Autor Thema: Was heißt eigentlich "narrativ"?  (Gelesen 17044 mal)

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Ucalegon

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #50 am: 14.12.2015 | 21:48 »
Inwiefern da Verlage bewusst ihre Spiele als Vehikel für "Besserspieler" bewerben, wäre noch zu prüfen.

Wie sollen sie sie denn sonst bewerben? "Jetzt noch schlechter spielen mit Tavernen und Tristesse 2E!", "Ali Baba und die d6 Räuber - endlich in der Revised Edition für alle anspruchslosen Spielrunden!" oder "Dampfmaschinen und Darmverschlüsse - Hauptsache voll im Durchschnitt!"?
« Letzte Änderung: 14.12.2015 | 22:24 von Ucalegon »

Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #51 am: 14.12.2015 | 21:52 »
@ Contains Diseases
Mit OSR ist kein Dungeoncrawl geplant. Aber eine Zweckentfremdung ist natürlich immer möglich. Fast jedes jedes Spiel/Werkzeug lässt sich zu einem anderen Zweck als ursprünglich geplant, gebrauchen.

Offline blut_und_glas

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #52 am: 14.12.2015 | 22:36 »
Man kann auch nicht sagen es ist alles entweder Dungeon Crawl oder narrativ, oder du musst mal deine Definitionen davon näher erläutern. Zumindest fiele mir die Einteilung in vielen Fällen sehr schwer. Ermittlungsabenteuer a la Cthulhu? Oder die Charakter sind Offiziere auf einer Fregatte im Pazifikkrieg währen des 2. Weltkriegs?

Alliierte oder japanische Fregatte?

Wenn es eine japanische Fregatte ist, dann ist es narrativ und es geht um die Verantwortung des Individuums, um Ehre, Nationalismus, Schuld (und Sühne).

Wenn es eine alliierte Fregatte ist, dann ist es ein Dungeon Crawl und es geht darum Schlitzaugen Kriegsverbrecher niederzumetzeln und Gold Orden zu sammeln. Der Endgegner ist wahlweise ein Doppelpack aus Yamato und Musashi oder ein deutsches Uboot.

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Offline Chruschtschow

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #53 am: 15.12.2015 | 18:33 »
Mit OSR ist kein Dungeoncrawl geplant.

Bist du dir sicher, dass irgendjemand eine auch nur ansatzweise ähnliche Definition von Dungeon Crawl und OSR hat wie du? Systeme wie Labyrinth Lord und... warte, der ist gut... Dungeon Crawl Classics. Abenteuer wie Anomalous Subsurface Environment, die auch vom Design her nicht umsonst aussehen wie die Dungeons der späten Siebziger. Stonehell. Barrowmace. Und dann diese Blogs, die lang und breit über Dungeondesign, Fallen, Rätsel, Monster und die ganzen anderen Sachen fabulieren, die... Überraschung... typische Dungeon Crawl-Klischees sind.

@Thema:
Für mich bedeutet narrativ, dass die Erzählung voran geht. Ich mag da im Zusammenhang als Umschreibung auch gerne Fiction first. Ich beginne mit der Beschreibung der Interaktion mit der Spielwert und leite daraus die Regelumsetzung ab, nicht umgekehrt. Überhaupt wird ganz viel Gestaltung in die Hände der Runde gelegt und die Runde erzählt herbei, was denn im Detail geschieht. Ich werde das mal an einem Beispiel darlegen, als Vergleich GURPS, das ich als eher nicht narrativ einschätzen würde gegenüber Fate, das ich deutlich in der narrativen Ecke sehe.

Setup: Gro, der Barbar steht dem fiesen Orkhäuptling gegenüber und will ihn umnieten.

