Und wieder die völlig unverständliche Reduktion von Rollenspiel aufs Brettspiel.
Naja RPGs sind ja immernoch ein Spiel, warum also nicht den Vergleich bringen?
Der Punkt ist ja nicht "Was ist ARS" sondern, "Was ist RPG". Dazu kann man verschiedene Auffassung haben, wenn sich diese diametral unterscheiden, dann kann zur Auffassung des Schummelns geraten oder eben nicht.
Settembrini hat ja ARS gar nicht strukturell definiert. Was nötig wäre für die Definition eines speziellen Spielstils. Stattdessen sagt er, dass ist einfach normales Rollenspiel. Er begründet das nicht statistisch, sondern historisch. Als DnD entstand, gab es nur Brett- oder Kriegspiele als Vergleich. Die Besonderheit am RPG war erstmal, dass man nicht immer (aber oft) ein Spielbrett hat und Probleme die nicht durch Regeln zu lösen sind, mit fiktiver Verhandlungsführung (methode Rollenspiel) gelöst werden. Aus dieser Entstehung ist es klar, dass die Spieleitung möglichst neutral sein soll. Wie die Bank bei Monopoly oder ein Schiedsrichter eben wie man das aus anderen Spielen kennt. Auch wenn kein Schiedsrichter der Welt objektiv ist, ist es eine Anforderung, dass er diese Objektiviät anstrebt. Würfeldrehen, egal aus welchem Grund und ob angesprochen oder nicht, verändert die diese Neutralität. Man erwartete auch nicht von einem Schiedsrichter beim Fußball, dass er nach einem Fehler eine andere Fehlentscheidung trifft, um diese wieder auszugleichen.
Man denke auch an Turniermodule. Auf andere Interpretationen konnte man damals noch gar nicht kommen, denn RPGs waren ja nicht aus der Einführung von Würfeln im Impro-Theater entstanden, sondern eben aus Brettspielen.
Die Zeit verstrich es kamen andere Spielstile wie Storygames auf. In den USA führte das zu viel Frust unter den Spielern, weil mit dem Fokus auf erzählen statt Spiel, nicht so richtig klar war, was die Leute am Tisch eigentlich wollten, denn das Erzählen ist ja viel schwerer greifbar (weil hier ja auch Spielerwünsche und Vorstellung individuell berücksichtigt werden müssen), als der Spielfokus der durch klare Regeln und angestrebte Neutralität ausreichend verständlich ist. Daraus entstand dann GNS und die Forge.
Die Kernfrage ist also: Ist RPG ein Spiel oder gehts da ums Erzählen? Natürlich gibt es beide Aspekte - aber was ist konstitutierend? Das ist die Kernfrage. Je nachdem wie man den Fokus setzt - wird klar was Schummeln ist und was nicht. Gleichzeitg ergibt sich aber auch in der Konsequenz, dass beides nicht kompatibel sind udn von der jeweiligen Fraktion als was ganz anderes Begriffen werden muss.
Ich finde die Argumentation jedenfalls schlüssig, zugegeben ist die historische Begründung aber auch die einfachste. Eine strukturelle Definition der Spielstile, ist sehr schwer, vermutlich unmöglich.
"Choose your own Adventure Books" wurden erst nach dem RPG entstand veröffentlicht, die wären aber eventuell geignet für die Erzählfraktion als Argument zu dienen.
Das erste entstand wohl 1969 (Sugarcane Island) wurde aber erst viel später veröffentlich, was man aber auf wirtschaftliche Gründe schieben kann. Schon 1959 gab es aber einen Franzosen der die Idee der "littérature potentielle" in einem Aufsatz beschrieb und in den 60ern auch einige Versuche in diese Richtung. Im Kern läuft es also auf Brettspieler vs. "littérature potentielle" Fraktion hinaus (auch wenn RPG mehr ist, aber eine Gewichtung muss man vornehmen), im Spiel gibt es Schummeln in der Literatur natürlich nicht.
Die Vorlage waren hier keine Brettspiele sondern Gute Nacht Geschichten (Sugarcane Island), die man beieinflussen kann, aber grob genommen erstmal feststehen. Der wirkliche Erfolg der Gamebooks kam erst in den 80ern - auch aufgrund der RPGs - aber eventuell waren diese die konstituierende Vorlage für Storygames? Interessant ist hier auch das "Schummeln". Wer blättert denn da irgendwann mal nicht zurück und fängt jedesmal ganz neu an?