Autor Thema: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?  (Gelesen 7885 mal)

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Offline Grey

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #25 am: 5.09.2016 | 22:31 »
Grey, das mit den Wissenschaftlern als religiöse Kaste kommt daher, dass ich mal einen Vortrag über die Zukunft automatisierten Programmierens gehört habe, [...]
Du, kein Problem. :loll: Ähnliche Vorhersagen kenne ich selbst, auch wenn ich als ehemaliger Programmierer mich eher darüber amüsiere. Für das momentan wahrscheinlichste Szenario in Punkto Wissenschaft und Forschung halte ich eine Vorhersage aus dem Buch "Race against the machine", derzufolge in Zukunft gemischte Mensch-KI-Netzwerke an Leistungsfähigkeit sowohl rein menschliche Teams als auch reine KIs weit hinter sich lassen dürften. Aber das nur am Rande.

Zitat
Und: Dass dir eine KI-Herrschaft nicht schmeckt glaube ich dir gerne, aber von was sollten die Mega-Cons mit Drohnenarmee und Superpanzern denn sonst abgelöst werden? Menschlichen Altruisten? :D
Wenn du so willst: Ja. Viele Revolutionen nahmen ihren Anfang bei Idealisten in der herrschenden Schicht, die sich das faulende System anschauten und beschlossen: "So kann es nicht weitergehen."

Von einem ähnlichen Fall gehe ich in meinem Setting aus. So entfremdet die Führungsetage der Megakons vom "gemeinen Volk" auch gewesen sein mag, werden doch die meisten von ihnen immer noch vor radikalen Maßnahmen wie "Völkermord an den 90% überflüssigen Arbeitslosen" zurückgeschreckt haben. Während also die meisten skrupellosen Overlords einfach nur mit Panem, Circenses und einem Schuss knallharter Unterdrückung versucht haben werden, den Status Quo zu erhalten, gab es verschiedene Minderheiten, die in der einen oder anderen Richtung was bewegen wollten. Eine davon hat sich am Ende durchgesetzt. Wenn du so willst, haben die Evil Overlords am Ende gegen die Good Overlords verloren, da die Neutral Overlords nicht den letzten Rest Menschlichkeit aufgeben wollten.

Das Ergebnis war eine Revolution, auf die in globalem Maßstab die Wiederherstellung einer rechtsstaatlichen Ordnung folgte, der insbesondere auch die Wirtschaftsgrößen unterworfen waren. Das Ganze ging natürlich nicht ganz unblutig über die Bühne, aber ohne Weltuntergang.
« Letzte Änderung: 5.09.2016 | 22:53 von Grey »
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Offline sangeet

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #26 am: 6.09.2016 | 00:36 »
Eine Möglichkeit wäre auch: Konzerne sind erlaubt, aber jeder darf maximal 1 Aktie haben. Mitarbeiter des Konzerns bekommen gesetzlich vorgeschrieben als Teil des Arbeitslohnes ebenfalls eine Aktie.

Dadurch kann quasi jeder mitbestimmen und der Konzern wird letztendlich eine demokratische Struktur: Pro Aktie hat man 1 Stimme. Jede Person im Konzern hat 1 Aktie. Das heißt, jede Person im Konzern hat 1 Stimme. Der Konzern wird also nicht zerschlagen, sondern er wird von innen heraus zu einem quasi demokratischen Staat.

Eine andere Möglichkeit wären extrem hohe Erbschafts- und Schenkungssteuern. Das heißt, Leute können zwar einen Konzern aufbauen, aber wenn sie sterben, geht der Konzern in Staatsbesitz über.

OT: Das wäre in der tat ein Lösung für alle unsere Gesellschaftlichen Probleme die wir derzeit haben. Gute Idee.

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Offline Feuersänger

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #27 am: 6.09.2016 | 00:38 »
Das ist jetzt für Grey nichts Neues, aber eine ähnliche Linie fahre ich ja bei Redshift, nur eben ohne die Cyberpunk-Phase. Stattdessen baue ich da eher einige der o.g. Punkte aus, inklusive der neuen Nationalismuswelle die mittlerweile tatsächlich über die Erde schwappt. (war wohl irgendwie schon vor 8 Jahren absehbar, oder ich bin Prophet.)
Jdf, auch da stellen die meisten First World Staaten ihre Bürger lieber mit Sozialsystemen wie BGE ruhig statt mit Gewalt. Und dann gibt es da eben noch die Kolonisation neuer Welten, was die eigentlich interessante Bühne des Settings darstellt.
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Eulenspiegel

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #28 am: 6.09.2016 | 00:43 »
Dein basisdemokratischer "1 Aktie pro Person"-Ansatz geht durchaus in eine Richtung, die ich schon selbst verfolgt habe. Allerdings sehe ich da das Risiko, dass die Initiative Einzelner auf der Strecke bleibt bzw. in der Masse erstickt. Wenn wir davon ausgehen, dass weiterhin Unternehmen in Wettbewerbssituation zueinander stehen, ist es m.M.n. unabdingbar, dass auch mal Einzelne schnelle Entscheidungen für das ganze Unternehmen fällen können.
Der Ansatz ist weniger basisdemokratisch, sondern eher repräsentative Demokratie: Es gibt ja nach wie vor den Vorstand und den Aufsichtsrat.

