Autor Thema: Einstellungen zur goldenen Regel, J.R.R. Tolkien und die Genese von SL-Haltungen  (Gelesen 15984 mal)

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Zunächst sorry für den langen Post. Tochter ist im Bett und wie angekündigt habe ich mir Mühe gegeben und einen für mich neuen Punkt zusammengeschrieben. Vielleicht findet Ihr das ja ebenso erhellend und spannend wie ich. Würde mich freuen.

Ein seit Jahren immer wieder beliebtes Thema in Rollenspielforen sind Eingriffe von Spielleitern in die Handlungsoptionen von Spielern anhand der berühmt-berüchtigten "goldenen Regel" (auf die Schnelle definiert als Metaregel, welche es dem SL nach Bedarf erlaubt, die anderen Regeln zu brechen; bitte darüber ebenso wie über die anderen Begrifflichkeiten keine Definitionskriege starten; danke!). Um diese goldene Regel herum hat sich erstens ein ganzes Arsenal an "Fachbegriffen" gebildet, die mehr oder weniger sinnvoll erscheinen: Railroading, Trailblazing, Illusionismus, Partizipationismus, Storytelling, Würfeldrehen, Roads To Rome und vieles mehr. You name it. Ganze Essays wurden verfasst über den Umstand der vorgeblichen Unvermeidbarkeit von Story-Hoheit beim Spielleiter und Charakter-Hoheit bei den Spielern, etwa "The Impossible Thing Before Breakfast". Mit den ganzen Begrifflichkeiten kann ich wenig anfangen und finde sie eher verwirrend als hilfreich. Die Vielzahl verdeutlicht aber die Wichtigkeit des Problems.

Was mich dabei fasziniert, ist das Meinungsspektrum in Bezug auf die goldene Regel. Die gravierend unterschiedlichen Haltungen sind meiner Ansicht nach noch nie richtig beschrieben und erklärt worden. Das ist merkwürdig, weil sich daraus massive Auswirkungen auf die Praxis am Spieltisch ebenso wie für das theoretische Verständnis von Rollenspielen ergeben. Mich treibt insbesondere die Frage um:

Warum gelangen aufgeklärte Rollenspieler zu so drastisch unterschiedlichen Bewertungen der Nützlichkeit und Angemessenheit der goldenen Regel im Rollenspiel?

Ich finde, dass das ein ganz entscheidender Punkt ist, und versuche den zu beantworten.

In einer Umfrage hier im Forum antworten beispielsweise knapp 40% der Spielleiter, beim Spiel an den Würfeln zu drehen. Der Rest verneint das. Hier. Die Diskrepanzen in der sich ergebenden Diskussion erscheinen unüberbrückbar. Zudem reden wir hier nicht über irgendwelche DSA-Highlords mit übersteigertem Machtmotiv und auch nicht über irgendwelche Vollhonks, die zu lange im eigenen Saft geschmort haben. Nein, die knapp 40% aus dem Tanelorn dürften mehrheitlich das sein, was ich unter aufgeklärten, erfahrenen, reflektierten Menschen verstehe. Zumindest nehme ich einen Großteil der Leute, die sich im Thread entsprechend äußern, so wahr (Luxferre, Rhyaltar, Blizzard etc.). Die Argumente sind vollständig ausgetauscht, eine Einigung ist nicht in Sicht. Die Mehrheit im Tanelorn lehnt Würfeldrehen kategorisch ab. Warum ist das so?

Parallel scheint es für mich zwei "Lager" derjenigen zu geben, die die goldene Regel konsequent ablehnen. Dabei handelt es einerseits um die Leute, denen diese Metaregel aus der Perspektive der Regelverletzung gegen den Strich geht. Hintergrund ist da vornehmlich die Verletzung der Weltensimulation bzw. die unzulässige Manipulation von Herausforderungen. Da geht es sehr viel um Transparenz, klare Regeln und Mitwirkung am Spieltisch, in Summe also die sogenannte Verfahrensfairness. Die Anwendung der goldenen Regel führt zu Verletzungen gleich aller drei Prinzipien von Verfahrensfairness. Dazu gab es schon mal einen längeren Thread hier im Forum. Es gibt Gründe, weshalb die begeisterten Simulationisten die guten Sandboxes und co. die Dinger so mögen und genau so handhaben. Mehr hier. Ich kann nachvollziehen, weshalb man das super finden kann, auch wenn es nicht so mein paar Schuhe ist. Ich kann auch nachvollziehen, weshalb man die goldene Regel vor diesem Hintergrund als Verletzung grundlegendster Prinzipien empfindet bzw. fast sogar empfinden muss.

Parallel scheint es eine wachsende Gruppe von Personen zu geben, welche Rollenspiel gerne stärker aus einer Metaperspektive betreiben. Das Erstarken von FATE und Storygames ist für mich damit eng verbunden, Begriffe wie Player Empowerment sowie eine Demokratisierung des Spieltisches sind zentrale Elemente der Ansätze. Auch aus dieser Warte muss die goldene Regel natürlich vollkommen absurd wirken, denn sie läuft selbstredend dem Player Empowerment ebenso wie der Demokratisierung des Spieltisches komplett entgegen.

Nun bleibt jedoch die dritte Gruppe, bestehend aus aufgeklärten, reflektierten, erfahrenen Rollenspielern, die die goldene Regel dennoch schätzen. Warum nur? Man könnte einerseits mit den Nachteilen beispielsweise von Player Empowerment argumentieren, welche einige Leute dann halt doch nolens volens wieder zur goldenen Regel greifen lassen. Sowas wurde hier im Forum schon mal diskutiert, ist aber leider nur unzureichend reflektiert und in der Folge abgeschmettert worden. Schade, aber nicht zu ändern.

Vielversprechender an dem Punkt, wo wir heute stehen, erscheint mir eine andere Perspektive. Und nun kommen wir zu J.R.R. Tolkien und seinem Essay namens "On Fairy-Stories". Ich hatte mir den Text damals reingezogen, weil ich mir ein paar Kniffe und Tricks zum Settingdesign vom Meister erhofft hatte. Da meine Lektüre schon einige Jahre zurückliegt und das Essay ebenso langen wie zutreffenden Eintrag bei Wikipedia hat, verweise ich fauler Weise für eine intensivere Orientierung darauf Hier.

Wichtig für das Verständnis des zentralen Punktes ist die sogenannte "Suspension of Disbelief". Im Deutschen wird das Phänomen auch "Willentliche Aussetzung von Ungläubigkeit" genannt. Der deutsche Begriff war mir aber nicht geläufig und deshalb bleibe ich beim Denglischen in diesem Fall. Kern dieser Suspension of Disbelief ist der Wille des Lesers/Zuschauers/Rollenspielers, "sich auf eine Illusion einzulassen, um dafür gut unterhalten zu werden." Mehr hier. Einerseits muss ich in Diskussionen über goldene Regel in all ihren Varianten immer wieder an die Suspension of Disbelief denken.

FATE und Storygames (bitte auch hier keine Definitionskriege darüber, was FATE und Storygames sind etc.; danke!) gefallen mir nie so richtig gut. Der zwangsläufige Wechsel auf die Metaebene und das ganze Metaspiel sind für mich inkompatibel mit echtem Empfinden und wirklichem Mitfiebern. Ich kenne viele Leute, denen es ebenso geht. Das ist ein Grund, weshalb ich mit FATE & co. trotz vielfacher Versuche niemals so richtig warm damit geworden bin. Es ist mir außerdem intellektuell vollkommen klar, warum viele andere Leute eine solche Freude an diesen Spielen empfinden. Alles in Ordnung. Meine Sache ist das jedoch nicht, insbesondere weil meine Suspension of Disbelief zu schnell bricht. Hätte ich die Wahl zwischen Storygames und Rollenspiel mit goldener Regel, würde meine Wahl direkt und ohne Nachdenken auf die goldene Regel fallen. Scheiß auf Metaspiel, ich will drinbleiben im "richtigen" Spiel. Soll der SL bitte was machen, dass es weitergeht und ich bin happy damit. Das muss für Storygamer eine ziemliche Horrorvorstellung sein. Alle gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen. Damit verstehe ich nun aber schon einmal das Zustandekommen der unterschiedlichen Wahrnehmungen der "Nützlichkeit" der goldenen Regel zwischen den Storygamern und mir.

