Weil ich die Kampf- und auch die Heile, heile, Segen-Lösung unserer Gruppe sehr schätze, hier mal mein Senf zur Sache (entschuldigt die Ausührlichkeit):
Wir spielen einen MERS/Rolemaster/Hausregelmix, bei dem in Sachen Kampf die Rolemaster-Tabellen zum Einsatz kommen.
Zuerst mal kurz zu den Variationen der Verletzungen. Es wird unterschieden in "normalen Trefferpunkteschaden und kritische Treffer. Daraus kann folgen:
- Trefferpunkteschaden (Überzahl an erhaltenen Trefferpunkten führt zu Bewusstlosigkeit und allenfalls zum Tod)
- Mali -> z.B. infolge eines Treffers am Waffenarm -20 auf Kampfwürfe, teilweise auf nur für eine gewisse Anzahl Runden.
- x Runden Benommenheit -> während Benommenheit kann nicht angegriffen und nur schlecht pariert werden. Überzahl an Benommenheitsrunden führt zu Bewusstlosigkeit.
- Nutzlosigkeit von Gliedmassen durch Treffer -> z.B. Schildarm gebrochen und nicht mehr einsetzbar.
- Blutungen -> x Trefferpunkte pro Runde bis zur Behandlung der Blutung
- Verlust von Gliedmassen -> Hand, Bein abgehackt usw.
Die Vielfalt der Verletzungsarten macht für mich einen Reiz des Systems aus. Nach einem Kampf kann's z.B. sein, dass ein Charakter 75 von seinen 90 Trefferpunkten verloren hat, -20 wegen einer Oberschenkelwunde hat, die gleichzeitig eine Blutung von 3 Treffern pro Runde verursacht und zudem hat er wegen eines Kopftreffers noch -50 auf Hören, nicht zu vergessen den gebrochenen Schildarm, der diesen nutzlos gemacht hat.
Mit Glück kriegt man nur vergleichsweise schnell zu heilende Trefferpunkte ab. Wenn's aber schief geht und man weder Heilkräuter noch Heiler zur Hand hat, kann es mehrere Tage bis Wochen gehen, bis ein Malus gänzlich verschwunden ist (bei uns gibt's eine lineare Verbesserung) oder eine Blutung nicht mehr aufbricht, wenn man mehr macht, als einfach nur Gehen.
Wie geht das mit der Heilung?
"Natürlicher Weg": Trefferregeneration von 1 Treffer pro Stunde ohne Aktivität, resp. 1 Treffer pro 3 Stunden mit Aktivität. Blutungen müssen verbunden werden, da muss dann zum Teil erst noch die Rüstung ausgezogen werden, was wieder wertvolle Zeit und Treffer kostet usw. Mali und Blutungen,Verbrennungen usw. werden je nach Höhe in leichte, mittlere und schwere Verletzungen unterteilt. Weiter ist massgeblich, ob es eine Muskel-, Knochen-,...verletzung ist. Eine Tabelle (jup, ist Rolemaster
) und 1W100 geben Aufschluss darüber, in wie vielen Tagen die Verletzung ausgeheilt ist. Bei sowas lasse ich wie gesagt z.B. Mali über die Genesungszeit linear kleiner werden. Ich nutze diese Tabelle in aller Regel sehr selten, da wir meist auf andere Arten der Heilung zurückgreifen können.
"Heilkräuter": Mit Hilfe von Heilkräutern lassen sich Verletzungen sehr viel schneller heilen, teilweise praktisch sofort. Als SL versuche ich da handwedelnd eine gewisse "Geschichtsverhältnismässigkeit" einzusetzen. Ein Charakter, der 145 von 149 Treffern kassiert hat und durch ein absolutes Wundermittel 200 Treffer auf einen Schlag heilen kann, würde innerhalb 1 Runde (10 Sekunden) *zack* wieder auf der Matte stehen... das sollte nur in ziemlich epischen Momenten geschehen, wo es ums Überleben der ganzen Gruppe geht oder sowas in der Art. Ansonsten erholt er sich halt aussergewöhnlich schnell innert 6 Runden. Wir haben bezüglich der Heilungszeiten und der Vorstellung, was in der Geschichte "passend" wäre, ein sehr gutes Einvernehmen in der Gruppe, so dass sich hieraus praktisch nie Probleme ergeben.
