Ergebnis: Zufriedenstellend (***)
Das Rolemaster Grundregelwerk soll der Einstieg in Rolemaster werden.
Auf dem Buchrücken liest man von "leicht anzupassenden Regeln", "Freiheit bei der Charaktererschaffung", "Detaillierten, individuellen Charakteren". Das Fertigkeitssystem basiert auf "Fertigkeitsgruppen", verschiedene Arten von Boni "machen die Fertigkeiten äußerst individuell."
Es wird ein "taktisches, realistisches Kampfsystem mit ausgefeiltem Initiativsystem, kritischen Treffern und verschiednesten Waffen (...)" versprochen, ebenso ein "Umfangreiches Magiesystem mit knapp 500 verschiedenen Zaubersprüchen".
Auch Spielleiter erhalten "Detaillierte Hinweise und Richtlinien".
Das Vorwort verpricht, dass man in diesem Buch mit allen Regeln versorgt wird, die man je bei einem Fantasy-Rollenspiel benötigen wird, Rolemaster wird mit einem Werkzeugkasten verglichen, aus dem man sich stets die Werkzeuge herausnehmen soll, die man für seine aktuelle Aufgabe benötigt.
Das Regelwerk besteht aus 5 Teilen:
I: Einführung (Überblick über Rolemaster und Rolemaster-Produktlinie, Überblick über einzelne Begrifflichkeiten und Konventionen des Systems)Uns wird zunächst auf einer Seite erklärt, was ein Fantasy-Rollenspiel ist.
Man geht auf die Rollen von Spielern und Spielleitern ein und zeigt ihnen, welche Kapitel der jeweilige Beteiligte lesen sollte.
Dann geht man auf die wichtigsten Konzepte und Mechanismen ein, z.B. Attribute, Berufe und Würfelkonventionen. Dann folgt eine alphabetische Liste mit häufig auftauchenden und für das Verständnis vom Rolemaster wichtigen Begriffe von "Aktion" über "Defensivbonus", "Fertigkeitsgruppe" oder "Magiepunkte" bis hin zu "Ziel".
Am Schluss werden weitere Produkte wie das "Kampfhandbuch", das "Zauberbuch" oder die "Erweiterung Leitmagie" vorgestellt.
II: Charaktererschaffung (Welche Faktoren definieren den Charakter? Führung durch den Prozess der Charaktererschaffung)Zu Beginn sollen drei Entscheidungen getroffen werden:
Die Auswahl des Volks (Mensch, Hochmensch, Waldelf, Zwerg, Halbling)
Das Volk verleiht u.a. Boni auf bestimmte Attribute
Die Auswahl eines Berufs (Krieger, Dieb, Schurke, Kleriker, Magier, Mentalist, Waldläufer, Trickser und Barde)
An diesem Punkt erhält man zunächst eine reine Beschreibung der groben Stärken der jeweiligen Berufe.
Krieger lernen z.B. leicht neue Waffen- und Rüstungsfertigkeiten, haben auf der anderen Seite jedoch größte Probleme, Magie zu erlernen.
Der Trickser hingegen kombiniert den Bereich der Essenz-Magie mit dem Bereich der Waffen, seine Typischen Sprüche sind u.a. das Manipulieren von Schlössern oder Heimlichkeits-Zauber.
Der Kleriker ist ein reiner Magiekundiger der Leitmagie, seine Sprüche lassen ihn u.a. mit Göttern kommunizieren oder lebendige Kreaturen beschwören.
Am Schluss steht noch für Krieger, Diebe und Schurken die Wahl ihres Magiebereichs (Essenz, Leitmagie, Mentalismus) an.
Kleriker und Waldläufer erhalten automatisch den Magiebereich der Leitmagie, Magier und Trickser sind Magiekundige der Essenz, Barden und Mentalisten sind automatisch Magiekundige des Mentalismus
Für die Festlegung der Attribute hat man einen Punktepool, um seinen zehn Attributen Werte zwischen 20 und 100 zugewiesen.
Danach bestimmt man seinen Höchstwert in den jeweiligen Attributen, das "Potential".
Danach wird ein Basis-Attributbonus (der zwischen -3 und +14 liegen kann) ermittelt.