Ein bisschen anders verhält es sich mit den Verletzungen der Verfahrensfairness durch die goldene Regel. Laut Tolkien ist für die Akzeptanz eines "secondary beliefs" (ergo etwa einer Fantaswelt) eigentlich gar keine "Suspension of Disbelief" notwendig. Damit eine Fantasywelt oder ein Märchen oder eine Fiktion akzeptiert wird, muss nach Tolkien eine interne Konsistenz und ein klares Regelgerüst bestehen. Erst wenn die Konsistenz durchbrochen wird, muss in einem Willensakt eine Suspension of Disbelief auf Kosten von Immersion wiederhergestellt werden. Ich fand das damals schon merkwürdig, denn es entspricht nicht meinen Erfahrungen. Wer bin ich aber, dass ich Tolkien im Bereich der Weltenschöpfung in Frage stellen würde? Mittlerweile glaube ich aber inspiriert durch die vielen Diskussionen in Rollenspielforen, dass das letztlich einfach eine Frage der persönlichen Präferenzen ist. Schließlich würden Tolkien an Rollenspielen mit absoluter Sicherheit die Simulationsgranaten ansprechen. Ich versteige mich darauf: Tolkien würde Traveller lieben. Natürlich müssen Simulationsfans aus den genannten Gründen aber zwangsläufig sehr kritisch gegenüber der goldenen Regel eingestellt sein. Entscheidend daran: Mir selbst geht es umgekehrt. Die Simulation von Welten im Rollenspiel über Zufallstabellen oder andere Hilfsmittel mag der kreativen Simulation förderlich sein, aber sie kostet Zeit. Man kann diese Zeit minimieren, aber das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad. Schneller ist in jedem Fall der Gedanke des SL. So ähnlich verhält es sich mit herausforderungsorientiertem Spiel. Das Nachschlagen von Verwundungen, berittenem Kampf, Giftschaden, kritischen Treffern oder Sonderfähigkeiten ist fester Bestandteil des Spiels, kostet aber Zeit. Mir ist in solchen Fällen zumeist lieber, wenn der SL handwedelt. Wenn er dabei an den Würfeln drehen muss, nehme ich das gerne in Kauf.

Vereinfacht gesagt: Lieber ein flüssiges Spiel mit goldener Regel als korrektes Vorgehen mit den entsprechenden Verzögerungen. Ich bin ungeduldig, schnell und emotional. Das hilft in vielen Situationen, wirkt sich aber mindestens ebenso häufig hinderlich aus. Es führt insbesondere dazu, dass ich die goldene Regel in einer fitten Runde einer Metaspiellastigkeit vorziehe.

Mit dem skizzierten Gedankengang kann ich nun viele hitzige Onlinediskussionen und das bisweilen existierende, gegenseitige Unverständnis besser nachvollziehen. Vielleicht geht es Euch ja ebenso.

Ansonsten: bitte diszipliniert Euch bei Beiträgen und formuliert insbesondere Kritik respektvoll. Die Kombination aus Ungeduld, Geschwindigkeit und Emotionalität ist in Rollenspielforen ein echter Stimmungstöter. Ich würde den Thread ungerne meinetwegen entgleisten sehen ;-)

EDIT: Typos, Link repariert und sprachliches Glätten.

EDIT EDIT: Eines hatte ich noch vergessen: teilweise lässt sich die Beliebtheit der Oldschool-Bewegung (OSR) sicherlich auch durch den obigen Gedankengang erklären. Wenn ich Simulation, Regeltreue und Herausforderungen haben möchte ohne gewaltige Zeitverluste, dann muss man Komplexität reduzieren. Das Credo "Rulings, not rules" überträgt sehr viel Verantwortung an den Spieler und bittet um schnelle, elegante Anwendung des gesunden Menschenverstandes bei ad hoc auftretenden Regelfragen ("rulings") im Gegensatz zu den rules heavy Simulationssystemen. OSR begleitet das reduktionistische Moment aber nicht nur regelseitig, sondern auch durch das Design. Die radikale Entschlackung der Regeln durch Rückbesinnung auf "die alten Tage" geht einher mit liebevoll-fanzineartigem Design, einer betonten Abkehr von als zu glatt empfundenen Systemen der Großverlage sowie der Rennaissance von klassisch-inkohärenten Abenteuern (gibt da natürlich auch Ausnahmen und lässt sich nicht komlpett pauschal über einen Kamm scheren, logo). Die Vereinfachung, Entschlackung und Rückbesinnung ist im abstrakten Sinne dieses Threads aber nichts anderes als Zeitgewinn und dient nicht zuletzt auch der Verhinderung der ungeliebten Dramaturgien.

Und genau an diesem Punkt schlägt Tolkiens Idee eines secondary beliefs bei mir dann wiederum in Richtung der goldenen Regel aus. Wenn ich mir das Gros an Material für OSR anschaue, dann kann ich das Ausmaß an freudvollem Trash nur mit großer Mühe schlucken. Tolkien hätte dazu vermutlich angemerkt, dass durch das Ausmaß an Inkonsistenz willentlich die Suspension of Disbelief angeworfen werden muss und das wiederum auf Kosten der Faszination geht (oder besser: die Leute aus dem Flow reißt). Das nur als schnelle Ergänzung. Passte hier ebenfalls gut rein. Seit Jahren frage ich mich, was mich an dem OSR-Zeugs so stört. Ich tue mich damit enorm schwer, obwohl ich das eigentlich sehr gerne spielen wollen würde. Ich finde viele OSR-Spiele wie auch deren Autoren und Umgebung total sympathisch. Ich möchte das wirklich mögen. Klappt aber nicht und zum ersten mal verstehe ich, weshalb das so sein könnte. Klar: das Design finde ich abstoßend und die Illus erinnern mich oft an das Gekrackel von Schulkindern. Aber es ist dann doch eher diese reduktionistische Komponente und der Gonzo-Faktor, der mich die Flucht ergreifen lässt. Dank der Überlegungen von Herrn Tolkien wirds mir nun erklärlich ;-)
« Letzte Änderung: 22.08.2016 | 00:56 von Wellentänzer »

Offline Runenstahl

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Gut gesagt ! (Meiner Meinung nach).

Zitat
Die Argumente sind vollständig ausgetauscht, eine Einigung ist nicht in Sicht.

Doch. Man ist sich einig das man verschiedene Meinungen hat. Und solange das von allen akzeptiert werden kann ist alles gut. Kein Spielstiel ist "besser" als andere. Wichtig ist das man selbst Spaß hat. Hat man den nicht, dann sollte man sich eine Gruppe suchen die besser mit dem eigenen Stil harmonisiert.

