Ich mache das eigentlich nie. Schon eher stellt man dann eben am Spieltisch gemeinsam fest, wie sich irgendeine Plotidee von mir eben gerade verabschiedet. Das gibt´s schon: Ich habe eine Vorstellung entwickelt und ein Spieler verhält sich so, dass ich sie nicht mehr umsetzen kann. Dann gehe ich nach Hause und denke über Alternativen nach.
Kleine Anekdote gefällig?
Als wir von Ars Magica 4 auf Ars Magica 5 umgestellt haben, stellten wir fest, dass die Mystery Cults neue Regeln bekommen haben. Unter anderem gibt es im Haus Criamon jetzt sogenannte Pfade, die die Mitglieder absolvieren um das Ziel des Hauses (das Durchbrechen des ewigen Kreislaufs der Zeit inklusive Geburt, Sterben und Wiedergeburt) zu erreichen. Ein Pfad hatte es mir besonders angetan, der Pfad des Rückwärts-Gehens. Das ist ein Pfad der schwer von islamischem Sufismus beeinflusst ist, auf den ich richtig Bock habe und für den ich eine Menge Anknüpfungspunkte in der Saga habe. Aber der Criamon ist ja nicht mein Charakter. Ich bin ja nur der Spielleiter! Die Criamon-Maga unserer Gruppe stammt aus Irland und ist irgend so eine Mischung aus alten irischen Helden und Gevatter Tod. Islamischer Sufismus ist Lichtjahre entfernt... Also habe ich gedacht, du versuchst es so, wie man es in der Realität auch versuchen würde.
1. Schritt: Ich habe einen Mystagogen vorbeigeschickt, der dem gesamten Bund erstmal den philosophischen Überbau des Hauses Criamon erklärt hat (so hatte ich den neuen Überbau aus der 5. Edition in den Köpfen der Spieler).
2. Schritt: Der Mystagoge hat mit der Criamon-Maga des Bundes ein Abenteuer bestanden und dadurch gegenseitiges Vertrauen aufgebaut.
3. Schritt: Der Mystagoge hat festgestellt, dass die Criamon-Maga irgendwie unzureichend ausgebildet worden ist. Er hat sie zum Domus Magnus des Hauses Criamon geschickt, um sie dort nachholen zu lassen, was offensichtlich versäumt worden ist (so hatte ich die neuen Regeln in den Charakter implantiert).
4. Schritt: Danach kam der Charakter zurück, der Mystagoge schaute sich die Fortschritte an und wollte ihr schließlich islamische Theologie beibringen. Dazu wäre der Charakter und Spieler bereit gewesen. Ich habe ihm dann aber gesagt: Nach allem, was du mit dem Mystagogen zusammen durch hast, hättest du mit dem Einblick in islamische Theologie dann den ersten Schritt auf dem Pfad des Rückwärts-Gehens absolviert.
Darauf der Spieler: "Ach, lass mal. Das ist nicht so meins. Ich mache lieber weiter wie bisher!"
Ich habe mir zwar auf die Lippen gebissen, aber es ist seine Entscheidung. Nie hätte ich ihm gesagt, seine Maga müsse nun auch weitermachen. Stattdessen bin ich nach Hause gegangen und habe mir überlegt, welche Kampagnenideen, die mit der angepeilten Entwicklung zusammenhängen, ich auch irgendwie anders hinbekomme.
Zwei, drei Monate später hatte ich den Kampagnenverlauf über weite Strecken neu geplant. Allerdings habe ich mir überlegt, was ich nun mit dem Mystagogen anstelle. Ich ließ ihn eine Art Abschiedsbrief verfassen, in dem er der Welt im allgemeinen und dem Bund der Spielercharaktere im Besonderen ankündigte, sein Leben sei soweit fortgeschritten, dass er irgendwann wohl diese Welt (im Rückwärtsgang) verlassen werde. Er bedauere es sehr, keinen Nachfolger hinterlassen zu können, müsse nun aber die letzten Schritte wohl allein gehen.
Und siehe da, etwas Erstaunliches geschieht: Der Spieler (oder zumindest sein Charakter) zeigt Mitleid! "Oh, kein Nachfolger! Ja, das ist ja wirklich traurig, das kann ich verstehen. Ich melde mich mal bei ihm und frage, ob wir unsere Studien nicht vielleicht doch noch fortsetzen können."
Logischerweise war mein alternativer Kampagnenverlauf bereits angeleiert und es war ziemlich schwierig und erforderte einige Arbeit, die neuen Entwicklungen mit meinen ursprünglichen Ideen zusammenzubringen. Mein Kommentar zum Spieler beim nächsten Treffen: "Mach das bitte nicht nochmal mit mir!"