Gurps: Gro schlägt auf den Ork ein, der Ork wird getroffen. *Würfelwürfel* So und so viele  Trefferpunkte weg. Außerdem wurde der Arm übel erwischt. Des Orken Schwert fällt zu Boden. Das alles liefert das Spielsystem von sich heraus. Alles, was der Spieler erzählen musste, war: "Ich haue den Ork", und das ist als Erzählhandlung ungefähr so etwas wie "Springer auf F4", mehr ein Spielzug als ein Teil einer Geschichte.

Fate: Gro schlägt auf den Ork ein, der Ork wird getroffen. Nach Auszählen aller Würfel hat Gro fünf Stufen, daraus macht er einen Boost und vier Stress. Der Ork ist robust und steckt den Stress ein. Und was heißt das nun in der Handlung? Hier liefert Fate nur eine grobe Richtlinie, aber eben keine detaillierte Lösung. Es gibt Creative Constraints. Ich kann den Ork jetzt nicht einfach tot beschreiben. Aber was bedeutet der Boost? Was kann ich mit dem anstellen? Liegt der Boost auf mir ("HAHA, I HAVE THE HIGH GROUND!") oder auf dem Ork ("MENSCH HAT THOG GEKRATZT! THOG WÜTEND! THOG GREIFT MIT RIESEN LÜCKE IN VERTEIDIGUNG AN!")? Wurde Thog überhaupt angekratzt? Fate als narratives System gibt Richtlinien, keine konkreten Ergebnisse.

Und wie sieht es aus, wenn ich nun einen Vampir haue? GURPS? Werte checken, Würfeln *SLASH*. Da gibt es sicher eine Regel. Und nu bin ich bei Fate und stehe vor dem Vampir, habe aber keinen Holzpflock, keinen Knoblauch, selbst das Weihwasser habe ich gesoffen, weil ich sonst verdurstet wäre. Aaaaaaber ich appelliere an seine Menschlichkeit. In einem langen herzzerreißenden Monolog (bitte nicht zu lang, da sitzen noch andere Leute) erinnere ich ihn an Sonnenlicht, Wärme und die ganzen anderen lahmen Klischees, wegen der der arme Vampir so bewegt, so zerrissen ist, dass es wortwörtlich seine Seele zerreißt. Attack mit Empathie... Geht auch. Mach das mal in GURPS. ;)

Natürlich sind auch hier die Grenzen fließend und ja nach Gruppe kann sich das auch für einzelne Runden deutlich unterscheiden. Man nehme nur mal die vielen DSA-Runden, die ich in meiner DSA-Zeit damals kennengelernt habe, die erzählten: "War gestern wieder ein Superabend. Wir haben nicht ein Mal gewürfelt." Klingt recht narrativ, obwohl ich die Regelchimäre DSA eher nicht als narratives System beschreiben würde. Dazu kommt wie oben das Problem, dass narrativ für jeden was anderes bedeutet, die Leute also nicht nur Systeme anders als RAW oder RAI (wie auch immer man das fest machen möchte) spielen, sondern auch noch der eine Regelliebhaber gerade denkt: "Kerle, watt narrativ ist das heute alles," während sein Tischnachbar gleich in den Tisch beißt, weil ihm die Regeln sein tolles Drama zerballern. Und dazwischen dudelt noch die alte Forge-Definition für Narrativism rum.
« Letzte Änderung: 15.12.2015 | 18:39 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #54 am: 15.12.2015 | 19:22 »
@ Chruschtschow
Ich hatte bei OSR eher an DSA 1, Midgard 1 oder oWoD gedacht, das jemand aus dem Keller holt und den Staub wegpustet.

Wenn Labyrinth Lord oder Dungeon Crawl Classics für dich OSR sind: Dann ja, dann ist mit OSR selbstverständlich Dungeoncrawl geplant.

Offline nobody@home

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #55 am: 15.12.2015 | 21:05 »
Bezieht sich das "OS" in "OSR" nicht meist gerade auf Original- und in jedem Fall vor-3.x-Versionen speziell von D&D?