Die Aktionäre haben prinzipiell die folgenden Rechte:
- Sie bestimmen jedes Jahr den neuen Vorstand und Aufsichtsrat.
- Sie entlasten jedes Jahr den alten Vorstand und Aufsichtsrat.
- Sie legen Grundsatzentscheidungen fest, nach denen sich der Konzern ausrichten soll. (Nur die grobe Richtung. Die Details entwickelt der Vorstand.)
- Sie entscheiden über potentielle Fusionen mit anderen Konzernen.
- Sie legen fest, wie hoch die Dividende ist. Das heißt, sie legen fest, wieviel Geld des Konzerns an die Aktionäre ausgeschüttet wird und wieviel Geld der Konzern selber behält.

Das sind die Rechte der Aktionäre im Status Quo. Und das wären auch weiterhin die Rechte bei dem "1-Aktie-pro-Mitarbeiter"-Konzern.

Schnelle Entscheidungen werden vom Vorstand an den Aktionären vorbei getroffen. (Ausnahme sind freundliche Firmenübernahmen. Aber das ist auch nichts, was zeitlich extrem schnell gehen muss.)

Disclaimer: Das ist alles meine Laien-Ansicht. Wer sich für die rechtliche Lage im Status Quo interessiert, sollte einen Juristen fragen.

PS: Wie im Status Quo wird auch in der Zukunft zwischen Lohn und Dividende unterschieden!
Zum einen bekommt jeder Mitarbeiter einen Lohn, der von seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit abhängt. Zum anderen bekommt jeder Mitarbeit für seine 1 Aktie die gleiche Dividende.

Und ja, die Aktionärsversammlung kann entscheiden, auf Löhne zu verzichten und stattdessen alles in Form von Dividende auszuzahlen. Die Aktionärsversammlung kann aber ebenso entscheiden, auf die Dividende zu verzichten und stattdessen den Lohn anzuheben. - Oder sie entscheidet irgendetwas dazwischen.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 00:57 von Eulenspiegel »

Offline D. Athair

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #29 am: 6.09.2016 | 03:49 »
Und: Dass dir eine KI-Herrschaft nicht schmeckt glaube ich dir gerne, aber von was sollten die Mega-Cons mit Drohnenarmee und Superpanzern denn sonst abgelöst werden?
Grundsätzlich ist die KI-Überlegung hilfreich.

Ich glaube man muss noch mehr Entwicklungen und Gegebenheiten bedenken:
Technisierung und Digitalisierung sind nur ein Faktor. Individualisierung und Vergemeinschaftung, die zunehmend über Netzwerke (im Sinn von Kontakt-Netzwerken) geschieht ein Weiterer. Dann kommen noch die menschlichen Grundbedürfnisse nach Sicherheit UND Freiheit (die sich wiedersprechen) dazu. Schließlich die Frage nach dem Sinn (welche derzeit für viel politische Unruhe sorgt).
Und dann noch, dass Menschen immer auch kreatürliche Wesen sind mit entsprechenden Trieben und Bedürfnissen, die sich zugunsten von Gesundheit nicht entfernen lassen.

Anders gesagt: Der Schlüssel liegt in der Verhältnisbestimmung von Mensch und KI - von Natur und Geist.
Am Gedanken einer Gesellschaft aus selbständigen und selbsttätigen Netzwerken, die in einem globalen politischen und wirtschaftlichen Rahmen agieren ... müsste man wohl weiterbauen.
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Offline Grey

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #30 am: 6.09.2016 | 07:40 »
Konzerne und Automatisierung sind eigentlich gar nicht schlecht. Man braucht doch nur ein ordentliches Sozialkonzept für die 90% (z.B. BGE?). Dazu bedarf es aber keiner Revolution. Schon gar keiner Blutigen.
Jein. Im Grundsatz gebe ich dir Recht: Konzerne und Automatisierung haben ihre guten Seiten. Die Konzerne dürfen nur nicht zu einer Oligarchie verkommen, die über den Gesetzen steht. Von letzterem Fall gehe ich bei der vorangegangenen Cyberpunk-Ära aus. Nachdem die Konzerne aber einmal diese Machtfülle hatten, haben sie die bestimmt nicht wieder ohne größeren Konflikt beschneiden lassen.

Daher die Annahme einer Revolution. Und Revolutionäre haben die Angewohnheit, in ihrem Manifest, ihrer Verfassung o.ä. festzuschreiben, dass "so was wie vorher" nie zurückkommen darf. Daher wiederum meine Frage nach Gesetzen, die eine Bildung zu großer, zu mächtiger Konzerne verhindern sollen -- ohne aber gleich das System einer Marktwirtschaft ganz abzuwürgen. Hier sind wir im Grunde wieder bei Pyromancers Ansatz: Gesucht wird eine gesetzliche Ordnung, die Sorge trägt, dass fairer Wettbewerb stattfinden kann (und insbesondere nicht durch Monopolbildung ausgehebelt wird).

Zitat
Das Problem, das ich aber eigentlich sehe, ist, dass mich "Rechtsstaatlichkeit", das Rollenspielsetting, erst mal nicht so vom Hocker reißen würde. Wo sind die Herausforderungen für Abenteurer? Liegen die zu lösenden Probleme dann vor allem außerhalb der Gesellschaft wie bei StarTrek? Und wenn ja, warum dann nicht gleich StarTrek?
Bei StarTrek wird eine scharfe Grenze gezogen: "Drinnen" der utopische Alltag, "da draußen" Gefahr und Abenteuer. Mir schwebt eher etwas mit fließenden Übergängen vor: In deinen vermeintlich sicheren Alltag kann unerwartet das Abenteuer zunächst in kleinen Dosen einsickern, um dich dann langsam hinaus in die unendlichen Weiten zu ziehen.

