Autor Thema: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!  (Gelesen 123733 mal)

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Offline Chruschtschow

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #725 am: 2.10.2016 | 12:40 »
@Eulenspiegel:
Es geht nicht um die Einzelereignisse. Der Sturm zieht auf. Und dann zerschellt das Schiff. Und dann schmeißt die Priesterin die SC raus. Es geht darum, dass eine lange Kette von Ereignissen offenbar macht, dass hier die SL das Verlassen der Insel unmöglich machen möchte. Ein isoliertes Betrachten der Einzelereignisse ist uninteressant für die Diskussion. Da könnte noch das Flohnetzwerk ausfallen, die Transportflugsaurier aussterben und das Meerwasser mit Olivenöl ausgetauscht werden, um Walk on Water zu verhindern.

Die einzelnen Sachen sind wurscht. Es geht um das Sichtbarwerden der Spielleiterlenkung durch wiederholtes Unterbrechen von Spieleraktion. Und da merkst du dann, dass deine Schaufel und deine Förmchen gegenüber einem "besseren großen Ganzen", dem SL-Plot, nix wert sind. Das ist dann üblicherweise die Stelle, an der es knirscht, die Spieler unwirsch werden, die Sandbox kollabiert, der Anti-RR-Mob den Strick über'n Baum wirft und mit Fackeln und Mistgabeln loszieht. ;)
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 12:48 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Issi

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #726 am: 2.10.2016 | 12:45 »
Ein großer Vorteil an Plots ist, dass da NSC vorkommen, über die die SC absolut nix wissen und die sie nicht einschätzen können. Das allein finde ich schon recht spannend. Die Helden reisen, entdecken Unbekanntes, erleben Unvorhergesehenes.
Das erzeugt Spannung.
Wie geht es uns, wenn wir in ein fremdes Land reisen und plötzlich Kreaturen gegenüber stehen, die wir noch nie gesehen haben?
Ganz ohne Aufregung ziehen wir sicher nicht los.
Oder um Bilbo Beutlin zu zitieren: "Nein Danke, wir wünschen keine Abenteuer!" :)
Wikipedia sagt dazu:
Als Abenteuer (lat.: adventura: „Ereignis“; mittelhochdt.: aventiure) wird eine risikoreiche Unternehmung oder auch ein Erlebnis bezeichnet, das sich stark vom Alltag unterscheidet. Es geht um das Verlassen des gewohnten Umfeldes und des sozialen Netzwerkes, um etwas Wagnishaltiges zu unternehmen, das interessant, faszinierend oder auch gefährlich zu sein verspricht und bei dem der Ausgang ungewiss ist. In diesem Sinne gelten und galten Expeditionen ins Unbekannte zu allen Zeiten als Abenteuer.[/b]
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 12:55 von Issi »

Offline Chruschtschow

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #727 am: 2.10.2016 | 12:58 »
@Issi:
Es geht doch gar nicht darum, keine abenteuerlichen Situationen zu erleben. Es geht darum, dass die Gruppe ehrlich miteinander ist. Wenn Wellentänzer seinen Bang-Dingens-Railroading-Kram rausholt, dann weiß seine Gruppe: "Da stehen gleich große Schilder in Richtung Abenteuer! Wooohoooo!" Da stimmt offenbar die Kommunikation.

Würde er das ohne Ankündigung mit einer Gruppe machen, die mit Marzaans Sandbox glücklich wäre, dann hätte er wahrscheinlich eine Meuterei an der Backe. Und die äußert sich im Spiel oft dadurch, dass die Leute nicht offen sagen: "Mag ich nicht." Sie fangen an den Schotter unter den Schienen wegzubuddeln (die für die andere Gruppe nicht existieren!), den Zug zu entgleisen, die Insel zu verlassen, entgegen der Richtung der Hinweisschilder zu laufen. Das ist keine Flucht vorm Abenteuer, das ist Protest.

Da muss halt irgendwer - egal ob SL oder Spieler - irgendwann mal sagen: "Was machen wir allesamt eigentlich gerade für einen Mist?" Ingame lässt sich das nach meiner Erfahrung nicht lösen. Durch Outgame-Klärung habe ich schon mehr als ein Mal erlebt, dass nach ein paar Minuten einer sagt: "Achso, jetzt durchschau ich das," und das Spiel dann runder und zufriedenstellender für alle läuft.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 13:00 von Chruschtschow »
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Eulenspiegel

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #728 am: 2.10.2016 | 12:59 »
@Chruschtschow
Aber die Ereigniskette basiert doch auf Einzelereignissen. Und natürlich gilt: Wenn ein Einzelereignis "fehlerhaft" ist, dann ist damit auch die ganze Kette "fehlerhaft". Aber man kann doch daraus nicht den Schluss ziehen, dass alle Ereignisse aus der Kette fehlerhaft sind.

Und ich habe den Eindruck, du verwechselst hier "Dramaturgie-getrieben" mit "Lineares AB". Dramaturgie-getrieben bedeutet eben nicht, dass den SCs das Verlassen der Insel unmöglich gemacht wird. Dramaturgie-getrieben bedeutet, dass man ein Ereignis einwirft, weil es dramaturgisch sinnvoll ist.

Wenn die SCs die Insel verlassen wollen, dann können sie auch in einem dramaturgie-getriebenen AB die Insel verlassen. (Im Gegensatz zu einem linearen AB.) Der SL entscheidet halt bloß "einfach so die bei strahlenden Sonnenschein die Insel zu verlassen ist langweilig". Er lässt daher aus dramaturgischen Gründen einen Sturm aufziehen. Das erschwert sicherlich das Verlassen der Insel. Aber wenn die SCs durch den Sturm segeln, ein paar Matrosen retten, die durch den Sturm ins Wasser fallen, ein Blitz einschlägt, durch den ein Segel Feuer fängt, die anderen Segel eingeholt werden müssen, damit der Mast nicht durch den Druck zusammenbricht, der Kapitän dabei die Klippen umschiffen muss. Dann haben die SCs anschließend auch erfolgreich die Insel verlassen. Allerdings war das wesentlich dramatischer.