In dem Fall würde ich den Fokus dieser Spiele nämlich durchaus erst einmal im Dungeon Crawl-Bereich sehen; so hat ja schließlich alles gewissermaßen angefangen.

Offline Bad Horse

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #56 am: 15.12.2015 | 21:10 »
OSR heißt "Old School Renaissance" und bezieht sich auf das Spielgefühl der prä-3.x-Versionen von D&D.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Offline ArneBab

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #57 am: 15.12.2015 | 21:19 »
Manche benutzen es bösartiger Weise umgangssprachlich und nicht wie im Rollenspieltheorie-Fachwörterbuch.
Das meinte ich ☺
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #58 am: 15.12.2015 | 21:46 »
Das liegt daran, dass der rollenspieltheoretische Begriff "narrativ" bzw. "narrativistisch" Mumpitz ist.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #59 am: 15.12.2015 | 21:57 »
Moment mal, ihr geht einfach back to topic? Einfach so?? Das geht nun aber wirklich nicht ~;D.

Also ich denke, dass vor allem die Vorstellung einer einheitlichen Metasprache bislang eben nur das ist: Eine Vorstellung oder Utopie. Aus genau dem Grund muss man sich wundern, dass auf Spielen "narrativ" steht, in denen aber scheinbar gar kein "narrativ" drin ist. Die Ausgangslage ist eine unterschiedliche.

It's not a bug, it's a feature – je mehr Voraussetzungen man schafft (im Extremfall zum Verstehen eines Werbetextes also schon Rollenspieltheoriekenntnisse bzw. die Metasprache bekannt sein müssen), desto kleiner wird die Zielgruppe. Zumal einige der kritisierten Spiele sich mit diesem Begriff ja noch nicht einmal so sehr an Rollenspieler wenden wie an potentielle Spieler, die noch gar nicht wissen, was überhaupt ein Rollenspiel ist.

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Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #60 am: 15.12.2015 | 22:48 »
Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit. Früher hatten viele Leute unter Rollenspiel etwas Sexuelles mit Lack&Leder und FSK 18 verstanden.

Und man hat damit einfach ausgedrückt: "Wir sind kein sexuelles Rollenspiel, sondern ein narratives Rollenspiel."

Narrativ würde also nicht als Abgrenzung innerhalb der Pen&Paper Gemeinde verstanden werden, sondern als Abgrenzung der Pen&Paper Gemeinde zu anderen Szenen, die ebenfalls Rollenspiele machen.

Offline KhornedBeef

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #61 am: 16.12.2015 | 08:48 »
Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit. Früher hatten viele Leute unter Rollenspiel etwas Sexuelles mit Lack&Leder und FSK 18 verstanden.

Und man hat damit einfach ausgedrückt: "Wir sind kein sexuelles Rollenspiel, sondern ein narratives Rollenspiel."

Narrativ würde also nicht als Abgrenzung innerhalb der Pen&Paper Gemeinde verstanden werden, sondern als Abgrenzung der Pen&Paper Gemeinde zu anderen Szenen, die ebenfalls Rollenspiele machen.
Mir geht das auch jedes Mal so. Rein in den Spielwarenladen, Buch in die Hand, erst beim Lesen des Klappentexts total enttäuscht, dass es nicht um steampunkige Fummelspiele geht :P
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eldaen

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #62 am: 16.12.2015 | 09:01 »
Mit anderen Worten ist das, was wir machen bestenfalls "DirtyTalk"? ;)

Offline Sashael

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #63 am: 16.12.2015 | 09:50 »
Mit anderen Worten ist das, was wir machen bestenfalls "DirtyTalk"? ;)
Das will ich doch hoffen.  >;D

"Ja, also unser Meister will immer, dass wir den Besuch im Rahja-Tempel voll ausspielen. Meistens kommen wir dann gar nicht mehr dazu, den Rest des Abenteuers zu spielen. Wir sorgen uns ja ein bißchen, ob unser Meister nicht enttäuscht ist, weil er sich mit der Vorbereitung so viel Mühe gibt und dann bleiben wir gleich in der ersten Szene hängen, aber er meint, das wäre nicht sooo schlimm."
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Offline Der Nârr