"Rechtsstaat" z.B. bedeutet ja nicht automatisch, dass alles gut und gerecht läuft. Es bedeutet nur, dass es Regeln gibt, die für alle gleichermaßen gelten. Trotzdem stelle ich mir in meinem Setting immer noch bessere und schlechtere Stadtviertel vor, eine Gesellschaft mit Gewinnern und Verlierern. Was ist dramatischer: Wenn du eh schon im Cyberpunk-Dschungel lebst und dich einmal mehr mit Konzern-Security anlegen musst? Oder wenn du dich dein Leben lang auf gewisse soziale Strukturen verlassen hast, und plötzlich bricht dir eine davon weg und es reißt dich ins "Abenteuer"?
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Offline Shevek

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #31 am: 6.09.2016 | 08:47 »
@Shevek: Sehr passend, dass der Vorschlag, Privatbesitz partiell abzuschaffen, von jemandem namens Shevek kommt. ;)
Und dass dieser Thread von jemandem gestartet wird, der mit dem Namen etwas anfangen kann. ;) :D, aber stimmt schon, ich habe das Buch nicht ganz zufällig gelesen, und in meinen eigenen RPG-Senarien finden sich auch immer sehr sozial orientierte Gesellschaften ohne Herrschaftsstrukturen. Das Buch selbst ist ja auch eine gute Vorlage, man kann ja vieles undogmatischer angehen. Ich denke mal, Shevek kehrt nicht umsonst nach Anarres zurück.


Dass Entscheidungen für eine Firma demokratisch von denen gefällt werden sollen, die dort arbeiten, scheint mir im Wesentlichen in dieselbe Richtung zu gehen wie Eulenspiegels 1-Aktien-Vorschlag. Da sehe ich dann leider auch dasselbe Problem: Wenn immer alle alles gemeinsam entscheiden, wird der Laden schnell unflexibel. Und die Initiative des Einzelnen geht allzu leicht unter. Wie würdest du das vermeiden wollen?
Der Grundgedanke hinter meinem Vorschlag ist, dass die Menschen über das entscheiden, was sie auch betrifft. Das ist auch ein Unterschied zu den Aktien, die ja völlig losgelöst davon sind, ob es jemanden betrifft. Man kann sie verkaufen, man behält sie, wenn man die Firma wechselt etc. Damit entscheiden irgendwann Leute, denen die Firma eigentlich egal ist (wie das ja heute auch passiert, was nicht wirklich gute Folgen hat).

Ich würde das Problem über Dezentralisierung angehen: Viele Firmen sind klein, da sind gar nicht so viele Menschen, so dass der Einzelne noch Gewicht hat.
Wenn eine Firma doch größer ist, dann werden sich Abteilungen bilden, in denen dann wieder nur kleinere Gruppen zusammenarbeiten, und jede Abteilung entscheidet für sich, was für sie wesentlich ist. Nur was für die gesamte Firma wesentlich ist, muss von allen gemeinsam entschieden werden.
Auf diese Weise ist die Mitbestimmung für jeden Einzelnen in dem Bereich besonders groß, der ihn am meisten selbst betrifft, und nimmt ab, je mehr andere mitbetroffen sind.
Das liegt aber in der Natur der Sache.

Wenn man das Ganze sehr frei organisiert, und keine wirtschaftlichen Interessen dahinter stehen, möglichst große Monopole zu schaffen, weil ja niemand Gewinn abschöpft, kann es durchaus sein, dass sich die Menschen entscheiden viele kleine Firmen zu haben, in denen jeweils der Einzelne mehr zu sagen hat.

Entsprechend kann man im übrigen auch das Zusammenleben organisieren: Über Haushalte die in Hausgemeinschaften zusammenleben und gemeinsam wirtschaften, und für politische Entscheidungen würde sich dann ein Rätesystem anbieten. Da gibt es ja schon einiges an Literatur, wobei ich mich da dann eher an Soziologen und Politwissenschaftler halten würde, und weniger an RPG und SF-Szenarien.
Der Sinn eines Rätesystems ist dann die Entscheidungen wirklich von unten her treffen zu lassen.


Man darf auch aus der Gesellschaft austreten und als freier Mensch in sogenannte Refugien ziehen - für die meisten ein intensives aber kurzes Abenteuer - ein Zurück in die Gesellschaft gibt es nicht.
Warum nicht?


Was die Abenteuer in so einer Welt angeht: Da gibt es doch noch genug Möglichkeiten an Konflikten zwischen den Menschen, Menschen die Verbrechen begehen etc.
Oder auch von außen kommende Probleme, auswandern in die Wildnis, Kampf mit Gefahren aus der Natur etc. Ethische Entscheidungen, Gesellschaftliche Konflikte an denen die Gruppe über die Entscheidungesstrukturen in der Gesellschaft beteiligt ist, eventuell versuchen Leute ihre Meinung auf unlautere Weise durchzusetzen, und es ist an der Gruppe dies zu verhindern.
Mir würde da schon was einfallen.