Halt kein langweiliges "wir schippern davon", sondern ein actionreiches "wir segeln durch den Sturm". Und diese Entscheidung hat halt nicht die Zufallstabelle, sondern der SL getroffen.

Offline Chruschtschow

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #729 am: 2.10.2016 | 13:05 »
@Eulenspiegel:
Ich fürchte, du musst noch ein Mal ein paar Seiten zurück blättern und nachlesen, so ab Beitrag 630 bis 640. Da geht es um die Sandbox als Gegensatz und da kommt auch der Kontext zum Beispiel her. Nämlich dass eben die Insel der Sandkasten sein kann, Leute im Sandkastenspiel raus können, dann aber auch raus sind, dass aber die Evil Railroader (tm) die Insulaner einsperren usw.

Vor allem ging es Wandler aber um den Unterschied, wann werden ein oder mehrere Ereignisse so unwahrscheinlich, dass die als SL-Entscheidung mit den Grenzen der Sandbox-Definition kollidieren.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 13:10 von Chruschtschow »
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Offline Isegrim

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #730 am: 2.10.2016 | 13:08 »
Ich störe mich erheblich an der Festlegung, was genau "ergebnisoffenes Spiel" bedeuten soll, bzw inwieweit daraus Vorgaben für die SL abgeleitet werden. Ja, "dramaturgische Entscheidungen" seitens des SL können einer Ergebnisoffenheit entgegenstehen. Aber nein, sie müssen es nicht. Es gibt für eine SL viele Arten, "dramaturgisch" in das Spiel einzugreifen. Idealerweise ist es mE, wenn dabei die Entscheidungen der SCs berücktsichtigt oder unterstützt werden, also den Wünschen der Spieler entgegenkommen. Das muss nicht immer der Fall sein. Manche SLs setzen hier bestimmt ihren Kopf gegen den offensichtlichen Wunsch der Spieler durch (mE suboptimal), oder deuten diese falsch (kommt halt vor), oder richten sich nach den Wünschen mancher Spieler, und enttäuschen damit andere (völlig homogene Gruppen sind halt nicht häufig). Die Eins-in-Eins-Setzung "Ergebnisoffenheit bedeutet dies", die va Marzaan hier aufmacht, finde ich daher daneben.

Bsp.: Die SCs haben zwei mögliche Reisewege, um an ein bestimmtes Ziel zu kommen, dass sie auch wirklich erreichen wollen (kein Railroading!). Der eine ist läner oder teurer, aber der andere birgt laut den SCs zugänglichen Informationen eine größere Chance eines Räuberüberfalls. Die Spieler lassen ihre SCs diskutieren und kommen zu der Entscheidung "Alles, nur keine Räuber!", und wählen daher Weg eins.

Nun kann der SL entweder Zufallstabellen heranziehen. Hier kann die Chance "Räuberüberfall" bei Weg 1 deutlich geringer sein, entsprechend der Informationen. Es kann aber eintreten (so die Tabelle diese Option enthält). Das mag entsprechend der Weltlogik realistisch oder logisch sein, aber der klar formulierte Wunsch der Spieler "Bloss keine Räuber!" kann damit entwertet werden.

Zieht man keine Zufallstabelle heran, kann der SL entscheiden, dass keine Räuber auftauchen. Auch das ist eine dramaturgische Entscheidung! Sie kann bspw damit begründet werden, dass ein Überfall, der ansonsten keine Berührung mit der Hanbdlung bzw den bisherigen Ergeignissen hat, nur wertvolle Spieklzeit kostet, und die Spieler offensichtlich keinen Mehrwert davon erwarten. ME unterstützt hier der dramaturgische Eingriff bzw die gezielte Gestaltung durch die SL den Spielerwunsch. Ist es immer noch "ergebnisoffen"? ME ja, da sich dieser Begriff mE auf die Ergebnisse der "Geschichte" bezieht, egal ob die von der SL geplant wurde oder sich alleine aus der Interaktion Welt-SCs ergibt. Das "Ergebnis" gibt es erst am Ziel der Reise, und das wird von i-welchen Reiseerlebnissen nicht beeinflusst.

Natürlich kann die SL auch sagen "Die Räuber kommen in jedem Fall, egal was die SCs entscheiden oder die Spieler wollen". Dass man das wenig ideal findet kann ich gut verstehen, gerade wenn es keinen von der SL vorgebenen Plot geben soll. Denn das mE im Prinzip akzeptable Argument "Der Überfall steht im Kontext des Plots und muss daher erfolgen", zieht dann natürlich nicht mehr.
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Offline Wandler

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #731 am: 2.10.2016 | 13:21 »
Es kann aber jedes Einzelereignis für sich selbst in Ordnung sein und erst die Kette das Problem darstellen und so ist es doch hier. Der Sturm der die Abfahrt von der Insel unmöglich macht, ist doch ein Element, dass tatsächlich vorkommen kann. Ich fände es total unrealistisch wenn so eine Element nun nicht mehr vorkommen dürfte weil es dramatischen Kritieren genügt. Es gibt Dinge die sind unmöglich in einer Spielwelt und ich möchte auch dass ein Spielleiter dies einsetzt.