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #64 am: 16.12.2015 | 10:08 »
Ich würde sagen auch als Abgrenzung zu anderen Spielen. Rollenspiel versteht sich ja als komplett eigene Spielgattung, so eine Star-Wars-Einsteiger-Schachtel könnte ja aber schon mal für ein Brettspiel gehalten werden. Und darum kommt da die Info drauf: Nein, wir sind kein Brettspiel. Wir sind ein narratives Rollenspiel. Wir haben nicht nur Spielzüge und würfeln und haben Regeln die uns sagen wie das funktioniert, sondern wir haben auch erzählende Anteile, in denen wir in unsere Charaktere schlüpfen oder einfach sagen, was wir machen.

Anders als bei Monopoly, wo man zwar auch was erzählen kann ("Haha, ich nehm dir auch dein letztes Geld weg"), das ist dann aber nicht Teil des Spiels, sondern Metakommunikation über das Spiel.

Wobei es inzwischen meines Wissens ja auch Spiele gibt, die narrative Elemente übernehmen, die bezeichnen sich dann aber nicht als Rollenspiel. (Ich denk da gerade an Ja, Herr und Meister.)
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Offline KhornedBeef

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #65 am: 16.12.2015 | 10:17 »
Ich würde sagen auch als Abgrenzung zu anderen Spielen. Rollenspiel versteht sich ja als komplett eigene Spielgattung, so eine Star-Wars-Einsteiger-Schachtel könnte ja aber schon mal für ein Brettspiel gehalten werden. Und darum kommt da die Info drauf: Nein, wir sind kein Brettspiel. Wir sind ein narratives Rollenspiel. Wir haben nicht nur Spielzüge und würfeln und haben Regeln die uns sagen wie das funktioniert, sondern wir haben auch erzählende Anteile, in denen wir in unsere Charaktere schlüpfen oder einfach sagen, was wir machen.

Anders als bei Monopoly, wo man zwar auch was erzählen kann ("Haha, ich nehm dir auch dein letztes Geld weg"), das ist dann aber nicht Teil des Spiels, sondern Metakommunikation über das Spiel.

Wobei es inzwischen meines Wissens ja auch Spiele gibt, die narrative Elemente übernehmen, die bezeichnen sich dann aber nicht als Rollenspiel. (Ich denk da gerade an Ja, Herr und Meister.)
Das würde Sinn ergeben. Ich achte mal im Spielwarenladen drauf.
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Offline D. Athair

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #66 am: 17.12.2015 | 12:42 »
Wir sind ein narratives Rollenspiel. Wir haben nicht nur Spielzüge und würfeln und haben Regeln die uns sagen wie das funktioniert, sondern wir haben auch erzählende Anteile, in denen wir in unsere Charaktere schlüpfen oder einfach sagen, was wir machen.
Die Erklärung ist einleuchtend. Dennoch bleibt die Frage, wozu ich hier das Wörtchen "narrativ" brauche. Denn das, was das Tischrollenspiel ausmacht ... ändert sich dadurch ja nicht. Ist "narrativ" - in so breitem Sinn benutzt - nur eine Werbe-Buzz-Wort?

Und schließlich: Die "narrativen" Würfel in WFRP3 oder FFG Star Wars - auch wenn sie Erzählung fördern oder erzwingen wollen - tragen nicht unbedingt zu einem erzählfokussierten Spielerlebnis bei. Dafür sind die Würfel zu eng mit anderen Elementen, die im Rollenspiel auch wichtig sind (Herausforderung, et al.) verknüpft. Hier wird letztendlich eine Bedeutung von "narrativ" eingeführt, die nur innerhalb des Spielsystems selbst Sinn macht. In dem selben Sinn könnte man Zufallstabellen in OSR-Spielen "Narrations-Listen" nennen. Nur: Was bringt das, außer zusätzlicher Begriffsverwirrungen?


Wobei es inzwischen meines Wissens ja auch Spiele gibt, die narrative Elemente übernehmen, die bezeichnen sich dann aber nicht als Rollenspiel. (Ich denk da gerade an Ja, Herr und Meister.)
Das ist ein sehr guter Hinweis. Spiele wie "Es war einmal ..." oder auch "Werwölfe vom Düsterwald" ... arbeiten stark (z.T. sogar stärker als viele Rollenspiele) mit Narration. Doch das im Brett- und Kartenspielen benutzte Verständnis von "erzählerisch" oder "narrativ" unterscheidet sich mMn wiederum gravierend davon, wie diese Worte im Rollenspiel-Zusammenhang gebraucht werden. Also auch hier wieder: Mit welchem Ziel wird im Rollenspiel ein davon abweichendes Verständnis von "narrativ" gebraucht?




Wenn Labyrinth Lord oder Dungeon Crawl Classics für dich OSR sind: Dann ja, dann ist mit OSR selbstverständlich Dungeoncrawl geplant.
Normalerweise gehören diese Spiele zum Kernbestand der Spiele, die zur OSR gezählt werden.
Der Widerspruch zwischen dem, was zum Dungeoncrawl notwendig ist und dem, was OSR-Spiele dafür mitbringen bleibt:

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Offline Der Nârr

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #67 am: 17.12.2015 | 13:17 »
Wer ist denn verwirrt und warum?
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Offline D. Athair

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #68 am: 17.12.2015 | 13:46 »
Georgios schrieb dazu vor Zeiten:
Zitat
Nach der InSpectres-runde heute auf dem BurgCon ist mir klar geworden, dass der Begriff 'Narratives Rollenspiel' von Leuten sehr unterschiedlich verstanden wird. Da mein Interesse fast ausnahmslos bei dieser Art des Rollenspiels liegt, versuche ich natürlich darüber neue Spieler zu finden. Leider vergeht oft viel Zeit (und manchmal eine frustrierende Rollenspiel-runde) bevor ich wirklich erklären konnte was ich mit 'narrativem Rollenspiel' meine.

Mir geht es da stellenweise ähnlich. (Ebenso habe ich das Phänomen oft genug bei andern Runden beobachten dürfen.)
Das Problem an der so sehr verschiedenen Verwendung von "narrative/erzählerisch" ist, dass damit ganz unterschiedliche Erwartungen verbunden sind, die im Spiel dazu prädestiniert sind einen Paradigmen-Konflikt zu verursachen. Dieser Konflikt wiederum wirkt sich sehr nachteilig auf das gemeinsame Spiel aus. Im One-Shot lässt er sich nicht lösen und im Kampagnenspiel braucht es große Anstrengungen dafür.
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Offline Der Nârr

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #69 am: 17.12.2015 | 13:58 »
Ah, verstehe.

Da wird die Sache ja interessant. Star Wars, Warhammer und viele andere Spiele, die das Wort "narrative" benutzen, kommen ja aus dem englischsprachigen Raum. Ich denke, dass gerade dort der Begriff viel freier verwendet wird als hier in Deutschland, wo das denke ich eher als terminus technicus verstanden wird.

Dazu kommen auch viele DSA-Spieler etc., die sich für sich in Anspruch nehmen, mehr Wert auf die Erzählung, die Story usw. Wert zu legen als auf die Regeln, dann aber trotzdem ein super crunchiges Regelwerk benutzen und eben kein "The Pool", "InSpectres" etc., "solche" Spiele sogar rundheraus ablehnen.

Wenn man dem Ansatz folgt, dass narrative Spiele so ganz anders sind, vielleicht sollte man dann einfach wieder den Versuch aufgreifen, Abenteuerrollenspiel von thematischen Rollenspielen zu unterscheiden? Wenn "narrativ" eine eigene Art des Rollenspiels ist im Unterschied zu Arten, die nicht narrativ sind... Aber man hat für nicht narrative Rollenspiele gar keinen Namen, weil das ja einfach Rollenspiele sind... Macht es dann nicht Sinn, narrative Rollenspiele auch gleich anders zu bezeichnen?

Ich fahre übrigens viel besser damit, die Dinge direkt beim Namen zu nennen und das sind für mich nicht Worthülsen wie "narrativ" oder "erzählerisch". Ich sage dann lieber "ich möchte sowas wie InSpectres spielen, wo der Würfelwurf nicht sagt wie gut ich etwas kann, sondern wie ich die Story weiter erzählen darf". Da merken dann wenigstens die DSA-Spieler, die nach Eigenaussage super Story-orientiert spielen, dass ich wohl doch irgendwas anderes meine (und sie kein Interesse daran haben).

Wobei, es ist Schade. Wären die "Narrativa" von Ulisses erfolgreich gewesen…
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #70 am: 17.12.2015 | 14:19 »
...
Ich fahre übrigens viel besser damit, die Dinge direkt beim Namen zu nennen und das sind für mich nicht Worthülsen wie "narrativ" oder "erzählerisch". Ich sage dann lieber "ich möchte sowas wie InSpectres spielen, wo der Würfelwurf nicht sagt wie gut ich etwas kann, sondern wie ich die Story weiter erzählen darf". Da merken dann wenigstens die DSA-Spieler, die nach Eigenaussage super Story-orientiert spielen, dass ich wohl doch irgendwas anderes meine (und sie kein Interesse daran haben).

Wobei, es ist Schade. Wären die "Narrativa" von Ulisses erfolgreich gewesen…

Bis du dir da sicher, dass die was anderes meinen wollen  ;)
Vieles ist nur Sache des Referenzwertes und der Vergleichserfahrungen.
-- Spannung
-- Story
-- nur gewürzt mit Blingbling.

Mir reicht es schon, wenn ein System die "Narration" nicht behindert oder wenn sie sie behindert, mich an anderer Stelle "narrativ" entschädigt.
.... Frommer Wunsch...
Würfelwürfe können Spannungselement sein und dadurch die "Narration" indirekt bereichern.....
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #71 am: 17.12.2015 | 14:59 »
Star Wars, Warhammer und viele andere Spiele, die das Wort "narrative" benutzen, kommen ja aus dem englischsprachigen Raum. Ich denke, dass gerade dort der Begriff viel freier verwendet wird als hier in Deutschland, wo das denke ich eher als terminus technicus verstanden wird.
Würde ich gar nicht mal sagen. Gerade dann, wenn man mal schaut, welche Spiele sich alles als "erzählerisch" bezeichnen.

Das, was es in meinen Augen so schwierig macht ist, dass RSP-Autoren die Wörtchen "narrative" oder "erzählerisch" häufig als besonderes Kennzeichen ihres Spiels herausheben, ohne zu sagen, was sie damit eigentlich meinen.

Zudem reicht es nicht zu behaupten: "Weil ich diesen und jenen Spielmechanismus eingebaut habe, ist mein Spiel erzählerisch." Es reicht auch nicht zu sagen, dass die Erzählung oder der Prozess des Erzählens im Mittelpunkt stehen soll.


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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #72 am: 17.12.2015 | 17:07 »
Wie schwammig und unklar der Begriff narrativ ist, sieht man ja schön an der bunten Sammlung der verschiedensten Interpretationen und Vermutungen hier in diesem Thema. Da ist kein großer Unterschied zum Englischen. Wie man auch sieht, ist das einzige, worüber halbwegs Einigkeit herrscht, die Definition des Begriffs narrativistisch, der als Komponente eines Teils des Big Models ja – im Gegensatz zu narrativ – tatsächlich ein technischer Begriff ist.

