Autor Thema: [Offen]Was ist ein gutes Setting, und lässt es sich unabhängig entwerfen?  (Gelesen 8978 mal)

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wjassula

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Anlässlich eines Fading Suns - Threads, in dem ich festgestellt habe, dass mir das Setting gut gefällt, mich aber das Spiel als Spiel nicht reizt, und dass es mir damit ähnlich wie mit Earthdawn ginge, bin ich über das Thema "Setting" ins Gürbeln gekommen. Mir geht's nämlich eigentlich mit vielen Spielen so: die Beschreibung der Welt spricht mich an und reizt mich, Ideen zu entwickeln. "Ach, da mal Abenteuer erleben und Geschichten erzählen wär' schon toll", denk ich dann. Nur spielen mag man's mit den mitgelieferten Regeln nicht. Neben den genannten wären andere Beispiele Transhuman Space, Blue Rose und mit Einschränkungen Unknown Armies, das aus diesem Kreis für mich noch mit Abstand die brauchbarsten Regeln hat.

Mich interessieren zwei Dinge. Erstens: Was macht ein gutes Setting aus? Diese Frage haben wir hier schon einige Male in leicht anderen Fragestellungen behandelt, und dabei unter anderem Dinge festgehalten wie "Mischung aus Vertrautheit und neuen Elementen", "Konfliktpotential, interessante Fragestellungen, die im Setting angelegt sind" usw. Dazu wäre ich an weiteren Überlegungen interessiert.

Punkt zwei aber: Kann man ein gelungenes Setting unabhängig von einem Regelsystem bauen? Muss man nicht immer schon eine grobe Vorstellung von dem Spiel haben, das damit aufgezogen werden soll? Zum Beispiel wäre ja für ein Spiel, das das Hineinversetzen in eine möglicht detaillierte Fanatsiewelt ermöglicht, eine ganz andere Beschreibung nötig, als etwa für eine PtA - Franchise. Wie müsste das aussehen? Würde euch zum Beispiel eine nicht zu lange Weltbeschreibung reizen, der ein kurzer Anhang beigefügt ist, der auf die Umsetzung mit verschiedenen Systemen eingeht?

Ich frage das nicht ganz uneigennützig, denn ich kann mir zwar tolle Settings ausdenken, aber meine Spieldesignversuche sind immer grausig...

Kleine Anmerkung noch zur Diskussionsgrundlage: Bitte keine Haarspaltereien über die Begriffe "Setting" und "Regeln". Ich verwende die hier intuitiv als "der Kram mit den Zahlen und den Würfeln" und "die Fliesstexte mit der Weltbeschreibung". Wenn ihr meint, dass zur Klärung der obigen Fragen genauere Definitionen nötig sind, versucht doch bitte, die so allgemeinverständlich wie möglich zu halten, und den Zusammenhang zu der eigentlichen Frage herzustellen.

Offline Dom

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Jasper, zur ersten Frage habe ich mir bislang keine Gedanken gemacht und bin mir auch nicht sicher, ob man irgendwie aus den Antworten schlau wird. Das klingt für mich so ähnlich wie "Wie komponiert man einen Hit?" Ich glaube, man muss einfach treffen ;) Aber ein paar Grundregeln wirds da sicherlich geben, die vielleicht nicht zwangsläufig zu einem guten Hintergrund führen aber ohne die ein guter Hintergrund nur schwer auskommt.

Zur zweiten Frage: Eine Abgrenzung Hintergrund/Regeln ist leider nicht vollständig möglich (vgl. auch diesen Thread: http://tanelorn.net/index.php/topic,29809.0.html), denn an irgendeinem Punkt musst du -- wenn du nicht wie z.B. bei The Pool alles den Spielern überlässt -- eine Anbindung vom Hintergrund an die Regeln schaffen (z.B. indem du eine Zauberliste aufstellst oder definierst, wie gut bestimmte Gegenstände/Waffen sind).

Wird eine solche Anbindung nicht explizit in den Regeln beschrieben (beispielsweise beschreibst du den Harry Potter Hintergrund und sagst dann, die soll mit Pool-Regeln gespielt werden), so sind die Spieler gezwungen, sich diese Regeln selber auszudenken: Was für Fähigkeiten dürfen sich Charaktere auswählen (um im Beispiel zu bleiben: Darf sich ein Erstklässler notieren, dass er ein Meistermagier ist? Sicherlich nicht, aber diese Übertragung von Hintergrund zu den Regeln müssen die Spieler dann eben selber leisten). Wie werden bestimmte Hintergrund-Elemente mit den Regeln umgesetzt (Boni, Sonderregeln, etc.)? Das ist sicherlich das, was du mit "Umsetzung mit Systemen" meinst, oder?

Ansonsten brauchen Regeln und Hintergrund nicht viel miteinander zu tun zu haben. Allerdings solltest du halt immer fragen: Was sollen die Charaktere vor dem Hintergrund machen? Und diese Richtung müssten dann auch die Regeln unterstützen. So sind beispielsweise die Regeln von My Life With Master total ungeeignet dazu, Abenteuer-Rollenspiele umzusetzen, d.h. wenn du "auf die Umsetzung mit verschiedenen Systemen" eingehst, so solltest du dir da Systeme aussuchen, die das unterstüzen, was du dir denkst.

Wenn du das beachtest, steht deiner "Hintergrundbeschreibung mit Systemumsetzung" mMn nicht viel im Weg und ja, ich hätte auch Interesse an solchen Dingen.

Dom

Offline Merlin Emrys

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Erstens: Was macht ein gutes Setting aus?
Das ist schwer zu beantworten. Für mich muss es als Ideengeber fungieren, ohne dabei zu sehr einzuengen. Ich persönlich lege auch hohen Wert auf Konsistenz, das ist aber vermutlich eine rein individuelle Präferenz. 

Punkt zwei aber: Kann man ein gelungenes Setting unabhängig von einem Regelsystem bauen?
Während ich der Ansicht bin, dass Regelwerke prinzipiell nicht unabhängig von einem Hintergrund sein können, würde ich derzeit sagen, dass ein Hintergrund ohne ausformuliertes Regelwerk durchaus Sinn ergeben kann. Wichtig wäre mir dann, dass er seine Besonderheiten und Eigenheiten klar herausarbeitet und für Dinge, die von der Normalerfahrung abweichen sollen, soweit nötig auch quantitative Aussagen trifft. Davon ausgehend, kann ich (als potentieller Spielleiter) dann überlegen, welche dieser Elemente ich regeltechnisch eingrenzen möchte und welche ich wahlweise für weniger bedeutend oder "besser offenzuhalten" einschätze, um ein sowohl an den Hintergrund wie an die Wünsche meiner Gruppe angepasstes System zu bekommen.
(Im Grunde läuft es darauf hinaus, den Entstehungsprozess eines Rollenspiels mit Regelwerk, das von der Hintergrundidee ausgeht, in einem bestimmten Moment zu unterbrechen und den Rest dem geneigten Spielleiter zu überlassen. Für Regelwerke, die von etwas anderem ausgehen, einer neuen Regelidee oder was auch immer, kann es vermutlich so nicht funktionieren... oder jedenfalls stelle ich mir das schwieriger vor.)
« Letzte Änderung: 5.11.2006 | 12:57 von Merlin Emrys »

Offline DasTaschentuch

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Also ich seh nur bei wenigen Systemen eine enge Verzahnung zwischen Welt und Regeln. Ich hätt keine Probleme in Aventurien mit dem d20 System zu spielen oder in den Vergessenen Reichen mit Gurps.
Praktisch kommst das nicht vor wegen, aber das ligt eher an den Spielern als an der Welt.
Eine Fantasy Welt/Setting is eigentlich mit jedem Fantasy tauglichen Regelwerk spielbar (soweit meine Erfahrung), problematischer wirds, wenn man z.B: mit einem Fantasy System eine SF Welt beschreiben will. Gut, bei Perry Rhodan haben sie das mit Midgard gemacht und es funktioniert holprig.
Generell seh ich aber keinen Grund, sich an die mitgelieferten Regeln zu halten, wenn man das nicht will.
Ums mal so zu sagen, wenn in Shadowrun ein Troll mit seiner Pistole unschuldige Passanten ummäht, sieht man dem Ergebnis auch nicht an, mit welchen Würfeln aufm Spieltisch geworfen wurde.