Chrutschow hat es aber komplett richtig formuliert, es geht dann nicht mehr um Glaubwürdigkeit sondern um Protest. Ein unmöglich überwindbarer Berg und umgehbarer (nicht weil er aufgrund einer invisble wall es physisch unmöglich wäre ihn zu umgehen, sondern weil eine Reise rundherum für das was die Spieler erreichen wollen einfach keine reelle Option ist) Berg zwischen Aufenthaltsort der Spieler und Ziel der Spieler ist etwas das vorkommen können muss auch wenn die orkversuchten Minen die durch ihn führen ein offensichtliches dramaturgisches Element sind vorkommen dürfen. Das fordere ich als Spieler und auch als Spielleiter in meinen Runden für mich und meinen Spielstil. Aber das schließt nicht aus, dass dies mit einem anderen Spielstil unvereinbar ist, wie dem von Marzaan - nur kann man dann nicht

1. Anderen abzusprechen in einer Sandbox zu spielen
2. ... oder erklären wie schlecht deren Stil ist
3. ... und ihnen die FÄHIGKEIT absprechen darin zu spielen
4. ... und gleichzeitig dafür einstehen und dafür kämpfen wie mega tolerant man selbst sei.

DENN, wenn die Spieler diesen Weg durch die Minen partout nicht nehmen will, dann hat das Problem absolut gar nichts mit Railroading, Sandboxen, Dramaturgie zu tun. Dann ist die Frage: Was leitet der Spielleiter versus Was wollen die Spieler überhaupt spielen. Die Motivation dahinter ist komplett egal. Selbst die Methodik mit der das umgesetzt wird ist komplett irrelevant. Wenn die Spieler den wochenlangen Umweg um den Berg nehmen möchten und in der Zwischenzeit das Reich untergeht weil die braven Helden nicht die dramaturgische Abkürzung gewählt haben, dann sei das so. Wenn das ist was die Spieler spielen und der Spielleiter auch leiten will, ist das in Ordnung. Sehr oft wurde ja das Beispiel genannt: Was passiert wenn die Spieler das Ereignis ignorieren. Es gibt aber Dinge die man nicht ignorieren kann, weil sie direkt um einen herumgeschehen und auch solche Ereignisse möchte ich in einem Rollenspiel sehen, weil sonst hat das für mich nichts mehr mit der Modellierung einer nachvollziehbaren Welt zu tun.

Die andere Seite der Medaille gib es nämlich genauso,nur über die wird nur seltener gesprochen weil dem SL soviel Verantortung beigemessen wird anstatt zu berücksichtigen, dass eigentlich auch die Spieler eine verdammt hohe Verantwortung hätten: Es gibt nicht nur die bösen Railroading SL die ihren Weg durchdrücken, es gibt auch die Zuckerwatte-Samthandschuh-Mimimi-Spieler die keine andere Interpretation zulassen als ihre eigene und für die ist es komplett egal ob der Rest der Welt das nicht als Railroading, dramaturgisch strukturiert, etc. sieht oder ob der Spielleiter seine Weltenmaschine und den Simulator basierend auf seiner Doktoratsarbeit zur Ökonomie und Umwelt fiktiver Welten aufgebaut hat. Denn für diejenigen ist nämlich die Konsequenz inakzeptabel mit der sie leben müssten wenn es nicht nach ihrem Kopf geht. Wenn das Risiko 99,9999% ist das die Spieler im Sturm alle etrinken und sie wählen es trotzdem dann ist das ihre Sache. Es gibt für solche Spieler aber keine glaubhafte Argumentation wenn das Risiko höher oder der Nutzen geringer ist als ihre eigene durchgedachte Wahl.

Eine gute Spielrunde kann nur gut funktionieren wenn beide Seiten gleichermaßen sich beteiligen um diese Extreme zu verhindern. Für jene Spieler und Spielleiter die das nämlich verstanden und verinnerlicht haben und die nicht auf ihrem eigenen Ich-bin-so-wichtig Ego-trip duchs Leben ziehen ist es so was von egal welchen Spielstil die dann spielen und ob das dann dramaturgisch ist oder nicht oder eine sandbox oder nicht oder railroading oder nicht. Die werden sich nämlich aneinander anpassen und mit ihrer Entscheidung in ihrer Spielrunde sehr viel Spaß haben, ganz egal wie wild rundherum die Rollenspielpolizei das Haus beschießt.

@Chruschtschow, ja genau das war mir wichtig.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 13:25 von Wandler »

Online Maarzan

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #732 am: 2.10.2016 | 13:32 »
Ob jemand an der Hafenmauer zerschellt oder das überlebt, ist aber keine Frage von "Dramaturgie vs. Zufall".

Das ist eher eine Frage von "Legt der SL das Ergebnis fest" vs. "Hängt von den Fertigkeiten der SC in Schifffahrt ab".
Und bei der Voodoo-Priesterin ist es ebenfalls eine Frage von "Legt der SL das Ergebnis fest" vs. "Hängt von den Fertigkeiten der SC in Diplomatie ab".

Daher denke ich "Der SL beschreibt, dass ein Sturm aufzieht" hat eine vollkommen andere Qualität als "Der SL beschreibt, dass das Schiff an der Hafenmauer zerschellt."

Dass ein Sturm aufzieht, ist eine Sache, auf die die SCs eh keinen Einfluss haben. Von daher ist es vollkommen egal, ob man dies nun über eine Zufallstabelle entscheidet oder ob man das Dramaturgie-getrieben entscheidet.
Ob das Schiff dagegen an der Hafenmauer zerschellt, ist eine Sache, auf die die SCs einen Einfluss haben. Hier macht es dann einen Unterschied, ob man den SCs diesen Einfluss gestattet oder ihnen diesen verwehrt.

Ich halte es daher für sehr verfehlt, die beiden Ereignisse "SL entscheidet ohne Zufall selbst, dass ein Sturm aufzieht" und "SL entscheidet ohne Zufall selbst, dass das Schiff an der Hafenmauer zerschellt." in einen Topf zu werfen. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Entscheidungen! Einmal eine Entscheidung, auf die die Spieler eh keinen Einfluss haben. Und das andere Mal eine Entscheidung, auf die die Spieler einen Einfluss haben.