Daß das Big Model andere Probleme hat, ist da erst mal eine andere Sache. Wir staunen schließlich über narrativ und nicht über simulationisch oder so. Zum Glück. Obwohl simulationische Systeme bestimmt der kommende Renner sind, wenn narrative Spiele nichts mehr hergeben … ~;D
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #73 am: 17.12.2015 | 17:21 »
Bis du dir da sicher, dass die was anderes meinen wollen  ;)
Vieles ist nur Sache des Referenzwertes und der Vergleichserfahrungen.
-- Spannung
-- Story
-- nur gewürzt mit Blingbling.

Mir reicht es schon, wenn ein System die "Narration" nicht behindert oder wenn sie sie behindert, mich an anderer Stelle "narrativ" entschädigt.
.... Frommer Wunsch...
Würfelwürfe können Spannungselement sein und dadurch die "Narration" indirekt bereichern.....
... und oft sind sie schädliches Gift.... achja  :'(

Beispiele für "Behindern" der Narration kann ich mir vorstellen, aber wie sieht eine "narrative Entschädigung" aus?
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #74 am: 17.12.2015 | 23:16 »
@ Contains Diseases
Was hat Dungeoncrawl <--> narrativ bitteschön mit System mastery <--> Player skill zu tun?
Das sind doch zwei vollkommen verschiedenen Achsen.

Mal ein (hoffentlich) simples Beispiel: Wir haben einen Raum mit feindlichen Orks. Ziel ist es, die andere Seite des Raums zu erreichen.
Dafür gibt es nun einerseits mechanische Dungeoncrawl Lösungen und andererseits narrative Lösungen.

mechanische Dungeoncrawl Lösungen:
  • Ich habe einen Wert für Angriff. Ich würfle drauf. Wenn ich die Probe schaffe, mache ich Schaden. Wenn ich genug Schaden mache, ist der Ork beseitigt.
  • Es gibt ein Rätsel. Dieses Rätsel legt uns der SL vor die Nase. Wenn wir dieses Rätsel korrekt lösen, dann öffnet sich ein Geheimgang und wir kommen durch den Geheimgang auf die andere Seite des Raums.
narrative Lösungen:
  • Wir belagern den Dungeon der Orks. Entweder sie verhungern oder sie versuchen einen Ausfall und dann können wir sie draußen mit unseren Fallen erledigen.
  • Wir heuern im nahegelegenen Dorf ein paar Abenteurer/Söldner an, die für uns die Orks bekämpfen.
  • Ich kenne ein paar Minenarbeiter. Diese können auf der anderen Seite des Berges einen Stollen graben, so dass wir dadurch auf die andere Seite des Raums gelangen, ohne an den Orks vorbei zu müssen.
  • Wir warten, bis die Orks auf Raubzug gehen. Dann können wir unbemerkt in ihren Dungeon gehen.
Und ich vermute, dass Labyrinth Lord und Dungeon Crawl Classics eher die erste Variante, die mechanische Dungeoncrawl Lösung, eingeplant hat. (Disclaimer: Die narrative Lösungen sind natürlich auch mit Labyrinth Lord und Dungeoncrawl Classics möglich. Sie sind aber wahrscheinlich nicht von den Machern geplant.)

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, welche der Lösungen nun "System Mastery" und welche "Player Skill" sind. Aber das ist doch auch irrelevant, oder?

bzgl. Rollenspieler vs. Nicht-Rollenspieler:
Hier sehe ich es wie Boba Schlank, dass "narrativ" bei Rollenspielern genau so benutzt wird wie bei Nicht-Rollenspielern.

@ Zarkov
Wenn man sich das Big Model und die GNS-Theorie anschaut, dann stellt man fest, dass simulationistische Spielstile häufig narrativer sind als narrativistische Spielstile.

Zu glauben, dass narrativistische Spielstile besonders narrativ wären, ist ein leider beliebter Falscher Freund.