen, oder der Verwirklichung selbstgesteuerter Optimierung mit allen extremen, die Individuen in ihren machbaren Wünschen äußern können.

Beide haben meist starken dystopischen Charakter.
« Letzte Änderung: 1.09.2015 | 23:16 von Grandala »
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Offline Blechpirat

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #23 am: 2.09.2015 | 14:44 »
Nein, tun wir nicht.
Die technischen Möglichkeiten sind im Gegensatz zu früher eher vorhanden und einige Aspekte und Strömungen lassen sich wiedererkennen, stecken aber größtenteils immer noch in den Anfängen bzw. sind nicht so eingetreten wie im klassischen Cyberpunk.
Tun wir doch!  ~;D

Mal abgesehen, dass es (für mich) unwichtig ist, ob sie so "eingetreten wie im klassischen Cyberpunk" sind (das ist ja nur ein Projektion aus den 80ern, die man zur Lebendigkeit des Genres auch aktualisieren darf), ist Überwachnung im Sinne des Cyberpunk Realität.

Zwar mag der klassische Cyberpunk die Macht bei den Konzernen (und nicht bei der NSA) vermuten, aber abgehört und aufgezeichnet werden wir in einer Form, bei der man das Gefühl haben kann, das die Cyberpunk-Literatur als Handlungsanweisung verstanden wurde.

a) Apple/Facebook/Google/Mobilfunkanbieter
b) Geheimdienste
c) Datenhändler wie z.B. Kreditauskunfteien und Werbenetzwerke

Wir würden von dem Ausmaß (und das finde ich perfekt) nicht mal etwas wissen, wenn nicht ein Hacker namens Edward S. uns das alles gesteckt hätte. Das so ein paar Propheten (wie der ccc) das schon länger erzählen, wollte ja niemand so recht wahr haben, ich auch nicht. Die Aktion von Snowden ist jetzt schon wieder Jahre her - seitdem fliegen wir blind. Man muss sehr naiv sein um zu glauben, es wäre besser geworden. Was seitdem hinzugekommen ist, wissen wir nicht.

Du, lieber YY, verwechselst Überwachung mit dem Nachspionieren der Stasi. Vielleicht gibt es bei Google keine luftdichte Dose mit einer Geruchsprobe von mir. Aber ich bin sicher, das MfS hätte gerne getauscht.

Aber die Überwachung ist (noch) nicht dystopisch perfekt. Man kann (mit viel Aufwand) noch unüberwacht kommunizieren. 'punks können also noch existieren, unüberwachte Nischen bleiben, wichtig genug für Cyberpunk.

Noch cyberpunkiger kann ich mir die Realität nicht vorstellen.

Offline YY

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Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
« Antwort #24 am: 2.09.2015 | 17:50 »
Wir würden von dem Ausmaß (und das finde ich perfekt) nicht mal etwas wissen, wenn nicht ein Hacker namens Edward S. uns das alles gesteckt hätte. Das so ein paar Propheten (wie der ccc) das schon länger erzählen, wollte ja niemand so recht wahr haben, ich auch nicht.

Jetzt im Nachhinein kann ich natürlich viel behaupten, aber meiner Meinung nach gab und gibt es deswegen so wenig Resonanz auf die Snowden-"Enthüllungen", weil da nur einer mehr ausgesprochen hat, was vielleicht nicht alle, aber viele schon lange vermutet (und akzeptiert!) hatten.


Du, lieber YY, verwechselst Überwachung mit dem Nachspionieren der Stasi.

Ich frage bei so was eben immer, was die direkten Konsequenzen sind.
Google ist jedenfalls noch bei keinem meiner Nachbarn mitten in der Nacht mit ein paar schwarzen Lieferwagen vorgefahren und hat ihn "abgeholt", weil er im falschen Moment das Maul aufgemacht hat.


Die einzigen in deiner Aufzählung, die einem auch nur ansatzweise Kopfzerbrechen machen müss(t)en, sind die Geheimdienste, und auch die haben bei Licht betrachtet nur das, was man ihnen bereitwillig und leichtsinnig gibt.

Sobald es einem die Unbequemlichkeiten auch nur ansatzweise wert ist, gucken die genau so in die Röhre wie alle anderen.


Aber die Überwachung ist (noch) nicht dystopisch perfekt. Man kann (mit viel Aufwand) noch unüberwacht kommunizieren. 'punks können also noch existieren, unüberwachte Nischen bleiben, wichtig genug für Cyberpunk.

Wie wenig Aufwand das braucht, kann man sich jederzeit an der US-Sicherheitsapparatur* ansehen, die trotz (teils sogar wegen**) ihrer Überwachungsmöglichkeiten wie ein tollwütiger Riese um sich schlägt, ohne auch nur ansatzweise ihre strategischen und politischen Ziele umsetzen zu können.

Und das sowohl im außenpolitischen/militärischen wie im innenpolitischen/polizeilichen Bereich.

Da hat die Innenperspektive teilweise ein bisschen was von 1984, obwohl das zugleich durch die Ineffektivität ins Lächerliche gerückt wird.


*die übrigens die einzige weltweit ist, die auch nur halbwegs in die Nähe des Bildes kommt, das verschiedene CP-Dystopien zeichnen.
Alle anderen sind im Vergleich arme Schlucker mit drei alten elektrischen Schreibmaschinen.


**weil die mit Blick auf ihre technischen Möglichkeiten der Meinung waren, man könnte den Rest der -INT-Familie gehörig zurückfahren.


Und mal weg vom Thema Überwachung zu anderen dystopischen Aspekten des Cyberpunk:
Ausbeutung & Co. ist bei Weitem nicht in dem Maße verbreitet, wie es sein "müsste".
Das Wegbrechen der Mittelschicht ist ja fast schon so was geworden wie das Waldsterben und der Klimawandel - gestern akut drohende Katastrophe mit ultimativen Konsequenzen, heute sich in Zeitlupe mit entsprechenden Anpassungen und ungewissem Ausgang vollziehend (den Gedankengang, der das Ganze hier endgültig inklusive sofortiger Sperrung in die SC schießen würde, kannst du dir morgen auf dem Treffen anhören  ~;D).

Straßenschlachten, allgegenwärtige Kriminalität, konzerneigene Hit Squads - sehe ich (hier) alles nicht. Wie ich schon schrieb, woanders in Anfängen bzw. in einzelnen Aspekten: ja. Dort aber ziemlich losgelöst vom Thema Technologie.

« Letzte Änderung: 2.09.2015 | 18:39 von YY »
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer