kirilow schreibt was zu Von eigenen Gnaden — Teil III: Der FinstermannNach langer Auszeit und gebrochenen Versprechungen hier nun endlich der Dritte Teil der
Von Eigenen Gnaden-Reihe.
Als wir die Helden das letzte Mal im Abenteuer verlassen habem, waren sie gerade zu den neuen Herren Zweimühlens geworden. In dieser neuen Rolle warten, neben einigen Abenteuerschnipseln die das Alltagsgeschäft der neuen Warlords betreffen und auf die ich im letzten Teil eingehen werde, drei größere Abenteuer auf sie.
Zugleich, und so klingt es jedenfalls an, beginnt auch eine neue Epoche der Abenteuergestaltung im Lande des Schwarzen Auges an. Auf S. 27 ist sie, die Box des Schreckens mit der Überschrift: "Die Option des Scheiterns". Hui, die Ergebnisse sind nicht vorgeschriben, die Helden können Scheitern. Na mal sehen.
Beginnen wir mit dem ersten Abenteuer, dem
Finstermann.
Das Abenteuers erster Teil Der Finstermann ist ein übler Untoter, der durch ein finsteres Ritual ins Leben zurückgerufene Baron von Wolfratshausen aus der Familie der Rabenmunds mit seinen 24 Schattenwandlern. Doch wie geraten die Helden an diesen schröcklichen Gegner?
Ein kleines Mädchen kommt blutüberströmt und verwirrt nach Zweimühlen und berichtet, ihre Eltern seien ermordet bzw. entführt worden. Reiten die Helden zum Hilf, so finden sie Fußspuren, die sie dann zu einer Jagdhütte führen, von der wiederum Spuren sie zu anderen Bauernhöfen führen, von denen einer verteidigt werden konnte und der Bauer somit zu berichten weiß, dass auch der Baron Wulfbrand (eine Baronie weiter) Erkundigungen eingezogen hat. Suchen sie diesen nun oder lassen sie es sein, auf jeden Fall werden sie ihn treffen, wenn er gerade von den Schattenwandlernüberfallen wird. Nachdem sie ihm -- wie es scheint --- das Leben gerettet haben, erfahren sie, dass der Finstermann, der hinter all dem Übel steckt, in einem alten Jagdschloß zu finden sein könnte.
Brechen die Helden dahin auf, so werden sie den Finstermann zwar nicht finden, wohl aber ein Spukschloss und Hinweise auf des Gegners Identität. Das Schloss ist nur 'atmosphärisch' beschrieben, genaueres bleibt dem Spielleiter vorbehalten, mehr oder minder fest steht aber, dass die Helden bis zum Abend blieben und damit auch noch 1. auf die Schattenwandler --- die sie in das Kamizimmer treiben und gefährlich und schröcklich sind -- und 2. eine Projektion des Finstermannes --- der zornig ist, da sie sein Schloß betreten haben (oder aus anderen Gründen, wichtig ist, dass er zornig ist) und ihnen nun via Vision mit der Zerstörung Zweimühlens droht --- treffen.
Nach der schrecklichen Eröffnung sind auch die Schattenwandler verschwunden und die Stadtherren können nun rasch in ihre Ortschaft zurückreiten um dort just anzukommen, wenn gerade die Mühle angezündet wurde und der Jüngling vergewaltigt zu werden droht. Die 'Schlacht' ist in durch mehrere kleine Szenen dargestellt, wo jedesmal eine Heldentat und eine
Überzeugen- bzw.
Kriegskunst- Probe machen. Vom akkumulierten Ausgang der Proben lässt sich dann auf den Ausgang der Schlacht bzw. den Zerstörungsgrad der Stadt schließen. den Abschluss dieses ersten Teils des Finstermann-Abenteuers bildet ein Endkampf im Schloss von Zweimühlen gegen denselbigen.
Doch auch wenn es den Helden gelingt, den Daimoniden zu erschlagen, so werden sie bald erfahren, dass sie da keineswegs die ersten sind, der Finstermann jedoch jedes Mal wieder aufgetaucht ist. Es gilt also, einen weg zu finden, ihn endgültig zu bannen. Dies bildet den zweiten Teil des Abenteuers.
Ein kleines Zwischenfazit zum ersten Teil: Ein sehr straightes, lineares Abenteuer, in der die Spieler nacheinander die Szenen abklappern. Zugute halten muss man dem Ding, dass es in dem meisten Fällen ohne Probleme zu meistern sein dürfte. Dumme Stolpersteine bleiben aus. So kann man beispielsweise beim ersten Bauernhof anfangs deutliche Fußspuren finden. Emtweder man folgt diesen mit einer erschwerten
Spurenlesen-Probe oder man geht einfach der groben Richtung nach, zur Forsthütte kommt man in jedem Fall. Das ist keineswegs schlecht und --- um es einmal so zu sagen -- auch recht glaubwürdig.
Merkwürdig finde ich die Handlungsspielräume der Helden. Einerseits sind des öfteren Alternativen dargestellt und deren Folgen erwähnt. Bsp.: Brechen die Helden erst nach den Tagen des Namenlosen auf, so können sie eine weitere Bauernafamilie retten. Schön das, nur da alles im ungefähren bleibt, ist es letztlich auch egal. Andererseits sind alle zentralen Sachen vollkommen gescripted. Wenige Seiten, bevor das Abenteuer beginnt, wurde noch dargestellt, was das Anwerben von Söldnern, der Unterhalt der Stadtwache kostet und nahegelegt, dass man hier eine strategische Entscheidung treffen könne. Pustekuchen, die Szenen der Schlacht stehen schon fest, egal, ob man 10 oder 100 Krieger in der Stadt hat. Die Helden werden in jedem Fall Wulfbrand treffen, in jedem Fall den Finstermann nicht im Schloss antreffen, in jedem Fall diesen zum Feind haben und die Untoten in der Stadt.
Zur Schlacht: Nun finde ich die Idee, eine größere Schlacht szenenartig abzuwickeln keineswegs falsch. In vielen Situationen ist das sogar eine besonders gute Lösung; wenn die Helden nur an der Schlacht teilnehmen verliert und man sich sonst meist entweder in langwierigen Beschreibungen oder ermüdenden Scharmützeln. Das ist hier aber nicht der Fall! Wir haben die erfreuliche und --- besonders bei DSA --- sehr seltene Situation, dass die Helden tatsächlich die Befehlshaber sind. Wo, wenn nicht hier, hätte man denn mit einem schnieken kleinen 'Massen'kampsystem für ca. 100 Beteiligte glänzen können. Nun werden hier einige sagen: wir wollen doch kein Brettspiel spielen --- so dachte ich bis vor kurzem auch, aber wieder erwarten ergaben Selbstversuche, dass das ein Riesenspaß sein kann. Ich komme noch einmal beim letzten Teil darauf zurück, schließlich leidet der ganze Band unter diesem Manko. Auf jeden Fall macht die Wahl der Mittel das Abenteuer weit unflexibler.
So findet sich beim Spukschloss folgender Hinweis:
Sofern einzelne Helden beispielsweise durch Magie schneller ans Ziel kommen können, passen Sie das Abenteuer entsprechend an.
Das ist nun gewiss ein trefflicher Rat, doch macht der Aufbau eben dieses Abenteers das nicht gerade leicht.
Das der Schlacht (es ist eigentlich eher eine wilde Plünderei) zugrundeliegende System kann ich nicht recht beurteilen. Irgendwie scheint es mir komisch, dass nicht der erspielte Erfolg in den Szenen wichtig ist, sondern das Absolvieren einer davon unabhängigen Probe. Aber das mag ich ein wenig in den falschen Hals bekommen bzw.missverstanden haben. Interessanterweise wird -- wie schon in der oben erwähnten Box versprochen --- auch darauf eingegangen, was passiert, wenn nicht genug Punkte gesammelt worden sind: die Stadt ist zerstört, die Bürger fliehen in Scharen vom Ort die neuen Herrscher sind geshietert. So schön es an sich ist, dass ein solches System angeboten wird, so hinterlässt es doch einen schalen Nachgeschmack. Wenn alle Entscheidungen zuvor unwichtig sind, man den Finstermann also gar nicht durch die Wahl des rechten Zeitpunktes o.ä, vorher stellen kann, die Befestigung der Stadt unerheblich ist, kurz alle Szenen geskripted, dann finde ich es nun wirklich unbefriedigend, wegen einer gescheiterten
Überzeugen-Probe die Stadt zu verlieren. Der Endkampf ist wie der erste hart, der Gegner krass; so erscheint es zumindest dem Laien (mir). Sicherlich ein herausfordernder Kampf und ein Mordspaß für die Freunde eines solchen.