Grüße

Shevek
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #32 am: 6.09.2016 | 09:09 »
Damit man es sich reiflich überlegt.
Warum soll man es nicht mal ausprobieren?

Wozu dieses Einengen von Menschen?
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Offline Shevek

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #33 am: 6.09.2016 | 12:33 »
Ah, ja klar, die übliche Nicht-Antwort, wenn es keine Antwort gibt.

Aber da fällt mir ein weiterer Punkt ein: Transparenz.
Die Menschen erfahren was in ihrer Umgebung los ist und aus welchen Gründen z.B. ein Gebiet nicht betreten werden darf, und Regeln bestehen.
Das führt dazu, dass Regeln verständlich sind und das führt dazu, dass die Menschen sie zumindest vorzugsweise befolgen.

Grüße

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Offline Feuersänger

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #34 am: 6.09.2016 | 13:21 »
Rätesystem und Kollektiv, hat ja schonmal ganz wunderbar geklappt, gell?  >;D

Ein paar Anmerkungen querbeet:
- Aktien: sind ja nicht per se Teufelswerk. Die Ausschüttung von Aktien ermöglicht es Unternehmen, ihr Kapital zu erhöhen, um zu investieren, was sich ja auszahlen soll. Die Problematik entsteht ja nur dadurch, dass Märkte durch Spekulationen künstlich überhitzt werden, sich dann Blasen bilden, die irgendwann platzen. Nachdem eine Aktie einmal ausgegeben wurde, hat ja das Unternehmen nichts mehr davon, wenn sie durch tausend Hände geht und ihr Kurs Achterbahn fährt.

- Gesellschaft verlassen: das als Einbahnstraße aufzuziehen, einfach nur "damit man es nicht macht", ist schon ein ziemlich künstliches Constraint. Was anderes ist das, wenn man sich sozusagen aus dem Sozialsystem herauskaufen bzw abfinden lässt. Da bin ich auch am überlegen, ob ich in meinem Raumfahrtsetting so ein Modell einführen soll:
Ausgehend von deiner Lebenserwartung wird berechnet, wieviel du den Staat noch kosten würdest, ausgehend von BGE, Infrastruktur etc. Diese Summe kannst du dir auf einmal auszahlen lassen ("Bounty"), wenn du den Planeten verlässt und deine Staatsbürgerschaft aufgibst. Damit liegt dann das ganze Risiko bei dir selbst. Der Rückweg ist allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen, du musst dich "nur" - mit Zinsen! - wieder ins System einkaufen.

Für eine Gesellschaft, in der 90% der Wertschöpfung automatisiert ist und entsprechend wenige Leute ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, könnte das durchaus ein attraktives Modell sein. Allerdings ist da die Frage, ob das auch noch gilt, wenn es im All noch richtig Kohle zu scheffeln gibt. Dann wäre es doch für den jeweiligen Staat attraktiver, den Raumfahrer im System zu halten und Steuern abzugreifen. Ihn aus dem System rausschmeißen und _trotzdem_ noch Steuern kassieren zu wollen, ohne Gegenleistung also, wird sich wohl auf Dauer niemand gefallen lassen. Und man muss sich auch überlegen, wie sich das mit der Kolonisationsbewegung verträgt. Auch da ist ja wieder der Gedanke: wir schicken Menschen, die hier nichts mehr zu tun haben, auf einen nagelneuen Planeten, auf dem es noch jede Menge anzupacken gibt. Wie vertragen sich also diese Modelle miteinander?

Ich hab jetzt aber nicht auf dem Schirm, ob das für Greys Setting überhaupt relevant ist, also ob du da auch Raumfahrt etc drinhaben willst.
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Offline KhornedBeef

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #35 am: 6.09.2016 | 13:53 »
[...]
- Gesellschaft verlassen: das als Einbahnstraße aufzuziehen, einfach nur "damit man es nicht macht", ist schon ein ziemlich künstliches Constraint. Was anderes ist das, wenn man sich sozusagen aus dem Sozialsystem herauskaufen bzw abfinden lässt. Da bin ich auch am überlegen, ob ich in meinem Raumfahrtsetting so ein Modell einführen soll:
Ausgehend von deiner Lebenserwartung wird berechnet, wieviel du den Staat noch kosten würdest, ausgehend von BGE, Infrastruktur etc. Diese Summe kannst du dir auf einmal auszahlen lassen ("Bounty"), wenn du den Planeten verlässt und deine Staatsbürgerschaft aufgibst. Damit liegt dann das ganze Risiko bei dir selbst. Der Rückweg ist allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen, du musst dich "nur" - mit Zinsen! - wieder ins System einkaufen.

[...]
Geile Idee!
Es gibt übrigens noch eine starke Motivation für das Einbahnstraßenprinzip: Wer einmal "dort draußen" war, wäre bei seiner Rückkehr in die Gesellschaft ein Bedrohung für diese, aufgrund von wahrscheinlichen Abweichungen von der irdischen Ideologie oder Staatsreligion oder auch Sozialisierung. Das könnte sich dadurch äußern, dass im All Krieg herrscht und Rückkehrer in Konflikt mit einer sehr harmonischen Gesellschaft geraten (wie z.B. in 3:16 Carnage among the stars, oder auch, spannenderweise (aktueller Film)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
. Es könnte aber auch sein, dass neue Eindrücke und Erfahrung im Widerspruch zur Ideologie z.B. eines totalitären Staates stehen und dieses Wissen unterdrückt werden muss (potentiell der Fall bei Warhammer 40000).
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #36 am: 6.09.2016 | 14:42 »
Dieses Element spielt bei mir in der Tat auch eine gewisse Rolle. Die Wohlfahrtsgesellschaften bieten soziale Sicherheit -- verlangen dafür aber Konformität. Wer sich in den Status Quo nicht einfügen will, unangepasst ist, immer wieder aneckt, dem wird nahegelegt, sich doch einfach zu verpissen. Soll er seinen Individualismus irgendwo anders ausleben.
Dieses Konzept passt natürlich sehr gut zum "aus dem System rauskaufen". Darum macht man es - im Unterschied zu totalitären Staaten der Geschichte - den Störenden Elementen so leicht wie möglich, sich zu entfernen, damit sie keine Unruhe ins System und womöglich andere Leute auf dumme Gedanken bringen.
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #37 am: 6.09.2016 | 15:56 »
Ich hab jetzt aber nicht auf dem Schirm, ob das für Greys Setting überhaupt relevant ist, also ob du da auch Raumfahrt etc drinhaben willst.
Unbedingt! Wobei mir für dieses Setting bislang nur die interplanetare Raumfahrt vorschwebt, d.h. Kolonisierung unseres Sonnensystems. Die nächstgelegenen Sterne sind, wenn überhaupt, zur Zeit des Settings nur durch jahrhundertelange Kälteschlaf-Flüge erreichbar.

[EDIT]
Dramaturgisch gesehen wäre ein solcher Aufbruch ein: "Sie verlassen das Setting mit Kurs auf das Ungewisse." An Bord eines solchen Kälteschlaf-Schiffs zu gelangen, könnte also durchaus z.B. das Kampagnen-Endziel einer Gruppe Unzufriedener sein, die aus dem Sonnensystem weg wollen.
[/EDIT]

Aber unter diesem Aspekt:
Geile Idee!
+10 :d Das Konzept gefällt mir großartig, Feuersänger. Ich wüsste auch schon eine höchst undramatische Begründung, warum der Staat eher das mit dem "Freikaufen" macht, anstatt das Individuum im Staat zu halten: Wenn Geschäfte draußen im All riskant sind, ist es für den Staat bequemer, das Individuum sein Risiko allein tragen zu lassen.

Inwieweit das in mein bisheriges Setting passt, müsste ich noch mal genauer durchdenken. Aber wenn du ein solches Konzept in Redshift einbaust, wäre das für mich ein Grund mehr (zusätzlich zu den bisherigen 347), bei dir mitzuspielen. (Falls es uns gelingt, die Entfernung Nürnberg-Stade zu überbrücken. :-\)
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 16:04 von Grey »
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #38 am: 6.09.2016 | 22:21 »
Rätesystem und Kollektiv, hat ja schonmal ganz wunderbar geklappt, gell?  >;D
Ich schrieb da auch was von Entscheidungsstrukturen, die von unten nach oben gehen, und nicht andersrum. Eben ohne Partei die über allem steht und einen Polizeiapparat etc. zur Verfügung hat.

So was gabs schon, das stimmt, und wurde in allen Fällen von außen zerstört, hat aber gut geklappt, bis die feindliche Armee (gerne im Namen der Partei) eingefallen ist.



Es gibt übrigens noch eine starke Motivation für das Einbahnstraßenprinzip: Wer einmal "dort draußen" war, wäre bei seiner Rückkehr in die Gesellschaft ein Bedrohung für diese, aufgrund von wahrscheinlichen Abweichungen von der irdischen Ideologie oder Staatsreligion oder auch Sozialisierung.
Sollte das eine wirklich freie Gesellschaft nicht verkraften?

Grüße

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #39 am: 6.09.2016 | 22:25 »
Sollte das eine wirklich freie Gesellschaft nicht verkraften?
Wie kommst du darauf, dass die Gesellschaft frei ist? Wichtig ist doch nur, dass die Leute glauben frei zu sein. - Ob sie wirklich frei sind, ist denjenigen, die das System entworfen haben, egal.

Und stellenweise kann man sogar die Illusion der Freiheit bröckeln lassen: Wenn einzelne Leute rausfinden, dass sie in einem nicht-freien System sind, kann man ihnen Privilegien anbieten, damit sie ihren Mund halten und dafür Sorge tragen, dass das System funktioniert. Alternativ erleiden sie einen "Unfall" oder werden raus ins All geschickt.

Man könnte auch eine Gesellschaft aufziehen, die weiß, dass sie nicht frei ist. Diese hat dann die Wahl zwischen "goldener Käfig" und "Freiheit ohne Schutz in den Outer Rims". Und wenn die Kinder in einer wohlbehüteten Gesellschaft aufwachsen, ist das quasi eine automatische Konditionierung für "goldener Käfig".