"Magische Heilung": Wir haben es schon seit mehreren Kampagnen so eingerichtet, dass ich als SL einen heilkundigen Charakter mitführe. Das hat den Vorteil, dass die Spieler grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre Charakter nicht "an einem einfachen Ork zerschellen werden" und ich kann die Heilung u.a. als dramaturgisches Stilmittel einsetzen, indem ich so auch steuern kann, wie "nachhaltig" ein Kampf ausgeht. Da lasse ich die Wirkung eines Heilzaubers auch einfach mal dreifach so lange dauern, weil die Heilerin "grade gestresst war" oder nur noch wenige Magiepunkte hatte. Andererseits kann es auch mal sein, dass sie in einer absoluten Notsituation über sich hinauswächst (und das vielleicht im Nachgang selber büssen muss). Das bedeutet in dieser Hinsicht einiges an Handwedelei, resp. weite Auslegung der Regeln, was aber alles dazu dient, die Spannung der Szene hoch zu halten und auch das Gefühl, dass es durchaus auch schief rauskommen könnte.
Auf diesem Weg kann ich die Heilung von Charaktern dem allgemeinen Gefühl für die Geschichte anpassen. Dazu ist vielleicht zu sagen, dass nach unserer Spielauffassung die Charakter nach Möglichkeit nur in wirklich epischen Momenten sterben können sollten und selber in ihren Gebieten fähige Zeitgenossen darstellen.
Beispiele (aus der aktuellen Kampagne "Die Isengartgruppe", siehe im Diary-Bereich):
- Den Beckenbruch des gefangen genommenen Bruders des Truchsess von Gondor hätte die Heilerin vielleicht sogar direkt heilen können. Ich habe ihn zu einem Splitterbruch gemacht, der trotz magischer Heilung erst im Lauf mehrerer Tage ausheilt. Dadurch waren die Gefährten ziemlich im Stress, denn sie mussten den Verletzten tragen und wurden dabei von Orks und schwarzen Trollen verfolgt. Eine komplette Instant-Heilung hätte diese Szene dagegen ziemlich platt wirken lassen.
- Bei Kämpfen bilden die Charakter meist einen Kreis um die Heilerin, die dann nötigenfalls per Berührung heilen kann und selbst gut geschützt ist. Meist geht die Heilerin am Anfang recht sparsam mit ihren Ressourcen um, denn es kann theoretisch bei jedem Angriff was Schlimmes passieren.
- Manche Verletzungen kann die Heilerin nicht behandeln (z.B. Treffer durch die schwarze Klinge eines Grabunholdes). Da muss die Gruppe dann anderswo Hilfe herholen. Bis zur Heilung kann es sein, dass Mali bestehen bleiben und den Charakter einschränken, wobei ich da trotzdem darauf achte, dass es in verträglichem Rahmen bleibt... es sollte zum Feeling der Geschichte passen. Praktischerweise spielen bei uns die Spieler mehrere Charakter gleichzeitig, so dass sie auch immer noch was zu tun haben, wenn einer ihrer Charakter "out of order" ist.
Wir haben verschiedene Hausregeln entworfen, um die Tödlichkeit des Systems für die Charakter herabzusetzen, da sie durchaus "Heldenstatus" haben sollen und ein mikriger Ork eigentlich keine ernste Gefahr sein sollte.
- Ab einer gewissen Stufe kann auch trotz Benommenheit noch gekämpft werden (wenn auch mit prozentualem Abzug).
- Je nach Werteverteilung können die Charakter aufgrund ihrer Erscheinung eine "Aura" oder Ausstrahlung haben, die ihren Defensivbonus erhöht. Wenn sie mehr als 50% ihrer Trefferpunkte verloren haben, kann es sein, dass sie diesen Bonus verlieren und erst nach Heilung wieder zurück erhalten.
- Und schliesslich haben wir auch die kritischen Tabellen so angepasst, dass z.B. bei einem Krit. E (höchste Trefferklasse) die Tödlichkeit nicht mehr bei 20%, sondern nur noch bei ca. 10% liegt. Und: Auch solche Verletzungen müssen nicht tödlich ausgehen, wenn die wichtigsten Heilungen innerhalb von 6 Runden vorgenommen werden, was zum Teil aber viele Magiepunkte frisst und dann eben eine angepasst verlängerte Heilung nach sich zieht.
Die Spieler haben in unserer Runde bei Kämpfen regelmässig einen seeeeehr hohen Puls, ganz gleich gegen wen es da gerade geht. Denn wie gesagt, grundsätzlich kann auch einem mikrigen Ork mal ein Lucky Shot gelingen. Und man weiss ja auch nie, ob nach der Abwehr der ersten Gegnerwelle Zeit besteht, seine Verletzungen zu heilen, bevor die nächste Horde einfällt
Sie schätzen es, dass die meisten Verletzungen dank der Heilerin innert ein bis wenigen Tagen ausgeheilt sind und sie dadurch in aller Regel immer ziemlich aktiv bleiben können. Sie wissen aber auch, dass es Verletzungen geben kann, die z.B. eine Abenteuer-Episode nach sich ziehen können, weil man z.B. erst einen fähigeren Heiler finden muss. Auch damit wissen sie umzugehen und erachten es als durchaus passenden Teil der Spielwelt.