Allerdings bekommen wir so keinen langen Thread zusammen. Das klappt viel besser mit Aussagen wie "Mein Stil XY ist der einzig wahre, alle anderen sind doof weil blah"  ;)
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Pyromancer

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Die Simulation von Welten im Rollenspiel über Zufallstabellen oder andere Hilfsmittel mag der kreativen Simulation förderlich sein, aber sie kostet Zeit. Man kann diese Zeit minimieren, aber das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad. Schneller ist in jedem Fall der Gedanke des SL. So ähnlich verhält es sich mit herausforderungsorientiertem Spiel. Das Nachschlagen von Verwundungen, berittenem Kampf, Giftschaden, kritischen Treffern oder Sonderfähigkeiten ist fester Bestandteil des Spiels, kostet aber Zeit. Mir ist in solchen Fällen zumeist lieber, wenn der SL handwedelt. Wenn er dabei an den Würfeln drehen muss, nehme ich das gerne in Kauf.
Du schreibst viel Richtiges, aber ab diesem Punkt kann ich dir nicht mehr folgen. Ich sehe einfach nicht, wo mir hier (als SL gesprochen) Würfeldrehen einen Gewinn an irgend etwas bringt.
Wenn ich z.B. weiß, dass es eine "korrekte Vorgehensweise" für berittenen Kampf gibt, die mir in der konkreten Situation zu aufwändig ist (weil ich sie erst einmal im Regelwerk finden und dann durchlesen müsste), dann würde ich z.B. eine ad-hoc-Regel einführen, den Spieler eine Reiten-Probe mit -2 machen lassen (oder sonst irgend etwas), und je nach dem hat die Aktion eben geklappt oder nicht. Oder ich entscheide einfach willkürlich.

Wo hilft mir da das Würfeldrehen?

Online Maarzan

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Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der goldenen Regel und dem SOD - eher im Gegenteil.

Und während du mit dem Bruch durch Metaelementen wie Fate usw Recht hast, wirkt für mich der (auch drohende) Bruch der Spielregeln ähnlich störend aus. Ich muss mich ständig parallel mitfragen: Was könnte der Spielleiter da abseits der bestehenden Spielweltrealität noch so gerade vorhaben, was ich bei meinen Spielentscheidungen berücksichtigen muss, um nicht vor die Pumpe/Schiene zu laufen?

Ich vermute wenn du das tatsächlich ernst meinst (was mir irgendwie doch schwer fällt zu glauben, wenn so viele Diskussionsteilnehmer in Foren von "Story", "Spannung", "Dramatik" und wie diese suchergestellt werden muss reden) liegt der Unterschied in unserer Auffassung in MASSIV anderen Spielerfahrungen.

Ich habe das heimliche Würfeldrehen und Regelbrechen bisher ausschließlich mit der Zielsetzung der Durchsetzung der eigenen Storypräferenzen erlebt. Theoretisch könnte man damit auch Simulationslücken schließen, aber an einem Tisch, welcher diesen Fokus hat, fällt so eine Abweichung in den Regeln sowieso früher oder später auf und führt dann zu Nachfragen, alleine weil man ja auch etwas an der Situation falsch verstanden haben könnte. Also kommt so etwas auch besser direkt auf den Tisch und ist dann auch meist schnell abgehandelt oder es zeigt sich eben, dass es nicht für alle zum Besseren führt.

Den Beschleunigungseffekt von "Regelschätzen" kenne ich allerdings auch. Aber das ist dann ja üblicherweise kein Momentanproblem, sondern eher etwas Grundlegendes des gewählten Systems und damit einer Hausregel wert. Wir hatten z.B. bei Rolemaster einmal über die kritischen Tabellen diskutiert. Einigen Leuten stank, dass mit dem unabhängigen 2. Wurf seltsame Ergebnisse bei rauskämen, das sich ein paar Krits arg häuften und das nach Plan jemand der nur mit dem Kopf aus der Deckung guckte am Fuß getroffen werden könnte. Also ist als Hausregel rausgekommen, der Spielleiter schätzt die Kritischen nach einem Musterblatt ab, wobei auch die kleineren Treffer höherer Grade unangenehm wurden, aber die Instakills dafür etwas später und bei A gar nicht auftraten. Und sollte jemand sich ungerecht behandelt fühlen würde für diesen - aktiv wie passiv - ohne weitere Diskussion sofort und dauerhaft auf die Standardtabellen zurück gegangen.

Und diese Ermächtigung gilt eben für diesen einen genau bestimmten Bereich mit der entsprechenden groben Zielvorgabe (unter anderem über dieses Musterblatt) und nicht überall nach Gutdünken.

Den Zusammenhang mit Würfeldrehen sehe ich hier auch nicht. Die Würfelwürfe werden nicht schneller, indem da noch jemand was ran dreht.

Ebenso hätte man es mit weiteren Dingen in der Richtung regeln können: Der Spielleiter rät in Sinne und Geiste der bestehenden Regeln und wenn jemand protestiert, wird eben doch nachgeschaut. Genau diese Berufungsmöglichkeit, weil jemand die SL-Vorstellung doch nicht besser findet, fällt mit der goldenen Regel aber raus und macht damit alle anderen Regeln und Absprachen für die Tonne. 

Die Notwendigkeit der goldenen Regel zur Vereinfachung/Beschleunigung sehe ich daher nicht. Vielmehr sehe ich diese weiterhin als trojanisches Pferd, welches die ursprüngliche Funktion der bestehenden Regeln einseitig unterläuft und massive Missbrauchsmöglichkeiten öffnet ohne Verbesserungen zu bieten, welche nicht durch minimale Absprachen besser gelöst werden könnten.


In Summe: Die goldene Regel würde nur dann problemlos funktionieren, wenn ein entsprechender stilbezogen konsistenter und "gutwilliger" Spielleiter einer Gruppe dieses Stils sie konsequent im Sinne dieses stils anwenden würde - und dann bräuchte man sie üblicherweise in der massiven Form nicht, sondern könnte das auch anders mit weniger Generalermächtigung lösen.
Statt dessen hat man damit ein Instrument erschaffen, welches für den vorgegebenen Zweck völlig überdimensioniert ist und statt dessen Tür und Tor aufreißt, um einen eigenen Stil/Vorstellungen gegen eine anderweitig interessierte (und mit der Masse an anderen Regeln ggf täuschend geköderten) Spieler durchzudrücken. Und die entsprechenden Problemschilderungen mit einer gewissen Sorte Spielleiter zeigt ja auch, dass diese Vorgehensweise auch zahlreich vor kommt und zu massig Unmut führt. 
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline bobibob bobsen

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Warum gelangen aufgeklärte Rollenspieler zu so drastisch unterschiedlichen Bewertungen der Nützlichkeit und Angemessenheit der goldenen Regel im Rollenspiel?

Weil sie persönlich schlechte Erfahrungen damit gemacht haben. Ist wie mit dem Kommunismus in der Theorie toll in der Praxis eher nicht.

Offline Infernal Teddy

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Dafür brauche ich als Spielleiter allerdings keine regel die es mir erlaubt.
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Samael

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Ich schließe mich den Vorrednern an: Würfel drehen und komplizierte "sub-rulesets" nicht nachschlagen sondern durch ein (hoffentlich ab dann immer gültiges...)  "ruling" überschreiben ist überhaupt nicht dasselbe.


Offline nobody@home

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Dafür brauche ich als Spielleiter allerdings keine regel die es mir erlaubt.

Strenggenommen schon. "Der Spielleiter darf erst mal alles" ist ja auch nichts anderes als eine Spielregel -- und daß es in der Praxis nicht allzuviele Systeme geben mag, die den SL einfach als einen weiteren Mitspieler behandeln, der sich gefälligst auch an konkrete Regeln wie alle anderen zu halten hat (jedenfalls in dem Rahmen, in dem irgendein Spiel das den konkreten Leuten am Tisch oder auf dem Spielfeld jemals bindend vorschreiben kann), heißt nicht, daß sie prinzipiell unvorstellbar wären.

