Was den Rat angeht, Regeldiskussionen auf nachher zu verschieben: In einer Runde, in der es einen oder mehrere Leute gibt, die sich krampfhaft in so was verbeißen, kann der m.E. schon sinnvoll sein. Von daher glaube ich, der kommt aus Erfahrung.
Die Erklärung finde ich nachvollziehbar. Die Vorgehensweise hat schon ihre Vorteile. Gut finde ich sie trotzdem nicht. Insbesondere dann nicht, wenn sie in Runden zu "the show must go on" generalisiert wird und Unterbrechungen, die aus dem Kreis der Spielenden kommen, als grundsätzlich störend wahrgenommen werden. Und diese Art der Generalisierung passiert leider viel zu leicht. Nicht zuletzt, weil "Regeln" nicht der einzige Komplex ist, den Spieler(innen) unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit schenken können.
Das Problem z.B. mit den "Regelfanaktiker(inne)n" (aber auch mit Barbiespieler(innen) und Einkaufstouren) lässt sich mMn besser lösen.
Grundsätzlich zeigt sich doch: Es gibt Spieler(innen) in der Runde, denen Regeln und Regeldiskussion, Einkaufen, ... aus irgendwelchen Gründen besonders wichtig ist. Und genau das kann man am Spieltisch zum Thema machen. Dann sollte man mMn gemeinsam überlegen, wie die Gruppe dazu steht und was ein fairer Umgang ist.
Vielleicht entdeckt man auch, dass in der Gruppe unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf Regeltreue (RAW, RAI, Handwedeln) bestehen. Dann muss man sich auf Lösungen verständigen.
Eine Möglichkeit ist auch die Vereinbarung, dass (größere) Regeldiskussionen auf "nachher" verlegt werden. Aber dann ist sie ausdiskutiert worden und hoofentlich für alle so richtig. Es kann auch dazu führen, dass Leute, die sehr auf Regeln stehen, ihren Vorschlag sofort einbringen und die Runde darüber abstimmt.
Hier noch zwei Beispiele aus Regelbüchern zum Thema "Spielfluss":
The Storyteller is in charge, and must take the lead in order to keep the story moving briskly in the desired direction, or at least stop ist from brealing down totally if the players and their characters head off in the completely wrong direction. The Storyteller must make sure the game element dosn't slow down or interfere with the story element.
Oder:
If it seems like the game is session is getting bogged down in discussing a rule you don't quite understand, remember that it's the story that's important, not the rules - make a decision (a fair one, of course) and move on. Some people love rules and will talk about them for hours, given the chance - others find them terribly dull and are likely to start talking about last night's TV if you don't get the problem out of the way.
Warum ich die nicht gut finde: Zu Gunsten des Storyprimats möchte man gern die "Unterbrechungs-Kuh" vom Eis haben. Fakt ist aber, dass gar nicht alle Spieler(innen) einen Primat bei der Story sehen müssen. Was Spieler(inne)n wichtig ist, entscheiden sie - und nicht unbedingt ein Regelbuch oder noch schlimmer: die SL. Anders herum: Warum sollte grundsätzlich nur die SL für Pacing & Co. verantwortlich sein?
Was spricht dagegen der Runde als Ganzes die Bürde auzuhalsen sich gleich und von der Wurzel her auftretenden Problemen am Spieltisch zu widmen.
Wenn an der Stelle ein Paradigmen-Wechsel gelingt, dann wird es für alle leichter ihre Erwartungen, Wünsche und Grenzen am Spieltisch zu benennen. (Was nicht automatisch bedeutet, dass der Gruppe ein angemessener Umgang damit gelingt.)
Der Nachteil, dass es leichter zu keinen Einigungen kommt und Gruppen vielleicht eher auseinander brechen, ist für mich mehr Vor- als Nachteil.