Dier Zielsetzung für das Ereignis war doch schon mitgenannt worden hier: Die Spieler mußten noch auf der Insel festgehalten werden, damit vorgeplante Ereignisse wie vom SL vorgesehen ablaufen können.

Und damit ist auch klar, dass die anderen Versuche schief gehen müssen, sonst hätte er sich den ersten Eingriff schon sparen können.

Völlig isoliert betrachtet, ist das halt ein Grenzfall.
Das Ganze könnte auch einfach ein Stück "Umwelt" sein. Aber wenn es arg unwahrscheinlich oder extrem wird, wird es eben auch verdächtig.
Und spätestens wenn es Teil der Spielerentscheidungen ist, haben diese in den entsprechenden ergebnisoffenen Spielstilen den Anspruch darauf, dass das sauber ermittelt wird. Wenn die Abschätzung der Chance auf ein Unwetter Teil der Reiseplanung  oder ähnlicher Relevanz ist, ist es dort eben eine Entwertung der Spielerentscheidung da jetzt willkürlich etwas zu setzen, weil es illegitim die Entscheidungsgrundlagen verändert.

@ Issi

Solche NSC gibt es auch in einer Sandbox und eine gute Sandbox hat sie in entsprechender Dosis dann auch in verschiedensten Formen anzubieten als bereits erwähnte "Vorspannung". Und weil die reale Sandbox nie komplett vordefiniert sein kann, wird auch immer mal wieder eine Lücke auftreten, welche dann spontan neu gefüllt werden muss.

Aber diese Setzungen haben der Spielweltlogik zu folgen und die Handlungen haben dann entsprechend von dem Charakter des NSCs auszugehen und der akuten Situation (zu der auch direkte und indirekte Einflüsse der SC gehören) und nicht "Die SC dürfen hier keinen finden, der sie doch noch zur nächsten Insel bringt" - auch wenn im Einzelfall der Übergriff schwer nachweisbar ist.

@ Isegrim
Wenn die Eimngriffe nicht der Ergebnisoffenheit oder ähnlichen Belangen des betroffenen Spielstils entgegenstehen, wird vermutlich auch keiner protestieren. Protestiert wird, weil Leute solche dramaturgischen Eingriffe erlebt haben, die gegen den ausgemachten Spielstil verstoßen haben.

Räuberbeispiel:
Die Entscheidung der Spieler war es auf Grund der ihnen verfügbaren Informationen den Weg mit der geringeren Räuberwahrscheinlichkeit zu wählen. Die Entscheidung keine Räuber zu treffen, also das Ergebnis selbst zu setzen, steht den Spielern in z.B. einer Sandbox dort nicht zu, denn darauf haben ihre Charaktere keinen Einfluss . Aber sie haben bei Zutreffen ihrer Annahmen den Anspruch eine Entscheidung zu bekommen, welche diesen unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten gerecht wird, also mit einer den Umständen entsprechend deutlich geringeren Wahrscheinlichkeit auf Räuber zu treffen als auf dem anderen Weg. Also Würfeln, wenn keine eindeutigen oder der Eindeutigkeit ausreichend nahekommenden Tatsachen aus der Spielwelt anderes festlegen. Ja, auch diese werden dann vom Spielleiter gesetzt,aber auch hier gilt, dass dies eben treu dem Spielstil zu geschehen hat.
Es geht bei ergebnisoffenem Spiel gerade nicht um das Erzielen eines bestimmten Ergebnisses (wie der Name ja eigentlich schon sagt), sondern um das Erleben des den Prozesses dahin.

@Wandler
Die Eigenschaft der Ergebnisoffenheit und Primat der internen Kausalität ist Grundeigenschaft einer Sandbox und steht ja gerade in Abgrenzung zu den Spieleindrücken, welche eine dramagesteuerte oder gar partizipationistische Runde erzeugt.
Ich versuche ja auch nicht Monopoly als Storygame zu verkaufen.

Und schlecht ist nicht ein Spielstil, sondern der Versuch seinen Spielstil den Spielern eines anderen am Spieltisch heimlich  aufdrücken zu wollen.



Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Eulenspiegel

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #733 am: 2.10.2016 | 13:33 »
Es kann aber jedes Einzelereignis für sich selbst in Ordnung sein und erst die Kette das Problem darstellen und so ist es doch hier.
Nein, so ist es nicht!

Wir haben zwei EInzelereignisse:
1. Einzelereignis: SL entscheidet von selbst, dass ein Sturm aufzieht. --> Vollkommen in Ordnung.
2. Einzelereignis: SL entscheidet von selbst, dass das Schiff der SCs an der Hafenmauer zerschellt. --> Überhaupt nicht in Ordnung.

Wir haben also ein Einzelereignis, das in Ordnung ist. Und ein Einzelereignis, das nicht in Ordnung ist. Es ist eben nicht die Kette von Einzelereignissen, die jedes für sich genommen in Ordnung sind.

Dier Zielsetzung für das Ereignis war doch schon mitgenannt worden hier: Die Spieler mußten noch auf der Insel festgehalten werden, damit vorgeplante Ereignisse wie vom SL vorgesehen ablaufen können.

Und damit ist auch klar, dass die anderen Versuche schief gehen müssen, sonst hätte er sich den ersten Eingriff schon sparen können.
Nein. Das Ziel des SLs ist, dass die SCs auf der Insel bleiben. Also kommuniziert der SL über den Sturm an die Spieler: "Ich würde mich freuen, wenn ihr auf der Insel bleibt." Gleichzeitig bietet der Sturm für die SCs auch einen schönen ingame Grund, auf der Insel zu bleiben.
Die Spieler können jetzt auf die Bitte des SLs eingehen. - Oder sie wollen partout nicht auf der Insel bleiben. Wenn sie jetzt also in das Schiff steigen, kommunizieren sie an den SL: "Wir wollen aber nicht auf der Insel bleiben."
Damit war die Bitte des SLs zwar erfolglos, aber man weiß bei Bitten ja nie, ob sie Erfolg haben oder nicht. Das weiß man immer erst im Nachhinein.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 13:37 von Eulenspiegel »

Offline Issi

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #734 am: 2.10.2016 | 13:36 »
Zitat
Solche NSC gibt es auch in einer Sandbox und eine gute Sandbox hat sie in entsprechender Dosis dann auch in verschiedensten Formen anzubieten als bereits erwähnte "Vorspannung". Und weil die reale Sandbox nie komplett vordefiniert sein kann, wird auch immer mal wieder eine Lücke auftreten, welche dann spontan neu gefüllt werden muss.
Ja, davon bin ich auch ausgegangen.
Im Prinzip ist das auch bei einem Plot nicht anders. Die NSC müssen plausibel sein. Vielleicht fallen sie etwas leichter vom Himmel als in einer Sandbox. Und vermutlich muß man auch bei der Erschaffung etwas weniger beachten.

Eulenspiegel

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #735 am: 2.10.2016 | 13:52 »
Räuberbeispiel:
Die Entscheidung der Spieler war es auf Grund der ihnen verfügbaren Informationen den Weg mit der geringeren Räuberwahrscheinlichkeit zu wählen. Die Entscheidung keine Räuber zu treffen, also das Ergebnis selbst zu setzen, steht den Spielern in z.B. einer Sandbox dort nicht zu, denn darauf haben ihre Charaktere keinen Einfluss .
Niemand behauptet, dass es ihnen zusteht! Es ging um die Frage, ob die Spielerentscheidung entwertet wird.

Und ja, in einer Sandbox steht es der Zufallstabelle zu, die Spielerentscheidung zu entwerten.

Und hier haben wir halt das Beispiel, dass bei einem dramaturgie-getrieben Spiel die Spielerentscheidung (keine Räuber!) einen Einfluss hat, während bei der Sandbox die Spielerentscheidung entwertet wird.

Du musst unterscheiden zwischen:
1) Die Spieler haben einen Anspruch darauf, dass ihre Spielerentscheidung einen Einfluss hat.
2) Die Spieler haben zwar keinen Anspruch darauf, dass ihre Spielerentscheidung einen Einfluss hat, sie hat aber dennoch einen Einfluss.

Und ebenso einen Unterschied:
1) Die Spieler dürfen sich über eine Entwertung ihrer Spielerentscheidung beschweren, da sie einen Anspruch darauf hatten, dass sie einen Einfluss hat.
2) Die Spielerentscheidung wurde zwar entwertet, aber die Spieler dürfen sich nicht beschweren, weil sie keinen Anspruch darauf hatten.

Zum Thema "Ergebnisoffenheit":
Man muss halt zwei Sachen berücksichtigen:
1) Ist es Ergebnisoffen für den SL? Desto ergebniosoffener es für den SL wird, desto mehr werden seine Entscheidungen entwertet.
2) Ist es Ergebnisoffen für die Spieler? Desto ergebnisoffener es für die Spieler wird, desto mehr werden ihre Entscheidungen entwertet.

In einem Extremfall hat man halt Monopoly/Mensch ärgere dich nicht, was extrem ergebnisoffen für alle Beteiligten ist, wo die Entscheidungen der Beteiligten aber keinen Einfluss haben.
Im anderen Extremfall hat man Schach/Go, was extrem deterministisch ist, wo die Entscheidungen der Beteiligten aber einen Einfluss haben.

Und dann gibt es noch die asymmetrischen Fälle, wo es nur für eine Seite deterministisch ist und nur diese Seite Einfluss ausüben kann.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 13:54 von Eulenspiegel »

Offline Chruschtschow

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #736 am: 2.10.2016 | 13:58 »
Nein, so ist es nicht!

Wir haben zwei EInzelereignisse:
1. Einzelereignis: SL entscheidet von selbst, dass ein Sturm aufzieht. --> Vollkommen in Ordnung.
2. Einzelereignis: SL entscheidet von selbst, dass das Schiff der SCs an der Hafenmauer zerschellt. --> Überhaupt nicht in Ordnung.

Doch, das geht schon. Schlechter Wurf auf der Wettertabelle. Miese Segelnprobe. Priester mit schlechter Diplo erschreckt. Flohnetzwerk durch Wurf auf Magie ruiniert. Extinktionswurf zeigt: alle Flugdinos tot. Und so weiter. Jedes für sich genommen plausibel. Mechanisch ist es auch "sauber" gelaufen. Der Spielerwille ist zu erkennen, aber das Würfelpech klebt ihnen an den Hacken.

Das Problem ist, dass das Gesetz der großen Zahl zwar logisch verständlich ist, auf der intuitiven Ebene aber nicht unbedingt ankommt, dass groß richtig groß sein könnte. Also machen die Spieler schon den Teer warm und zerschnippeln die Daunendecke, obwohl ich nichts "falsch" gemacht habe. ;)

Da helfen wahlweise viel Vertrauen zwischen SL und Gruppe und / oder offenes Würfeln.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 14:02 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #737 am: 2.10.2016 | 15:03 »
Nein, so ist es nicht!
Doch so ist es. Du hast nur nicht genau gelesen was ich geschrieben habe :P Ich habe geschrieben "eine Kette von Einzelereignissen die in Ordnung ist kann trotzdem ein Problem darstellen"

Auch gehe ich bei der Schiff zerschellt am Hafen Situation immer noch von einer nicht von den Regeln abgedeckten Situation aus, sonst wäre es klar "schummeln" wenn der Spieler sich nicht daran hält, oder er hätte sowieso einen Freibrief dafür erhalten. Diese Situation kann genauso wie "Ich springe ohne Fallschirm aus dem Flugzeug" SL: "Du bist tot" eine Situation sein, die keinen Würfelwurf bedarf.

@Eulenspiegel, bzgl Post #735, dem stimme ich zu.
Zitat
In einem Extremfall hat man halt Monopoly/Mensch ärgere dich nicht, was extrem ergebnisoffen für alle Beteiligten ist, wo die Entscheidungen der Beteiligten aber keinen Einfluss haben.
Dem ist aber auch nicht so. Monopoly und Mensch ärgere dich lassen sich statistisch lösen und damit lassen sich nach dem Erwartungswert "beste Entscheidungen" treffen und an denen kann also auch eine Spielerentscheidung gemessen werden. Die meisten besitzen haben für diese Spiele keine Analyse zur Hand sondern entscheiden aus Erfahrung/Wissen oder eher noch aus dem Bauchgefühl heraus und damit hat die Entscheidung die sie treffen einen direkt im Vergleich zum idealen Verlauf messbaren Einfluss. Aber das ist korinthenkackerei und das weiß ich auch :P

@Chruschtschow, +1

Eulenspiegel

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #738 am: 2.10.2016 | 15:20 »
Es geht nicht um den Würfelwurf. Es geht darum, dass die Frage, ob das Schiff am Hafenbecken zerschellt, im Einflussbereich der SCs liegt: Die SCs können versuchen, das Schiff in der Mitte des Hafens zu manövrieren. Sie können Segel setzen oder einholen. Sie können auf beiden Seiten des Hafens Taue spannen und ihr Schiff dadurch in der Mitte lassen.
Kurz: Es liegt an den SCs, ob das Schiff zerschellt oder nicht.

Bei dem Wetter ist es vollkommen anders: Entweder es stürmt oder es stürmt nicht. Die SCs können im Normalfall nichts daran ändern.

Disclaimer: Wenn ein SC jeden morgen ein "Gutes-Wetter-Ritual" spricht und dafür evtl. sogar Mana ausgibt, dann dürfte der SL auch nicht mehr plötzlich entscheiden, dass ein Sturm aufzieht. Wenn der SC einen einfachen Regenzauber gemacht hat, weil er etwas Regen wollte und der SL einen riesigen Sturm aufziehen lässt, halte ich das auch für übertrieben.
Aber in 99,9% aller Fälle haben die SCs keinen Einfluss auf das Wetter. Und DESWEGEN darf der SL das Wetter (in diesen 99,9% der Fälle) auch einfach so festlegen.

Das ist das Gleiche beim Schmieden:
Wenn ein SC ein Schwert schmiedet, dann hängt es von dem SC ab, wie gut das Schwert wird.
Wenn dagegen ein NSC ein Schwert schmiedet, dann darf der SL einfach so entscheiden, wie gut oder schlecht das Schwert wird. (Auch hier wieder die Ausnahme: Wenn der NSC vom SC unterstützt wird oder der SC den NSC sabotiert, dann hat der SC wieder einen Einfluss darauf und der SL darf nicht vollkommen frei entscheiden.)
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 15:25 von Eulenspiegel »

Offline Wandler

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #739 am: 2.10.2016 | 15:25 »
Ich versteh dich schon, aber wenn es keine Regelmechanik gibt die diese Dinge abbildet, dann läuft der Entscheid über Gelungen oder Misslungen ja auf den Spielleiter zurück. Dabei ist auch das einestzen eines Fatepunkts eine Mechanik die das abbilden kann, es muss ja keine Probe sein. Dann liegt es eben auch nicht mehr an den SC. Du kannst die Ereigniskette dann länger machen und die Zeit in immer kleinere Bruchteile zerbrechen die gespielt werden, aber irgendwann ist es dann die Entscheidung des SL :)

Ich weiß aber total worauf du hinaus willst und wollte dir damit nicht direkt widersprechen, nur darauf hinweisen, dass es eben auch Situationen gibt die eben nicht im Handlungspielraum der SC liegen, sie aber so unmittelbar beinflussen, dass ein ignorieren unmöglich ist.

Zitat
Das ist das Gleiche beim Schmieden:
Sehe ich nicht so. Ich finde wie und ob hängt ganz konkret vom gespielten System ab und kann da von System zu System unterschiedlich sein (ja und natürlich auch was man sich ausmacht, aber ausmachen kann man sich sowieso alles). Disclaimer: Ein System welches dem SL diese Freiheit gibt, wird von mir immer bevorzugt werden.

ErikErikson

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #740 am: 2.10.2016 | 16:06 »
Es geht nicht um den Würfelwurf. Es geht darum, dass die Frage, ob das Schiff am Hafenbecken zerschellt, im Einflussbereich der SCs liegt: Die SCs können versuchen, das Schiff in der Mitte des Hafens zu manövrieren. Sie können Segel setzen oder einholen. Sie können auf beiden Seiten des Hafens Taue spannen und ihr Schiff dadurch in der Mitte lassen.
Kurz: Es liegt an den SCs, ob das Schiff zerschellt oder nicht.

Ich finde man muss hier etwas sehr wichtiges festhalten: Der große Einfluss, den SC normalerweise auf die Umwelt haben, ist häufig schon ein dramaturgischer Eingriff. Normalerweise haben Menschen keinen derartigen Einfluss auf ihre Umwelt, selbst wenn sie in wichtigen Positionen sind oder besonders begabt.

Am Beispiel des Schiffes: In den meisten Sitationen wird das Wetter schlicht so gut sein, das das Schiff von normal ausgebildeten Seeleuten in den hafen gesteuert werden kann, oder es ist so schlecht, das dies nicht geht. Es gibt nur eine kleine Spanne an Umständen, wo sich dies anhand der Entscheidungen einiger SC entscheidet.

Das künstliche Herbeiführen solcher Umstände, wo die SC ständig das Zünglein an der Waage sind, ist schon hoch dramatisch.   

