Autor Thema: Der SL MUSS das Recht haben, die Regeln zu brechen. Oder: die Pam-Krabbé-Rochade  (Gelesen 53696 mal)

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Chiungalla

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Ich spiele ja leider viel zu selten Sandboxes, meist leite ich Kaufabenteuer, die ich ggf. etwas entwickele. Aber "Ergebnisoffenheit" ist mir da wichtig.

Was ich nicht ganz verstehe ist der Bezug zu meinem Beitrag den Du zitierst.

Was ich hingegen schon mag und mache, sind die narritativen Würfel bei Star Wars / Warhammer drei, weil ich da zwar auch ein Ereignis willkürlich mir ausdenken kann, aber durch die erwürfelten Nachteile / Fehlschläge {Chaossterne} begrenzt bin.

Die mag ich auch.  :d

Offline Issi

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Wie gesagt, ich unterscheide das schon alleine dadurch, dass alles vor dem Spiel festgelegt wird und der Spielleiter nicht als Reaktion auf SC-Handlungen an irgendetwas dreht.
Das habe unter diesem Begriff Railroading bisher auch so verstanden. Wenn man sich den Begriff mal übersetzt, wäre das für mich sowas wie" in vorgefahrenen Schienen fahren und der SL ist der Schaffner". (Die Spieler, dürfen lächeln und winken und aus dem Fenster schauen)

Was wenn man aber nicht Bahn fährt, sondern Auto, oder Fahrrad, oder was ist, wenn man, wie ein den meisten Abenteuern einfach per Pferd reitet oder gar zu Fuß geht - der SL sich aber nur punktuell zu einem bestimmten Moment im Abenteuer einen Trick einfällen lässt oder Hilfestellungen gibt, warum die im Waldverlaufenen wieder zurück auf den Weg finden.
Wäre das dann auch "Railroading"?
Keine Ahnung- Oder müsste man das dann anders nennen:  Einsammeln, Auflesen, Zurückführen. z. B. "Backleading" ?

ErikErikson

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Das habe unter diesem Begriff Railroading bisher auch so verstanden. Wenn man sich den Begriff mal übersetzt, wäre das für mich sowas wie" in vorgefahrenen Schienen fahren und der SL ist der Schaffner". (Die Spieler, dürfen lächeln und winken und aus dem Fenster schauen)

Was wenn man aber nicht Bahn fährt, sondern Auto, oder Fahrrad, oder was ist, wenn man, wie ein den meisten Abenteuern einfach per Pferd reitet oder gar zu Fuß geht - der SL sich aber nur punktuell zu einem bestimmten Moment im Abenteuer einen Trick einfällen lässt oder Hilfestellungen gibt, warum die im Waldverlaufenen wieder zurück auf den Weg finden.
Wäre das dann auch "Railroading"?
Keine Ahnung- Oder müsste man das dann anders nennen:  Einsammeln, Auflesen, Zurückführen. z. B. "Backleading" ?

Joah, ich würde alles was in die Richtung geht Railroading nennen. Und ums zu quantifizieren von viel und wenig sprechen. Ich will nicht für jeden Dreck ein extra Wort (was es ja gibt, partizipationismus, Trailblazing blabla)). Ich sage auch "Das ist mir jetzt zu viel Railroading", wenn mir was entsprechendes nicht passt.

Ich hab aber auch nix gegen ,wer das anders hält.

Offline Issi

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Joah, ich würde alles was in die Richtung geht Railroading nennen
Dann glaube ich, dass so gut wie jeder SL ein Bißchen "railroaded".
(Beispiel Szene: Zwei Diebe streiten sich seit einer viertel Stunde nachts vor dem Haus des Erzmagiers ob sie nun darin einbrechen sollen, oder nicht.Sie können sich nicht entscheiden.
Der Rest der Gruppe ist schon genervt, man sieht es an ihren Gesichtern.
Da sagt der Spielleiter: Also so laut wie ihr euch streitet, macht mal bitte einen Wurf ob euch jemand hört.
Die Spieler würfeln aber haben Glück. Erleichtert einigen sie sich dann doch durch das Hinterfenster einzubrechen, bevor noch jemand auf sie aufmerksam wird. Und das Abenteuer kann weitergehen....)
Wäre praktisch Railroading, oder?