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #40 am: 6.09.2016 | 23:04 »
Freut mich, wenn euch dieses Konzept so gut gefällt. Dann ist das wohl ein Zeichen, dass ich das aufnehmen sollte. =)

Inwieweit das in mein bisheriges Setting passt, müsste ich noch mal genauer durchdenken. Aber wenn du ein solches Konzept in Redshift einbaust, wäre das für mich ein Grund mehr (zusätzlich zu den bisherigen 347), bei dir mitzuspielen. (Falls es uns gelingt, die Entfernung Nürnberg-Stade zu überbrücken. :-\)

Wenn ich es vllt mal irgendwann wieder zum T-reffen schaffe, dann biete ich auf jeden Fall ne Runde Redshift an. Wenngleich es nach wie vor systemlos ist. xD
Diesen Sommer war's wieder nix, weil ich anderweitig im Urlaub war.  8)

Ansonsten müssen wir uns halt mal was einfallen lassen. Die Leute in meiner Stammrunde haben es eh nicht so mit Hard SF. :p
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #41 am: 7.09.2016 | 00:20 »
[...]
Sollte das eine wirklich freie Gesellschaft nicht verkraften?

Grüße

Shevek
Schließe mich meinm Vorredner an, wer hat etwas von "frei" gesagt? Im Gegenteil, ich glaube mich zu erinnern, wortwörtlich von "totalitär" gesprochen zuhaben. Man nehme eine Bevölkerung in Unwissenheit, dann ist "verkraften" schon fast missverständlich, oder eine Wortwahl aus dem System heraus. Ach komm, seien wir bequem: Hunger Games. "Alles zu eurem Besten, wir wollen doch alle den Frieden!"
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #42 am: 7.09.2016 | 01:50 »
Da habe ich mich doch von dem Wort "Idealismus" im Eingangspost einlullen lassen.
Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass es um eine bessere Gesellschaft gehe, und nicht darum die Macht der Konzerne durch Totalität zu ersetzen. Strukturen um Freiheit und Gerechtigkeit zu garantieren.

Wenn man darauf verzichtet, ist es doch ganz einfach: Eine Partei an die Macht, und alle Produktionsstätten werden verstaatlicht und unter die Kontrolle der Partei gestellt. Dann gibt es schon keine Konzerne mehr, bzw. sie gehören der Gemeinschaft, vertreten durch die Partei - und die Partei hat sich noch nie beschwert, im Namen des Volkes.
Mächtige Konzerne wird es dann nicht mehr geben.


Grüße

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #43 am: 7.09.2016 | 02:08 »
Das mit dem Totalitär war ja auch auf Khorned's Mist gewachsen, nicht auf Greys. Der mag es durchaus ein paar Schippen optimistischer. ^^
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Offline KhornedBeef

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #44 am: 7.09.2016 | 07:42 »
Da habe ich mich doch von dem Wort "Idealismus" im Eingangspost einlullen lassen.
Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass es um eine bessere Gesellschaft gehe, und nicht darum die Macht der Konzerne durch Totalität zu ersetzen. Strukturen um Freiheit und Gerechtigkeit zu garantieren.

Wenn man darauf verzichtet, ist es doch ganz einfach: Eine Partei an die Macht, und alle Produktionsstätten werden verstaatlicht und unter die Kontrolle der Partei gestellt. Dann gibt es schon keine Konzerne mehr, bzw. sie gehören der Gemeinschaft, vertreten durch die Partei - und die Partei hat sich noch nie beschwert, im Namen des Volkes.
Mächtige Konzerne wird es dann nicht mehr geben.


Grüße

Shevek
Hast recht, ich bin vom OP abgeschweift mit meinen Beispielen. Bliebe die Möglichkeit dass die Gesellschaft tatsächlich perfekt harmonisch ist und der Weltraum die Leute charakterlich verhunzt.
Natürlich kann man jetzt schnell einen Thread aufmachen, ob eine Utopie des Totalitarismus (durch wohlwollende KI, selbstredend) nicht formal zulässig wäre ;)
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Offline Grey

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #45 am: 7.09.2016 | 09:19 »
Hast recht, ich bin vom OP abgeschweift mit meinen Beispielen. Bliebe die Möglichkeit dass die Gesellschaft tatsächlich perfekt harmonisch ist und der Weltraum die Leute charakterlich verhunzt.
Zwischen "perfekt harmonisch" und "totalitär" gibt es eine breite Palette an Grautönen, auf die ich mit meinem Setting ziele. Wie schon im OP gesagt: MIr schwebt eine Gesellschaft vor, die mit guten Absichten gegründet wurde, aber natürlich (wie alles in der Praxis) ihre Pferdefüße hat. Soll heißen: Ein gewisses, durchaus brauchbares Maß an Freiheit wurde tatsächlich erreicht, aber es gibt auch Ungleichheit und Ungerechtigkeit und natürlich diejenigen, die sich das für ihr Machtstreben zunutze machen.

Die dramaturgische Prämisse soll sein: Das System ist nicht perfekt. Vor der einen Ungerechtigkeit schützt es, andere lässt es zu. Wenn es aber bedroht wird, gibt es Gründe, sich für seine Erhaltung einzusetzen. (Oder die Versuchung, es wegen seiner Fehler eben doch zu zerstören.)
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 09:21 von Grey »
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #46 am: 7.09.2016 | 11:46 »
@KhornedBeef: Wie Grey schon schrieb: Es gibt noch einiges zwischen einem totalitären Regime und der perfekten Welt.

Eine bessere Gesellschaft, bzw. eine mit guten Absichten aufgebaute Gesellschaft, kann ihre Schwächen haben, schon weil ja doch immer Menschen dahinter stecken.
Wenn aber die Gemeinschaft Angst vor Einflüssen von Außen hat, oder meint, dass wer von Außen in die Gemeinschaft kommt, diese automatisch mit den neuen Ideen gefährden würde, dann stimmt ganz gewaltig was nicht.

