@ Arbo:
Okay, sagen wir: Im Sinne der Spielwelt und der Runde nachvollziehbar und logisch. Dem Spielstil der Runde angemessen und dem Spielleiter ein wohlgefallen.
Ich will gar keine allgemein gültigen Richtlinien dafür aufstellen, wie ein Chrakter aufgebaut sein sollte (nur, so lange ich SL bin...), dazu gibt es zu unterschiedliche Spielstile.
Arbo schrieb:: "Andererseits habe ich auch immer das Gefühl, dass Spieler die Schwächen der Chars nicht mal als Stärke für das Rollenspiel interpretieren. Wenn ein Char alles kann, wo ist da die Spannung und die Motivation?"
Kommt auf den Spieler an und auf die Motivation, die der Spielleiter dazu stellt. Wenn man als Prämisse bei der Charaktererschaffung sagt "Sorgt dafür, dass eure Charaktere eine persönliche Entwicklung durchleben können" und (mein Klassiker) "Sorgt dafür, dass der Hintergrund des Charakters mindestens eine Idee enthält, die man für ein Abenteuer verbraten kann" dann entstehen eher Charaktere, die auf Werdegang hin ausgelegt sind- also nicht so sehr auf das
hier und jetzt sondern auf etwas noch ungreifbares hinter dem Horrizont...
Arbo schrieb:"Welche Motivation hat eine Heldengruppe, wenn nur EIN HLC in ihr ist? Welche Motivation hat ein HLC in einer Gruppe von HLCs?"
Ein einzelner "Held" in einer Runde von Durchschnittscharakteren läßt daraufhin deuten, dass der Spieler im Mittelpunkt stehen will. Der Charakter hat dann oft solch' merkwürdig anmutenden Agendas wie "der beste (Kämpfer/Magier/Dieb) aller Zeiten" zu werden oder ähnliches. Als Spielleiter kann man versuchen, dass ganze eher in die "Macht bringt Verantwortung" Schine zu rücken, indem man den Helden als Beschützer und Mentor der restlichen Charaktere aufbaut. Das geht natürlich nicht, wenn in der Runde ein gewisser Konkurrenzdruck herrscht, aber so oder so ähnlich läuft's meistens ganz gut...
Als Spieler fallen mir für einen mächtigeren Charakter auf Anhieb mehrere Plottideen ein:
-Der Charakter fühlt sich entehrt, frustriert, etc. und versucht, seinen Namen wieder rein zu waschen, seine Fehler aus zu bügeln, was auch immer.
-Der Charakter unterschätzt sich selbst ziemlich (sehr enervierend auf die Dauer).
-Der Charakter sucht Macht und findet keine besseren
Bauerntölpel, äh
wertvolle Mitarbeiter als die restliche Gruppe.
-der Charakter mag den Rest und will ihnen helfen, bzw. sie beschützen (ist langweilig, ich weiß)
...
Arbo schrieb:"Ist m.E. aber auch eine Frage des Systems. Wenn ein System Monster hergibt, die nur ab einem bestimmten Grad/Level getroffen/getötet werden können, dann kann da nichts stimmen.
Nun ja, auch bei D&D kann es nerven, irgendwann nur noch Tarrasken und Drachenschwärme zu bekämpfen, weil alles andere harmlos ist.
Arbo hat geschrieben:"Kann auch als Herausforderung dargestellt werden. Liegt aber am SL. Wenn ein Runner die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen muss, dann hat er m.E. durchaus ein Problem, seine Runs durchzuführen. Mal ganz abgesehen davon, dass z.B. rassenspezifische Dinge (passt ein Troll in die U-Bahn?) auch meist nicht ausgespielt werden."
Worauf ich hinaus wollte sind Charaktere, die zwar in einem Bereich unglaublich brillieren, in allen anderen Bereichen aber vernudeln und nicht einmal Tätigkeiten des alltäglichen Lebens auf die Reihe kriegen. Natürlich kann nicht jeder Charakter alles oder sollte alles können- jeder sollte meines Erachtens seine Nische haben. Aber es gibt ein paar Sachen, die quasi "Allgemeingut" sind.
Wobei zusätzlich ins Gewicht fällt, dass Charaktere mit einem extremen Ungleichgeweicht für gewöhnlich auch sehr unlogisch und nicht gut nachvollziehbar sind. Bleiben wir beim Beispiel des Strassensamurais: er muß irgendwo seine unglaublich krassen Kampffertigkeiten gelernt haben- wo? Der Klassiker ist natürlich! die militärische Spezialeinheit. Aber warum kennt sich der Charakter dann nicht in Gebräuche: Militär, Überlebenstraining, Strategie&Taktik und Führung aus? Was ist mit solchen Fertigkeiten wie Fallschirmspringen und der Umgang mit diversen Fahrzeugen (z.B. einem Jeep)?
Was das GNS-Modell angeht: Ich mag's net. Ich vertrete viel lieber ein klassissches, eher einfallsloses Schichtenmodell, mit "guten Rollenspielern" oben und "schlechten Rollenspielern" unten. Ich sehe das GNS-Modell als Versuch an, alle an einen Tisch zu bringen und vorhandene Sprünge zu kitten- was ja auch an sich kein schlechter Ansatz ist, klingt nett nach Sozialpädagogen und so. Allerdings tut es dies, indem es eine -meiner Meinung nach- unsachliche Gleichmacherei betreibt. Ich bleibe da lieber bei meinem Schichtenmodell, das zeigt auch die Unterschied auf, die man nicht einfach wegreden kann.
Und natürlich weisen wir "Narrativisten" (niemals einen einfachen Begriff verwenden, wenn es eine cooler klingende, pseudo-wissenschaftliche Phrase, die weniger zu treffend ist auch tut) eher daraufhin, dass das Modell hinkt- immerhin geht es davon aus, dass alle Spielweisen gleichberechtigt sind. Und das halte ich für Schwachsinn- denn es impliziert, dass die 14-jährigen Munchkins mit ihren D&D Stufe 20+ Charaktere (allesamt mehrere Drachentöter), bei denen die Waffenliste ihrer Charakter länger als die zugehörige Charaktergeschichte ist und die komplette Persönlichkeit mit zwei Worten (stehen bei "Gesinnung") zusammengefasst sind- dass diese Kiddys genauso gutes Spiel machen wie ich oder jeder von euch. Und das ist irgendwie absurd.