Chiungalla

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Der Begriff Railroading beschrieb ursprünglich ja wirklich nur die Abenteuer die wirklich auf fest verlegten Schienen fahren. Daher kommt das Bild. Daher kommt das Wort.

Natürlich könnte man den Begriff heute beliebig viel weiter fassen, aber da passt dann irgendwann einfach die Analogie zur Eisenbahn wirklich nicht mehr. Zudem ist railroading für viele ein so rotes Tuch, dass es keinen Sinn ergibt damit zu wedeln wo es nicht wirklich passt. Zumal man sich ja auch bewusst machen muss, dass Dinge die man in die selbe Schublade wirft und mit dem selben Namensschild versieht auch oft in Diskussionen nicht differenziert wahrgenommen werden. Und die sporadische und subtile Einflussnahme des Spielleiters mit dem kompletten railroaden eines Abenteuers in eine Schublade zu stecken hilft letztendlich keiner Diskussion. Und führt nur zu noch extremeren Fronten in den Grabenkämpfen zwischen Eisenbahnern und Sandkastenspielern.

Wer also Railroading einfach als Sammelbegriff für Einflussnahme durch den Spielleiter verwendet zeigt meiner Meinung nach erstaunlichen Unwillen konstruktiv an der Diskussion mitzuwirken an der er gerade teilnimmt. Bei all den Problemen zu denen eine derart undifferenzierte Verwendung des Begriffs führt darf sich auf jeden Fall keiner der ihn so verwendet hinterher wundern, wenn er missverstanden wird und man hinterher aneinander vorbei redet.

Offline The_Nathan_Grey

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Dann glaube ich, dass so gut wie jeder SL ein Bißchen "railroaded".
(Beispiel Szene: Zwei Diebe streiten sich seit einer viertel Stunde nachts vor dem Haus des Erzmagiers ob sie nun darin einbrechen sollen, oder nicht.Sie können sich nicht entscheiden.
Der Rest der Gruppe ist schon genervt, man sieht es an ihren Gesichtern.
Da sagt der Spielleiter: Also so laut wie ihr euch streitet, macht mal bitte einen Wurf ob euch jemand hört.
Die Spieler würfeln aber haben Glück. Erleichtert einigen sie sich dann doch durch das Hinterfenster einzubrechen, bevor noch jemand auf sie aufmerksam wird. Und das Abenteuer kann weitergehen....)
Wäre praktisch Railroading, oder?

Nein, das wären Konsequenzen in der Spielwelt, die auf dem Verhalten der SCs basiert.
Wenn zwei Leute sich lautstark (auf offener Straße) darüber streiten, wie man am besten in Haus einbricht, wäre es eher Railroading wenn nix passiert, damit die SCs auf jeden Fall in das Gebäude einbrechen. Egal wie.
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ErikErikson

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Dann glaube ich, dass so gut wie jeder SL ein Bißchen "railroaded".
(Beispiel Szene: Zwei Diebe streiten sich seit einer viertel Stunde nachts vor dem Haus des Erzmagiers ob sie nun darin einbrechen sollen, oder nicht.Sie können sich nicht entscheiden.
Der Rest der Gruppe ist schon genervt, man sieht es an ihren Gesichtern.
Da sagt der Spielleiter: Also so laut wie ihr euch streitet, macht mal bitte einen Wurf ob euch jemand hört.
Die Spieler würfeln aber haben Glück. Erleichtert einigen sie sich dann doch durch das Hinterfenster einzubrechen, bevor noch jemand auf sie aufmerksam wird. Und das Abenteuer kann weitergehen....)
Wäre praktisch Railroading, oder?

Wieso? Die SC unterhalten sich laut über längeren Zeitraum, da ist es IMO logisch, das wer sie hören könnte. Wo ist da das Railroading? Hätte der SL gesagt (weil er die SC aus dramatischen Gründen woanders haben will) "Da kommt jetzt die Stadtwache ums Eck", und die Stadtwache kommt in des Viertel normalerweise nicht, dann wärs Railroading gewesen.