Offline Dirk

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Hi Jasper!

Ui. Du stellst aber auch nur die echt schwierigen Fragen, oder? ("hust"; mit Hinblick auf den, leider erst jetzt gelesenen, PtA-Immersions-Handlungs-Thread)

Interessantes Setting: je nach Vorliebe halt. Warum gibt es dann beliebtere Settings? Weil die persönliche Ästhetik trotzdem der Mode und dem Marketing ausgesetzt ist.

Ich versuche dennoch ein paar Metavariablen zu finden:

Spannung innerhalb und außerhalb (ist hier die Metaintention des Settings, die Grundstimmung, der Ausgang Deiner Überlegung) der Inhalte, durch zahlreiche, unaufgearbeitete, schwelende und gerade ausgetragene Konflikte.

Glaubwürdigkeit der Inhalte innerhalb ihrer Logik.

Für ein breites Publikum: quantitative Identifikationsmöglichkeiten. Für ein spezielles Publikum: qualitative Identifikationsmöglichkeiten. Besser: beides, jedoch besteht hierbei die Gefahr sich zu verzetteln und zu generell zu werden.

Der wichtigste Punkt: DU und die, die Dir helfen das Setting zu entwickeln müssen es wirklich lieben und Enthusiasmus in jeder Zeile verströmen. Das ist dann die Glaubwürdigkeit deiner Intention.

Versucht gezielt induktiv oder deduktiv vorzugehen.

Möchtest Du das es bekannt wird, dann polarisiere und baue eine Fanbasis auf.

Spielt es selber beim bauen, dann wird es organischer. Aber besprecht jede Session ausführlich und unter möglichen Zielvorgaben.


So!


Zum zweiten Punkt:

Ich behaupte wir betreten hier relativ unbekannte Gewässer. Ein gutes "Setting, dann Regeln des Settings" - Spiel (ich beziehe mich hier auf Deine Vorstellung von Setting) ist Legends of Alyria. Andere sind mir so explizit nicht bekannt.

Setting wurde zu oft vernachlässigt. Dennoch bemerke ich gerade, vielleicht durch Vermis "Kampf", eine Hinwendung auf dieses brache Feld.

Auch Heroquest ist mit einem großen Teil seiner Regeln stark mit dem Setting verwachsen.

Ich behaupte dass eine gut geölte Setting-Regel-Verquickung zu einem besseren Rollenspiel führt. So logisch ist das gar nicht, denn der Umkehrschluss ist nicht zwingend.

Versuche Dich ruhig an der Idee das Setting unter verschiedenen Regelsystemen zu testen. Los! Verschwende keine Zeit! Wir haben das im letzten Jahr insgesamt vier mal getan, dabei unsere Agenden besser kennengelernt und das Destillat "Setting matters!"!

Nach diesem Experiment entwickele eigene Regeln. Sind die auch noch so scheiße, sie geben dennoch interessante Einblicke in die Funktionen des Settings.


Mehr "Grobes" fällt mir erstmal nicht ein.


Ich bin hoch interessiert an Deinen Ideen Jasper, ich rieche da etwas zwischen den Zeilen.

MfG

Dirk
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

Eulenspiegel

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Also ich bin der Meinung, dass Setting unabhängig vom Regelwerk existieren kann.

Beispiele für Settings, die keinerlei Regelwerk besaßen:
Mittelerde von Tolkien
Perry Rhodan
Star Trek
Star Wars
Cthulhu von Lovecraft

Das alles waren Settings, die viele Leser begeisterten.
Und als man auf den Trichter kam, dass man diese Settings auch im RPG Sektor vermarkten könne, hat man erst angefangen, Regeln zu konstruieren.
Dabei braucht es nichtmal speziell auf das System angepasste Regeln:

Mittelerde wird meistens mit Gurps gespielt,
Perry Rhodan wird imho mit dem MERS System gespielt,
Star Wars entweder mit dem D6 oder dem D20 System
und Cthulhu meistens mit dem Unisystem.

Und auf der anderen anderen Seite gibt es dann settinglose Regelwerke wie Gurps, MERS, D6, D20 oder Unisystem.

Du siehst: Es gibt Settings ohne Regelwerke und es gibt Regelwerke ohne Settings.

Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Für mich ähnelt ein gutes Setting einem guten Charakter; ein Setting zu entwickeln hat für mich viele Parallelen zur Charaktererschaffung.

Dazu würde ich mir folgende Gedanken machen:

Ein gutes Setting braucht eine pfiffige Grundidee, etwas, das es aus der Masse anderer Settings hervorhebt oder es für eine besondere Zielgruppe interessant macht. Dabei muss das Rad nicht neu erfunden werden; es gibt kaum ein Setting, das nicht schon einmal auf die eine oder andere Art und Weise da war. Dennoch gelingt es immer wieder, altbekanntes neu aufzubereiten und spannend zu machen. Als Beispiel dafür nenne ich mal Harry Potter: Geschichten von Kids in Privatschulen gibt es wie Sand am Meer, aber magische Kids in einer Privatschule, das ist etwas neues (gewesen). Den hundertsten Abklatsch von Herr der Ringe wird hingegen kaum jemand als spannendes Setting empfinden.
Wird die Grundidee dann auch noch um einige weitere ungewöhnliche (oder geschickt zusammengeklaute ^^) Details angereichert, hat man schon ein solides Gerüst für ein gutes Setting.

Es muss eine "Seele" haben. Diesen Begriff kann ich nur sehr schwer in Worte fassen. Es handelt sich um das Flair, um das "feeling", das ein Setting beim Leser/Spieler erzeugt. Das Gefühl, dass diese Story "echt voll Shadowrun" oder diese Figur "absolut Earthdawn" oder jene Nachricht "total Unknown Armies" ist. Es ist eine einzigartige Stimmung, die nur dieses Spiel erzeugen kann (und zwar relativ unabhängig von der persönlichen Interpretation des Settings durch Spieler und Spielleiter).

Es muss eine schlüssige Backstory haben. Damit ist ein gewisser Einblick in die jüngere Vergangenheit der Spielwelt gemeint; wir alle wissen, wie sehr die Geschichte eines Volkes seine Gegenwart bestimmt. Hierbei will ich persönlich keine 100 Seiten detaillierten geschichtlichen Aufzeichnungen; ein kurzer Überblick mit den wichtigsten Ereignissen und deren Bedeutung für den Jetzt-Zustand des Settings reicht.

Es muss Konfliktpotential haben. Für mich der Dreh- und Angelpuntk eines guten Settings. Konflikte zwischen Parteien, Fraktionen, Personen, Göttern, Clans, Häusern - zwischen Repräsentanten verschiedener Interessen. Je stärker dabei die Unterschiede der Interessen, desto besser, denn dann steigt auch das Konfliktpotential.
Die Zahl der beteiligten Parteien hat einen großen Einfluss auf die Intensität und die Komplexität des Konfliktes (oder der Konflikte!). Weniger Parteien können einen Konflikt vermutlich stärker und intensiver, für Außenstehende deutlicher ausfechten; ein Setting mit wenigen Parteien neigt aber oft zu argen Stereotypen und Schwarz/Weiß-Malerei.
Viele Parteien hingegen sorgen dafür, dass ein Konflikt eher dezent und subtil ausgetragen wird; der Konflikt wird facettenreicher, kann aber auch schnell unübersichtlich und für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar werden.
Man sollte sich hier, genau wie bei der Charaktererschaffung, nicht verzetteln. Bei einem Charakter ist es in der Regel auch besser, sich auf einen zentralen Konflikt der Figur zu konzentrieren, als auf hundert kleine.