@Grey: Dann wird die Gesellschaft aber von ihren grundlegenden Strukturen sehr Menschenfreundlich sein, nur mit Fehlern die dann später eintreten? Auch das erinnert mich ja schon an den Planet der Habenichtse. Die grundlegende Idee ist gut, aber sie wird teils zu dogmatisch umgesetzt.

Grüße

Shevek
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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #47 am: 8.09.2016 | 00:32 »
Um mal zur ursprünglichen Frage zurück zukommen.

Zwei Dinge ermöglichen die Macht von Megakonzernen:
1) Das recht auf geistiges Eigentum (Patente, Geschmacksmuster, Urheberrechte)
2) Der Besitz und der Zugang zu beschränkten Ressourcen (Bodenschätze, Maschinen, Arbeitskraft, etc...)

Fällt beides weg, z.B. durch eine ultimative und freiverfügliche Ressource (siehe Duplikatoren, 3D-Drucker mit sehr billigen Werkstoff, frei verfügbare Energie aus billigen Beständen), die jedem erlaubt fast alles Notwendige einfach selbst herzustellen, sowie dem wegfall von Urheberrechten ()Jeder darf alles produzieren) verhindert die Bündelung von Ressourcen.
Damit stehen handwerkliche oder kreative Fähigkeiten im Fokus der Produktion und nicht der Besitz von materiellen Gütern.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.

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Offline Grey

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #48 am: 8.09.2016 | 09:18 »
@Grey: Dann wird die Gesellschaft aber von ihren grundlegenden Strukturen sehr Menschenfreundlich sein, nur mit Fehlern die dann später eintreten?
Diese Frage finde ich schwierig zu beantworten. Was ist "menschenfreundlich"?

Grundsätzlich tritt ja jedes neue System mit dem Anspruch an, "menschenfreundlich" zu sein. Manchmal werden die Pferdefüße schon bei der Gründung hineingeschmuggelt, manchmal zeigen sich Designfehler erst nach Generationen in der Praxis. Aber niemand hebt nach einer Revolution ein neues System aus der Taufe und verkündet: "Das ist unser neues Unterdrückungsinstrument, du blödes Volk, du!"

Historische Beispiele gibt es da in Hülle und Fülle:
  • Die Verfassung der Sowjetunion gilt als eine der freiheitlichsten der Weltgeschichte und wurde von den monarchiemüden Russen als enormer Fortschritt bejubelt. Pech nur, dass ein paar findige Köpfe einen Artikel reingemogelt hatten, der es erlaubte, jeden Teil der Verfassung außer Kraft zu setzen, "wenn es die Staatsraison erforderte".
  • Das Feudalsystem, das heute als Synonym für Willkürherrschaft steht, beendete nach der Völkerwanderung eine Ära lokaler, tyrannischer Kriegshäuptlinge. Die Gesetzgebung Karls des Großen schuf Rechtssicherheit für alle Stände, sodass bis weit ins Spätmittelalter hinein auch der unfreie Bauer Rechte hatte, die kein Fürst oder Herzog antasten konnte. Zur flächendeckenden Tyrannei entwickelte sich das System erst zur Renaissance hin.
  • Die Gottkaiser der Inka errichteten einen Adel, dessen Aufgabe in der Nahrungsmittelverteilung in einem riesigen Bereich der Anden bestand. Archäologische Funde bestätigen, dass Hungersnöte im Inkareich praktisch unbekannt waren.
Fazit: Jedes neue System wird -- ehrlich oder vorgeblich -- von einem "menschenfreundlichen" Grundgedanken getragen, der vor allen Dingen darin besteht, den quälendsten Missstand der vorangegangenen Epoche zu beenden. Ein solcher Missstand wäre in meinem Setting (unter anderem) die Machtkonzentration in den Händen unkontrollierter Megakonzerne. Für mein Setting gehe ich davon aus, dass die verfassungsgebenden Köpfe es im Großen und Ganzen ehrlich meinten und es sich bei den aufkeimenden Konfliktherden um Designfehler handelt, nicht um absichtlich eingebaute Hintertüren.

Zwei Dinge ermöglichen die Macht von Megakonzernen:
1) Das recht auf geistiges Eigentum (Patente, Geschmacksmuster, Urheberrechte)
2) Der Besitz und der Zugang zu beschränkten Ressourcen (Bodenschätze, Maschinen, Arbeitskraft, etc...)

Fällt beides weg, z.B. durch eine ultimative und freiverfügliche Ressource (siehe Duplikatoren, 3D-Drucker mit sehr billigen Werkstoff, frei verfügbare Energie aus billigen Beständen), die jedem erlaubt fast alles Notwendige einfach selbst herzustellen, sowie dem wegfall von Urheberrechten ()Jeder darf alles produzieren) verhindert die Bündelung von Ressourcen.
Das klingt auf jeden Fall nach einem interessanten Ansatz. Allerdings lassen sich nicht pauschal alle Ressourcen dezentralisieren. Energieversorgung, Wasser- und Abwasserwirtschaft, Bergbau etc. wird weiterhin zentrale Erzeugungs- und Verteilungsstellen erfordern. Diese sollten dann entweder dem Staat gehören oder aber private Eigner müssten einer scharfen gesetzlichen Kontrolle unterworfen sein.