Jedes Volk verleiht dem SC verschiedene Ränge in Fertigkeiten und Fertigkeitsgruppen, danach können die Fertigkeiten noch durch sogenannte "Hobby-Ränge" individualisiert werden
Mithilfe von 5 Attributen bestimmt man eine Zahl von Ausbildungspunkten (AP), mit denen man seinen Charakter individualisieren kann.
Abhängig vom Beruf kann man eine Fertigkeitskategorie (und die dazugehörigen Fertigkeiten) in diesem Schritt (und auch später bei Stufenaufstiegen) um eine bestimmte Zahl an Rängen steigern. Bei einer einzelnen Zahl (z.B. 15) kann man nur einen Rang für 15 AP kaufen. Bei zwei Zahlen (z.B. 3/5) kann man entweder einen Rang für 3 AP oder 2 Ränge für 8 AP kaufen. Bei drei Zahlen (z.B. 3/3/3) kann man einen Rang für 3 AP, 2 Ränge für 6 AP oder 3 Ränge für 9 AP kaufen.
Zum Schluss summiert man noch seine Attributs-, Fertigkeitsgruppen- und GEsamtfertigkeitsboni auf, kauft sich Ausrüstung und BEstimmt Werte wie Magie- und Trefferpunkte, Defensivbonus oder Bewegungsweite.
III: Aktionen (Wie handhabt man verschiedene Aktionen im Rollenspiel?)
Als Aktionen gelten u.a. das durchführen von Angriffen, das Vorbereiten und Wirken von Sprüchen, das Ausführen von Bewegungs- und statischen Manövern.
Manöver werden durgeführt, indem die Schwierigkeit durch den SL festgelegt wird, ein W100+Fertigkeitsbonus +/- sonstiger Modifikatoren gewürfelt und das Ergebins auf einer Tabelle nachgeschlagen.
Bei statischen Manövern gibt es Ergebnisse, die von "spektakulärer Fehlschlag" über "Teilerfolg" bis hin zu "Absoluter Erfolg" gehen.
So weit, so einfach, die details kommen jedoch durch die Tabellen mit Modifikatoren. (Hier stelle ich nur einen kleinen Auszug vor.)
- Man erhält +10 auf Manöver wie Schleichen, wenn man sich in Tiefen Schatten befindet.
- Hat man 50 % seiner Trefferpunkte verloren, erhält man auf alle statischen Manöver -10.
- Wirkt man als Magiekundiger einen Spruch aus einer eigenen Basisliste seines Magiebereichs, erhält man einen Bonus von +10
Weitere Unterkapitel befassen sich mit Bewegungsmanövern, Widerstandswürfen, Bewegung oder besonderen Aktionen/Situationen.
IV: Das System der Welt (Elemente des Fantasy-Rollenspiels, Lösung von Allgemeinen Problemen, Handhabung von Situationen im Rollenspiel)
Hier erhält man informationen, wie man Aspekte von Rollenspielhandlungen Ausarbeitet (u.a. Ausarbeitung der handlung, Nichtspielercharaktere, Wildnis und zivilisierte Bereiche), Auch EP und "Verschiedenes" (z.B. Verletzung, Tod und Heilung
)
V: Anhänge (Detaillierte Informationen zu Völkern, Berufen, Fertigkeiten, Ausbildungspaketen, Spruchlisten, Ausrüstung, Kreaturenwerten und Kampftabellen. Auch Die Charakterbögen finden sich hier.)
Hier ist auf ca. 160 von insgesamt 280 Seiten alles detailliert versammelt, was man nicht in Vorherige kapitel gepackt hat. (Auch hier eher Auszugsweise):
- Ausgangssprachen und erlernbare Sprachen von Völkern und ihre üblichen Hobbyfertigkeiten.
- AP-Kosten der Fertigkeitsgruppen, Spruchlisten und Ausbildungspaketen von Berufen.
- Erklärungen, was welches Attribut bedeutet (Auf Seite 125 f.