Es muss etwas Edles und etwas Verabscheuungswürdiges haben (vielleicht vergleichbar mit den Stärken und Schwächen eines Charakters). Hierbei dürfen ruhig alle Register der bekannten Stereotypen gezogen werden. Die noblen Elfen, die bösen Drow, der gütige König, der fiese Erzmagier, die machtgierigen Konzerne, die friedliebenden Umweltschützer... wie auch immer man diese Repräsentanten von schwarz und weiß nennen will - ein gutes Setting muss sie haben. Warum? Weil sie für etwas stehen, mit dem man sich schnell identifizieren kann, das man sofort versteht. Die ältesten und erfolgreichsten Geschichten der Welt handeln vom Kampf Gut gegen Böse, und ein Setting, in dem weder das eine noch das andere vertreten ist, ist unvollständig.
(das heißt übrigens nicht, dass das ganze Setting von diesem Kontrast gut-böse, schwarz-weiß bestimmt wird; es darf durchaus sehr grau und schwammig sein, aber irgendwo muss da der Gute sein und der Böse)

Es muss einen aussagekräftigen Namen haben, der sofort Assoziationen weckt (der Name wird sowohl bei Spielen als auch bei Charakteren oft unterschätzt! ;-))
Beispiel: Primetime Adventures, All Flesh must be eaten, Dungeons&Dragons

Es muss einen "Trigger" haben, ein Problem oder eine Problemstellung, die als Ausgangspuntk für Handlungen und Konflikte dienen kann.
Beispiel: Es gab einen großen Krieg, der das Land verwüstet hat. Ein Asteroid bedroht die Welt. Ein Schwarzmagier hat eine finstere Schreckensherrschaft errichtet. Die Sonnen verfinstern sich.
Solche "Trigger" findet man in sehr vielen Rollenspiel-Settings, sie sind oft Teil dessen, was Spieler und Autoren als "Metaplot" des Settings bezeichnen.

Detailgrad: Ein Faktor, der stark von den persönlichen Präferenzen des Autors abhängt. Manche Settings gewinnen unheimlich durch ihren hohen Detailgrad, bei anderen schreckt er geradezu ab.
Hier würde ich mal sagen: je pfiffiger die Grundidee eines Settings ist, desto mehr Detailgrad kann man sich erlauben. Man kann ein Setting durch zu viele Details tot schreiben (Reiseführer-Charakter); unter "tot" verstehe ich spannungsarm, vor allem aber: zu wenig Platz für die eigene Vorstellungskraft des Lesers/Betrachters lassend. Eine gut gewählte Andeutung ist meist hundertmal wertvoller, als eine präzise Schilderung.

Thematischer Fokus: Zu allem oben genannten schätze ich Settings, die einen bestimmten Fokus haben, ein Thema, das immer wieder in verschiedenen Varianten aufgegriffen wird und das Setting durchdringt; sowohl vordergründig als auch hintergründig.



Zur Frage, ob man ein Setting unabhängig von Regeln entwerfen lässt von mir ein: Ja.
Allerdings ein Ja, aber...  ;)
Buchautoren, Theater- und Drehbuchschreiber entwickeln Tag für Tag Settings, die uns bezaubern, begeistern, verführen und erschrecken. Keiner von ihnen macht sich (ein Glück ^^) Gedanken um eine Spielmechanik.
Solche Settings werden häufig "rollenspieltauglich" gemacht, also mit irgendwelchen Regeln versehen, die mehr schlecht als recht funktionieren und selten dazu beitragen, am Spieltisch die Stimmung des Buches oder des Films zu transportieren. Regeln wirken hier oft als Zusatz, als notwendiges Übel, das in Kauf genommen wird, weil "Regeln nun mal zu einem Rollenspiel dazu gehören".
Genau das selbe Gefühl habe ich oft auch bei Rollenspielen, die von Anfang an Rollenspiele waren (also nicht zuerst Film oder Buch): tolles Setting, miese Regeln. Mein Lieblingsspiel, Fading Suns, fällt in diese Kategorie. Mir geht es da genauso wie Jasper; die Spielwelt ist faszinierend, aber die Regeln sind... drangeklatscht. Der Autor hat sich ein wundervolles Setting ausgedacht, dabei aber übersehen, dass es ja mal ein Spiel werden sollte, kein Buch.

Daher das Ja, aber.
Man kann ein Setting unabhängig von Regeln entwerfen, aber dabei kommt nicht unbedingt ein gutes Spiel heraus.
Bei einem guten Spiel bilden Regeln und Setting imho eine Einheit; die Regeln unterstützen das Setting, arbeiten seinen Fokus heraus. Dazu müssen Regeln und Setting aber Hand in Hand entwickelt werden (und nur wenige Autoren sind gute Regeldesigner).
Bevor man ein Setting mit "irgendwelchen" Regeln versieht weil es "halt dazu gehört", sollte man also lieber ehrlich sein und ein Setting als Setting stehen lassen.

Offline Dash Bannon

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was macht ein gutes Setting aus..
es muss wohl einfach passen, ich denke es gibt hier keine allgemeingültige Antwort.

Für mich persönlich muss ein Setting etwas besonderes haben..es reicht nicht aus Mittelerde in grün zu liefern. Ein Setting muss mich inspirieren, es muss mich anspringen, umhaun, kurz begeistern. Was das konkret ist kann ich nicht mal so unbedingt sagen, eine schöne Geschichte zum Setting, interessante Fraktionen/Völker..
es muss mich anregen..mich emotional ansprechen.


Kann mans unabhängig von einem System entwickeln
nein, nicht wenn man ein Rollenspiel draus machen möchte. Dann verbinden sich die 'Settingbesonderheiten' (oder zumindest ein Teil davon) auch mit den Regeln (sei es Magie oder Raumschiffe).
Schriftsteller machen das anders, ja..aber die wollen ja auch kein Rollenspiel draus machen.
man kann natürlich ein schönes Setting schaffen und dann schauen ob man ein passendes System dazu findet..ob dieses System den auch die gewünschte Stimmung erzeugt ist natürlich eine andere Frage.
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Offline Dr.Boomslang

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Also ich bin der Meinung, dass Setting unabhängig vom Regelwerk existieren kann.
Kein Scheiß? Du willst uns nicht verarschen? Es kann wirklich einfach so EXISTIEREN?

Du siehst: Es gibt Settings ohne Regelwerke und es gibt Regelwerke ohne Settings.
WOW. Da ergibt sich für mich ein völlig neuer Blickwinkel.  :bang:


Ok, Ok, ich werde mal konstruktiv...

Man kann ein Setting unabhängig von Regeln entwerfen, aber dabei kommt nicht unbedingt ein gutes Spiel heraus.
DAS ist das zentrale Problem auf den Punkt gebracht!

Die Frage "Was ist ein gutes Setting?" lasse ich mal völlig außer acht, das scheint mir zu schwer zu beantworten (und andere können das vielleicht besser).
Wie kann man also ein Setting mit Hinblick auf ein Spiel entwerfen ohne ein komplettes Spiel zu machen?
In der Forge-Schule ist Setting nur eine Folge aus System im allgemeinen, man könnte sagen nur "die Fortsetzung des Systems mit anderen Mitteln". Die Forge Lehre sagt uns das Setting sei eine natürliche Folge aus den kreativen Zielen des Systems.
Aber ich will mal anders herum anfangen, beim Setting selbst.
Die Stärke und die Schwäche eines Settings ist, dass es eben keine Anweisungen enthält sondern Eindrücke vermittelt, Eindrücke von einer anderen Welt oder Situation, die bereits als Situation interessant ist (warum das so ist ist wieder eine Frage der Qualität).
Die Stärke eines Setting ist also die Interpretierbarkeit, die Haltung die der Konsument dazu einnehmen kann. Regeln hingegen beschreiben Prozesse. Im Rollenspiel sind dies Prozesse des Erlebens von Fiktion. Treffen Regeln also auf ein Setting wird dieses in gewisser Weise dadurch Interpretiert, bestimmte Aspekte werden beleuchtet, hervorgehoben, fallen unter den Tisch oder werden gar absichtlich übergangen oder ausgeblendet.
Daraus ergibt sich, dass Regeln viel stärkeren Einfluss nehmen auf das Erleben im Rollenspiel als das Setting dies tut. Weil das so ist sind die Regeln im Detail auch eine sehr persönliche Sache und Settings eher eine überpersönliche, was man daran erkennen kann, dass Regeln viel häufiger geändert also auf die Gruppe angepasst werden, als Settings (für diese kühne Behauptung gibt es irgendwo einen statistische Hinweis, die Quelle will ich aber jetzt nicht suchen ;) ).

Warum sollte man also überhaupt ein Setting ohne Regeln für ein Rollenspiel haben wollen? Um sich diese Flexibilität zu bewahren. Natürlich macht es auch weniger Arbeit. Man spart sich Sachen die man vielleicht garnicht machen möchte, weil man sie nicht kann oder sie bewusst offen lassen will.
Trotzdem hat ja auch der Autor eines Settings eine eigene Interpretation im Hinterkopf, grade wenn er im Hinblick auf ein Rollenspiel schreibt, denn dann hat er gewisse Spielerlebnisse im Kopf.
Für mich spricht nichts dagegen diese einfach dabei zu schreiben. Der Autor sollte sagen wie er sich ein Spiel wünscht, wie die Core Story aussehen soll. Er könnte auch gleich mehrere Varianten davon vorgeben, wenn das Setting das hergibt. Er kann Aussagen dazu machen was er persönlich in einem Spiel sehen wollen würde und was eher nicht.

Ich denke sowas hat Potenzial. Und ich denke außerdem, dass dabei die Sprache das wichtigste ist. Was meine ich damit? Hier kann die Rollenspieltheorie ihren Nutzen entfalten. Der Autor muss hier nämlich in abstrakter Weise über ein Rollenspiel sprechen, ohne den Spielern direkt Anweisungen (Regeln) zu geben. Dafür benötigt man differenzierte Ausdrücke und Möglichkeiten der Beschreibung.
Mit dem Verweis auf Konzepte kann der Autor ein gewünschtes Spielgefühl beschreiben ohne es im Detail vorzugeben. Das löst das Problem auf, denn der Autor nimmt auf das Spiel Bezug ohne das Spiel vorzugeben.
Dies halte ich auch für sinnvoller als z.B. Umsetzungen des Settings für verschiedene bekannte Systeme vorzugeben. Diese könnten wieder als Anweisungen, also als das eigentliche Regelwerk, fehlinterpretiert werden, was den ganzen Nutzen eines "nur Settings" wieder enorm einschränkt.
Wenn man sowas macht sollte man deutlich machen dass dies Vorschläge sind die beispielhaft das Spielgefühl beschreiben und nicht etwa das Spiel selbst.
Vielleicht kann man so aber auch verschieden mögliche Varianten des Settings beleuchten und so tatsächlich mal Spielstil von Setting trennen, was endlich mal das ganze Potential von Settings ausschöpfen würde, weil es eben nicht nur "Themenparks" ala Forge sein müssten.

Eulenspiegel

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Kein Scheiß? Du willst uns nicht verarschen? Es kann wirklich einfach so EXISTIEREN?
Hey,ich habe mir die Fragen nicht ausgedacht. Ich beantworte sie bloß.
Und wenn mich ein Erstklässler fragt, was 2+2 ist, werde ich ihm auch nicht antworten: "Mensch, bist du doof, rechne doch mal nach."

Zitat
Die Stärke eines Setting ist also die Interpretierbarkeit, die Haltung die der Konsument dazu einnehmen kann. Regeln hingegen beschreiben Prozesse.
Die Stärke eines Settings ist, dass ich ihn mir vorstellen kann.
Wenn man mir irgendwelche Regeln liefert, dann hilft das meiner Vorstellung nicht weiter.
Wenn man mir jedoch ein Setting liefert, entstehen in meinem Kopf Bilder zum Setting.

Wobei diese Bilder nicht unbedingt interpretierbar sein müssen. Setting kann genau so fest oder interpretierbar wie die Regeln sein.

Zitat
Daraus ergibt sich, dass Regeln viel stärkeren Einfluss nehmen auf das Erleben im Rollenspiel als das Setting dies tut.
Also ich habe das genau andersrum erlebt:
Ich habe mit dem gleichen Regelwerk unterschiedliche Settings gespielt und es hat sich immer anders angefühlt.

Das Regelwerk hatte jedoch nur marginalen Einfluss auf das RPG Erlebnis.

Zitat
dass Regeln viel häufiger geändert also auf die Gruppe angepasst werden, als Settings
Das leigt imho daran, dass Regeln häufig nicht mehr interpretierbar sind.
Spielt man mit interpretierbaren Regeln, wären Hausregeln nicht notwendig.

Spielt man dagegen Settings, in denen es kein Platz mehr für Interpretatione gibt (z.B. Aventurien), dann trifft man auch häufig Settinganpassungen vor.

Zum Rest: Ich sehe nicht, wo das eigentliche Problem ist.

Zitat
Mit dem Verweis auf Konzepte kann der Autor ein gewünschtes Spielgefühl beschreiben ohne es im Detail vorzugeben.
Da habe ich gute Erfahrungen mit Kurzgeschichten gemacht.
Eine kleine Kurzgeschichte im entsprechenden Setting vermittelt die vom Autoren angestrebte Spielatmosphäre, als es Regeln je könnten.

Offline 1of3

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@Enkidi: Ich demontier jetzt mal dein Post. Nix für ungut.

Ein gutes Setting braucht eine pfiffige Grundidee, etwas, das es aus der Masse anderer Settings hervorhebt oder es für eine besondere Zielgruppe interessant macht.

Also was unterscheidet Arcane Codex von Fantasy Setting 107? Trotzdem gibts Leute, die da liebend gerne rollenzocken.

Zitat
Es muss eine schlüssige Backstory haben. Damit ist ein gewisser Einblick in die jüngere Vergangenheit der Spielwelt gemeint; wir alle wissen, wie sehr die Geschichte eines Volkes seine Gegenwart bestimmt.

Mir fällt grade Andromeda ein. Könnte ein interessanter Spielplatz werden, um sich da zu betätigen. Aber ne Hintergrundgeschichte? Was wir haben, ist wohl nicht der Rede wert.

Zitat
Es muss einen "Trigger" haben, ein Problem oder eine Problemstellung, die als Ausgangspuntk für Handlungen und Konflikte dienen kann.
Beispiel: Es gab einen großen Krieg, der das Land verwüstet hat. Ein Asteroid bedroht die Welt. Ein Schwarzmagier hat eine finstere Schreckensherrschaft errichtet. Die Sonnen verfinstern sich.
Solche "Trigger" findet man in sehr vielen Rollenspiel-Settings, sie sind oft Teil dessen, was Spieler und Autoren als "Metaplot" des Settings bezeichnen.

Nicht wirklich. Grade die bekannteren Settings tun sich da richtig schwer. Was ist der Trigger in Star Trek? Es hat keinen. Was ist der Trigger in Herr der Ringe oder Harry Potter? - Die haben zwar ne offizielle Handlung, aber die meisten Leute die ich kenne, machen einen großen Bogen drum rum, wenn sie da zocken.

Star Trek hat noch nicht mal richtiges Konfliktpotential, in dem Sinne wie du es angerissen hast - mit Fraktionen und Parteien.


Wo ich dir zustimme ist bei den meisten anderen Sachen und die lassen sich einfach zusammenfassen: BILDER. Ein Hintergrund muss erstmal schöne Bilder haben. Seien sie exotisch, cool, verabscheuungswürdig oder anziehend. Das ist alles, was es braucht.


Aber das ist alles gar nicht die Frage: Natürlich kann man einen Hintergrund unabhängig von den Regeln machen. Man muss ihn unabhängig von den Regeln machen, denn die passen nicht zusammen. Regeln braucht man für die Sachen, von denen ich grade gezeigt habe, dass sie nicht Hintergrund sind. Für die Konflikte, für die Struktur, für alles. Nur nicht für die Abscheulichkeit der Drow und die Herrlichkeit der Elfen.