Offline Der Nârr

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Ich habe das heimliche Würfeldrehen und Regelbrechen bisher ausschließlich mit der Zielsetzung der Durchsetzung der eigenen Storypräferenzen erlebt.
Würfel drehen wird häufig damit begründet, dass es den Spielern zugute kommt - z.B. sei es ja blöd für die Spieler, wenn ihr Charakter stirbt und darum sei es besser, wenn der Charakter überlebt. Gerne wird dann mit sehr simplen Beispielen gearbeitet, z.B.: Der SC springt über eine Schlucht. Die Probe misslingt um 1 Punkt. Anstatt den Charakter sterben zu lassen, schenkt man ihm den einen Punkt, damit er doch überlebt. Spieler ist glücklich, Story super. Beispiele dieser Art ignorieren folgende Elemente:

- Was ist, wenn die Probe um mehr als 1 Punkt misslingt? Wäre der Spieler dann nicht auch glücklicher, wenn er noch überlebt? Wo ziehe ich die Grenze? Und ist die Grenze systemunabhängig, um 1 Punkt daneben kann ja je nach System unterschiedliches bedeuten.
- Was ist mit Neid unter Spielern? Es wird ja eine Regel gebrochen, das ist erstmal eine unfaire (hier: positiv unfaire) Behandlung eines Spielers. Wieso kriegt der das und nicht ich? Immerhin bin ich, der das nicht bekommen hat, ja im Recht (ich habe die Regeln auf meiner Seite!).
- Wieso ist es besser für die Story, dass der Spielercharakter überlebt? Vielleicht ist die interessantere Story ja, dass die anderen Spielercharaktere mit dem Verlust und der Trauer umgehen müssen. Wer entscheidet wie was besser für die Story ist und wer entscheidet, wann und wie man Regeln zugunsten Story außer Kraft setzt?
- Wieso verlangt der Spielleiter überhaupt Proben, bei denen er nicht bereit ist die Konsequenz zu tragen, wenn 99% der Spiele ohnehin es dem Spielleiter auferlegen zu entscheiden, ob er überhaupt eine Probe verlangt?
- Und wenn er verlangt, wieso legt er eine mögliche Konsequenz fest (den Tod des SC), die er nicht bereit zu tragen ist?

Ähnlich problematisch finde ich Aussagen wie "ich lasse keinen SC sterben, weil er 1x im Kampf würfelt" - das kenne ich gerade von DSA-Spielleitern, aber gerade in DSA stirbt man nicht von einem schlechten Wurf - der steht immer am Ende einer ganzen Reihe von Würfen und Entscheidungen (greife ich an, fliehe ich, welches Manöver benutze ich usw.), die Auffassung dass ein Wurf über Leben und Tod entscheidet ist meist eine Illusion die der Komplexität der Systeme nicht gerecht wird. Und wieder: Wenn man nicht bereit ist, den Spielercharaktertod als Konsequenz zu tragen, warum formuliert man die Regel nicht um so dass man nur kampfunfähig wird? Das ermöglicht die faire und gerechte Behandlung der Spieler und man ist nicht mehr abhängig von der Gnade des Spielleiters, die Regel zu brechen.

Schließlich: Wieso darf nur der Spielleiter entscheiden, was besser für die Story ist? Wieso entscheiden dann nicht auch die Spieler, dass dem SL mal eine Probe gelingt oder misslingt oder dass ihr Attackewurf gelingt, wo sie doch nur 1 Punkt daneben sind? Wieso diese Grenze beim Spielleiter?

Davon ab. Ich verstehe nicht, was das neue Argument sein soll. Ja, manche Spieler mögen schnelleres Spiel, für manche ist es ok, Regeln nachzuschlagen. Und ja, es gibt Unterschiede zwischen Würfel drehen, Regeln nachschlagen oder improvisieren oder bewusst ein System zu wählen, das zu den eigenen Spielvorlieben passt. Aber das ist doch nichts neues.

Aber ich hatte darüber auch schon vor Jahren Diskussionen. In meiner DSA-Runde war das toll. Reiterkampf war da so ein Knackpunkt. Ich hatte Spieler, die lieber die umfangreichen, komplizierten Reiterkampf-Regeln in DSA hatten, gleichzeitig aber wollten sie, dass ich die Regeln nicht benutze, sondern lieber einfach was entscheide, damit das Spiel weiter geht, weil natürlich niemand die ach so tollen Reiterkampf-Regeln beherrschte. Aber es gab ein gutes Gefühl, dass da diese tollen komplexen Regeln im Buch stehen, weil es anscheinend das Gefühl gab, ein besseres Spiel zu spielen, auch wenn die Regeln gar nicht benutzt wurden. Ich dagegen vertrat die Auffassung, dass ich lieber Savage Worlds spiele mit weniger komplizierten Regeln, in denen ich dann zwar Reiterkampf-Regeln geringerer Komplexität habe, die ich aber auch tatsächlich nutzen würde. Für mich ist es einfach auf der Hand liegend, lieber ein Spiel zu nehmen das mir in der Komplexität entspricht und dessen Regeln ich dann benutze als ein Spiel zu nehmen, das meine Bereitschaft (oder sogar Kompetenz) übersteigt komplexe Regeln zu lernen und anwenden zu können und bei dem ich dann die Regeln eben nicht mehr benutze.

Aber das ist ja auch nur ein kleiner Ausschnitt der goldenen Regel.

Den Bezug zu SoD oder Tolkien verstehe ich leider gar nicht.

Übrigens gibt es auch in der OSR Spiele, die ohne Gonzo auskommen. Aktuell wäre da zum Beispiel Beyond the Wall and Other Adventures zu nennen.
Spielt aktuell Deadlands reloaded
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Offline KhornedBeef

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Spannender Artikel, schöne Übertragung. Hat mir gedanklich was gebracht.
Ich fühle mich allerdings in der Einleitung nicht repräsentiert: Ich habe gegen Würfeldrehen gestimmt, würde aber rulings, Handwedeln und brachiale SL-Eingriffe nicht kategorisch ausschließen. Aber eben durch genau das, dass der SL sagt "Tatsächlich passiert aber das", aus genau dem Grunde, den du ansprichst: Weil es in der Welt Sinn ergibt, d.h. man kommt nicht in den den SoD-Bereich gemäßg Tolkiens Essay. Natürlich setzt das voraus, dass der SL dieses "Sinn ergeben" für alle Spieler halbwegs trifft.
Warum ich trotzdem die Würfel nicht drehe, gehört nicht zum Topic, das schreibe ich in den Mutter-Thread.
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Rhylthar

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Ich habe das heimliche Würfeldrehen und Regelbrechen bisher ausschließlich mit der Zielsetzung der Durchsetzung der eigenen Storypräferenzen erlebt.
Das markierte ist nicht zwangsläufig dasselbe, es sei denn, man definiert Würfeldrehen schon als Regelbruch, wobei man es dann ja nicht separat aufführen müsste.

Wenn ich "Würfel drehe" (Erläuterung, wie ich dies meine, habe ich im anderen Thread geschrieben), passiert dies innerhalb der Regeln. Z. B. einem Gegner mehr HP zu geben, ohne sein von den Regeln vorgegebenes Limit zu überschreiben, ist für mich kein Regelbruch. Im Fähigkeiten zu geben, Werte anzupassen, ohne es ad absurdum zu führen, bricht nicht die in den entsprechenden Büchern veröffentlichten Regeln.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline murksmeister

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Und während du mit dem Bruch durch Metaelementen wie Fate usw Recht hast, wirkt für mich der (auch drohende) Bruch der Spielregeln ähnlich störend aus. Ich muss mich ständig parallel mitfragen: Was könnte der Spielleiter da abseits der bestehenden Spielweltrealität noch so gerade vorhaben, was ich bei meinen Spielentscheidungen berücksichtigen muss, um nicht vor die Pumpe/Schiene zu laufen?