)
- Erläuterungen der Fertigkeitsgruppen und im der ihnen untergeordneten Fertigkeiten (z.B. Wofür Verwende ich die Fertigkeit Bodenakrobatik?, Wie setze ich die Fertigkeit "Hinterhalt" ein, wie wird "Schleichen" modifiziert, wenn ich krieche, gehe oder laufe)
Am Beginn des Kapitels gibt es u.a. noch Erläuterungen wie man "konkurrierende Fertigkeiten" abhandelt (sich z.B. an jemandem Vorbeischleichen)
- Spruchlisten:
Jeder Magiebereich hat 3 Kategorien an Spruchlisten:
Offene Listen (Die am einfachsten zu lernenden Sprüche) Geschlossene Listen (Die Mächtigsten Sprüche) und Basislisten (Sprüche die fast ausschließlich nur von den entsprechenden Berufen beherrscht werden)
Die Spruchlisten tragen Titel wie "Abwehr von Zaubern", "Meisterschaft der Entdeckung", "Meisterschaft des Geistes", "Gesetz des Lichts" oder "Widerstandskraft".
Im Grundregelwerk hat jede Spruchliste 10 Stufen.
Zauber sind meistens sehr kleinschrittig unterteilt. Es gibt z.B.
"Schutz I", "Schutz II", "Schutz III" oder "Leitmagie aufheben", "Mentalismus aufheben", "Essenz aufheben" jeweils als einzelne Sprüche.
Auf Seite 240 gibt es nochmal genauere Anmerkungen zu Angriffen (z.B. Welchen Bonus habe ich gegen ein Benommenes Ziel, wie hoch ist mein Bonus bei einem Flankenangriff?)
Auf seite 253 gibt es Kampftabellen, unter anderem:
- Angriffstabellen für z.B. 1-Hand-Schlagwaffen, 2-Handwaffen, Strahl-Spruchangriffe
- Kritische Treffertabellen für z.B. Kälteschaden, Schlagschaden, Schnittschaden, Ungleichgewichtschaden
- Kritische Treffer gegen große oder gewaltige Wesen
- Patzer und Spruchfehler
Zuletzt gibt es noch 4 Seiten Charakterbogen, ein EP-Logbuch, ein Sitzungslogbuch und ein Hexfeld, bevor das Buch mit ca. 3,5 Seiten Index abschließt.
Ich habe Rolemaster 3 von 5 Sternen gegeben.
Früher habe ich es gerne gespielt. Sogar Charaktere habe ich gerne erschaffen, ich mochte das abwägen, ob ich lieber Schleichen oder Verstecken um einen Rang erhöhe.
Doch bei meiner aktuellen Haltung zu Rolemaster trifft dieses Zitat sehr gut den Nagel auf den Kopf:
(...)
Wenn mans nüchtern betrachtet hat RDW die Grundlage geliefert für ein Spiel, wie andere Systeme es eben auch tun.
Trotz allem würde ich es heute weder hervorholen für ne neue Kampagne noch würde ich es unbedingt empfehlen.
(...)
Aber auf der anderen Seite hat es uns viele Stunden Spielspaß beschert.
Es kommt also wie immer darauf an was man sucht und gerne spielt und auf was man Wert legt.
(...)
Man kann mit Rolemaster Spaß haben, wenn man (u.a.)...
...ein sehr detailliertes Fertigkeits- und Steigerungssystem möchte
...im Kampf "realistisch" verletzt werden möchte (z.B. "Nasentreffer. Es gibt eine permanente Narbe. Gegner schielt für einen Moment" oder "Gegner blockt deinen Angriff mit dem Ellbogen. Ellbogen ist gesplittert. Schildarm ist nutzlos")
... gerne mit Tabellen arbeitet
... gerne eigene oder fremde Welten verwendet (sich also nicht daran stört, dass kein Setting mitgeliefert wird)
... sich der Tatsache bewusst ist, dass man seinen Charakter gut und gerne 2+ Stunden generiert und einem durch Würfelpech / Würfelglück des SL durch einen Glückstreffer meistens unwiederbringlich sterben kann.
Meine 2 Punkte Anzüge resultieren u.a. aus:
- Teilweise unglückliche Struktur des Regelwerks (z.B. Kampf und Tod getrennt, Attribute werden nicht bei der Charaktergenerierung oder den "Grundregeln" erklärt, sondern irgendwo im Anhang)
- Bei hoher Kampffrequenz hohe Charakterfluktuation
- lange Charaktererstellung
- Teilweise etwas zu feine Aufteilung von Fertigkeiten und Zaubern