Mir fällt aber auch auf, das das Bild Railroading ,mit im Zug sitzen und so, hier nicht passt, weils schlicht zu episodisch ist. Ich würd aber weiter von Railroading reden, auch wenns nur kurz auftaucht, schlicht wei lder Begriff gängig und ökonomisch ist. Ganz korrekt ist die Verwendung hier allerdings tatsächlich nicht.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 11:24 von ErikErikson »

Offline Issi

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Wieso? Die SC unterhalten sich laut über längeren Zeitraum, da ist es IMO logisch, das wer sie hören könnte. Wo ist da das Railroading?
Naja rein Theoretisch ist es Eingriff (zwar logisch begründet), aber ein Eingriff, den ich an richtiger Stelle bewusst einsetzte damit etwas vorangeht. Ich hätte als SL eigentlich schon vor Zehn Minuten würfeln lassen können oder auch gar nicht. Aber ich setzte es gezielt in diesem Moment ein um das Abenteuer zu manipulieren.

Ist für mich jetzt kein klassisches "Railroading", aber ein legitimer SL Eingriff.
Was ich damit sagen will :Es gibt so unglaubliche viele Möglichkeiten für einen SL ein Abenteuer zu manipulieren, dass ich schlicht und ergreifend Niemandem glaube, der behauptet, dass er das überhaupt nicht tut.
Natürlich tut das ein SL, auch ein Simulationsspielleiter manipuliert Situationen, dafür muß er nicht die Würfeldrehen.

« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 11:47 von Issi »

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Naja rein Theoretisch ist es Eingriff (zwar logisch begründet), aber ein Eingriff, den ich an richtiger Stelle bewusst einsetzte damit etwas vorangeht. Ich hätte als SL eigentlich schon vor Zehn Minuten würfeln lassen können oder auch gar nicht. Aber ich setzte es gezielt in diesem Moment ein um das Abenteuer zu manipulieren.

Ist für mich jetzt kein klassisches "Railroading", aber ein legitimer SL Eingriff.

Ja. So total richtig und sinnvoll ich die Kommentare von ErikErikson auch finde, so sehr widerspreche ich in diesem konkreten Fall. Zur Beurteilung des Umstands, ob es sich da um einen dramaturgisch motivierten Eingriff bzw. speziell um Railroading handelt, muss man die Intention des SL verstehen. Wird der Wurf gefordert, weil die SC sehr laut waren und deshalb innerhalb der Simulation die Nachbarn was gehört haben könnten? Oder ging es dem SL darum, die Handlung voranzutreiben und zu pacen? Oder war es eine Mischung? Im Prinzip kann das nur der SL selbst beantworten, denn da spielt noch wahnsinnig viel mehr rein. Zum Beispiel die Historie der Runde über die Frage, wie sowas rundenintern sonst gehandhabt wurde. Etc.

Wenn der SL in diesem Falle also tatsächlich nur die Simulation des Settings im Kopf hatte, dann sehe ich da keinen dramaturgiegetriebenen Eingriff und schon gar kein Railroading. Wollte der SL aber das Tempo anziehen, dann ist das in meinen Augen ein klarer Fall von Railroading.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 11:48 von Wellentänzer »

Offline Issi

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Wollte der SL aber das Tempo anziehen, dann ist das in meinen Augen ein klarer Fall von Railroading.
Jeep, das meinte ich.

In Situationen die partout nicht vorangehen, suche ich nach- ich nenne es jetzt mal "Natürliche Konsequenzen" damit ich meinen Eingriff vor der Gruppe begründen kann. Aber ich nehme den Eingriff bewusst dann vor, wann er am meisten Wirkung zeigt, und auch um damit ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

PS: Hätte ich eher würfel lassen, also schon zu Beginn des Streites, wäre es eine echte Natürliche Konsequenz gewesen. Aber sie sind ja schon seit einer Viertel Stunde laut.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:03 von Issi »

Offline 1of3

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Dann bin ich sicher der böseste aller Railroader, denn ich werde keine 15 Minuten Realzeit warten. Meine Geduld wird erschöpft sein, wenn sich das Gespräch im Kreis dreht. Also etwa bei Minute 3. Dann wird irgendetwas passieren. Vielleicht kommt der Zeitunsjunge vorbei und will ein Extrablatt verkaufen. Vielleicht sehen die SCs das derweil jemand anders in den Turm einsteigt. Vielleicht fliegt der Magier auf einem Pegasus-gezogenen Wagen aus seiner Garage in die Nacht. Irgendetwas wird passieren.