Das ist ein Punkt den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich empfinde railroading als Spieler ebenfalls nervig, aber ich hatte noch nie Angst, dass ich dem SL auf den Leim gehe und nun seine Story spielen "muss". Ich gehöre nun auch zu der Fraktion die dem SL gerne die Storyhoheit zuspricht, aber ich habe es wirklich nie verstanden, warum manche Spieler Angst haben in ebendiese Story zu stolpern (Stichwort Illusionismus)? Vielleicht eine Frage des bevorzugten Spielstils, aber ich freue mich über nette Stories, vor allem dann wenn sich der SL die Mühe gemacht hat meinen Charakter bei dessen Interessen abzuholen. Für mich ist der Weg zur Schiene der entscheidende, weniger ob es eine Schiene gibt.

Zum Thema: Danke für diese schönen Ausführungen zu dem Thema, ich finde es immer gewinnbringend solche Sachen mal in einem zusammengefassten Text zu lesen. Ich persönlich mag handwedeln und Würfeldrehen, solange die SL-Willkür ebenfalls einer gewissen Konsistenz folgt (und ja ich weiß dass das zu Definitionsproblemen führt). Aber wie du schon selbst gesagt hast, man ist sich nunmal einig sich nicht einig zu sein.
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Spannender Artikel, schöne Übertragung. Hat mir gedanklich was gebracht.
Ich fühle mich allerdings in der Einleitung nicht repräsentiert: Ich habe gegen Würfeldrehen gestimmt, würde aber rulings, Handwedeln und brachiale SL-Eingriffe nicht kategorisch ausschließen. Aber eben durch genau das, dass der SL sagt "Tatsächlich passiert aber das", aus genau dem Grunde, den du ansprichst: Weil es in der Welt Sinn ergibt, d.h. man kommt nicht in den den SoD-Bereich gemäßg Tolkiens Essay. Natürlich setzt das voraus, dass der SL dieses "Sinn ergeben" für alle Spieler halbwegs trifft.
Warum ich trotzdem die Würfel nicht drehe, gehört nicht zum Topic, das schreibe ich in den Mutter-Thread.

Jau, verstehe. Ich hatte mich missverständlich ausgedrückt. Pyromancer hat da ebenfalls vollkommen zu Recht nachgefragt. Samael auch. Ich bezog den von Pyromancer markierten Satz auf den ganzen Abschnitt und nicht nur auf die zitierte Stelle. Würfeldrehen ist bei der Beschleunigung des Spiels bezogen auf Nachschlagen etc. sicherlich keine besonders clevere Wahl. Da habe ich mich missverständlich ausgedrückt.

@ Marzaan, Bobibob, Narr: Ihr solltet Euch dann vielleicht mal fragen, weshalb 40% der SL hier im Forum dennoch an den Würfeln drehen. Eure Antwort lautet implizit oder explizit: Idioten, die die Wahrheit nicht erkennen. Ich halte diesen Gedankengang für einen echten Bumerang und habe deshalb ein paar Gedanken entwickelt, die die Welt schlicht besser erklären.

Anders ausgedrückt: es gab mal so einen Wissenschaftstheoretiker namens Thomas S. Kuhn. Der hat sich mit Paradigmenwechseln in der Wissenschaft beschäftigt. Im Rollenspielbereich sehe ich da große Parallelen. Ganz früher gabs das Story-Paradigma von DSA und den damit verbundenen Ideen von "wertvollem Rollenspiel". Dieses Paradigma wurde Anfang des neuen Jahrtausend gekippt. Seitdem gelten nur solche SL als honorig und kompetent, die sich gewissen Prinzipien der Spielleitung verbunden fühlen. Die goldene Regel ist extrem explizit nicht Teil dieser Prinzipien. Diese Sichtweise hat sich sehr weit verbreitet und gilt im Tanelorn eigentlich als Konsens. Nicht erklärlich bleiben jedoch diejenigen Gruppen, die sich trotz kompetenter, motivierter Beteiligter wieder abgewandt haben von der reinen Lehre. Mittlerweile geben tatsächlich wieder 40% der Leute an, dass sie als SL an Würfeln drehen. Das passt so überhaupt gar nicht zum herrschenden Paradigma des "guten Spielleitens". Auch die Erklärung, dass das alles Ahnungslose oder Arschlöcher sind, scheint mir wenig griffig zu sein. Deshalb finde ich es naheliegend, dass man mit offenen Augen nach Erklärungen sucht und nicht stur an den offenkundig unzutreffenden Altüberzeugungen festhält. Darum habe ich mich bemüht.

Online Maarzan

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Das markierte ist nicht zwangsläufig dasselbe, es sei denn, man definiert Würfeldrehen schon als Regelbruch, wobei man es dann ja nicht separat aufführen müsste.

Wenn ich "Würfel drehe" (Erläuterung, wie ich dies meine, habe ich im anderen Thread geschrieben), passiert dies innerhalb der Regeln. Z. B. einem Gegner mehr HP zu geben, ohne sein von den Regeln vorgegebenes Limit zu überschreiben, ist für mich kein Regelbruch. Im Fähigkeiten zu geben, Werte anzupassen, ohne es ad absurdum zu führen, bricht nicht die in den entsprechenden Büchern veröffentlichten Regeln.

OK, ich habe Würfeldrehen hier etwas wörtlicher gemeint und daher extra zusätzlich aufgeführt zu den spontan geänderten Regeln. Aber das ist vermutlich Detailkram.

Das ist ein Punkt den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich empfinde railroading als Spieler ebenfalls nervig, aber ich hatte noch nie Angst, dass ich dem SL auf den Leim gehe und nun seine Story spielen "muss". Ich gehöre nun auch zu der Fraktion die dem SL gerne die Storyhoheit zuspricht, aber ich habe es wirklich nie verstanden, warum manche Spieler Angst haben in ebendiese Story zu stolpern (Stichwort Illusionismus)? Vielleicht eine Frage des bevorzugten Spielstils, aber ich freue mich über nette Stories, vor allem dann wenn sich der SL die Mühe gemacht hat meinen Charakter bei dessen Interessen abzuholen. Für mich ist der Weg zur Schiene der entscheidende, weniger ob es eine Schiene gibt.

Da haben wir uns wohl falsch verstanden. Ich meinte die Situation, wo man noch nicht ganz sicher ist wo man dran ist oder aus anderen Gründen noch nicht so weit ist die Runde zu verlassen und neben den Überlegungen "Was würde ich als Charakter hier jetzt machen" immer noch im Hinterkopf behalten muss "Und was stellt sich der Spielleiter nun vor und muss ich berücksichtigen, obwohl es aus dem Setting heraus sich so nicht ergibt." Der Kontakt mit der Schiene erfolgt ja auch nicht unbedingt durch sanftes Einfangen, sondern oft genug durch hartes Aufschlagen und schon so etwas wie Abstrafung.

