Zu Michaels Aufstand:
Warum wurde eigentlich so ein Aufriß um Michael gemacht? Der klingonische Wächter starb
unglücklich, aber durch Notwehr bzw. im Kampf. OK, der Angriff auf den Captain und die Übernahme der
Brücke war Meuterei, auch wenn Spock Kirk regelmäßig so kalt gestellt hat.
Ihr Feuerbefehl wurde
aber nicht ausgeführt und es waren die Klingonen, die als erste das Feuer eröffneten. Also das Michael
jetzt die schlimmste Renegatin des Universums sein soll, erschließt sich mir nicht ganz. Ja, bei dem
Konflikt sind Tausende von Leuten gestorben, aber war das allein ihre Schuld?
Und ansonsten: Eine Quasivulkanierin als Hauptcharakter ist immer ein Risiko und war eigentlich von
Anfang an nicht die beste Wahl.
Sehe ich so: Michael war der ranghöchste überlebende Offizier des Schiffes, das als erstes eintraf, und hat sich nicht an die Starfleet Regeln gehalten. Dadurch ist sie der perfekte Sündenbock für Starfleet Command geworden, um ihr die Schuld für den Krieg in die Schuhe zu schieben. Hätte sie Erfolg gehabt und T'Kuvma gefangen genommen, wäre sie eine Heldin gewesen. Eigentlich wird hier nur die andere Seite von den verrückten Aktionen Kirks gezeigt: was passiert, wenn die Regelbrüche nicht dafür sorgen, dass die Föderation am Ende gewinnt. Die beiden Pilotfolgen sind quasi die Antithese zu Star Trek IV: The Voyage Home.
Ansonsten mein hoffentlich spoiler-freier Eindruck nach 3 Folgen:
- Michael ist mir trotz allem nicht unsympathisch
- Captain Phillipa Georgiou rockt
- Saru ist teilweise geschrieben wie Spock in den Filmen. Gefällt mir nicht, da wir mit Michael bereits eine vulkanisch erzogene Person haben
- Captain Lorca wirkt auf mich wie ein Picard, der seine Intelligenz und Bildung verwendet hat, Machiavellist statt Humanist zu werden (und ja, intellektuell kann er Picard definitiv das Wasser reichen), insgesamt: cooler Charakter
- Lt. Stamets gefällt mir, ich mag seine Art irgendwie
- Tilly ist als comic-relief zu sehr "in your face"
- Landry, die Sicherheitsoffizeuse, gefällt mir auch trotz der stereotypen Rolle "stoischer Sicherheitsoffizier"
Gefeiert habe ich beim Away Team in Episode 3:
Drei Frauen, ein Red Shirt (ja, habe ich korrekt während dem Schauen vorhergesagt) und der Wissenschaftsoffizier. Ein solches Away Team hätte es in keiner Trek Serie vorher gegeben.
Bester Spruch in Episode 1 war Saru als Michael von den Sensoren verdrängt mit den ungefähren Worten: "Ich bin Wissenschaftsoffizier und kann Zahlen analysieren und interpretieren, nicht einfach nur vorlesen." Bin mir nicht sicher, ob das ein Seitenhieb auf TOS und TNG war?
Mich stört, dass die Kamera fast ständig auf Michael als unser POV hängt. Dadurch entgehen uns der Umgang der Crew miteinander ohne Michael. In Star Trek Adventures wäre Michael Burnham der Solo-SC und die restlichen Charaktere alles Supporting Charakters. Star Trek ist dadurch stark, dass es eine Ensemble Crew ist. Gerade bei TNG und DS9 leben die Serien geradezu davon, dass der Captain nicht in jeder Szene anwesend ist. Und entgegen der Einschätzung der Discovery Macher habe ich bei TNG, DS9, VOY und ENT das Gefühl, die Kamera ist ein neutraler Beobachter und nicht: der Captain steht ständig im Mittelpunkt. Es waren Ensembles. Jetzt haben wir den Fokus auf Burnham und sehen das Star Trek Universum durch ihre Linse. Dummerweise wird dabei so viel Klischee über stoische, übercoole Charaktere verwendet, dass man nicht wirklich mit ihr "Mitfühlen" kann (und dabei ist die vulkanische Erziehung zusätzlich hinderlich). Torchwood hatte da mit Gwen einen besseren POV als Einstieg (ja, ich weiß kein Trek). The Expanse benutzt sehr schön multiple POV und gewinnt dadurch.
Was die Pilotepisoden angeht: da hat Discovery mehr überzeugt als TNG, DS9 oder ENT. Voyager ist eigentlich die einzige Trek Serie, die ihr Konzept im Pilotfilm halbwegs gut verkauft hat. Beim DS9 Piloten schlafen mir regelmäßig die Füße ein. Mission Farpoint habe ich mir genau einmal angeschaut und an den Enterprise Piloten kann ich mich noch nicht mal mehr richtig erinnern.
Schönster Kommentar zur Serie, den ich im Freundeskreis gehört habe: "Können wir die Serie Discovery nennen und das Star Trek weglassen? Dann ist es gute Sci Fi."