Offline Thalamus Grondak

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Auf den ersten Punkt gehe ich mal nicht ein, da fällt mir jetzt zuviel ein.
Zum zweiten Punkt hat Enkidi eigentlich meine Meinung gut formuliert, aber noch 1-2 Zusätze.
Wichtig ist hierbei noch, was ich dann am Ende für ein Spiel haben will. Wenn ich relativ frei spielen will, also nach einem reinen Erzählsystem, dann kann jedes Setting problemlos ohne Regeln erstellt werden, und dann auch mit verschiedenen freien Systemen gespielt werden.

So kann man mit dem Arkanasystem von Engel eigentlich jedes Setting spielen, solange einem diese Art zu spielen Spaß macht. Genausogut könnte man es mit einem System spielen, in dem einfach Frei erzählt wird, und die Mitspieler Vetorechte haben. Solange sich die Regeln des Spiels also auf die Metaebene beschränken ist das alles kein Problem. Sobald ich aber Regeln will, die die Realität des Settings wiedergeben, komme ich nicht ohne ein Basisregelwerk aus(Wenn das Spiel gut werden soll), Denn wie schon von einigen geschrieben, sorgen die Regeln dafür, das alle Spieler eine gemeinsame Basis und vor allem Maßstäbe haben.

Diese Maßstäbe beeinflußen das Spiel oft viel mehr als es das Setting tut. Wenn ich in den Vergessenen Reichen mit dem D&D System spiele fühlt sich das anders an, als wenn ich es mit dem AD&D System spiele, und das sind nur 2 verschiedene Versionen der selben Grundlage. Mit dem DSA System, oder dem Arkana System würde sich das Setting völlig anders anfühlen.
Wenn man davon ausgeht, das ein Setting ohne mehrfache Romanausgaben "fühlbar" für den Spieler wird, ist man IMHO auf Regeln angewiesen, so fällt es mir bei Engel z.B. sehr schwer Maßstäbe zu finden, um die Realität zu definieren. In den Vergessenen Reichen ist es relativ einfach die passenden Maßstäbe festzusetzen, da man dort unmengen an Regeln zur Verfügung hat, die die Eckpfeiler setzen, so das die Spielertoleranz sich nur noch in einem eng umzäunten Gebiet bewegt.
« Letzte Änderung: 6.11.2006 | 23:11 von Thalamus Grondak »
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Offline Lord Verminaard

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Wie müsste das aussehen? Würde euch zum Beispiel eine nicht zu lange Weltbeschreibung reizen, der ein kurzer Anhang beigefügt ist, der auf die Umsetzung mit verschiedenen Systemen eingeht?

Der Regel-Bezug ist schon wichtig. Boomslang hat schön beschrieben, wieso. Und wenn man jetzt nicht gerade The Pool spielt, dann bleibt es nicht aus, dass die Anpassung auf das System der Wahl Arbeit ist.

Bei d20 brauchst du Klassen, Feats, Waffen, Skills, Monster und was nicht alles. Bei The Shadow of Yesterday brauchst du Keys, Secrets, Abilities. Und je nachdem, wie speziell manche technischen oder magischen Dinge in der Welt sind, musst du dir dafür was überlegen. Natürlich gibt es auch Systeme wie GURPS oder HERO, die schon für fast alles irgendwelche Regeln im Baukasten haben. Aber selbst da ist es Arbeit.

Andererseits würdest du, wenn du es mit einem solchen Anhang schreibst, doch am Ende nur wenige erwischen, weil jeder doch wieder ein anderes Lieblings-System hat, von den ganzen zusammengeköchelten Haussystemen ganz zu schweigen.

Ich würde lieber versuchen, allgemeine Tipps für die Konversion zu geben, die es dem Spielleiter erleichtern, die Setting-Informationen mit Zahlen zu unterfüttern. Und zwar nicht im Anhang, sondern mitten im Text, immer da, wo es auftaucht. Und vielleicht hier und da ein Beispiel mit einem System deiner Wahl, und ein paar Zahlen und Listen zu diesem System im Anhang.
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Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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@Enkidi: Ich demontier jetzt mal dein Post. Nix für ungut.
Kein Problem  :D

Also was unterscheidet Arcane Codex von Fantasy Setting 107? Trotzdem gibts Leute, die da liebend gerne rollenzocken.
Tja da kommen wir jetzt leider wieder in den Bereich der persönlichen Präfereznen und des Geschmacks der Zielgruppe. Ich persönlich halte AC für kein gutes Setting, eben weil es sehr nach Abklatsch aussieht. Andere werden das sicher nicht so empfinden, vielleicht weil sie gar kein vergleichbares Setting (wie z.B. Earthdawn) kennen.

Mir fällt grade Andromeda ein. Könnte ein interessanter Spielplatz werden, um sich da zu betätigen. Aber ne Hintergrundgeschichte? Was wir haben, ist wohl nicht der Rede wert.
Ja, aber sie ist trotzdem da ;-)
Jede TV-Serie hat ein Serienkonzept, das weit vor der Realisation am Set geschrieben wird. In diesem Konzept werden die Rahmenbedingungen für eine Serie zusammengefasst, die Motivationen und Hintergründe der agierenden Figuren beschrieben und ein Abriss über das Setting, in dem die Handlung stattfinden soll, gegeben. Die Settingbeschreibung ist also sehr wohl da - in wie weit sie allerdings in die fertige Serie einfließt, ist leider von sehr vielen Faktoren abhängig.
Zudem zielte Jasper mit seiner Frage nach einem guten Setting für ein Rollenspiel ab, nicht für eine TV-Serie. In einer TV-Serie hat man, wie du selbst schon sehr richtig festgestellt hast, starke Bilder, die den Zuschauer begeistern und seine Faszination für die Serie wecken. Ein Rollenspielsetting kann das nur eingeschränkt leisten und muss daher wo anders in die Trickkiste greifen; bei der Konvertierung eines bestehenden Settings aus Film und TV besteht der Trick meiner Meinung nach darin, eben diese Backstory auszuarbeiten, um das Setting griffiger zu machen. Man nimmt wenn man so will die Fernseh-Bilder weg und gibt Informationen dazu, dass daraus Gedanken-Bilder werden können.   

Nicht wirklich. Grade die bekannteren Settings tun sich da richtig schwer. Was ist der Trigger in Star Trek? Es hat keinen. Was ist der Trigger in Herr der Ringe oder Harry Potter? - Die haben zwar ne offizielle Handlung, aber die meisten Leute die ich kenne, machen einen großen Bogen drum rum, wenn sie da zocken.
Da gebe ich dir zum Teil Recht, allerdings haben die von dir genannten Settings imho ebenfalls Trigger. Der Trigger bei Star Trek liegt im Untertitel des Originals: The Final Frontier. Hier geht es im übertragenen Sinne darum, die Interessen der Menschheit an der Grenze der bekannten Welt zu vertreten, zu überprüfen, wo diese Grenze überhaupt liegt (sowohl im geographischen als auch spiritiellen und intellektuellen Sinne) etc. Dieser Trigger überschneidet sich aber hier stark mit dem, was ich als Fokus oder Seele eines Settings bezeichne. Man kann für Star Trek auch noch einen anderen, eher simplen Trigger finden: ein bestehendes System schickt ein an dessen Befehle und Werte gebundenes Raumschiff aus, um xyz zu erreichen.

