Deswegen habe ich in irgendeinem vorherigen Post schon geschrieben, dass diese ganze Balance-Diskussion eigentlich nix ist als ein verdeckter Editionskrieg.
Ist es ganz sicher, doch eigentlich sollte es dies nicht sein. Es gibt noch viele andere Unterschiede welche die Editionen haben als nur das Balancing, und wie oben schon beschrieben ist Balancing nur eines der Mittel (und dabei nichtmal das einzige) um diese Unterschiede und unterschiedlichen Zielsetzungen umzusetzen.
Deshalb halte ich auch nicht viel davon zu sagen "Spieler X spielt Spiel Y wegen dem Balancing" - sehr wahrscheinlich spielt er es eher wegen besserem Gruppenzusammenspiel, weniger Aufwand für den SL, Beschreibungsfreundlichkeit und mehr alternativen Herangehensweise an Probleme oder andere Dinge.
Balancing ist ein Mittel um so etwas zu fördern, aber eigentlich kein Wert für sich selbst. Und anstatt es dazu zu erklären und zum großem Unterscheidungskriterium zwischen den Editionen zu machen (was es sowieso nicht ist) wäre es sinnvoller sich im Detail anzuschauen wie Balancing einzelne Aspekte des Spiels beeinflusst. Und das geht am besten komplett ohne Editionskrieg und auch ohne die Editionen in den Fokus zu rücken, weil dies hauptsächlich gemacht wird um abzulenken. Ich denke sowieso mit einem Editionsthread würden wir Ogers eigentlichen Thread nur entführen - aber mit einer etwas theoretischeren, sich auf das Systemdesign beschränkenden Herangehensweise könnte man ihn da wieder zurück führen.
Was die Diskussion oben über die Literarischen Vorbilder angeht: Mein Hauptproblem damit ist, dass diese sich in jeder D&D Version umsetzen lassen, und von Balancing überhaupt nicht betroffen werden. Balancing bedeutet ja nicht "es kann keine mächtigen Leute geben", sondern nur das die mächtigen Leute in der Beschreibung den gleichen Wert haben wie in der Mechanik. Und das ihr Wert abwägbar ist, so dass ich nicht später überrascht werde und feststelle, dass zwei Charaktere welche in der Beschreibung das Verhältnis von gleichberechtigten, gleich wichtigen Verbündeten haben im Spiel eigentlich aber eher das Verhältnis von Hauptcharakter und Sidekick darstellen.
Gleichzeitig bedeutet das Vorhandensein von mächtigen Magiern selten "Magie ist der einfache und schnelle Weg, man braucht weniger Erfahrung um sie zu meistern" - die mächtigen Magier sind typischerweise die Typen mit dem Rauschebart. Ein schnellerer Aufstieg des tatsächlichen Powerlevels von Magiern ist eigentlich das gleiche als ob man ihnen Zusatz XP fürs Magier sein geben würde. Sie sind bei gleicher Erfahrungsstufe dann mächtiger, umgekehrt also auch bei gleicher Macht unerfahrener. Da wäre ich also auch vorsichtig dies auf einen literarischen Topos zu schieben, selbst D&D 3E/3.5 widerspricht sich dort in der Beschreibung teilweise selbst indem Magier eigentlich ein höheres Startalter benötigen (also eigenlich länger geschult werden müssen) später aber trotzdem schneller an Macht gewinnen.
Aber wie gesagt, eigentlich ist das egal - wenn man genau so etwas umsetzen will, geht dies ja so oder so in ausbalancierten Systemen genauso wie in nicht ausbalancierten, der einzige Unterschied ist das man es offen macht. Ich hatte mal eine Diskussion mit einem mitspieler darüber was passieren würde wenn dies auch in 3.5 so umgesetzt würde, es ging darum einfach die Klassen welche stärker sind als andere (anhand des Tier Systems) in ihren Leveln zu "korrigieren". Quasi die simpelste Form des Balancings, Der Charakter welcher auf Stufe 10 schon so mächtig ist wie ein anderer auf Stufe 12 wird einfach auch als Stufe 12 angesehen, braucht genau so viele XP wie ein Stufe 12 Charakter um dort hinzukommen. Das hätte sicher so alleine gar nicht funktioniert, aber wieso ich dies erzähle ist die anschließende Aussage:
Wenn man 3.5 so ausbalanciert bekommen würde, und sich anschließend hinstellen würde: "Ok, wir haben das Spiel jetzt ausbalanciert. Ihr könnt also wählen ob ihr weiter lieber mächtiger als eure Mitspieler sein wollt oder nicht, abhängig davon bekommt ihr wieder Extra XP" - wie viele würden dies machen?Effektiv würden die Extra XP genau den aktuellen Stand wieder herstellen. Der einzige Unterschied wäre das Bewusstsein eben diese Extra Erfahrungspunkte zu erhalten, das Bewusstsein für die gleichen Abenteuer und Taten stärker belohnt zu werden als die Mitspieler.
Und ich glaube es wären sehr wenige Spieler welche dies machen würden, welche dies bewusst wollen. Darum halte ich auch nichts davon Spieler anhand ihrer Balancingvorlieben in die einzelnen Systeme einzuteilen. Es sind andere Sachen welche dafür sorgen, dass Leute ihre Lieblingssysteme wählen. Balancing mag diese Dinge sicher fördern, und darum besteht auch ein Zusammenhang. Aber es ist keine direkte Korrelation.