Offline Issi

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Dann bin ich sicher der böseste aller Railroader, denn ich werde keine 15 Minuten Realzeit warten.
Ich weiß nicht ob ich zu nett bin, bei mir wären es vermutlich ganze fünf Minuten gewesen. ;)

ErikErikson

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Naja rein Theoretisch ist es Eingriff (zwar logisch begründet), aber ein Eingriff, den ich an richtiger Stelle bewusst einsetzte damit etwas vorangeht. Ich hätte als SL eigentlich schon vor Zehn Minuten würfeln lassen können oder auch gar nicht. Aber ich setzte es gezielt in diesem Moment ein um das Abenteuer zu manipulieren.

Ist für mich jetzt kein klassisches "Railroading", aber ein legitimer SL Eingriff.
Was ich damit sagen will :Es gibt so unglaubliche viele Möglichkeiten für einen SL ein Abenteuer zu manipulieren, dass ich schlicht und ergreifend Niemandem glaube, der behauptet, dass er das überhaupt nicht tut.
Natürlich tut das ein SL, auch ein Simulationsspielleiter manipuliert Situationen, dafür muß er nicht die Würfeldrehen.

Wenn die SC in der Stadt stehen und labern, und dem SL wirds zu blöd, er will das es vorangeht, und ein böser Bär kommt um die Ecke, der sie auf die Schulter nimmt und zum nächsten Plotpoint trägt, dann ist es RR.

Um Railroading zu sein, muss es laut meiner Defi aus dramaturgischen Gesichtspunkten erfolgen. Das wäre bei deinem Beispiel der Fall, der SL will, das es weitergeht.
Zweitens muss es gegen oder vorbei an der Weltlogik sein, das ist hier nicht der Fall, weil es logisch ist, das jemand nach lautem Gespräch etwas mitbekommt.
Wichtig sind hier die Umstände, also wo genau befinden sich die SC, wie wahrscheinlich ist es, das sie gehört werden usw. Wenn sich der SL hier an den Umständen orientiert, ist es kein Railroading.
Wie ich schon geschrieben habe kann mans sich drüber streiten, was logisch ist und was nicht, ob es logisch gewesen wäre, das der SL schon früher den Wurf verlangt, oder später. Und je nachdem zu welchem Schluss man kommt ist es dann RR oder nicht.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:09 von ErikErikson »

Achamanian

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Dann bin ich sicher der böseste aller Railroader, denn ich werde keine 15 Minuten Realzeit warten. Meine Geduld wird erschöpft sein, wenn sich das Gespräch im Kreis dreht. Also etwa bei Minute 3. Dann wird irgendetwas passieren. Vielleicht kommt der Zeitunsjunge vorbei und will ein Extrablatt verkaufen. Vielleicht sehen die SCs das derweil jemand anders in den Turm einsteigt. Vielleicht fliegt der Magier auf einem Pegasus-gezogenen Wagen aus seiner Garage in die Nacht. Irgendetwas wird passieren.

Das hat wohl damit zu tun, dass hier jetzt wieder der Gegensatz zwischen Railroading und Simulationismus aufgemacht wurde. Und der resultiert aus einem Verständnis, laut dem die Regeln dazu da sind, Abläufe in der fiktiven Welt zu simulieren, während die SL dafür zuständig ist, die Abläufe in der fiktiven Welt so zu lenken, dass eine Gute Geschichte(TM) rauskommt.
Wenn man dagegen Regeln als ein Werkzeug auffasst, das die Gruppe (sei es nun unter der Leitung der SL oder gemeinsam) dabei unterstützen soll, gemeinsam eine gute Geschichte zu entwickeln, dann tut sich das Gegensatzpaar RR/Simulationismus überhaupt nicht auf. Dann ist auch klar, dass nicht jede Einflussnahme der SL RR sein kann, weil nämlich überhaupt erst nur durch Einflussnahme von allen Seiten etwas geschieht; die Spielwelt von sich aus macht nämlich gar nichts, ohne dass irgendjemand entscheidet, dass sie etwas macht.