Bei Herr der Ringe und bei HP gibt es einen recht starken Trigger, meine ich. Beide Settings haben nämlich einen "Bösewicht", der das Setting bedroht. Eine Handlung in Roman oder Film kommt (fast bez. zu einem sehr hohen Prozentsatz) immer dadurch zustande, dass eine bestehende Ordnung (in der meist der Protagonist angesiedelt ist) bedroht oder verändert wird. Diese Bedrohung oder Veränderung gefällt dem Protagonist meist nicht oder ist für ihn von Nachteil. Daher entschließt er sich, dagegen vorzugehen - und schwupps beginnt die Handlung   :)  Da hatten wir ihn, den Trigger: die Bedrohung der allgemeinen Lebensumstände des Protagonisten reicht da meist schon aus. Hier sprechen wir allerdings von einer einzelnen Figur in einem Setting (aufs Rollenspiel bezogen also ein Spieler-Charakter) mit einem persönlichen Trigger.
Der Trigger eines Settings ist eher allgemeiner Natur, übergeordnet, weniger greifbar - muss sich aber dennoch stark auf die persönlichen Lebensumstände der Figuren innerhalb der Spielwelt auswirken können.
Wenn die Horden des Dunklen Lords die Eltern des Protagonisten töten, dann ist Rache zu nehmen wahrscheinlich eine schlüssige Handlung des Protagonisten. Sie resultiert aber aus dem übergeordneten Trigger, der die gesamte Welt betrifft und ohne den es nicht zum Tod der Eltern gekommen wäre. Wären die Eltern einfach nur vom psychopatischen Nachbarn des Protagonisten umgebracht worden, wäre die Rache ein rein persönliches Ziel (das in jedem beliebigen Setting stattfinden könnte). So steht der Protagonist aber stellvertretend für viele andere Figuren, die ein ähnliches Schicksal teilen das wiederum im Setting begründet liegt.

Star Trek hat noch nicht mal richtiges Konfliktpotential, in dem Sinne wie du es angerissen hast - mit Fraktionen und Parteien.
Zu Beginn der Serie war das so, ja; da gab es eher in jeder Folge Fraktionen und Parteien, die versucht haben, ihre Ziele durchzusetzen. Später kam dann aber ein "Metaplot" dazu, in der sich immer mehr verschiedene Fraktionen mit unterschiedlichen Zielen und Interessen herauskristallisierten. Daraus erwuchsen neue Impulse für die Serie, weg von dem alten "Wir fliegen zu Planet X und lösen Problem Y"-Konzept.
Die Einführung einer übergeordneten Storyline in TV-Serien hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt, da der "Metaplot" eine langfristige Motivation der Zuschauer sichern soll; ein sich über mehrere Folgen entwickelnder Spannungsbogen sorgt für konstantere Einschaltquoten, als Spannungsbögen, die sich nur auf die wöchentliche Einzelfolge beziehen. 


Wo ich dir zustimme ist bei den meisten anderen Sachen und die lassen sich einfach zusammenfassen: BILDER. Ein Hintergrund muss erstmal schöne Bilder haben. Seien sie exotisch, cool, verabscheuungswürdig oder anziehend. Das ist alles, was es braucht.
Da stimme ich dir natürlich voll zu, schon allein aus beruflichen Gründen  ;)
Fakt ist aber, dass ein Rollenspiel nicht die gleichen Möglichkeiten hat, Bilder zu schaffen, wie ein Film oder eine Serie. Wie ich schon oben sagte, müssen Bilder hier durch Worte erzeugt werden, und durch Ideen. Durch pfiffige, wohl plazierte Details, die die Vorstellungskraft des Lesers/Spielers anregen.

wjassula

  • Gast
Mensch, Leute, ihr seid ja richtig gut. Schöne Überlegungen und Beiträge, vielen Dank.

Das hier:

Zitat
Jede TV-Serie hat ein Serienkonzept, das weit vor der Realisation am Set geschrieben wird. In diesem Konzept werden die Rahmenbedingungen für eine Serie zusammengefasst, die Motivationen und Hintergründe der agierenden Figuren beschrieben und ein Abriss über das Setting, in dem die Handlung stattfinden soll, gegeben. Die Settingbeschreibung ist also sehr wohl da - in wie weit sie allerdings in die fertige Serie einfließt, ist leider von sehr vielen Faktoren abhängig.

gefällt mir sehr gut. Ich denke, die Frage, ob man Setting unabhängig von einem Spielbezug machen kann, haben wir ganz richtig mit "Wahrscheinlich nicht" beantwortet. Aber könnte man eine Art Treatment oder Serienbibel machen? Also eine Beschreibung von Personen, Örtlichkeiten, Konfliktlinien, möglichen Entwicklungen, an denen die Spielenden ansetzen können? Das würde sicher eine bestimmt Vorstellung von der Art des Spiels mit sich bringen - die Elemente dieser "Kampagnenfibel" sollten sogar so gewählt sein, dass sie ein bestimmtes Spiel anregen, erleichtern, verbessern.

Der Unterschied zu einem Roman (oder sogar zu vielen veröffentlichten Settings) wäre, dass Spielpotential und Spannungen, Konflikte, unentschiedene Situationen deutlich gekennzeichnet wären, und auf das Spielpotential hin beleuchtet würden. Das halte ich nämlich für DAS Merkmal eines guten Settings - Situationen anzubieten, die auf der Kippe stehen, eine instablie Lage, die Futter für die Entscheidungen der Spielenden bietet und möglichst anregend Issues/Konflikte gestalten hilft. Ein Setting soll ja den Vorstellungsraum ausgestalten, innerhalb dessen die Spielenden sich bewegen, und der muss nicht bloss irgendwie vielfältig, bunt und interessant sein, sondern vor allem Handlungsdruck, Handlungsanlässe, Handlungsmöglichkeiten benennen.

Jüngstes Beispiel: Der Umbau Aventuriens hin zu  einer viel kritischeren und instablieren Lage - die haben halt erkannt, dass in einem geordneten Ideal - Ritterreich mit gütigen Herrschern und funktionierenden Geheimdiensten nur professionelle Müllersburschen und Superschankmaiden auf der Jagd nach dem gestohlenen Schenkenhocker rumlaufen.

Dann kommt es auch zu dem Effekt, den viele hier beschrieben haben, nämlich dass einem sofort "was dazu einfällt" - weil man automatisch überlegt, wie solche instablien Situationen wohl ausgehen könnten, und wie man sich selbst verhält.

Ich meine, dass man in diesem Sinne schon ein Setting konstruieren kann, ohne eine Regelumsetzung mitzuliefern. Sehr wohl würde man aber einen Schwerpunkt des Spiels mitliefern (also bei dem von mir ausgeführten: Charakterkonflikte vor dem Hintergrund instablier Verhältnisse, die ungewohnte Entscheidungen verlangen). Wenn man das in diesem Setting anspricht, und nicht nur eine Weltbeschreibung liefert, sondern auch Kommentare dazu, was man damit anfangen kann, und wo in dieser Welt die interessanten Konfliktlinien sind, ja ,das könnte funktionieren. Nicht einfach tausend Details aufeinanderhäufen, sondern sich überlegen: was muss ich den Leuten vorsetzen, damit sie was daraus machen können. Weg von Setting als frustriertem Roman hin zu Setting als Spielzeug.

Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Das fände ich einen ausgezeichneten Ansatz, Jasper.

Mir ist bei Forge- und Indie-Spielen immer wieder aufgefallen, dass sie zwar hervorragende Ansätze zur Conflict Resolution und der Erschaffung stimmiger Charaktere mit triggerbaren Ecken und Kanten (Keys, Issues, ...) bieten, sie einen aber sehr oft im Stich lassen, wenn es darum geht, Figuren innerhalb des Settings in eine spannende Geschichte zu verwickeln*. Ich denke, das hängt damit zusammen, dass das Setting hier etwas stiefmütterlich behandelt wird, oder zu wenig darauf eingegangen wird, wie wichtig das Setting eigentlich für Charaktere und Story ist. Dass es vor allem aber, genau wie die Charaktere, Spannungsfelder besitzen muss, die man zur Generierung einer spannenden Story dann (z.B. als SL oder Storyguide)  gezielt triggern kann.

Insofern fände ich deinen Vorschlag, diese Spannungsfelder eines Settings gezielt aufzulisten, sehr gut. Denn das wäre eine ganz konkrete Hilfestellung für SLs, wo und wie er Plots ansiedeln kann, wie Figuren innerhalb der Spannungsfelder plaziert werden müssen und welchen Einfluss ein Konflikt innerhalb des Settings auf die Charaktere der Spieler hat.


*(das ist übrigens auch bei den meisten konventionellen RPGs so, allerdings wird der Mangel an konkreter Hilfe zur Story-Erschaffung durch Tonnen von unkonzentrierter Information erschlagen; also eigentlich genau das andere Extrem.)