Ein stilles "Reingleiten" auf die Schiene wäre da wohl tasächlich das, was als erfolgreicher Illusionismus bis zu einem Misserfolg erst gar nicht wahrgenommen wird und wenn erst nachträglich ggf zu Frust führt. Aber im Spiel selbst erst einmal bis dahin unerkannt bleibt.
In meinem Fall oben hat es schon die ersten harten Kontakte mit der Schiene und folgend wenigstens Desorientierung gegeben.
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Offline Chruschtschow

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Sicher, Marzaans und Narrs umfangreiche Reaktion auf eine Detailfrage zeigen, dass das insgesamt noch nicht ganz klar ist, welches Paradigma welche Funktion wie erfüllt. Ich gehe da auch nicht mit jedem Satz und Satzzeichen bei Wellentänzer konform. Aber es geht hier ja weniger darum, wie sich die einzelnen Positionen im Detail unterscheiden oder wer was wann wo wie gesagt hat. Es geht eher darum, warum es verschiedene Positionen gibt, die nicht in einer eigenen zusammen gefasst werden. Ich habe aber durchaus den Eindruck, dass Wellentänzer da was ganz treffendes sagt und der Kern seines Textes wirklich gut die verschiedenen Positionen begründet. Ich sehe da dank seines Textes auch einen starken Zusammenhang mit der willentliche Aussetzung von Ungläubigkeit bzw. einer glaubhaften sub-creation zur Erzeugung eines secondary belief, wie es im Essay wohl heißt.

Ich versuche das mal aufzudröseln, wie ich es verstanden habe und einordne.

Grundsätzlich sind wir erst ein Mal alle als Rollenspieler unterwegs. Wir begeben uns innerhalb einer Rolle in eine fiktive Umgebung und agieren dort gemäß unserer Rolle. Im Gegensatz zu Tolkiens Autoren haben wir also mehrere Akteure, die aus eigenem Antrieb Einfluss auf die Welt nehmen. Wir nehmen also Positionen in dieser Welt ein und wollen da sinnvoll handeln, egal welche Spielposition wir einnehmen.

Die fiktive Umgebung soll für alle Akteure glaubwürdig und in sich konsistent sein. Ist sie das nicht, benötige ich die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit. Und ich denke an der Stelle setzt dann auch die Sache mit der goldenen Regel (zum Teil) an, wenn auch nicht ganz in dem Sinne wie Wellentänzer es teils beschreibt.

Und wie stelle ich die Glaubwürdigkeit und Konsistenz dieser Welt nun her? Und da landen wir im Prinzip bei den Spielarten aus dem anderen Thread (und wahrscheinlich noch ein paar mehr).
  • Die Akteure gleichen immer wieder ihre Erwartungen und Vorstellungen untereinander ab.
  • Ein System aus Regeln, Zufallselemente, generell eine Weltensimulation, erzeugt eine (hoffentlich) konsistente Welt für die Akteure.
  • Ein Moderator federt die grausamsten Brüche in der Welt ab und erzeugt für die anderen Akteure eine mögliche Konsistenz.

Das sind dann die drei Positionen. Wahrscheinlich sind die Fronten dazwischen gar nicht so hart. Ich habe mit Sicherheit schon alles drei gespielt. Und ich habe zum Beispiel auch gemischt gespielt. Zwei von drei geht wahrscheinlich. Aber wenn man halt sehr stark auf einen der Punkte setzt, schließt er die anderen aus, weil jede Methode - jedes Paradigma - für sich die Steuerung der sub-creation fordert.

Klar, mein persönliche Tendenz geht im Moment zum ersten Punkt, sonst würde ich nicht jedem Fate unter die Nase reiben. Aber als Spieler kann ich auch mit den anderen beiden leben, mit dem zweiten Punkt besser als dem dritten. Aber das sind dann wahrscheinlich nur noch persönliche Vorlieben.
« Letzte Änderung: 22.08.2016 | 10:19 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline KhornedBeef

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@Wellentänzer. Jo, danke dir :)
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Wellentänzer

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@ Chruschtschow: Das ist eine wirklich tolle Zusammenfassung des Kerns dessen, was ich sagen wollte. Herzlichen Dank!

Achamanian

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Danke erst mal für die ausführliche Darstellung, Wellentänzer, die meisten Fürs und Widers sind damit für meinen Geschmack schon abgedeckt.

Ich habe lediglich etwas dagegen, "Würfeldrehen", "Die goldene Regel" und "Rulings" in einen Topf zu werfen. Wie schon im anderen Thread gesagt: Die Ablehnung des Würfeldrehens ist nicht unbedingt dem Glauben geschuldet, dass Regeln heilig wären, d.h. man kann durchaus konsequent Würfeldrehen ablehnen, aber immer wieder Rulings anwenden.

Ein Knackpunkt, der mir jetzt langsam klarer wird, ist dabei tatsächlich die Einstellung zur Meta-Ebene. (Wobei ich die gar nicht mit dem Begriff Player-Empowerment in Verbindung bringen würde, der klingt gleich wieder nach einem antagonistischen Verhältnis zwischen SL und Spielern, das ich so gar nicht erlebe.) Für manche Gruppen ist der fließende Wechsel zwischen einer Ebene innerhalb der Geschichte und der Meta-Ebene kein Problem, sogar erwünscht, in anderen wird der Wechsel dagegen als Bruch empfunden (seltsamerweise ist da das Würfeln an sich scheinbar weitgehend ausgenommen, das ist für die meisten noch kein Bruch - sondern erst das Reden über den Inhalt der gemeinsamen Fiktion als Fiktion, also z.B. die Frage: "Wie könnte es jetzt weitergehen?").
Jetzt gibt es einen typischen Probenablauf für Leute, die sich auf der Metaebene wohlfühlen, und der durch das PbtA-System (glaube ich, so gut kenne ich es nicht) auch relativ klar kodifiziert worden ist: Der Spieler erklärt, was sein SC erreichen will, die SL bietet offen die möglichen Konsequenzen für Erfolg und Fehlschlag dar, der Spieler entscheidet, ob er den Wurf macht ... und dann tritt eben die entsprechende Konsequenz ein.
Bei diesem Ablauf macht Würfeldrehen überhaupt keinen Sinn - man hat sich ja bereits vorher über die möglichen Konsequenzen verständigt, der Würfel ist nur dazu da, zwischen mehreren interessanten Alternativen zu entscheiden. Allerdings spricht dieser Ablauf in keiner Weise gegen Rulings, solange die vor dem Würfeln eingebracht werden, und auch nichts gegen die Goldene Regel: Auch bei diesem Ansatz kann die SL ja sagen: "Leute, die Reiterkampfregeln sind für diesen Fall einfach zu kompliziert, Würfel jetzt mal, wenn du unter deinem Reitwert bleibst, durchbohrst du ihn mit der Lanze, landest du darüber, dann wirft er sich rechtzeitig beiseite, und wenn du patzt, fällst du vom Pferd."

Wenn man dagegen keinen Bock auf die Metaebene hat, muss eine Probe anders stattfinden: Der Spieler erklärt seine Absicht, würfelt und behandelt sein Ergebnis dann als Eingabe in die "Black Box" SL, die anschließend das Ergebnis der Handlung ausspuckt. So muss der Spieler sich nicht mit der Meta-Ebene der Handlung (welche verschiedenen Konsequenzen sind hier denkbar/passend) auseinandersetzen und kann - abgesehen von dem kurzen Moment des Würfelns - so tun, als sei er der handelnde SC und die SL sei die Welt, die von seinem Handeln in nicht ganz berechenbarer Weise beeinflusst wird.
Hier muss die SL dann allein entscheiden, welche Interpretationen eines Würfelergebnisses für den Fortgang der Geschichte einen Sinn ergeben, und wenn ihr zu den Würfelergebnis partout nichts Vernünftiges einfallen will - tja, dann spricht eigentlich auch nichts gegen das Würfeldrehen.