Würde die Sandbox tatsächlich auf solche Dramatischen Kunstgriffe verzichten, gäbe es für jede Situation, wo die SC was reissen können etwa 10 Situationen, wo ihre Entscheidungen schlicht irrelevant sind oder nur sehr geringe Auswirkungen haben.

Nur zum Vergleich, es wird ja immer gesagt, die SC können das Ruder noch durch verhandlungen, Intriegen, Bündnisse usw. rumreissen: Theoretisch müssen die NSC, so sie denn eine vergleichbare Machtstufe mit den SC aufweisen, ähnliche Aktionen durchführen. Das komplette Chaos das durch eine solche Vielzahl an Intrigen entstehen würde, überfordert vermutlich jeden SL, da es wohl auch Games of Thrones in den Schatten stellen würde. Normalerweise sind die SC proaktiver als die NSC, was auch dramatisch Sinn macht. Dennoch ist auch dieser Fokus auf die SC schon ein wichtiger dramaturgischer Eingriff.

Fazit für mich: Ohne Dramaturgie ist ein Rollenspiel für mich quasi unvorstellbar.
« Letzte Änderung: 2.10.2016 | 16:15 von ErikErikson »

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #741 am: 2.10.2016 | 17:11 »
Fazit für mich: Ohne Dramaturgie ist ein Rollenspiel für mich quasi unvorstellbar.

Das stimmt. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied. In einer Sandbox enden dramaturgische Erwägungen vor Spielbeginn. Danach übernimmt die Weltensimulation durch den strikt neutralen SL. Das hat natürlich diverse positive wie negative Konsequenzen. Aber im Gegensatz zum dramaturgieorientierten SL agiert der Sandbox-SL nach Spielbeginn nur noch auf Basis des simulativ-neutralen Ideals.

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #742 am: 2.10.2016 | 17:13 »

Fazit für mich: Ohne Dramaturgie ist ein Rollenspiel für mich quasi unvorstellbar.
Nach all den Seiten finde ich das eine extreme Position. Aber ich verstehe was du oben beschreibst: im Grunde genommen werden viele Settings und Abenteuer dramaturgisch "interessant " vorbereitet, indem die SCs schon nicht als normale Menschen sondern Helden betrachtet werden, die dazu vorgesehen sind, dass ihnen interessantes geschieht.

Edit:  ErikErikson bringt es auf den Punkt
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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #743 am: 2.10.2016 | 17:15 »
In einer Sandbox enden dramaturgische Erwägungen vor Spielbeginn. Danach übernimmt die Weltensimulation durch den strikt neutralen SL. Das hat natürlich diverse [...] negative Konsequenzen.
Zum Beispiel, dass
1. Es unmöglich ist, dass eine Weltensimulation alles abdeckt
2. Es unmöglich ist, dass ein Spielleiter strikt neutral ist

und damit nach dieser Definition eine Sandbox gar nicht existieren kann, weil auch dramaturgische Erwägungen nicht vorher enden können.

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #744 am: 2.10.2016 | 17:33 »
Nach jeder hinreichend strikten Definition existiert überhaupt nichts.
Aber man kann sich ja wohl gut genug nähern,  um über den praktischen Einsatz zu reden, oder?
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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #745 am: 2.10.2016 | 17:43 »
Hier aber eben nicht mal annähernd. Das ist ja der Punkt der diese Argumente so absurd macht. Es wird so streng argumentiert als gebe es diese Dinge.

Ein "nach bestem Wissen und Gewissen" ist aber auf beiden Seiten die einzige Möglichkeit über praktischen Einsatz zu reden. Interessanterweise wird das auf beiden Seiten zwar angeführt, aber durch die Extremdefinition komplett ausgehebelt ("Kann es in einer Sandbox nicht geben, Das ist dann keine Sandbox mehr, Das ist unvereinbar mit einer Sandbox", etc.)

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #746 am: 2.10.2016 | 18:08 »
Hier aber eben nicht mal annähernd. Das ist ja der Punkt der diese Argumente so absurd macht. Es wird so streng argumentiert als gebe es diese Dinge.

Ein "nach bestem Wissen und Gewissen" ist aber auf beiden Seiten die einzige Möglichkeit über praktischen Einsatz zu reden. Interessanterweise wird das auf beiden Seiten zwar angeführt, aber durch die Extremdefinition komplett ausgehebelt ("Kann es in einer Sandbox nicht geben, Das ist dann keine Sandbox mehr, Das ist unvereinbar mit einer Sandbox", etc.)

Die Trennung zwischen Ideal und Praxis habe ich drüben und auch an verschiedenen Stellen hier selbst gemacht.
Aber es ist ja wohl ein Riesenunterschied, ob man es "nicht perfekt" hinbekommt oder vorsätzlich gegen die Ziele eines erklärten Spielstils verstößt!

Und nein, "es hätte auch nur ein Fehler sein können" ist keine Rechtfertigung für Vorsatz, sondern Arschlochverhalten.

In einer Sandbox ist dieser Heldenstatus im Übrigen deutlich unüblicher als anderswo, da es eben kein "lenkendes Schicksal" gibt und auch die Konflikte in der Regel niedriger angesiedelt werden um keine "überspannten" Zustände zu erzeugen, welche dann durch ihre absolute Dringlichkeit trotzdem nur eine Handlungsrichtung offen lassen.

Die Individualkompetenz wiederum ist eine globale Angelegenheit und für SC wie NSC von gewählten Spielsystem abnhängig, nicht von einem möglichen Sandboxansatz.

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #747 am: 2.10.2016 | 18:13 »
Ich hab ein Dutzend mal angemerkt, dass ein bewusstes Verstoßen gegen eine Abmachung einem reinen Beschiss gleichkommt, ich zitier das aber mal deswegen nicht, weil das einfach nur überheblich wirken würde. Glaubst du mir nicht, lies nochmal meine Posts auf den letzten 3 Seiten.