Offline Lord Verminaard

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Ja, ein Setting mit konkretem Spielbezug, das wäre schon mal was. Wie gesagt, gerne auch mit konkreten Hinweisen auf die Umsetzung mit dem bevorzugten Regelwerk. Das kann ja durchaus auch abstrakt stattfinden („Ein voll ausgebildeter Jedi ist die ultimative Kampfmaschine.“ – „Nur einige wenige, herausragende Zauberer sind in der Lage, einen Elemantarherren zu beschwören.“ – „Der rote Drache ist der größte und stärkste unter den Drachen des Bösen.“ – „Der hyrkanische Kompositbogen hat eine größere Reichweite als die Langbögen und Armbrüste der hyborischen Ritterheere.“).

Man könnte ja Fans verschiedener Systeme aufrufen, Konversionen zu schreiben, und diese (mit Genehmigung der jeweiligen Verlage) online veröffentlichen. Ein Wiki schiene mir dafür die geeignete Form.
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Offline Dirk

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Hi Alle,

ich verstehe die Welt nicht mehr so ganz!

Wie ich das sehe sind fast alle Rollenspielsysteme regeltechnisch entweder gar nicht oder nur rudimentär mit ihrem Setting verbunden!
Deswegen ist es auch so einfach Konvertierungen zu machen.

Ich behaupte Setting und Systeme sind in den meisten Rollenspielen beliebig austauschbar! Letztendlich bestimmt der bevorzugte momentane Spielstil das System mit dem das Setting gespielt wird. Es gibt sicherlich auch ein paar Ausnahmen, bei denen es höchst sinnfrei ist eine Konvertierung zu versuchen. Das sind jedoch jeweilige Ausnahmen.

Aus diesem Grund finde ich die Entwicklung eines Settings für "alle" Systeme recht unspannend, da ich das für den Normalfall halte.

Deshalb verwundern mich einige Aussagen hier.

Aber die Idee mit den Hinweisen wie das Setting zu spielen ist fände ich hervorragend und sollte in keinem Rollenspielsetting fehlen.

Moment mal. Burning Empires (der Nachfolger Burning Wheels sozusagen) von Luke Crane hat genau das! Es ist jedoch zu 30 bis 40 Prozent mit dem System verquickt.

Eine vollständige Einheit von System und Setting fände ich viel spannender. Bei Dogs könnte ich so etwas attestieren, mit einigen Abstrichen auch bei TSoY.

MfG

Dirk
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

Eulenspiegel

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Wie ich das sehe sind fast alle Rollenspielsysteme regeltechnisch entweder gar nicht oder nur rudimentär mit ihrem Setting verbunden!
Deswegen ist es auch so einfach Konvertierungen zu machen.
Zustimmung.

Zitat
Eine vollständige Einheit von System und Setting fände ich viel spannender. Bei Dogs könnte ich so etwas attestieren, mit einigen Abstrichen auch bei TSoY.
Dogs hat doch fast gar kein Setting.
Und das wenig Setting kann man auch problemlos mit anderen Regeln spielen.

Seting ist dohc im Prinzip ähnlich wie Deadlands: Wir haben ein Westernland in der Wüste. Dämonen sind real aber nicht körperlich und versuchen die Gläubigen zu beeinflussen.
Es gibt eine dominante monotheistische Religion, die am Christentum angelehnt ist. Und eine moderne Art von Inquisition, die sich selber Dogs nennt.
Das war's auch schon zum Setting.

Spielstil: Es geht darum, seine eigenen moralischen grundsätze zu hintergragen.
Trigger: Die Spieler spielen Dogs. Sie kommen in ein Dorf, wo etwas falsch läuft und die Dogs müssen es lösen.

Das kann ich auch mit beliebigen Regeln spielen.

Und wer auf Conflict Resolution steht, kann die DitV Regeln auch bei einem bel. anderen Setting anwenden.

Offline Dom

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Eulenspiegel, du vergisst, dass die Dogs-Regeln nicht nur die CR, sondern z.B. auch die Town Creation Rules umfassen. Damit kann man in einem anderen Hintergrund wenig anfangen. Außerdem wäre es weit schwieriger, Dogs ohne Dogs-Regeln zu spielen weil einem genau diese Regeln fehlen.

Aber hier stellt sich mir die Frage: Gehört die Aufgabe der Hunde bei DitV eigentlich mit zum Hintergrund? Ich denke, sie ist zumindest eng mit dem Hintergrund verbunden (denn die Beschreibung der Religion und der Dogs ist ganz klar Hintergrund).
 
Dom

Offline Dr.Boomslang

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Ein Setting soll ja den Vorstellungsraum ausgestalten, innerhalb dessen die Spielenden sich bewegen, und der muss nicht bloss irgendwie vielfältig, bunt und interessant sein, sondern vor allem Handlungsdruck, Handlungsanlässe, Handlungsmöglichkeiten benennen.
Genau, es geht um Handlungsanlässe, um das was potentielle Charaktere machen können.
In dem Zusammenhang und mit dem was Enkidi gesagt hat fällt mir doch etwas zu guten Settings ein: Forge hat doch bereits haufenweise Material geliefert wie Charaktere zu entwicklen sind: Kicker, Bangs, Issues, R-Maps, whatever
Es ist doch eigentlich offensichtlich! Ein Setting ist doch nun einfach nur ein Prototyp, ein Nährboden für entsprechende Charakterentwicklungen. Es gibt mir also im Idealfall Teile vor, die ich nur noch extrapolieren und selber ausschmücken muss.

Der Unterschied zu einem Roman (oder sogar zu vielen veröffentlichten Settings) wäre, dass Spielpotential und Spannungen, Konflikte, unentschiedene Situationen deutlich gekennzeichnet wären, und auf das Spielpotential hin beleuchtet würden.
Genau! Aber eines, was ich oben schon angedeutet habe fände ich auch noch wichtig. Da ein Setting interpretierbar ist und eben nicht ein vorgegebener Prozess oder gar ein fester Ablauf (wie ein Roman), liegt die Stärke auch in der Variabilität, der Offenheit, das sollte man nicht vernachlässigen.
Bestimmte Konflikte können so im Spiel selbst ganz unterschiedlich behandelt werden. Während ein Konflikt des Settings in einem Spiel vielleicht nur als Hintergrund dient, ist er in einem anderen vielleicht zentral. Es sollte eben nicht nur möglich sein Konflikte unterschiedlich zu lösen, sondern sie auch völlig unterschiedlich zu behandeln.
Für die "Langlebigkeit" eines Settings würde es auch sprechen wenn die "instabile Lage" wie du sie nennst auch nach der "Stabilisierung", also der Beeinflussung durch die Spieler und das Spiel, in einer weitere Interessante Situation münden würden. Auf der anderen Seite könnte man auch sone Art Einmalsetting ("Wegwerfsetting") ausarbeiten, dass auf einen großen Konflikt hinmündet und dann uninteressant wird (Weltuntergang, Weltrettung o.ä.).

Weg von Setting als frustriertem Roman hin zu Setting als Spielzeug.
Meine Vorstellung von einem wirklich guten Setting, beinhaltet genau diesen Spielzeug-Charakter. Ich muss selbst alles damit machen können, das Setting soll mir keinen Kanon vorgeben, sondern Möglichkeiten eröffnen und darauf eingehen wie ich diese nutzen kann.