Was macht das Spiel mit Wechsel auf die Meta-Ebene attraktiv? Für mich:
- Ich bin als SL vom "Perfektionszwang" entbunden
- Es ist m.E. attraktiv für Gruppen, in denen viele Leute Spielleitungs-Erfahrung und prinzipiell auch Spaß an der SL-Rolle haben, denn das Meta-Spiel ermöglicht es allen, immer wieder kurz in eine SL-Perspektive zu wechseln. Wie schon im anderen Thread gesagt: Ich sitze meistens mit Leuten am Tisch, die ich für ihre tollen, überraschenden Ideen schätze (nicht nur Handlungsideen für ihre SC, sondern Schauplatz- und Storyideen), und diese Ressource soll ich nicht anzapfen?
- Es spart Zeit beim Spielen. Wenn man sich auf der Meta-Ebene verständigt, ist es viel leichter, festzustellen, ob eine Szene jetzt noch für irgendjemanden interessant sind, wann der Zeitpunkt zum Würfeln gekommen ist und zu welchen Stakes. Man kriegt mehr Story pro Spielsitzung dabei raus.

Was die weitgehende Ausklammerung der Meta-Ebene auf Spielerseite attraktiv macht, kann ich tatsächlich nur abstrakt mutmaßen ... ich weiß zwar, dass ich irgendwie mal so gespielt habe, kann den Reiz daran aber nicht mehr empfinden. Meine trübe Erinnerung sagt mir, dass es dabei wohl tatsächlich um das Gefühl gehen muss, sich vollständig in einer anderen Welt zu bewegen und um die Herausforderung, seine Figur möglichst vollumfänglich zu verkörpern. Und es leuchtet mir durchaus ein, dass dabei der Außenblick störend ist, der einem aufgezwungen wird, wenn die SL plötzlich sagt: "So, dann klären wir jetzt mal, was die möglichen Ergebnisse deines Wurfes sind", oder schlimmer noch: "So, das Würfelergebnis geht jetzt ja gar nicht, sorry, das habe ich nicht bedacht. Lass uns mal zusammen überlegen, was jetzt ein guter Fortgang der Story ist." Wahrscheinlich wird hier ein gemeinsames Scheitern empfunden - die Rollenspielwelt ist plötzlich keine "echte" Welt mehr, in der die Ereignisse genau einen faktischen Verlauf nehmen und keinen anderen, sondern sie ist eine fiktive Welt, in unglaublich viele Entwicklungen bereits angedacht und sogar schon teilweise auserzählt nebeneinander stehen, und man sucht sich dann eine aus, macht also gedankliche Mini-Sprünge vor und zurück entlang verschiedener Parallelverläufe.

Offline bobibob bobsen

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@ Marzaan, Bobibob, Narr: Ihr solltet Euch dann vielleicht mal fragen, weshalb 40% der SL hier im Forum dennoch an den Würfeln drehen. Eure Antwort lautet implizit oder explizit: Idioten, die die Wahrheit nicht erkennen. Ich halte diesen Gedankengang für einen echten Bumerang und habe deshalb ein paar Gedanken entwickelt, die die Welt schlicht besser erklären.

Nö aus meiner Sicht: Glückspilze die in extrem homogenen Gruppen spielen. Ein Mitspieler reicht ja den das stört und schon bricht andauernd die Diskussion aus und ob das dann tatsächlich zu einer Zeitersparniss führt wiederspricht meinen Erfahrungen (siehe Würfeldrehen mit 17 Seiten und null Konsens). Die Wahrscheinlichkeit spricht einfach dagegen das eine 5 bis 6 köpfige Gruppe nur aus den der einen oder anderen Seite bestehen. Meine Gruppen bestehen alle aus Pro´s und Kontra`s. Die Würfeldreher sind meist liberaler und können sich oft eher damit abfinden das keine Würfel gedreht werden als umgekehrt.
Am schlimmsten finde ich aber wenn man vorher darüber spricht und die SL sich dann darüber hinweg setzt (für die gute Story). Das ist mir schon mehrfach passiert daher bin ich da gebranntes Kind.

Chiungalla

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Das Problem ist doch ganz einfach.

Die Leute denken das ihr persönliche Einstellung auf überzeugenden Argumenten beruht.
Vielmehr hatten sie die Einstellung schon vor den Argumenten.
Und letztendlich entscheided die Einstellung darüber welche Argumente sie überzeugend finden.

Jeder von uns hat innerhalb und außerhalb des Hobbies Erfahrungen gemacht die seine emotionale Reaktion zu diesem Thema formen. Jeder hat eine Meinung dazu wie bindend Regeln sein sollten, weil uns Regeln im täglichen Leben begegnen. Der eine übertritt sie regelmäßig, der andere regt sich über diejenigen auf die sie täglich übertreten (weil er vielleicht mal Opfer einer solchen Übertretung war). Jeder hat eine Meinung zur Ehrlichkeit. Und je nachdem ob man gelogen hat oder belogen wurde, ob man von sich spontan ändernden Regeln profitiert hat oder sie einem geschadet haben, hat man an dieser Stelle halt eine andere Einstellung. Im Grunde reicht ein schlechter Spielleiter der die goldene Regel missbraucht um einen noch Jahre später zu beeinflussen. Genau so wie eine Serie von positiven Erfahrungen zu dem Thema die Einstellung beeinflusst.

Und genau deshalb kann man das nicht ausdiskutieren.

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Vereinfacht gesagt: Lieber ein flüssiges Spiel mit goldener Regel als korrektes Vorgehen mit den entsprechenden Verzögerungen.

Als Knackpunkt erscheint mir dies: Wie behandelt man auftretende Regelprobleme am besten?

Soll man das Problem sofort ansprechen und eine ad-hoc-Regelung finden? Soll darüber diskutiert werden? Oder lieber erstmal stillschweigend handwedeln? Oder doch vorläufig die originale Regel verwenden?

So wie du schreibst, Wellentänzer, präferierst du bei auftretenden Problemen eine Form von stillschweigendem Handwedeln. Ich bin mir gar nicht sicher, was ich vorziehen würde. Als SL würde ich vermutlich das Problem ansprechen und Meinungen einholen. Aber wenn ich die entsprechende Regel nicht kenne...

Womöglich "befrüchten" viele Leute, die sich gegen eine "goldene Regel" aussprechen, dass mit der Akzeptanz dieser REGEL die Anwendung zum Normalfall wird, während sie eine entsprechende Notfallmaßnahme, Ausnahmebehandlung, Wie-auch-Immer womöglich akzeptieren würden.

Darauf deutet hin, dass gegen eine "goldene Regel" gern sinngemäß vorgebracht wird: "Warum sollten Autoren das in ihr Buch schreiben? Wenn uns was nicht gefällt, werden wir das zu ändern wissen. Glauben die vielleicht nicht daran, dass ihr eigenes Regelwerk funktional ist?" Für diejenigen, die solches äußern ist entsprechendes Vorgehen also außerhalb der Regeln.

Offline KhornedBeef

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Das Problem ist doch ganz einfach.

Die Leute denken das ihr persönliche Einstellung auf überzeugenden Argumenten beruht.
Vielmehr hatten sie die Einstellung schon vor den Argumenten.
Und letztendlich entscheided die Einstellung darüber welche Argumente sie überzeugend finden.

Jeder von uns hat innerhalb und außerhalb des Hobbies Erfahrungen gemacht die seine emotionale Reaktion zu diesem Thema formen. Jeder hat eine Meinung dazu wie bindend Regeln sein sollten, weil uns Regeln im täglichen Leben begegnen. Der eine übertritt sie regelmäßig, der andere regt sich über diejenigen auf die sie täglich übertreten (weil er vielleicht mal Opfer einer solchen Übertretung war). Jeder hat eine Meinung zur Ehrlichkeit. Und je nachdem ob man gelogen hat oder belogen wurde, ob man von sich spontan ändernden Regeln profitiert hat oder sie einem geschadet haben, hat man an dieser Stelle halt eine andere Einstellung. Im Grunde reicht ein schlechter Spielleiter der die goldene Regel missbraucht um einen noch Jahre später zu beeinflussen. Genau so wie eine Serie von positiven Erfahrungen zu dem Thema die Einstellung beeinflusst.

