Könntest du das noch ein bisschen genauer erklären? ...
Klar
Fangen wir wir an:
Das FATE 3 Dresden Files war im Regelkern im Bereich von Stress/Konsequenzen schon recht nahe am heutigen Fate Core dran. Charaktere haben 2-4 Stressboxen, die eine Anzahl Stresspunkte auffangen können, die der "Nummer" der Stressbox entsprechen. Also 1, 2 und evtl. 3 oder 4 Stress. Dazu hat jeder Charakter den bekannten Satz Konsquenzen (leicht, mittel, schwer, extrem), die 2/4/6/8 Punkte Stress auffangen können. Bei einem Treffer kannst du
eine Stressbox füllen und soviele Konsequenzen nehmen, wie du noch zur Verfügung hast. Dazu haben die allermeisten bewaffneten Angriffe ein Weapon-Rating, dass der SL anhand der verwendeten Waffe festlegt. Das Weapon Rating wird zum angerichteten Stress dazuaddiert und bewegt sich zwischen Weapon: 1 (z. B. ein Messer) und Weapon: 4 (Maschinengewehr). Magische Angriffe und Monster haben teilweise noch deutlich höhere Weapon-Ratings. Dresden Files kennt auch Armor Ratings, die wie Damage Reduction funktionieren, deren Werte aber im Vergleich zu den Weapon Ratings deutlich geringer sind.
(Der Vollständigkeit halber auch die Ausgangslage von DFA:)
Bei Dresden Files Accelerated hat jeder Charakter 6 Stressboxen, die jeweils einen Punkt Stress aufnehmen können. Dazu kommen die "In Peril" und die "Doomed" Condition, die für je 4 und 6 Stress. Weapon: Rating gibt es nicht, dafür gibt es aber die Scale Mechanik mit der du "Powerlevel" Unterschiede abbilden kannst. In Bezug auf "Schaden" kann eine Stufe Scale unterschied 2 extra Stress anrichten.
Auf dem Papier scheinen die DFA Charaktere deutlich fragiler als die Dresden Files FATE 3 zu sein:
DFA: 6 Stress + In Peril + Doomed = Maximal 16 Stress
DF Fate 3: 1+2+3+4 Stress + Konsequenzen (2/4/6/8) = Maximal 30 Stress
Meine Spielerfahrung (5 Sessions) ist aber dem ziemlich entgegengesetzt. Die Konflikte ziehen sich ganz schön in die Länge und es passiert nur sehr selten, dass die Spieler ihre "In Peril" oder "Doomed" Condition benutzen müssen. Bei meiner Dresden Files FATE 3 Kampagne war das ganz anders. Da sind die Charaktere eigentlich immer mit mindestens leichten Konsequenzen aus ernsthaften Konflikten rausgegangen und es gab auch die eine oder andere mittlere/schwere Konsequenz. Bei DFA fühlt sich das ein bisschen mehr nach "Hitpoints" runterkloppen an, weil die Treffer häufig nur Stress anrichten und die eigentlichen interessanten Dinge (Konsquenzen bzw. Conditions) erst sehr spät in Konflikten entstehen. Und das obwohl meine Spieler ausgiebig Gebrauch vom Erschaffen von Vorteilen (Create Advantage) machen.
Woran liegt das?
1. Weapon Ratings
Bei DF Fate 3 sind Treffer mit 4-6 Shifts durch die Weapon Ratings fast die Regel gewesen, bei DFA bewegt sich das eher im 1-3 Shift Rahmen. Scale kann das bisher auch nicht ausgleichen. So wie die Scale-Skala definiert ist, bewegen sich die Unterschiede im Scale eigentlich nur im Bereich eine Stufe weniger, gleiche Stufe, eine Stufe höher. Da die Approaches sich im Zahlenraum 0-3 bei Startcharakteren bewegen, entscheiden sich meine Spieler in den allermeisten Fällen dafür ihren Scale-Vorteil (falls sie einen haben) für einen +1 Bonus auf den Wurf zu verwenden, statt 2 extra Stress zu verursachen. Es ist taktisch einfach wesentlich besser die Chance auf einen Erfolg zu erhöhen als auf den Schadens-Bonus zu hoffen.
