Wenn RAI so wichtig für uns ist, müsste die Rollenspieltheorie langsam eine eigene Hermeneutik entwickeln.
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Und sonst wird es vielleicht manchmal im Spiel passieren, dass es eine Unklarheit gibt oder wir merken, dass unser Verständnis anders ist als das der Autoren (z.B. kampfunfähig bei Beyond the Wall) und dann spielen wir so weiter, wie es uns gefällt und nicht so, wie es RAW oder RAI ist.
Die Autoren der Werke, an die man üblicherweise mit hermeneutischen Werkzeugen herangeht, haben sich ja auch längst jeder Nachfrage und jeder Einflussnahme auf zukünftige Werke entzogen.
Das gilt für Rollenspielautoren meistens eher weniger, was das Ganze schon mal wesentlich erleichtert.
Der eigentliche Knackpunkt ist aber, dass mMn für den Rollenspielautor viel offensichtlicher ist, dass er möglichst klar, verständlich und gut strukturiert schreiben muss.
Je nach Sprache und Schreibstil geht es ja manchmal nur um ein Komma oder einen Kasus, um eine Mehrdeutigkeit zu vermeiden.
Das ist eine Kunst für sich und hat mit gutem Regeldesign erst mal nichts zu tun.
Aber wenn man das kann, dann sind RAW und RAI fast perfekt deckungsgleich.
Kommen dazu noch einige systematische Anmerkungen, dann haben sich viele Diskussionen direkt erledigt.
Um eines deiner Beispiele aufzugreifen:
Wenn in einem Regelwerk etwa zu Beginn des Magiekapitels steht, dass alle Zauber nur exakt die beschriebenen Auswirkungen haben, dann ist man schon einen großen Schritt weiter.
An Regelwerken, die dahingehend "sauber" geschrieben sind, habe ich schon beim Lesen deutlich mehr Spaß, und um so mehr in der Anwendung.
Aber meiner Erfahrung nach sind es gerade jene Gruppen, die Ewigkeiten über genau solche Fragen diskutieren, die kaum auf dem Schirm haben, dass das von ihnen genutzte Regelwerk hier einfach nicht ordentlich aufgezogen ist.
Da habe ich schon mehrfach empfohlen, das System zu wechseln, aber dann wird sich in der Regel eingeredet, das Setting wäre wichtiger und man wolle daher nicht wechseln (während mir die Sitzungs- und Diskussionsverläufe regelmäßig das Gegenteil bewiesen haben).
Vom bewussten und unbewussten Widerstand gegen Konversionen mal ganz abgesehen.
Die Frage ist für mich dann: Ab welchem "Rang" darf eine "Autorität" (mir fällt kein besseres Wort ein) entscheiden, wie eine Regel abweichend von RAW wohl gemeint ist?
Das sehe ich ganz pragmatisch:
Immer dann, wenn er das auch umsetzen kann.
Fürs Rollenspiel in einer autonomen Runde (in scharfer Abgrenzung z.B. vom MMORPG, wo das nur mit großem technischen Aufwand in vergleichbarer Weise möglich wäre und dann evtl. rechtliche und andere Probleme mit sich brächte) also dann, wenn die anderen Mitspieler damit einverstanden sind, dass durch diese Person interpretiert wird.
Oder auch nur für jede Einzelinterpretation.
Das ist dann aber auch schnell der Punkt, wo es wie oben angeklungen nicht mehr um "echte" RAI geht, sondern darum, wie man die Regeln haben will. Ob der Autor das wirklich genau so wollte und es nur nicht eindeutig hinschreiben konnte, ist dabei erst mal egal.
Aber da bin ich auch schon ein paar Mal an die Wand mit der Aufschrift "blinde Autorenhörigkeit" gerannt.
Nach dem Motto: "Die haben das erfunden, die werden sich ja wohl was dabei gedacht haben, was ich arme Wurst aus meinem begrenzten Blickwinkel nicht erkennen kann."
Die traurige Wahrheit ist aber: Nein, die haben sich da nichts dabei gedacht. Und das gilt nicht nur für Rollenspielautoren
Solche Anpassungen mache ich ja nicht für die SC sondern aus anderen Gründen, z.B. weil ich das Abenteuer umgestalte, ergänze, anders strukturiere. Wenn man dann auf Sachen stößt, die auch nach einer Nacht drüber schlafen keinen Sinn ergeben, ja, da würde ich auch was machen. Ich muss mich ja letztlich in dem Abenteuer heimisch fühlen. Trotzdem sollte dies keine Regeln brechen, insbesondere schon bekannte.
Da musste ich jetzt lange überlegen...mir fallen nur Fälle ein, in denen ich Sachen geändert habe, die in ihrer Urform anderen Regeln widersprochen haben.
Teils waren dann größere Umbauten nötig, um alles passend zu machen - was wohl auch der Grund war, warum dieser Weg von den Autoren zunächst nicht gegangen wurde.
Und fürs Protokoll:
Ein Abenteuer hat für mich keinen Regelstatus analog zum Grundregelwerk, was Gegnerzahlen usw. angeht.
Das ist nur Vorschlag - und zwar in so offensichtlicher Form, dass man das im Gegensatz zum GRW da noch nicht mal für nötig hält, es dran zu schreiben