Man kann jetzt natürlich sagen: Jeder Eingriff der SL lenkt die Ereignisse in irgendeine Richtung, also ist jeder Eingriff der SL RR. Dann stellt sich aber die Frage, warum Eingriffe der Spieler, die die Ereignisse in eine bestimmte Richtung lenken, denn nun kein RR sein sollen? Da erscheint es mir dann doch sinnvoller, zu sagen: RR ist, wenn die Spielleitung die Ereignisse nicht bloß in irgendeine Richtung beeinflusst, sondern RR ist, wenn die Spielleitung mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln dafür sorgt, dass die Ereignisse auf jeden Fall zu einem ganz bestimmten, vorher festgelegten Ergebnis führen.

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@ 1of3: Das hat nix mit "böse" zu tun und streift nach meiner Auffassung auch nur das Thema Railroading. In dem Beispiel sind wir beim Pacing. Dramaturgieorientiertes Leiten beschränkt sich ja nicht auf Railroading, aus der Hand definiert als dramaturgiegeleitete Verringerung der Handlungsoptionen der Spieler. Elegantes Railroading wäre in diesem Fall vermutlich das Scene Framing, weniger elegant wäre ein gröberer Holzhammer. Diverse weitere SL-Techniken klassischer Bauart sind aber hoffentlich auch noch im Werkzeugkasten. Das "Irgendwas wird passieren" gehört ja auch zum Pacing und erweitert die Handlungsoptionen anstatt sie zu beschneiden. Geht beides.

Aber die Welt ist natürlich noch komplizierter. Man kann selbstredend auf einer Ebene die Handlungsoptionen erweitern, um sie in anderer Hinsicht perspektivisch zu beschneiden. Da hatte ich Pyromancer ein derartiges Beispiel genannt. Insofern empfinde ich die Begrifflichkeit des Railroading für dramaturgiegeleitete SL-Eingriffe als ganz ordentlich, weil der Begriff etabliert ist und die Leute zumindest ein grobes Verständnis dessen haben, worum es geht. Dabei handelt es sich aber um ein Verständnis, welches über eine engere Definition hinausgeht. In Ermangelung eines etablierten Standards bin ich deshalb dazu übergegangen, zumeist am Beginn eines Threads oder bei erstmaliger Nennung eben eine Arbeitsdefinition zu potentiell strittigen Begrifflichkeiten in den Raum zu werfen. Das mag auch wieder Fragen erzeugen, aber nach meinem Eindruck klärt es mehr.

Insofern: man kann das alles beliebig kleinteilig zerfisseln und zerfasern. Wir reden hier nicht über Naturwissenschaften, sondern über soziale Phänomene. Nichtsdestotrotz ist eine empfundene Messung sowie eine Skala als Vorstellung gar nicht so schlecht. Und übrigens meinte Erik, wenn ich ihn oben richtig verstanden hatte, mit dem Hinweis auf "mehrere" Skalen genau sowas. Railroading im Sinne einer Beschneidung der Handlungsoptionen ist eine solche Skala. Die Erweiterung von Handlungsoptionen eine weitere. Etc.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:18 von Wellentänzer »

ErikErikson

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@ Rumpel:Kann man so stehen lassen. Dieses festgelegte Ziel meine ich mit "dramaturgischen Erwägungen, " du hast es klarer formuliert.
@Wellentänzer: genau so meinte ich das.

Offline Issi

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In meinem Beispiel hat der SL einfach entschieden, dass es weitergeht. (Aber nicht wie und wohin).
Die Diebe hätten die Aktion auch jederzeit abbrechen und gehen können. (Es war ein Eingriff aber nur ein Schubser).

Ich finde starkes Railroading sogar gar nicht so leicht.....wie hätte man denn die Diebe "sicher dazu bewegen können", dass sie einbrechen?
Ich vermute, dass wäre im Vorfeld möglich gewesen, durch eine entsprechende Motivation. Wie z. B. ein Freund ist gefangen, und der Erzmagier wird ihn töten, wenn sie ihn nicht rechtzeitig befreien.....Oder aber kurzfristig..... sie vernehmen aus dem Keller des Erzmagierhauses auf einmal ein leises Wimmern und Schluchzen...-Jemand ist im Keller dort unten eingesperrt.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:32 von Issi »

ErikErikson

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Ich finde starkes Railroading sogar gar nicht so leicht.....wie hätte man denn die Diebe "sicher dazu bewegen können", dass sie einbrechen?
.Oder aber kurzfristig..... sie vernehmen aus dem Keller des Erzmagierhauses auf einmal ein leises Wimmern und Schluchzen...-Jemand ist im Keller dort unten eingesperrt.

