Was XY-Porn angeht hab ich deswegen die Unterscheidung zwischen XY=positiv/neutral und XY=negativ.
Ich seh bei Waffen wenig positives; wenn es um eine übersteigerte Liebe für solche Mordinstrumente geht, gar nichts... außer die Dinger finden sich nur als Eintrag in eine Ausrüstungsliste.
Wieso spielt hier der besondere Kontext "Rollenspiel" bzw allgemeiner "Fiktion" keine Rolle mehr? Wenn Ödipus eine Doku über eine reale Person wäre, wäre es voyeuristisch. Als Tragödie aus dem alten Griechenland hat niemand ein Problem damit. "Gun porn" im Rollenspiel hat eine ganz andere Bedeutung, als wenn ich jemand unterstelle, real auf so etwas zu stehen. "Poverty porn" kann, in Form mancher Fernsehsendung, recht eklig werden. Als Brechtsches Drama (oder SR-Plot, ohne das mit Brecht auf eine Stufe stellen zu wollen) sieht es mE ganz anders aus.
ME macht auch hier der Kontext die Musik. Okay, zusammen mit dem Ton. Alle Rollenspieler holen sich im Spiel irgend einen Kick, den sie im realen Leben nicht haben; ob das nun das große Seelendrama ist, oder die brutale Gewaltausübung, oder der religiöse Fanatismus, oder das fiese intrigieren, oder das Beklauen und Hereinlegen anderer Leute. Ich verstehe tatsächlich nicht, wie man da (so von Rollenspieler zu Rollenspieler) irgend jemand einen Strick draus drehen will. Mehr als "Lasst mich bloß mit eurem bescheuerten XY-Spiel in Ruhe", kann ich hier eigentlich nicht entdecken, vielleicht noch etwas drastischer ausgedrückt. Das ist mE grundsätzlich in Ordnung. Die beklagte Abwertung von Personen erkenne ich einfach nicht.
Mensch, ich weiß gar nicht, was die ganzen Gruppen da immer haben mit ihren leidenden Charakteren. Sie könnten ja proaktive, heldenhafte Figuren schreiben, aber nein, die greifen lieber auf Waschlappen zurück, die ständig und überall scheitern müssen. Wahrscheinlich ergötzen sie sich noch daran, dass sie da Persönlichkeiten vor sich haben, die an Panik, Paranoia, Herzschmerz oder Weltschmerz zugrunde gehen. Misery Porn eben. Die schlimmste Form ist ja dieses ganze Romantik-Geseier...
Selbst in diesem vorsätzlich negativ verfassten Initialtext sehe ich eine ganze Menge Abwertung eines Spielstils, aber keine Abwertung der entsprechenden Personen. Sicher ergötzen sich "misery porn-Spieler" (oder anders gesagt: min 80 % aller Vampire-Spieler) an Herz- und Weltschmerz ihrer Charaktere. So what? Andere ergötzen sich an der superheldenartigen Unbesiegbarkeit der ihren, ohne das man daraus Rückschlüsse auf deren Persönlichkeitsstruktur zieht (ich zumindest nicht); oder an Reichtum und Macht, dem festen religiösen Glauben an "das Gute" (TM), oder was auch immer.
EDIT
Aber warum ist es bitte Misery Porn, wenn man das Spiel mit dem romantischen Leid der eigenen Figur reizvoll findet, aber kein Misery Porn, wenn man die eigene Figur auf dem Zahnfleisch durch die Todessümpfe kriechen lässt und um ihr Leben kämpfen lässt?
Unterschied Schmerz-Herzschmerz, würde ich sagen. Wird die schlimme Sumpfdurchquerung va als technisches Problem dargestellt, hat das eben nichts mit Romantik, Seele etc zu tun. Wenn es eine adäquate Darstellung der Sümpfe der Traurigkeit ist, bei dem man dem geliebten Reisegefährte beim Krepieren zuschauen kann: Gotcha, ist mit drin.