2. Hitpoint Stress
Durch den Hitpoint Stress können die Spieler
immer die volle Länge der Stressleiste optimal ausnutzen. Es macht keinen Unterschied, ob du einen harten Treffer abbekommst oder ob du über mehrere Runden viele kleine "Kratzer" ansammelst. Um einen Gegner in den interessanten Bereich (Konsquenzen bzw. Conditions) zu bringen, musst du immer erstmal seine 6 "Hitpoints" abtragen. Bei DF Fate 3 war das nicht so. Da man nur eine Stressbox pro Treffer verwenden durfte, gab es eine Schwelle, bei der mit Sicherheit Konsequenzen versursacht wurden. Selbst der zähste Charakter mit 4 Stressboxen, war bei einem 5-Shift Treffer gezwungen zumindest eine leichte Konsequenz zu nehmen, da die 4er Stress-Box eben nur 4 Stresspunkte aufnehmen konnte und die übrigen Punkte durch Konsequenzen aufgenommen werden mussten. Das hat dazu geführt, dass meine Spieler sich recht schnell eine Art Rhythmus angewöhnt haben, bei dem sie zunächst ein paar Vorteile erschaffen haben um sich in Position zu bringen und dann schlug einer der Charakter zu und konnte recht sicher sein zumindest eine leichte Konsequenz anzurichten. Dieser Vorteile erschaffen -> harter Treffer -> Konsequenz Zyklus wurde dann im Laufe eines Konfliktes je nach Zähigkeit des Gegners 1-3 mal bis zum Sieg durchlaufen. Bei DFA funktioniert das nicht so gut. Da ist es eher ein zähes Ringen, bei dem eigentlich in der Fiktion nicht viel passiert, weil die Charakter höchsten ein paar Stress-Punkte anrichten, aber vor allem gegenseitig ihre Ressourcen abtragen (Fatepunkte, Conditions die Boni bringen). Irgenwann gehen dann einem Char die Ressourcen aus (keine Fatepunkte mehr, Stress voll, Ressourcen aufgebraucht) und er kippt einfach um (Mooks) oder kann noch 1-2 Treffer einstecken (Main/Supporting NPCs).
3. "Pseudo-Fatepunkte"
Viele "Mantles" stellen dem Charakter einen endlichen Pool an Ressourcen zur Verfügung, die er verwenden kann. Bei den kämpferisch orientieren "Mantles" sind das häufig 5 Condition-Boxen die nach dem Prinzip "Kreuze eine Box an und bekomme einen +X Bonus für einen Wurf, der zum Thema des Mantles passt" funktionieren. Das sind letztendlich nichts anderes als thematisch gebundene Fatepunkte. D.h. auch wenn auf dem Charbogen nur ein Refresh von 1-3 steht, hat der Spieler tatsächlich, wenn er im Rahmen seines Mantles handelt, eher so 6-9 Fatepunkte vor sich liegen. Durch die thematische Gebundenheit dieser "Pseudo-Fatepunkte" gibt es einen starken Anreiz für den Spieler im Rahmen seines Mantles zu handeln. Das ist Super für das Spotlight, sorgt in Konflikten aber dafür dass die Spieler wenig Grund/Anreiz haben unerwartete Dinge zu tun.
Fazit:
Das klingt jetzt sehr negativ, macht aber letztendlich nur einen kleinen Teil des Spielabends aus. Die "DFA Engine" spielt dafür an anderen Stellen ihre Stärken aus, weswegen es mir ziemlich schwer fallen würde zu sagen, welche Version mir besser gefällt. Es kommt denke ich darauf an, auf welchem Powerlevel man sich bewegen möchte. Wer gerne "Street-level" Dresden Files spielt (vor Changes) greift besser zur Fate 3 Version, da die nach meinem Geschmack besser das "Gritty" der ersten Bücher abbildet. Wer auf dem Powerlevel der späteren Bücher spielen möchte greift besser zu Dresden Files Accelerated, weil die Engine die Interaktion von verschiedenen Powerleveln und das narrative Manövrieren sehr gut abbildet.