So zum Beispiel...oder es kommt die Stadtwache vorbei und der "einzige sichere Fluchtweg" ist, schnell einzubrechen. Oder einer stolpert und fällt durch die Bodenluke in den Keller und kommt allein nicht mehr raus....der Fantasy sind keine Grenzen gesetzt!

Was es dir schwer macht, ist das du "Illusionismus" willst, d.h. das Railroading soll nicht auffallen. Das ist drecksschwer. Denn dann muss der SL immer sagen können"Ätschbätsch ist kein RR, weil sich logisch ergibt dass...und ich hatte das nieee so geplant"
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:34 von ErikErikson »

Offline Issi

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So zum Beispiel...oder es kommt die Stadtwache vorbei und der "einzige sichere Fluchtweg" ist, schnell einzubrechen.
lustig den hatte ich auch... ;)
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Was es dir schwer macht, ist das du "Illusionismus" willst, d.h. das Railroading soll nicht auffallen. Das ist drecksschwer. Denn dann muss der SL immer sagen können"Ätschbätsch ist kein RR, weil sich logisch ergibt dass...und ich hatte das nieee so geplant"
Danke, das Puzzle fügt sich zusammen!!!
Ja, ich glaube ich hole mir die Bastelteile aus der Kiste wo draufsteht "logische Konsequenz"- :)
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:38 von Issi »

Achamanian

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Ich finde starkes Railroading sogar gar nicht so leicht....

Das ist ja einer der Punkte, der RR so problematisch macht. Es gibt eben (anders, als mancher Abenteuertext mit dem DSA-Klassikerspurch "Sie kennen ja ihre Pappenheimer!" suggeriert) in der Regel eben in vielen Situationen keine Möglichkeit, zuverlässig dafür zu sorgen, dass die SC sich für eine bestimmte Handlungsweise entscheiden.
Für dieses Problem gibt es mehrere Lösungen:
Man kann seine Vorbereitung erst gar nicht darauf ausrichten, dass irgendwelche Entscheidungen unbedingt nötig sind,
Mann kann von Anfang an klarstellen, dass man als SL ab und zu unübersehbare Wegweiser aufstellt, denen die Spieler folgen müssen, wenn sie wollen, dass es weitergeht (das ist m.E. eigentlich in praktisch jeder Runde nötig, fängt ja schon damit an, dass man sich darüber verständigt, was die Grundmotivationen der SC sind und man sich als SL dann darauf verlässt, dass die Spieler auch reagieren, wenn diese Motivationen angespielt werden.)
Man kann sich einen Haufen Werkzeuge bereitlegen, um die Ereignisse möglichst subtil irgendwie so hinzubiegen, dass die SC trotzdem die gewünschte Entscheidung treffen (müssen) oder das sie die Konsequenzen der gewünschten Entscheidung erleben, selbst, wenn sie eine andere Entscheidung treffen.

Und Letzteres ist das, was ich eindeutig als RR fassen würde. Und auch das, was am ehesten zu nerv und Frustration führt. Wenn die SC die falsche Entscheidung trifft und der SL dann zwei oder drei Mal irgendwelche Wendungen einbringt, die offensichtlich dazu gedacht sind, die SC nun eben doch wieder in genau diese Richtung zu drängen, dann wird das schnell zum Gezergel, und evtl. werden Spieler bockig. Da finde ich es tausendmal sinnvoller, als SL zu sagen: "Leute, wenn ihr das nicht macht, kann ich heute nicht weiterleiten, ich habe das eben so vorbereitet."

Offline Chruschtschow

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Da finde ich es tausendmal sinnvoller, als SL zu sagen: "Leute, wenn ihr das nicht macht, kann ich heute nicht weiterleiten, ich habe das eben so vorbereitet."