Patent- und Urheberrecht müssten auf jeden Fall stark reformiert werden, da stimme ich dir zu. Die Vorstellung allerdings, das Urheberrecht ganz aufzuheben, verursacht mir Unbehagen. Als Romanautor lege ich großen Wert darauf, für meine Geschichten die Anerkennung zu ernten; und auch darauf, dass meine Geschichten nicht einfach von jedem umgeschrieben und verfälscht weitergegeben werden können. Wenn diese Gefahren bestünden, wäre das für mich im Gegenteil sogar eher ein Kreativitätshemmnis (und ich bin da unter meinen Autorenkollegen noch relativ liberal).
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Offline KhornedBeef

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Re: [SF] Die Ära der Megakons ist vorbei -- was nun?
« Antwort #49 am: 8.09.2016 | 09:31 »
Diese Frage finde ich schwierig zu beantworten. Was ist "menschenfreundlich"?

Grundsätzlich tritt ja jedes neue System mit dem Anspruch an, "menschenfreundlich" zu sein. Manchmal werden die Pferdefüße schon bei der Gründung hineingeschmuggelt, manchmal zeigen sich Designfehler erst nach Generationen in der Praxis. Aber niemand hebt nach einer Revolution ein neues System aus der Taufe und verkündet: "Das ist unser neues Unterdrückungsinstrument, du blödes Volk, du!"

Historische Beispiele gibt es da in Hülle und Fülle:
  • Die Verfassung der Sowjetunion gilt als eine der freiheitlichsten der Weltgeschichte und wurde von den monarchiemüden Russen als enormer Fortschritt bejubelt. Pech nur, dass ein paar findige Köpfe einen Artikel reingemogelt hatten, der es erlaubte, jeden Teil der Verfassung außer Kraft zu setzen, "wenn es die Staatsraison erforderte".
  • Das Feudalsystem, das heute als Synonym für Willkürherrschaft steht, beendete nach der Völkerwanderung eine Ära lokaler, tyrannischer Kriegshäuptlinge. Die Gesetzgebung Karls des Großen schuf Rechtssicherheit für alle Stände, sodass bis weit ins Spätmittelalter hinein auch der unfreie Bauer Rechte hatte, die kein Fürst oder Herzog antasten konnte. Zur flächendeckenden Tyrannei entwickelte sich das System erst zur Renaissance hin.
  • Die Gottkaiser der Inka errichteten einen Adel, dessen Aufgabe in der Nahrungsmittelverteilung in einem riesigen Bereich der Anden bestand. Archäologische Funde bestätigen, dass Hungersnöte im Inkareich praktisch unbekannt waren.
Fazit: Jedes neue System wird -- ehrlich oder vorgeblich -- von einem "menschenfreundlichen" Grundgedanken getragen, der vor allen Dingen darin besteht, den quälendsten Missstand der vorangegangenen Epoche zu beenden. Ein solcher Missstand wäre in meinem Setting (unter anderem) die Machtkonzentration in den Händen unkontrollierter Megakonzerne. Für mein Setting gehe ich davon aus, dass die verfassungsgebenden Köpfe es im Großen und Ganzen ehrlich meinten und es sich bei den aufkeimenden Konfliktherden um Designfehler handelt, nicht um absichtlich eingebaute Hintertüren.
Das klingt auf jeden Fall nach einem interessanten Ansatz. Allerdings lassen sich nicht pauschal alle Ressourcen dezentralisieren. Energieversorgung, Wasser- und Abwasserwirtschaft, Bergbau etc. wird weiterhin zentrale Erzeugungs- und Verteilungsstellen erfordern. Diese sollten dann entweder dem Staat gehören oder aber private Eigner müssten einer scharfen gesetzlichen Kontrolle unterworfen sein.

Patent- und Urheberrecht müssten auf jeden Fall stark reformiert werden, da stimme ich dir zu. Die Vorstellung allerdings, das Urheberrecht ganz aufzuheben, verursacht mir Unbehagen. Als Romanautor lege ich großen Wert darauf, für meine Geschichten die Anerkennung zu ernten; und auch darauf, dass meine Geschichten nicht einfach von jedem umgeschrieben und verfälscht weitergegeben werden können. Wenn diese Gefahren bestünden, wäre das für mich im Gegenteil sogar eher ein Kreativitätshemmnis (und ich bin da unter meinen Autorenkollegen noch relativ liberal).
Schöne Überlegung zu den sich ablösenden politischen Systemen!

Zum Urheberrecht: Zum einen musst du ja deinen eigenen Lebenswerwerb nicht als normativ für eine völlig veränderte Zukunft betrachten. Im Gegenteil, Figuren, die das in Science-Fiction-Geschichten tun, verdächtige ich erstmal der Parodie...
Zum anderen sagst du ja selber, das liegt daran, dass das dein Lebensunterhalt ist. Wäre der jetzt anderweitig gesichtert, läge der Fall anders. Der klassische Marktwirtschaflter wird sagen: Schlecht, ganz schlecht. Ohne Anreiz wird ja nichts produziert, auch keine gute Kunst. Andere sagen: Super, die Befreiung von äußeren Zwänge erlaubt die Auslebung deiner Kreativität, und potentiell ganz neue Kunst!
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