@Merlin
Danke! Du hast auch noch gut dargestellt, was ich unterschlagen habe:
Spaß läßt sich nicht erzwingen
Der Versuch an sich ist kontraproduktiv. Definiert man also Spaß als Spielziel, dann hat das allein zur Folge, daß Spaß schwerer zu erreichen ist, weil man dann einen Zwang hat.
Dieses Gefühl entsteht aber aus einer Unverbindlichkeit, was nun im Widerspruch zu Zielen steht, denn solche sind verbindlich.
Wenn man sich ein Ziel setzt, dann setzt man sich dem Druck aus, dieses auch zu erreichen.
Das Ziel Spaß hat eine konfliktäre Beziehung mit sich selbst.
Gehen wir mal genauer auf Ziele ein:
1. Ziele sind, wie bereits erwähnt, verbindlich. Es macht keinen Sinn, sich Ziele zu setzen, wenn einem deren Erreichen nicht wichtig ist.
2. Dazu kommt noch, daß Ziele messbar sein sollten. Zugegebenermaßen ist dies in punkto Rollenspiel schwierig, denn was soll man messen? EPs? Verdientes Geld?
Der Grund für die Messbarkeit eines Zieles ist, Abweichungen feststellen zu können und Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
Beim Rollenspiel geht das schlecht mit Zahlen. Stattdessen braucht man etwas, woran man den Grad der Zielerreichung bestimmen kann. Feedback ist eine Möglichkeit. Wie gut hat es den Spielern gefallen?
Aufgrund der Festellung des Zielerreichungsgrades sollte man in der Lage sein zu analysieren, was wie gewirkt hat.
Zum 1. Punkt hab ich bereits was geschrieben und zum zweiten Punkt...?
Wenn es um Spaß geht, dann stellt sich folgende Frage, auf welche man ein Feedback erhält:
"Hattest Du Spaß?"
Die Antwort lautet entweder "Ja!" oder "Nein!". Man kann somit zwar den Zielerreichungsgrad feststellen, aber wie sieht es mit der Möglichkeit aus zu analysieren, was man besser machen sollte?
Man könnte auch die Frage stellen: "Wodurch hattest Du Spaß?"
Die Antworten sind wesentlich detaillierter hier, aber im Endeffekt beantworten sie rein eine andere Frage: "Wie gut hab ich meinen Job gemacht?"
Jepp! Der Spieler erhält eine Frage, antwortet aber auf eine andere. Wenn man ehrlich ist, ist es nicht der SL, der Spaß erzeugt, sondern der Spieler hat Spaß dadurch, daß er seiner Tätigkeit nachgeht, also der Darstellung seines Charakters. Der SL liefert ebenso wie der Rest der Gruppe externe Einflüsse, die die Darstellbarkeit des Charakters beeinflussen. Der Spieler bewertet auf diese Frage die Leistung des SLs, aber er beschreibt eher nicht, wodurch er Spaß hatte, denn dann müßte er antworten, daß ihm die Darstellung seines Charakters Spaß gemacht hat.
Übrigens entbindet die Aberkennung von Spaß als Spielziel die Gruppenmitglieder nicht davon, höflich und respektvoll miteinander umzugehen und auch Sorge dafür zu tragen, daß die anderen sich wohl fühlen.
Die Erfüllung der Aufgaben hängt wie in jedem Hobby auch vom eigenen Wohlbefinden ab. Wenn man sich nicht gut fühlt, dann geht man unmotiviert an die Sache ran. Fühlt man sich unwohl, kann man schlecht Spaß empfinden. Da eine Rollenspielrunde untereinander vernetzt ist und die Leistung des Einzelnen die gesamte Gruppe beeinflußt, sollte das Wohlbefinden jedes Gruppenmitgliedes auch im Interesse der Runde liegen.
Nochmal ein weiterer Punkt, der vielleicht zum Nachdenken anregt:
Außer beim RPG hab ich noch nicht erlebt, daß bei einem anderen Hobby Spaß als Ziel definiert wird.
Mein Bruder bastelt gerne an seinem Auto. Er fährt gerne damit, aber im Endeffekt ist das Arbeiten am Wagen, um die Fahrtüchtigkeit herzustellen, das, was ihm Spaß macht. Sein Ziel ist es aber, die Fahrtüchtigkeit herzustellen.
Ebenso wird man es bei allen anderen Hobbies finden.
Ein begeisterter Drachenflieger wird sich nicht sagen: "Ich will Spaß haben." Sein Ziel ist es eher den Drachen in die Luft zu bringen.
Sogar bei Brettspielabenden hab ich noch nicht gehört: "Ich will Spaß haben."
Da definieren sich die Ziele durch die einzelnen Brettspiele, also im Regelfall gewinnen.
Wieso also sollte das Rollenspiel eine Ausnahmeerscheinung sein?