Witzigerweise ist das auch nichts unübliches im Sandkasten. "Ok, beim letzten Mal seit ihr an dieser Burgruine angekommen." *knisterfaltplanausleg* - "Ja, coole Burg. Wir drehen um und gehen in die Höhle, die wir vor einem Monat gefunden haben." - "Grrrrrrr." Orte und NSC basteln, Intentionen von Spielern antizipieren und sich darauf einstellen sind Grundwerkzeuge. Wo das Spiel letztlich zwischen Skript und Sandkasten, zwischen Illusionismus und Bass Playing oder zwischen Bauern- und   ... äh ... dem Gegenteil von Bauernspiel einzuordnen ist, sagen dir nicht die Werkzeuge, sondern der Umgang damit. "Ja, plötzlich kommt ein schwerer Sturm auf und ihr sucht Zuflucht in der Burgruine" *faltplanglattstreich* Dann war's wohl kein Sandkasten.

Wie mit'm Schrauberdreher. Damit kann ich Schrauben drehen. Und Muscheln öffnen. Und Knastis picksen. Und ...
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 12:55 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

Rollenspiel in und um Paderborn - Die Rollenspielergilde e.V. - www.rollenspiel-paderborn.de

Pyromancer

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Wobei natürlich (8]) der SL überhaupt erst mal festgelegt hat, was das "natürliche Verhalten" der NSC eigentlich ist. Oder mit anderen Worten, it's railroads all the way down...

Es ist doch so: Wenn ich einen SC spiele, dann lasse ich ihn so handeln, wie ich denke, dass diese fiktive Person handeln würde. Wenn es jetzt mehrere Möglichkeiten gibt: Er könnte A tun, oder B, oder C, und alles wäre mit dem Charakter der fiktiven Person konsistent. A finde ich als Spieler eher langweilig, von B weiß ich, dass es einen Mitspieler stören würde, und C klingt eigentlich wie eine richtig coole Weiterentwicklung - dann wähle ich als Spieler Option C.

Und als SL mach ich es genauso für meine NSCs.

Wenn da jetzt jemand hinter der Tür vorspringen und: "Haha, du Railroader!" rufen will - geschenkt.

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Ich sehe das hier wieder als Strohmanndiskussion, wo der Fall, dass ein SL seine ihm gegebenen Möglichkeiten nutzt, um einem Spieler in den ihm nach dem propagierten Spielstil eigentlich zustehenden Entscheidungen zu beschneiden, einfach mal auf alle Nutzungen dieser Möglichkeiten zur Spielweltgestaltung ohne Ansicht von Wirkung oder Intention erweitert wird und dann treudoff sich hingestellt wird: "aber dann geht es ja gar nicht ohne Railroading (Unterton: Also kann das doch nicht so schlimm sein) ... ".
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Issi

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Es ist doch so: Wenn ich einen SC spiele, dann lasse ich ihn so handeln, wie ich denke, dass diese fiktive Person handeln würde. Wenn es jetzt mehrere Möglichkeiten gibt: Er könnte A tun, oder B, oder C, und alles wäre mit dem Charakter der fiktiven Person konsistent. A finde ich als Spieler eher langweilig, von B weiß ich, dass es einen Mitspieler stören würde, und C klingt eigentlich wie eine richtig coole Weiterentwicklung - dann wähle ich als Spieler Option C.

Und als SL mach ich es genauso für meine NSCs.
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Offline Shevek

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Wobei das ja auch schon ein klassischer Beginn von Horrorfilmen ist:
Es ist Nacht, eine einsame Kutsche rumpel durch die Berge, als der Regen losbricht. Dann bricht ein Rad, die Insassen der Kutsche haben bei Nacht und Regen keine Chance - als ein Blitz ganz nah ein Schloss erhält.....

Ist das schon Railroading?
Oder muss da noch ein wilder Berglöwe (oder besser das ganze Rudel) auftauchen, die die Leute aus ihrer Kutsche vertreibt?


Ansonsten kenne ich die Beschwerde von Spielern, wenn es mal nicht so läuft, wie sie es meinen (weil es in der Welt nun mal so ist und ihre Ideen dann vielleicht auch nicht immer so zwingend hinhauen), dass ich es ja so wollen würde.


Grüße

Shevek
Nicht grundlos fallen Loriens Blätter