Ich muss ja aus eigener Betroffenheit mal schnell eine Lanze für die armen Übersetzenden brechen. Es stimmt zwar, dass gerade im Genre-Bereich oft haarsträubend unbeholfen übersetzt wird, alllerdings erklärt sich das so manches Mal aus den Arbeitsbedingungen (Bezahlung, Deadlines, auch mangelnde Verlagsansprüche "Machen Sie´s schnell fertig, die Leser interessieren die sprachlichen Feinheiten eh nicht") und tatsächlich Zielgruppenorientierung.
Die Arbeitsbedingungen für Übersetzer - gerade im Rollenspielbereich - sind eigentlich so haarsträubend, daß man nicht von einer wirklich erstrebenswerten BERUFLICHEN Tätigkeit sprechen kann. Aus diesem Grunde sind ja auch so viele NICHT-Professionelle bei deutschen Ausgaben von Rollenspielprodukten beteiligt: diese arbeiten vornehmlich aus Enthusiasmus, um die Spiele, die sie selbst mögen, einem deutschen Publikum zugänglich zu machen, oder aus einer (bei den Begleitumständen einer Übersetzung verständlichen) Eitelkeit den eigenen Namen in einem Rollenspielprodukt zu sehen.
Des Geldes wegen wird man als Übersetzer die Finger von Rollenspielproduktübersetzungen lassen. Da gibt es im industriellen Bereich oder bei der Unterhaltungsliteratur weit besser und vor allem ÜBERHAUPT(!) zahlende Verlage, als man sie im Rollenspielbereich hierzulande oder auch international findet.
Somit hat man es bei der Mehrzahl an Rollenspielübersetzern mit HOBBY-Übersetzern zu tun. - Das sollte schon gleich mal die Erwartungen an die Übersetzungsqualität richtig einordnen helfen.
Man KANN eine solide Beherrschung der Sprache des Originaltextes erwarten, man MUSS aber eigentlich eine NOCH SOLIDERE Beherrschung der DEUTSCHEN Sprache erwarten.
Und hier ist leider ÖFTER, als ich es für wünschenswert, je nach Rollenspiel sogar für erträglich halte, die sprachliche Versiertheit im DEUTSCHEN nicht gegeben.
Also, die KollegInnen wissen es sicherlich oft sogar besser, übersetzen aber schlechter - aus Gründen, die nicht ausschließlich bei ihnen liegen.
Hier gilt es zu unterscheiden, ob die Übersetzer die Bedeutung bestimmter Worte oder Redewendungen kennen, und ein tatsächliches Äquivalent, welches dem deutschen sprachlichen Ausdruck des Sachverhaltes entspräche, zu bieten haben, oder ob es um die Formulierung FLÜSSIG LESBARER SÄTZE ÜBERHAUPT geht.
Man kann sich völlig berechtigt darüber aufregen, wenn ein Übersetzer eines "maritimen" Settingbandes aus "Tugboat" im Original das SCHRECKLICHE "Zug-Boot" in der Übersetzung macht, statt die korrekte Bezeichnung "Schlepper" zu verwenden.
Da kann ich mir auch NICHT vorstellen, daß irgendein Zeitdruck einer Deadline, irgendjemand von oberer Verlagsseite, oder sonst irgendwer außer dem Übersetzer SELBST für diese MINDERLEISTUNG verantwortlich ist.
Und derartige, mit Schul-Englisch der Mittelstufe auf Drei-minus schon auffällige, echte FEHLER sind eben nicht nur nicht wegzudiskutieren, sondern sind ein GRUNDÄRGERNIS, welches sich ja nicht nur punktuell einstellt, sondern dann gleich 150 Seiten des betreffenden Bandes als DURCHGÄNGIG MINDERE QUALITÄT zu Buche schlägt.
Schlechte Übersetzungen werden von SCHLECHTEN ÜBERSETZERN gemacht.
Daran ist nichts zu rütteln.
Taugt der Übersetzer etwas, dann schafft er es einen sprachlich brauchbaren, einen LESBAREN Text auch innerhalb der Deadline abzuliefern.
Hat sich der Übersetzer SELBSTÜBERSCHÄTZT, dann gerät er bei sprachlich nicht-trivialen Textpassagen ins Schwimmen, dann arbeitet er schludrig, und dann ist die Übersetzung eine QUAL für den Leser.
Hier erwarte ich eigentlich von denen, die sich für Übersetzungsprojekte, gerade solche im kommerziellen Umfeld (bei reinen Fan-Eigeninitiativen kann man eher mal ein Auge der Sprachempfindung zudrücken), als Übersetzer anstellen lassen, daß sie ihre eigenen Fähigkeiten KORREKT EINSCHÄTZEN und nicht hingeschludertes, wie "aus dem Automaten übersetzt" wirkendes Sprach-UN-Gut produzieren.