Egal in welchem Stil und egal aus welcher Motivation und egal ob mit oder ohne Dramaturgie ist dies einfach nicht in Ordnung.

@Marzaan, vermutlich ist es hier einfach aufgrund der Wall of Text untergegangen. Was ist das Ergebnis für dich in der Sandbox im Vergleich zu einer Runde die nicht Sandbox ist und/oder ist das ident.

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #748 am: 2.10.2016 | 18:34 »
Die Trennung zwischen Ideal und Praxis habe ich drüben und auch an verschiedenen Stellen hier selbst gemacht.
Aber es ist ja wohl ein Riesenunterschied, ob man es "nicht perfekt" hinbekommt oder vorsätzlich gegen die Ziele eines erklärten Spielstils verstößt!

Und nein, "es hätte auch nur ein Fehler sein können" ist keine Rechtfertigung für Vorsatz, sondern Arschlochverhalten.


Erklär mir doch bitte nochmal das Motiv für diese Aktion.

Der SL weiss also ganz genau, was unter Dramaturige zu verstehen ist, und das die Spieler es HASSEN. Gehen wir davon aus, das du ihm das entsprechend erklärt hast.

Und jetzt tut der Spielleiter, mit Vorsatz und Absicht, obwohl er nicht müsste, doch wieder Dramaturige reinbringen. Nicht aus Unfähigkeit, nicht aus Überforderung, nicht als Fehler, sondern weil...?

Was bringt ihm das? Wenn er "erwischt" wird, sind alle mega sauer auf ihn, und wenn er Erfolg hat...ja dann...was? 

Es ist ja noch nicht einmal möglich, das plötzlich alle sagen: "Joah geil, die Dramaturgie ist ja voll Spitze, wir spielen jetzt immer so", weil der SL das ja heimlich macht und vorgibt, ohne Dramaturige zu spielen.

Das einzig positive Ergebnis für den SL wäre die IMO absurde Situation, das die Spieler entdecken, das der SL gerade Dramaturgie reinbringt, dies toll finden, dem SL die Täuschung vergeben und ab nun mehr verlangen. Das kanns ja nun nicht sein. Und es mag durchaus mal einen SL geben der halt nicht mehr ganz dicht ist und das trotzdem so macht, aber mehrere?


 

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Re: [Rant?] Dramaturgie is mega overrated!
« Antwort #749 am: 2.10.2016 | 18:41 »
Ich hab ein Dutzend mal angemerkt, dass ein bewusstes Verstoßen gegen eine Abmachung einem reinen Beschiss gleichkommt, ich zitier das aber mal deswegen nicht, weil das einfach nur überheblich wirken würde. Glaubst du mir nicht, lies nochmal meine Posts auf den letzten 3 Seiten.

Egal in welchem Stil und egal aus welcher Motivation und egal ob mit oder ohne Dramaturgie ist dies einfach nicht in Ordnung.

@Marzaan, vermutlich ist es hier einfach aufgrund der Wall of Text untergegangen. Was ist das Ergebnis für dich in der Sandbox im Vergleich zu einer Runde die nicht Sandbox ist und/oder ist das ident.

Sorry, wenn das an die falsche Adresse kam.
Der Vorwurf war nicht direkt an dich gerichtet. Aber die entsprechenden Stellen, wo es dann z.B. effektiv hieß, macht doch keinen Unterschied, wenn mans mir nicht nachweisen kann oder "perfekt geht das doch sowieso nicht", durch Leute, die dramatische Eingriffe überall vornehemn wollen, dürftest du ja auch gelesen haben,


Das Ergebnis jedes einzelnen Entscheidungspunktes kann (so nicht ganz grob eingegriffen wird) identisch sein. In der Regel summiert sich das aber, weil ja ein bestimmter dramatischer Verlauf erzeugt werden soll.
Aber auch beim Sportbetrug z.B. kann das Ergebnis auch natürlich so entstanden sein (nur halt meist sehr unwahrscheiunlciuh, aber dafür dann eben umso "dramatischer".
In auf ergebnisoffenes Spiel ausgerichteten "Weg"-Stilen geht es aber nicht um das Erreichen eines bestimmten Ziels als oberstes priorität, sondern um den damit verbundenen Prozess.

Das ist sicher für Leute mit einer Zielpriorität oft frustrierend, weil dabei eben auch oft aus dramatischer Sicht langweiliges Mittelmaß oder schlimmer raus kommt, aber aus "Weg"-Spielersicht ist das eben gerade Teil des sie interessierenden Spiel- und Erkundungsvorgangs. 

Und dieses Spiel besteht halt grob:
* Herausfinden was in der Spielwelt Sache ist und sich ein Bild der zu erwartenden Wahrscheinlichkeiten der möglichen Ergebnisse machen
* Abschätzen, was die für den Charakter wahrscheinlich günstigste Variante ist.
* Ausprobieren und testen, ob man da richtig lag
(Vorzugsweise, wenn aber nicht bei allen Stilen naturgegeben zwangsweise, aus Sicht des Charakters.)

Dieser Spielprozess wird mit dem Setzen eines Ergebnisses komplett kurz geschlossen, da diese Schritte ihres Spiels damit völlig irrelevant werden und quasi nichts mehr übrig bleibt, als ggf noch die Chancenabschätzung durch das Raten auf der Metaebene, was der Spielleiter wohl dramatisch findet.

@ Erikson
Er hat seine "tolle Geschichte" an den Mann gebracht und hofft ja eben nicht erwischt zu werden dabei. Und die nächste Hoffnung ist dann noch: Wenn ich ihnen das Ziegenfleisch nur geschickt genug unterjubel, machen sie das nächste Mal wieder mit und irgendwann wird es zur Gewohnheit.
Üblicherweise stand da eben eine Überzahl an Storytelling interessierten Spielleitern einem Haufen eher gamistischer Spieler gegenüber.






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