Du hast bei der dLG diese interessante
Kolumne verlinkt, Läuterer.
Mir drängt sich dabei die Frage auf, ob Du beim Lesen wohl an die Spielszenen mit uns im Krankenhaus und im Hotel gedacht hast?
Ein bisschen war das ja so: Du hattest offenbar Action von uns erwartet und wir haben auf Zeit und Sicherheit gespielt.
Ein wenig hat da bei mir auch die Überlegung eine Rolle gespielt: "Mein Charakter soll am Leben bleiben!" Aber für mich war es eher ein: "Mein SC soll nicht sinnlos durch einen vorhersehbaren, dämlichen Absturz von einer vereisten/regennassen Fassade aus dem 6. Stock unter Heckenschützenbeschuss ums Leben kommen. Wenn, dann soll es sich auch lohnen." (In einer Rolemaster-Runde - alte deutsche Auflage aus den 80er/90er-Jahren - meiner Freunde ist einmal ein sitzender SC aufgrund eines unglücklichen Schubsers beim Umfallen mit seinem Stuhl ums Leben gekommen. Bis heute eine lustige Anekdote über den Sinn oder Unsinn von Tabellen über kritische Patzer. Aber ein befriedigendes Ende für einen SC? Sowas ist nicht nach meinem Geschmack.)
Hätten unsere Entscheidungen das Abenteuer/den Spielfluss belasten müssen, wie es in der Kolumne beschrieben wird? Ich meine nicht. Die Frage, wie wir die Suite verlassen, erschien mir unverändert nicht abenteuerrelevant. Man hätte sie insgesamt auch ganz deutlich abkürzen können, nachdem klar war, dass wir in der Suite bleiben ... oder man hätte die SCs auch mit Feuer und Rauch raustreiben können, indem man die Situation verschärft hätte.
Trotzdem werde ich das Gefühl bis heute nicht los, dass Du über den Verlauf dieser beiden Scenen enttäuscht warst.
Vielleicht können wir noch einmal über unsere jeweiligen individuellen Erwartungshaltungen an dieses Forenspiel unterhalten. Ich finde den Beitrag gerade auf eine Cthulhu-Runde schwer übertragbar, aber ich will ihn noch einmal in Ruhe lesen. Gerade bei Cthulhu WOLLEN die SCs in aller Regel schon überleben, nur erkennen Sie irgendwann, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen wird oder der Überlebensdrang erlischt mit der wachsenden Erkenntnis.
Clives persönliches Motiv war es ganz vordringlich, zu überleben und mit Matilde nach Irland zu gehen. Meines Erachtens war das Immersion und kaum Metaspiel im Sinne einer Übertragung meines Wunsches (mein SC soll überleben) auf Clive. Für dieses Ziel hat er Cainnech und Ove "hängen lassen". Das war für ihn mit Abstand das wichtigste und das hat sich auch schon am Anfang der Nightmare Revelations angedeutet, als Clive enttäuscht aus London abgereist ist. Clive sucht jemanden, an den er sein Wissen weitergeben kann, dem er seine Habe anvertrauen kann. Das war mein Konzept von einem alternden, etwas lebensmüden Mentors.
Clive, der bis zu einem bestimmten Moment in seinem Leben immer wieder latent suizidgefährdet war, hätte zwar kein Problem, sich für eine wichtige Sache auch in Lebensgefahr zu begeben. Aber eben nicht ohne Not. Warum sollte er an der Hotelfassade in seinem Alter Freeclimbing betreiben, wenn es eine Aussicht gab, von der Feuerwehr gerettet zu werden? Warum sollte er im Krankenhaus nicht die Polizei rufen, stellt sich für mich die Frage.
Wenn Clive einen Gegner identifiziert hätte, den auszuschalten er als wirklich wichtig ansehen würde, dann würde er auch einen Weg suchen. Sicher ist Clive nicht der Mensch, der als erste Wahl mit dem Sturmgewähr dem Gegner in die Arme laufen würde. Zunächst würde er nach einer geschickteren Möglichkeit Ausschau halten, wenn die Zeit dafür bleibt. Aber er würde auch unter Inkaufnahme seines eigenen Todes kämpfen, wenn ihm keine Wahl bleibt und/oder die Motivation stimmt (z.B. für Matilde, für den Nagelfetisch, für die Seele der Afrikanerin, die er in sich aufgenommen zu haben glaubt). Eigentlich müsstest Du Clive nur ein Ziel und einen hinreichend schwerwiegenden Grund geben, dann würde auch er die Dinge in die Hand nehmen. Wie gesagt, ganz so nett ist Clive auch wieder nicht, nur eben ist er weder dumm, noch neigt er zu überzogenen, irrationalen Reaktionen.
Bislang hatte Clive keinen Gegner, den er identifizieren konnte, und auch keinen Grund, warum er einen solchen hätte angreifen müssen. Clive ist ein Kopfmensch ... anders als Cainnech. Cainnech hätte sich ohne zu Zögern auf eine Schlägerein in dem Pub eingelassen. Cainnech hätte sich ggf. auch mit den Polizisten angelegt, wenn das Zahlenverhältnis nicht so eindeutig aussichtslos gewesen wäre. Cainnech wäre wohl auch die Hotelfassade entlanggeklettert, schon alleine um vor Matilde seinen Mut zu geweisen. (Hast Du gemessen an Deinen Erwartungen vielleicht den falschen SC aus dem Spiel genommen?)
Wenn ich mal vergleichend in NiN lese, sehe ich ganz deutliche Unterschiede zu unserer heutigen Spielweise, sowohl bei den Spielern als auch sehr deutlich bei Dir.
Sollten wir an unserer Spielweise aus Deiner Sicht irgendetwas verändern? Mehr Metaspiel als Immersion? Oder bist Du der Ansicht, was ich/wir als Immersion sehen, ist in Wahrheit Metaspiel (was ich bislang aus o.g. Gründen nicht so gesehen habe)?