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Cardon Wârtain - Welt der Schatten: Schwert und Mistelzweig (Zeitensprung Bd. 2)(Challenge: 40 Bücher lesen, Tanelorn-Challenge: Ein Buch, das von einem Autor unter Pseudonym/anderem Namen geschrieben wurde (?))Etwas längere Review weil VtM und so.
InhaltWelf Gisbert, ein Vampir vom Clan der Rosen und der Vampirjäger Jacint fühlen sich auf unerklärliche Weise zueinander hingezogen. Um ihre eigentlich undenkbare Liebe möglich zu machen, verkauft Welf dem Prinzen der Domäne den Jäger als einzigartige Waffe im Kampf gegen den Sabbat. Schneller als Welf sich versieht ist er daraufhin seinen geruhsamen Job als Sekretär los und wird nun für die Dornen, eine geheime Clansorganisation, gemeinsam mit Jacint in den Kampf geschickt. Die Undercoveraktion gerät recht bald aus dem Ruder und plötzlich ist zwar der Prinz Welf wohlgesinnt, dafür aber der Sabbat hinter ihm her. Immerhin entdeckt Welf, dass in ihm doch mehr steckt als ein mittelmäßiger Kunstmakler. Und auch der Jäger Jacint hat einige Überraschungen zu bieten. Ob das ausreichen wird, dem Sabbat Einhalt zu gebieten? Und bleibt bei all dem Stress noch Zeit für eine vernünftige Beziehung mit Zukunft?
Warum habe ich das Buch gelesen?Ich habe das Buch gekauft und gelesen, weil sich der MAIN-Verlag, in dem es erschien, um die Übersetzung der V5 beworben hat und ich neugierig war, was sie sonst so in die Richtung verlegt haben. Im vorliegenden Roman wurden, vermutlich aus Copyright-Gründen, die Clansnamen verändert (Clan der Rosen, Clan der Gelehrten, Clan des Mondes etc.). Ansonsten spielt es aber ganz klar in der oWoD mit ihrer politischen und gesellschaftlichen Struktur und mit allen Vor- und Nachteilen, die Vampire und Jäger dort so mit sich bringen. Die ein oder andere Regel legt der Autor, wenn ich das mit meinen bescheidenen Kenntnissen der oWoD sehen kann, wohl etwas freier aus (etwa können Vampire Wein trinken, wenn sie einen Tropfen Blut beifügen, das habe ich anders kennengelernt) - aber zugunsten einer flüssigen Story sind solche Freiheiten in Ordnung. Insofern - ein WoD-Roman "mit abgefeilter Seriennummer", wie es hier im Tanelorn immer so schön heißt. Vorkenntnisse der oWoD sind definitiv fürs Verständnis von Vorteil, wenn auch nicht unbedingt notwendig.
Zur HandlungDie Story selbst ist im Grunde okay. Die gemeinsamen Jagden der Protagonisten auf den Sabbat sind wirklich unterhaltsam und auch sonst hatte das Buch ein paar überaus vergnügliche Momente. Dass
der Toreador die Rose mitten im Kampf innehält und überlegt, welche Bilder wertlos genug sind, um damit Sabbati zu bewerfen und welche er noch gewinnbringend versteigern kann, fängt den Clan für mich wirklich schön ein. Auch die Szene, in der der Jäger Jacint fassungslos feststellen muss, dass gar nicht alle Vampire geschickte Kampfmaschinen sind, sondern im Gegenteil sein Freund Welf recht zart besaitet und im Kampf völlig unerfahren ist ("Ich kann das vielleicht gar nicht?!"), war wirklich witzig.
Im Verlauf der Handlung waren mir einige Entscheidungen sowohl der Protagonisten als auch einiger NSC und insbesondere des Prinzen aber nicht so ganz schlüssig. Jaaaa, Welf und Jacint müssen untertauchen. Aber wieso sie das unbedingt in einem teuren Wellnesshotel tun müssen, erschloss sich mir nicht so recht, auch wenn Welf es etwas fadenscheinig zu begründen versucht. Wieso der Prinz ihnen das auch noch bezahlt, erschließt sich mir noch viel weniger. Der Prinz kommt insgesamt ein wenig dümmlich rüber für meinen Geschmack. Ich meine, der fragt nicht nach, wie ein kleiner Sekretär plötzlich zu Verbindungen zu einem berüchtigten Vampirjäger kommt? Und er nutzt diese Verbindungen nicht aus, um mehr über die Geheimnisse der Jäger zu erfahren? Er braucht das halbe Buch, um von der Beziehung zwischen Welf und Jacint auch nur zu ahnen? Er erhebt ohne jede Not Welf in den Stand eines Ancilla - was weder Welf noch ihm irgendeinen Vorteil zu bringen scheint, weil die Erhebung geheim bleiben soll. Und er nutzt es nicht zu seinem Vorteil, dass Welf nach der scheinbar gescheiterten Undercovermission reumütig vor ihm steht. Ich an Stelle des Prinzen hätte Welf ja in dem Glauben gelassen, dass er es voll verbockt habe und hätte weitere kostenlose Dienste aus ihm rausgequetscht. Das schlichte Gemüt des Prinzen wird aber ausgeglichen durch den ebenso dümmlichen Welf, der eine geheime Erhebung zum Ancilla, die ihm außer einem warmen Händedruck keinerlei Vorteil zu bringen verspricht, ehrlich als eine tolle Belohnung empfindet.
Insgesamt erschloss sich mir nicht, warum die Beziehung zwischen Welf und Jacint von niemandem ausgenutzt wurde. Ich meine hey - total verboten und außerdem für beide Seiten potentiell rufschädigend und man könnte sie total toll damit erpressen? Nicht? Na gut.
Ein fieses Plothole war auch dieses Gedankenlesen... es war mir nicht klar, wann welche der Gedanken, die Welf hat, anderen zugänglich sind. Und es war schon sehr merkwürdig, dass bei all den Gedankenleser_innen nicht eine_r darauf stieß, dass Welf dauernd an seinen Geliebten denkt.
Mein größtes Problem mit der Handlung war aber wohl vor allem, dass ihr für meinen Geschmack eine ziemlich schräge Auslegung der WoD innewohnte. Klar - Liebesgeschichten gehen immer. Aber bei VtM denke ich nicht unbedingt daran, wie ein Vampir und ein Vampirjäger wohl ihren Urlaub in einem Wellnesshotel verbringen. Oder einen neuen Wohnzimmertisch kaufen. Ich denke, hier schlugen zwei Herzen in einer Brust - einseits eben der Wunsch des Autors nach einem Vampirroman, andererseits aber auch der Wunsch nach einer realtistisch gestalteten homosexuellen (und total mundanen) Beziehung. So ganz ist ihm die Gratwanderung nicht gelungen, auch wenn die einzelnen Szenen für sich betrachtet ganz schnuffig waren.
Abseits der Handlung lässt der Autor seine Romanfiguren auch gern mal seine moralischen Grundhaltungen hinausposaunen, was in zwei echt unpassenden Szenen mündet. In einer halten diverse Hotelgäste flammende Pro-Homo-Reden. In einer anderen wird einer unter Drogen stehenden Prosituierten eine Rede über die Schlechtigkeit der Drogen gehalten. Beide Szenen waren für die Handlung völlig irrelevant und ich empfand sie als moralinsauer und unerheblich.
Woran ich insgesamt nicht so rankam, war die Unzahl an Sexszenen. Mir nicht klar, wozu sie dienen sollten. Um wirklich erotisch zu sein, waren sie zumeist zu kurz und oberflächlich abgehandelt. Aber die Handlung brachten sie auch nicht voran. Spätestens nach dem dritten oder vierten Schäferstündchen hatte ich schon begriffen, dass die beiden Protagonisten einander totaaal sexy fanden, warum das so auswalzen? Naja, vielleicht bin ich als weibliches Huhn auch einfach nicht die Zielgruppe dieses Parts der Erzählung gewesen? Mich hat insgesamt die ganze Liebesgeschichte recht kalt gelasen, weil mir irgendwie nicht so ganz klar wurde, was die beiden Protagonisten eigentlich aneinander finden, außer dass sie halt aufeinander stehen, weil sie eben aufeinander stehen. Zwar werden übernatürliche Gründe für ihre Liebe angedeutet, aber so richtig Tiefe brachte das nicht in die Beziehung und die Figuren. Insbesondere Jacint fand ich irgendwie abseits dessen, dass er Jäger und in Welf verliebt ist, recht belanglos und blass.
Zur ErzählweiseSprachlich weiß ich das Buch nicht so recht einzuordnen. Die Story lebt definitiv vom sehr umgangssprachlichen Tonfall, in dem sie aus Sicht von Welf erzählt wird. Allerdings gab es einige Stellen, an denen für meinen Geschmack die Grenze zwischen "umgangssprachlich" und "falsch" überschritten wurde. Das geht los beim Klappentext, der von einem "innerlichen Konflikt" (statt "innerem") spricht weiter über einige Sätze im Buch, die ich mehrfach lesen musste, bis ich verstanden hatte, was sie mir sagen wollen: "Er machte schnell vor mir hin und her" (oder so ähnlich), klingt einfach nur merkwürdig - warum nicht "Er tigerte unruhig auf und ab" oder sowas?
Einige Tatsachen wurden für meinen Geschmack echt zu oft wiederholt: Andauernd wird erwähnt, dass Welf übrigens beim Clan der Rosen ist. Rosen. Eine Rose. Und er liebt Kunst, wie alle Rosen. Weil Rosen halt so sind, ne? Auch wird der Autor nicht müde zu betonen, wie unglaublich intrigant es in der Vampirwelt zuginge - aber abgesehen von ein paar bitchigen Zetereien passiert in der Richtung innerhalb des Clans eigentlich nicht viel. Etwas weniger erzählen und mehr zeigen wäre schön gewesen.
Zur GestaltungDie Covergestaltung gefällt mir persönlich echt gut. Und das Buch hat so nen gummierten Softcovereinband, was ich persönlich sehr mag, weil ich gern gummierte Einbände befummel. Pluspunkt!
Das Format fand ich ungewöhnlich - irgendwie ein wenig breiter als normale Taschenbücher, dadurch zieht sich auch der Schriftblock etwas mehr in die Breite, woran ich mich aber recht schnell gewöhnt hatte. Zwei Überschriften werden oben von einer verzierenden Borte abgeschnitten. Keine Ahnung, ob das Absicht ist, aber es sieht komisch aus und tritt nur bei den Überschriften auf, die über zwei Zeilen reichen. Wenns Absicht war, wars keine gute Wahl - denn es sieht einfach nur aus, als wäre hier ein Bildrahmen über den Textrahmen gerutscht.
ZusammenfassungSo alles in allem war das Buch leicht lesbar und, nachdem ich mich an den recht eigenen Erzählstil gewöhnt hatte, auch ganz unterhaltsam. Der Hintergrund orientiert sich mit einigen Freiheiten klar an der oWoD, wobei die Handlung für meinen Geschmack stellenweise ziemlich weit von dem entfernt ist, was ich mit der oWoD bespielen würde. So alles in allem würde ich sagen: Das Buch war ok. Nicht so richtig gut, aber auch nicht total mies.