@Alexandro:
Mir ist das jetzt etwas zu mühsam - entweder du findest meine Unterscheidung überzeugend oder nicht, ist ja beides okay; aber ich glaube, ich habe klar genug dargelegt, was in meinen Augen der Knackpunkt ist, damit man bei den Beispielen jetzt nicht vom Hundertsten ins Tausendste kommen muss.
Frage: wenn du immer weiter hergeholtere Beispiele ranholen musst, wie allgemeingültig kann die Aussage dann für das Rollenspiel sein?
Ah, doch, den Teil habe ich jetzt auf den zweiten Blick kapiert ... ich halte es ehrlich gesagt für die Grundregel der meisten RPGs, dass die Fiktion die Regeln auslöst. Habe ich gerade beim DSA5-Querlesen wieder entdeckt: Da steht sinngemäß, dass die Spieler einander erzählen, was ihre SC machen, und sobald der Ausgang einer wichtigen Handlung unklar ist, wird halt nach den Regeln (oder nach Gruppen- oder SL-Entscheid, wenn keine passenden Regeln zur Verfügung stehen) ermittelt, wie es läuft.
Fast richtig. Die Spieler erzählen sich etwas gegenseitig, dann werden Regeln angewendet.
Ein direkter Zusammenhang zwischen dieses beiden Prozessen existiert nicht, bzw. ist nur eingebildet.
Bestes Beispiel:
Spieler: "Ich kletter auf einen Baum, um mir einen Überblick zu verschaffen."
SL1: "Würfel mal Klettern."
SL2: "Würfel mal Sinnesschärfe."
SL3: "Würfel erst Klettern und dann Sinnesschärfe."
SL4: "OK, erzähl mal was dein Charakter sieht."
SL5: "Würfel auf Mut, ob du dich das traust."
SL6: "Mache eine Konfliktprobe gegen die Marker auf dem 'Großer dunkler Wald'-Aspekt."
SL7: "Würfel einen W20. Hoch ist gut."
Usw.usf. ad Infinitum.
Der Zusammenhang zwischen "Ich kletter auf den Baum" und der tatsächlichen Regelanwendung wird nur durch die Spielteilnehmer hergestellt.
Und: es ist kein Alleinstellungsmerkmal von Rollenspiel. Wenn im Tabletop jemand sagt: "Mein Charakter klettert auf einen Baum, um sich einen Überblick zu verschaffen", dann wird halt ad-hoc festgelegt, was für Voraussetzungen (Aktionsaufwendung, Mindestwürfe etc.) dafür erforderlich sind und ob es spieltechnische Vorteile (klassische Belohnungen für die "bessere Übersicht" wären z.B. Ini-Verbesserung, mehr Kommandopunkte oder geringere Abweichung von Artilleriefeuer) bringt.
Bei Tabletops hab ich doch in der Regel meine Runde, in der ich dann einen Katalog möglicher Aktionen verwenden kann (evtl. begrenzt durch Aktionspunkte, oder ich habe einfach nur eine Aktion oder oder oder ...). D.h. nicht die Fiktion stellt den Rahmen (mein Charakter klettert auf den Baum, um sich einen Überblick zu verschaffen), sondern der Katalog regelkonformer Handlungsmöglichkeiten; möglich, dass zu diesen Handlungsmöglichkeiten "Orientieren" gehört und ich das als "mein Späher klettert auf einen Baum, um sich einen Überblick zu verschaffen" fiktionialisieren kann - in dem Fall ist dann beides kaum noch voneinander zu unterscheiden. Aber sobald du etwas machst, was den Rahmen der im Tabletop vorgesehenen Aktionsmöglichkeiten verlässt ("Ich funke den Gegner an und erkläre ihm, warum es Unsinn ist, dass wir gegeneinander kämpfen"), wird der Unterschied doch ziemlich deutlich.
Wie ich schon sagte: das ist eine sehr begrenzte Sicht auf das Hobby Tabletop und keineswegs durchweg gültig.
Ich hatte auch schon Battletech-Partien, in denen die Parteien aufeinander getroffen sind und dann spontan entschieden haben, wen sie angreifen und mit wem sie sich verbünden. Und ich hatte auch schon mindestens eine Partie, in denen die Spieler auf eine Idee gekommen sind, wie
jeder von ihnen seine Missionsziele (die eigentlich inkompatibel waren - aber die Spieler sind halt auf einen guten Kompromiss gekommen, der in der Szenariobeschreibung nicht bedacht wurde) erreichen konnte, ohne dass sie
überhaupt gegeneinander kämpfen. Das ist, gerade wenn man aufeinander aufbauende Szenarien spielt und seine Ressourcen für die nächste Schlacht schonen will, durchaus üblich.