Nun ist es aber ja so: Du musst dich nicht entscheiden. Du kannst die Komplexität haben und das Balancing.
Naja, kann ich halt nicht. Denn die ganze mir so lieben Subsysteme, die in AD&D und 3E den Komplexitätsgrad so stark erhöhen, sind ja aus Balancegründen aus der 4E rausgehalten worden. Und dabei kommt dann ein ähnlicher Effekt raus wie bei modernen MMORPGS. Bei WOW habe ich die verschiedenen Völker nur gespielt, um die verschiedenen Storylines zu erleben, die Klasse habe ich typischerweise ausgewürfelt, weil es keine "Rolle" spielte. Bei Star Wars Online hängt die Story an der Klassenwahl, aber auch dort ist es mir darüber hinaus völlig egal. Letztlich ist alles nur Knöpfchendrückerei (hängt auch am Schwierigkeitsgrad, der ist bei den meisten Spielen ja quasi nicht mehr existent).
In der 4E läuft das insoweit ein wenig anders, als ich mir ja im Vorfeld den Charakter überlege (Charakterkonzept), und mir danach erst überlege, wie ich den umsetzen will. Lasse ich den Schritt aber weg, bleibt die Wahl für mich extrem belanglos, weil die vorhandenen Unterschiede im Klassendesign für mich komplett belanglos sind.
Übrigens werden auch die Spieler von MMORPGS mir teilweise widersprechen, wenn ich das so sage, weil es für sie sehr wohl eine Rolle spielt, ob man einen Tank, nen Damage Dealer oder einen Healer spielen will. Das sind aber Kategorien, in denen ich mich zu denken weigere und die ich als extremst schädlich fürs Rollenspiel erachte.
Und das ist halt was anderes als beispielsweise in AD&D (um mal von der 3E wegzukommen, wo ich (über die Lebenszeit der Edition hinweg) teilweise völlig inkompatible Optionen für die selbe Sache erhalten habe, und selbst die Wahl treffen kann, was davon ich nutzen will. Ja, da ist teilweise komplett unbalanciert, aber dafür hat man ja den SL und die Mitspieler (und den eigenen Verstand). Ich seh gar nicht ein, warum ich mich um der Balance willen an dieser Stelle vom System einschränken lassen soll.
Was man der 3E natürlich vorwerfen muss ist die Balance innerhalb der Standardgruppe. Wenn Fighter, Rogue, Cleric und Wizard als Gruppe zusammen funktionieren sollen, wie es immer von den Designer angepriesen wird, dann geht das natürlich nur, wenn die auf jeder Stufe gleiche Spielanteile haben. Da sehe ich jetzt noch nicht mal so sehr die Balance als das große Problem (der Fighter und der Rogue funktionieren ja auch noch auf hohen Stufen), sondern eher die Optionsarmut speziell beim Fighter bzw. das Problem, dass die Optionsvielfalt es Magier und Kleriker erlauben, den anderen ihre Nische wegzunehmen. Und auch wenn ich verstehe, warum diese Möglichkeit existiert (es soll ja gewährleistet sein, dass die Aufgaben eines Nahkämpfers oder Schurken auch dann übernommen werden können, wenn niemand die Klassen spielt), ist hier die Verteilung zu ungleichmäßig.
Und dem Magierspieler zu sagen, dass er sich ja etwas am Riemen reissen kann, damit die anderen ihre Nische behalten, funktioniert scheinbar bei vielen Gruppen nicht. Oder zumindest bei denen nicht, von denen man dann in den Foren zu hören bekommt.