Andersrum wird doch ein Schuh draus: Wenn es ausgespielt worden wäre, wäre es so passiert, auch wenn sie keine entsprechenden Werte gehabt hätte...? Wie hoch sind da wohl die Wahrscheinlichkeiten, hm? Die Frage ist also, muss ein Hintergrund getrennt vom restlichen Spiel betrachtet werden und unterliegt er nicht der im Spiel geltenden (Regel-) Logik?
Wenn die Hintergrundgeschichte nicht der Logik unterliegt, warum dann Werte? Unterliegt er der Logik, wozu dann das ganze Blabla, wenn es doch keine Rolle spielt und gar nicht zum Einsatz kommt?
Ich kenne ja das "Henne-Ei-Problem" bezüglich der Reihenfolge von Hintergrundgeschichte und Spielwerterstellung, aber in diesem Fall scheint das Gane ja völlig losgelöst voneinander stattzufinden. Das hab ich auch noch nicht erlebt. Wenn man so einen Charakter als SL flagt, worauf soll man sich denn da beziehen? Und was verrät das über die Einstellung des Spielers dem Spiel (das ja aus beiden Teilen, der Geschichte und dem Regelteil besteht)? Geschichte bloß als (mehr oder minder) lästiger Aufhänger für coole Würfelorgien, Superheldentum oder Gun-Porn?
Ich finde, deine einleitende Frage führt in die Irre. Hintergrundgeschichte und was am Tisch ausgespielt wird unterliegen eben nicht der gleichen Logik. Wenn ich am Tisch würfele, dann geht es um die Frage, was für Konsequenzen eintreten. Wenn ich eine Hintergrundgeschichte erstelle, entscheide ich selbst, was für Konsequenzen eingetreten sind (in der Regeln in Absprache mit SL und/oder Gruppe). Dafür brauche ich keine Spielwerte.
Natürlich ist eine gewisse Kontinuität zwischen dem, was in der Hintergrundgeschichte passiert ist, mit den Möglichkeiten, die der Charakter später im Spiel mit seinen Werten hat, wünschenswert. In dem Beispiel wird diese Forderung aber m.E. weit über die Grenzen der Hartwurstigkeit hinausgetrieben. Also noch mal, Punkte auf
Kutsche Fahren? Leute, ich bitte euch. Dann aber auch bitte auch auf "Frühstücksei aufschlagen".
Zu dem: "Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das gleiche im Spiel eintritt?" - erstens muss sich das einzelne Ereignis, um plausibel zu sein, nicht der Wahrscheinlichkeit unterwerfen, das ist ja gerade der Witz an Wahrscheinlichkeiten. Zweitens gibt es viele Ereignisse, die viele Regeln überhaupt nicht zulassen und die trotzdem gute, dramatische Elemente für eine Hintergrundgeschichte abgeben. "Mein Charakter hat mit fünfzehn Jahren seinen Bruder versehentlich beim Spiel mit Holzschwertern getötet." Und wenn das Regelsystem jetzt mit stumpfen Waffen keinen tödlichen Schaden zulässt? Wendest du dann als SL ein: "Das geht nicht, so was könnte später im Spiel ja unmöglich passieren, es ist also völlig unplausibel!"?
Ich glaube, das Problem ist hier überhaupt nicht so sehr, dass ein paar Fertigkeiten für die Backgroundgeschichte fehlen (und ich warte nach wie vor noch darauf, dass jemand mir erklärt, warum Kutsche fahren als Spielwert so wichtig ist und warum man nur dann Freundschaft mit Fremden schließen kann, wenn man gute Werte in Social Skills hat), sondern dass die Backgroundgeschichte vielleicht ein bisschen zu Mary-Sue-triumphiert-in-allen-Situationen-mäßig rüberkommt. Das kann je nach Kampagnenstil ein Problem sein, muss es aber auch nicht. Den SC dann aber über die Spielwerte nerfen zu wollen, ist für mich das völlig falsche Vorgehen. Denn was ist das Ergebnis? Entweder, die Mary-Sue-Backstory bleibt, gleichzeitig wird der SC aber für das eigentliche Spiel weniger kompetent und macht eine schlechtere Figur, was dann einen noch größeren Bruch zwischen Backstory ("He, bei meiner Flucht konnte ich irgendwie immer alles, was ich brauchte!") und Spiel ("He, irgendwie kann ich fast nix von dem, was ich brauche") erzeugt; oder es passiert das, was hier anscheinend passiert ist, die Spielerin ärgert sich, kloppt alles in die Tonne und kommt zu dem Schluss, dass es hier wohl doch nur ums Monstertotwürfeln geht.