Es ist so, daß ICH als Kunde, als KÄUFER einer Übersetzung MEIN Geld auch nicht für hingeschluderte Minderleistung bekommen, sondern ich mir das HART verdienen muß. - Gebe ich nun Geld für ein Übersetzungsprodukt aus, dann darf ich eine gewisse GRUNDSORGFALT erwarten - und für deren Abwesenheit muß ich als derjenige, der dafür zahlt, auch KEINERLEI "Entschuldigungen" hinnehmen.
Zu guter Letzt möchte ich ketzerisch noch anmerken, dass das Ausgangsmaterial oft genug auch schon haarsträubend ist - da rettet auch die Übersetzung nix mehr.
Eine Übersetzung kann nur unwesentlich die Gesamtqualität des Originals erhöhen. Das stimme ich zu. - Vor allem, wenn die Lizenzrechte so aussehen, daß man eine sehr ENG am Originaltext zu erfolgende Übersetzung abzuliefern hat.
Manche Verlage gewähren da mehr Freiheiten. Und wo immer dies auch GENUTZT werden (das ist nicht überall der Fall, wo diese Freiheiten prinzipiell bestünden), da kann die Übersetzung gegenüber dem Original tatsächlich qualitativ BESSER sein. Klarer verständlich. Lesbarer. Fehlerärmer. Übersichtlicher. Handhabbarer (z.B. durch Inhaltsverzeichnis und Index, welche beide in Originalen oft zu wünschen übrig lassen).
Aber trotzdem schön, dass so viele hier Wert auf korrekten Sprachgebrauch legen.
Nicht so sehr der "sklavisch korrekte" Sprachgebrauch, der sich an den - auch hierzulande nicht wirklich nachvollziehbaren, ja geradezu sinnentstellend "reformierten" - Standards orientiert, ist für eine Übersetzung wichtig, sondern daß man den Text VERSTEHEN und BENUTZEN kann.
Rollenspielbücher sind in erster Linie "Arbeitsbücher" und werden nicht wie ein Roman genau einmal von vorne bis hinten gelesen und dann weggelegt. Rollenspielbücher werden gelesen, es wird mit ihnen gearbeitet (Runden vorbereitet, NSCs entwickelt, der eigene SC weiterentwickelt, usw.). Zu diesen Grundanforderungen der Handhabbarkeit für die rollenspielerische Praxis kommen noch - insbesondere bei Regeltexten - die der SPRACHLICHEN KLARHEIT hinzu. Texte, die für die jeweilige Spielgruppe "Gesetz" sind, Regeltexte eben, die bedürfen einer außerordentlichen VERSTÄNDLICHKEIT in den Formulierungen, einer sprachlichen KLARHEIT, einer EINDEUTIGKEIT (die Interpretationen samt nachfolgender Diskussionen bis hin zum Streit über die Auslegung reduzieren hilft), und einer hohen PRÄZISION.
Nun ist es manchmal so, daß tatsächlich schon der jeweilige Entwickler des Originals kein sprachlich sehr versierter, präzise formulierender Mensch ist. - Das kann man im Rahmen einer Übersetzung leicht spürbar verbessern.
Meinem Eindruck nach ist es aber ÖFTER der Fall, daß der ÜBERSETZER sprachlich einfach grundsätzlich schludrig ist, unpräzise formuliert und es NICHT EINMAL MERKT! - Und das ist einer der Hauptgründe, nach meinen Erfahrungen mit z.T. beklagenswert jämmerlichen Übersetzungsprodukten, für wirklich MISSLUNGENE Übersetzungen.
Wem die sprachliche Achtsamkeit abgeht, der wird sie für ein Übersetzungsvorhaben nicht "aus der Schublade ziehen" und sich irgendwie "überziehen" können, sondern die FEHLT dann eben auch bei der Übersetzung.
Ich mag MANCHE Übersetzungen wirklich gerne. Die haben es geschafft letztlich den Originaltext mit DEUTSCHEM SPRACHGEFÜHL und zudem auch noch GENREGERECHT "nachzuerzählen", statt eine sprachliche Fließbandleistung einer 1:1-"nach mir die Sintflut"-Übersetzung abzuliefern.
Letzteres ist leider eher das Übliche.
Und das ist ein Grund für mich, lieber die Originale zu erwerben, da diese zum einen BILLIGER sind, und zum anderen einfach der ZUSÄTZLICHE ÄRGER ausbleibt, den ich mit einer durch die sprachliche Gefühlslosigkeits-Mangel gedrehten deutschen Ausgabe hätte.