Und genau deshalb kann man das nicht ausdiskutieren.
Das ist ein wunderbare empirische Ergänzung. Man kann sich natürlich trotzdem vorsichtig an eine Ausleuchtung der geronnenen jeweiligen Erfahrungswelten machen.
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Online Maarzan

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@ Marzaan, Bobibob, Narr: Ihr solltet Euch dann vielleicht mal fragen, weshalb 40% der SL hier im Forum dennoch an den Würfeln drehen. Eure Antwort lautet implizit oder explizit: Idioten, die die Wahrheit nicht erkennen. Ich halte diesen Gedankengang für einen echten Bumerang und habe deshalb ein paar Gedanken entwickelt, die die Welt schlicht besser erklären.

...

Aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz:
a) Faulheit bzw. Unvermögen bei der Beherrschung des gewählten Systems. 
b) Einzelfehler, die kaschiert werden sollen ohne dass dies wer merkt.
c) Überbordene Überzeugtheit des Primat des von ihnen bevorzugten künstlerischen Idealbilds.
d) Angelernte Gewohnheit und eine rein am oberflächlichen Ergebnis orientierte aus Vorgängerrunden oder Medienvorbildern gewonnene Vermutung, dass das eben das ist, was erwartet wird, sei es "Spannung" oder "Herausforderung".
e) teilweise etwas ungenaue/unübereinstimmende Definition von "Würfeldrehen" hier.

Zur SOD:
Regeln und Vorbeschriebungen sind ein entsprechende Werkzeug zum Abgleich der Vorstellungswelten und erauben es außerdem den Beteiligten Vorstellungen und Überlegungen zu treffen, ohne für jedes Detail beim Spielleiter nach zu fragen.
Wenn diese Vorgaben nicht mehr gelten hängen die Beteiligten plötzlich im leeren Raum und komplett am Tropf der ihnen so nicht einsichtigen Spielleitervorstellungen. Also mündet das aus Spielersicht in der Notwendigkeit jedes Detail entsprechend präzise nach zu fragen und den Spielleiter somit effektiv zu einer Voraussage ähnlich dem zu zwingen, was ein Regelwerk bieten würde oder eben in der Hinsicht aufzugeben und mehr oder weniger sich auf eine passive, nicht mehr tiefergreifend selber denkende Rolle zu beschränken (weil dafür fehlt die entsprechende Informationsbasis). Wer natürlich nie etwas anderes gewohnt ist und eine Vorstellung der anderswo möglichen Optionen gewonnen hat oder wem die dazu notwenige Arbeit im Vergleich zu der durch sie gebotenen Freiheit zu hoch ist, der fährt mit Illusionismus natürlich auch als Spieler zufriedenstellend.
Aus Spielleitersicht ist das umgekehrt hingegen plötzlich ganz einfach (außer jemand beginnt tatsächlich penetrant nach zu fragen): Es gibt keine zu berücksichtigenden Nebenkompetenzen mehr und man hat quasi völlige Kontrolle über alle Ausprägungen und Einflussfaktoren.

Wenn man z.B. nur mal in ein Spiel reinschnuppern will, macht man sich ja auch üblicherweise nicht die Arbeit oder hat gar nicht die Möglichkeit sich in alles rein zu lesen. Das ist dann einfach eine Frage des Aufwands. Aber wenn man dabei und das näher erkunden bleiben will, sieht das schon ganz anders aus.
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Offline YY

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- Wieso verlangt der Spielleiter überhaupt Proben, bei denen er nicht bereit ist die Konsequenz zu tragen, wenn 99% der Spiele ohnehin es dem Spielleiter auferlegen zu entscheiden, ob er überhaupt eine Probe verlangt?
- Und wenn er verlangt, wieso legt er eine mögliche Konsequenz fest (den Tod des SC), die er nicht bereit zu tragen ist?

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Zu meinen DSA-Zeiten habe ich das oft erlebt, dass die Würfel bzw. die Forderung nach einem Wurf schneller war(en) als der Kopf.
Wer als SL erst mal würfeln lässt und dann überlegt, der muss sich an dieser Stelle öfter mal revidieren, aus genau den zwei zitierten Faktoren.

Das passiert natürlich meistens aus der Situation heraus, aber mit kurzem Nachdenken im Vorfeld hätte man damit einen Großteil der Situationen entschärft, die ein Würfeldrehen "verlangen" - sofern es da wirklich an einem einzelnen Wurf hängt.

Mit Reihen von Würfen ist es immer noch ähnlich. Auch da ließe sich im Vorfeld noch durch eher kleinere Eingriffe korrigieren, aber wenn man das zu lange laufen lässt, hängt es am Ende der Ereigniskette doch wieder an einem einzelnen Wurf, dessen Ergebnis man ignorieren oder massiv abändern muss. Daher auch der Gedanke von "es soll ja keiner wegen einem einzigen schlechten Wurf sterben". Obwohl das wie schon angesprochen kein einzelner Wurf ist, auch wenn man es so wahrnimmt.

Kleiner Sonderfall hierbei:
Der SL versucht es möglichst spannend zu machen und lässt bewusst laufen bis kurz vor den Punkt, wo die SCs endgültig scheitern.
Dann passiert es mit steigender Abenteuerzahl natürlich zwangsweise, dass man ab und zu drehen muss.

Und an der Stelle gibt es die einen Spieler, denen die Illusion von Spannung reicht und andere, die sich dann um ihre Spannung betrogen fühlen und lieber komplett "ungedrehte" Aktionen hätten, die dann eben nicht jedes Mal super knapp ausgehen, sondern auch einfach mal problemlos laufen. Dafür sind auftretende Probleme dann garantiert echte Probleme.

Die goldene Regel ist extrem explizit nicht Teil dieser Prinzipien. Diese Sichtweise hat sich sehr weit verbreitet und gilt im Tanelorn eigentlich als Konsens. Nicht erklärlich bleiben jedoch diejenigen Gruppen, die sich trotz kompetenter, motivierter Beteiligter wieder abgewandt haben von der reinen Lehre. Mittlerweile geben tatsächlich wieder 40% der Leute an, dass sie als SL an Würfeln drehen.

Ich führe das zum allergrößten Teil auf die (bisweilen auch eher unbewusste) Absicht zurück, eine spannende und gute Geschichte zu erzählen (also Maarzans Punkte c und d).
Das ist natürlich ziemlich Geschmackssache, aber solange SL und Spieler da halbwegs auf einer Linie liegen, ist das relativ unproblematisch.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Chruschtschow

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@Marzaan:
Du gehst davon aus, dass Spieler nur aus Unvermögen oder Faulheit eine Auseinandersetzung mit dem System meiden. Das ist eine Fehlannahme. Manche Spieler möchten eben, dass für ein mögichst immersives Spielerlebnis die "Spiel-Engine" möglichst verdeckt läuft. Und dann wird der Spielleiter eben nicht nur als Moderator zwischen Weltensimulation und Spielern oder als Moderator zwischen den verschiedenen Spielern benötigt, sondern greift selbst als "Geschichtenerzähler" mit umfassenden Rechten ein. Ich kenne genug Spieler, die das wollen und auch so oder so ähnlich formuliert haben.

Das ist nicht jedermanns Sache, meine auch nicht (mehr). Allerdings ist die Vehemenz, mit der du da drauf prügelst auch kaum zu rechtfertigen.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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