Noch was anderes:
(„Ein voll ausgebildeter Jedi ist die ultimative Kampfmaschine.“ – „Nur einige wenige, herausragende Zauberer sind in der Lage, einen Elemantarherren zu beschwören.“ – „Der rote Drache ist der größte und stärkste unter den Drachen des Bösen.“ – „Der hyrkanische Kompositbogen hat eine größere Reichweite als die Langbögen und Armbrüste der hyborischen Ritterheere.“).
Diese Beispiele gehen schon in die Richtung die ich mir auch vorstelle, aber...
In all diesen Beispielen verbleibt man innerhalb der Welt. Damit ergibt sich keinerlei Hilfestellung bei der Umsetzung in einem Spiel. Für manche Stile mag sowas ausreichen, für viele andere nicht. Insbesondere sagt der Autor damit selbst garnichts über die Art des Spiels, die er sich vorstellt.
Man müsste schon eher Hinweise bringen wie: "Die Auseinandersetzung mit den roten Drachen sowohl im Kampf als auch in der Politik ist ein zentraler Teil des Spiels." oder "Der Jedi ist zwar die Verkörperung von Weisheit und Kampfkraft, doch ist es das Schicksal der Jedis trotz alledem unterzugehen."
Ich habe mit letzerem extra ein Beispiel gewählt in dem weltinterne Sicht und Betrachtung des Spielgeschehens sich absolut widersprechen, was ja durchaus möglich und vielleicht sogar nötig ist.

Offline Lord Verminaard

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@ Boomslang:

Ich wollte nur mal auf den ersten Schritt hinweisen, bevor man den zweiten macht. Ich sollte als Entwickler eines Settings Aussagen darüber treffen, was in diesem Setting möglich/wahrscheinlich ist oder wie sich die Dinge zueinander verhalten. Die übliche Art und Weise, wie diese Aussagen bei Rollenspielen getroffen werden, sind Spielregeln. Hat man keine Spielregeln, entbindet einen das nicht von der Notwendigkeit, Relationen herzustellen, dann eben verbal.

Diese Überlegung kommt lange vor den Hinweisen zum Spiel mit dem Setting. Sie fallen unter die Kategorie „kann ich mit dem Setting überhaupt spielen“, nicht unter die Kategorie „für welche Art Spiel funktioniert das Setting besonders gut“. Ich bin mit dir, dass man das andere auch haben sollte. Aber davon sprach ich in diesem Fall gar nicht.

Insofern ersetzten deine Aussagen die meinen nicht, sondern sie bauen auf ihnen auf.
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Offline Dr.Boomslang

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Insofern ersetzten deine Aussagen die meinen nicht, sondern sie bauen auf ihnen auf.
Schon klar. Aber das heißt ja es fehlte was ;)

Joe Dizzy

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Ich glaube man muss unterscheiden zwischen erspieltem Setting und gedrucktem Setting (den ich der Einfachheit mal Hintergrund nenne).

Anscheindend wird beides in den gleichen Topf geworfen, aber es gibt grundlegende Unterschiede. Setting (erspieltes) entsteht und verändert sich im gemeinsamen Vorstellungsraum und dem Spiel darin. Setting ist das, was für das tatsächliche Spiel und die Leute, die daran teilnehmen, von Relevanz ist.*

Hintergrund (d.h. gedrucktes Setting aus einem Regelwerk oder Sourcebook) hingegen befindet sich ausserhalb des Spiels. Aus dem statischen Hintergrund wird im Spiel ein dynamisches Setting gemacht. Aber wie man aus dem Hintergrund ein spielbares Setting formt, dafür gibt es keine Regeln. Das macht man frei nach Schnauze, weshalb es wohl auch so schwer zu sagen ist, woran man einen guten Hintergrund erkennt. Ich denke, dass ist ein Bereich in dem Theorie und Design noch sehr viel zu leisten hat.


* - Das ist nicht 'Situation' in der Forge-Theorie. Was ich mit Setting meine, schliesst auch alle Elemente ein, die entweder in der jetztigen oder einer vorherigen Situationen implizit im gemeinsamen Vorstellungsraum vorhanden sind.

Offline 1of3

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Aber hier stellt sich mir die Frage: Gehört die Aufgabe der Hunde bei DitV eigentlich mit zum Hintergrund? Ich denke, sie ist zumindest eng mit dem Hintergrund verbunden (denn die Beschreibung der Religion und der Dogs ist ganz klar Hintergrund).

Ich sage: "Nein, tut sie nicht." Und die ganze Diskussion wird plötzlich viel einfacher.


Siehe dazu auch das programmatische Startpost in meinem Blog:

Zitat
Die meisten Leute teilen Rollenspiel einfach in "Setting" und "System" ein. Diese Teilung ist allerdings häufig verwirrend, da die Begriffe Setting und System mehrdeutig sind. So bezeichnet "System" gelegentlich:

    * Ganze Rollenspiele ("Ich habe 10 Systeme im Schrank.")
    * Die Regeln eines Spiels
    * Nur die Spielmechanik
    * Nur Teile von Regeln oder Spielmechanik ("Ich mag das Kampfsystem.")

Zuletzt wird der Begriff System teilweise in der von Vincent "lumpley" Baker geprägten Weise benutzt (auch bekannt als "lumpley principle"):

System (including but not limited to 'the rules') is defined as the means by which the group agrees to imagined events during play.

Diese Definition ist etwas schwammig, sie kann entweder die Menge aller Techniken oder die Menge aller Resolutionstechniken bezeichnen (s.u.).


Setting ist dagegen etwas klarer, aber nicht viel. Setting kann bedeuten:

    * Den Hintergrund, vor dem das Rollenspiel spielt. Also z.B. Aventurien bei DSA, die 6. Welt bei Shadowrun oder die 1920er bei Chtulluh. Dieser Teil wird auch "Welt" oder "Szenerie" bezeichnet.
    * Das, was die Charaktere tun. Also bei D&D Monster töten, ihr Zeug klauen und mächtige Helden werden, bei Shadowrun als Söldner für Konzerne (o.ä.) tätig sein, etc. Diese Bezeichnung scheint besonders im englischen Sprachraum gängig zu sein. Andere Bezeichnungen sind "Core Story" oder "Default Mission".
    * Beides auf einmal in verschiedener Gewichtung.

Es ist bei genauerer Betrachtung allerdings wichtig, diese beiden Teile gut zu unterscheiden, da sie im Grunde unabhängig von einander sind. So ändert sich die Core Story von D&D kaum, egal ob man auf Greyhawk oder Faerun spielt.

Häufig hört man auch die Aussage, dass Setting viel wichtiger als System sei. Dies allerdings ist nun Ergebnis der Vermischung vollständig verschiedener Ebenen. Daher nochmal einen Schritt zurück und genau hingeschaut.

Meines Erachtens muss man im Rollenspiel drei Dinge gleichberechtigt betrachten, die alle einen gewissen Eigenwert haben. Die also alle für sich zum Genuss des Rollenspiels beitragen können und tatsächlich Geschmackssache sind. Dabei handelt es sich, eben um Hintergrund, Core Story und den Spielstil.

Spielstil bezeichne dabei die Handlungen der Spieler, wie z.B. "taktische Entscheidungen treffen", "sich in seinen Charakter versenken". Eine gute Analyse dieser Handlungen haben Eetu Mäkelä u.a. in ihrem Process Modell of Role-playing geliefert.

Neben diesen drei Teilen enthalten Rollenspiele noch Regeln. Um zu erklären, was eine Regel ist, muss man sich zuerst vor Augen führen, was Techniken (oder nach Terminologie des Process Modells "Methods") sind. Als Techniken lassen sich alle wiederholbaren Handlungen auffassen, die einen bestimmten Zweck im Sinn haben.

Beispiele für Techniken sind also etwa:

    * In der 1. Person sprechen, um eine tiefere Identifizierung mit einem Charakter herzustellen.
    * In der 3. Person sprechen, um das Augenmerk eher auf die Geschichte zu legen.
    * Das Licht dimmen, um eine gruselige Atmosphäre zu erzeugen.
    * Charaktere, Gegenstände, Teile der Szenerie mit Werten ausstatten, um Voraussagen über ihr Verhalten und ihre Fähgigkeiten machen zu können.
    * Einen Spielleiter haben, um den Protagonisten Oppositon zu bieten.
    * Einen Spielleiter haben, damit sich die anderen Teilnehmer voll auf ihre Charaktere konzentrieren können.

Jede Technik kann zu einer Regel erhoben werden, wenn sich die Spielrunde darauf einigt, sie immer (oder in bestimmten Situationen jedesmal) anzuwenden.
« Letzte Änderung: 7.11.2006 | 20:24 von 1of3 »