Wenn ich das nun nochmal lese, klingt das alles ziemlich hart. Man darf darüber nicht vergessen, dass das ganze ein vermutlich ganz gut funktionierendes szenenbasiertes Abenteuer ist. Man hat ein bisschen Ermittlung und Reisen, ein bisschen Horror im Schloß, kleinere und größere Kämpfe, neue Bekanntschaften,Katastrophe in der Stadt und einen fulminanten Endkampf. Das kann sicher Spaß machen und lässt sich vermutlich ohne größere Krämpfe leiten. Ich denke nur, wenn man sich hier etwas mehr Offenheit getraut hätte, wäre aus dem Finstermann halt viel mehr herauszuholen gewesen.
Bevor ich zum zweiten Teil des Abenteuers komme, muss ich
kurz etwas zu der Strukturierung des Bandes sagen. Es gibt ja zur Zeit gerade in einem Nachbarthread eine Diskussion, inwiewiet DSA-Abenteuer besser als Romane veröffentlicht werden sollten. Ich will mich jetzt nicht in diese Diskussion einmischen, aber da es das hier besprochene Abenteuer in gewisser Weise berührt, will ich zumindest auf einen
Post von Achamanian in dieser Diskussion verlinken.
Die dort angesprochenen "texbedingten Probleme" liegen in gewisser Weise nämlich auch hier vor. Dies ist umso interessanter, als dass man dem Text das Bemühen, hier etwas ergebnis- und verfahrensoffenes (oder wie man das nennen möchte) zu schaffen, so stellt man sich durch die Struktur immer selbst ein Bein. Ich möchte hier nicht soweit gehen, dass die Wahl eines geschlossenen Textes und einem 'chronologischen' Aufbau nun per se Railroding erzwingt. Ein wenig prägt die Form aber eben doch den Inhalt.
Doch auch ab von solch grundsätzlichen Erwägungen, zeitigt die Strukturierung bzw. Form des Textes ganz praktische Folgen.
1. Der Text ist sehr geschwätzig.Das klingt etwas böser, als es gemeint ist, trifft aber m. E. das Problem am ehesten. Da der Text offenbar darauf abzielt, den Leser zu unterhalten, indem er gleichsam eine Geschichte bzw. mögliche Geschichtverläufe schildert. Dies ist durchaus erfolgreich! Wie alle DSA-Abenteuer liest sich das sehr unterhaltsam und gefällig. (Ich hatte mich darüber schon einmal etwas abfällig im alten Blubberthread
geäußert).
Allerdings geht das natürlich auf Kosten den Informationsdichte. (Wenn gewünschtr, führe ich das näher aus, aber das wird hier sowieso schon so lang, da verzichte ich jetzt erst einmal darauf.)
2. Das Wichtige ist weit verstreut. Hier nur ein Beispiel: Zuerst einmal ist die Handlung um den Finstermann in zwei Kapitel aufgeteilt,
Tödliche schatten und
Unsterblicher Schmerz, ersteres in der Mitte, letzteres am Ende des Bandes. Der einzige Grund für diese Aufteilung scheint zu sein, dass es als dramatisch passender Schluss erschien, dass der Sieg über den Erzfeind aus dem Totenreich gleichsam die Herrschaft der Helden über Zweimühlen noch einmal symbolisch erhöht und zudem den großen Bogen des Abenteuers schließt. Will man etwas über den Finstermann wissen, so muss man sich die Informationen an vier verschiedenen Stellen des Bandes heraussuchen. So erfährt man beispielsweise erst auf S. 84 die wichtige Inormation, dass das Niederbrennen des Spukschlosses den Finstermann LeP kostet und Mali bei ihm verursacht, eine schon auf S. 40 wichtige Information, schließlich ist das so ziemlich die einzige Tat mit der die Helden hier Einfluß auf den nächsten Teil des Abenteuers nehmen können (Gerade noch einmal nachgesehen, darauf wurde verwiesen. Das ist natürlich super und dann ist das auch nicht schlimm. Praktisch oder sinnvoll ist es dadurch aber noch nicht.) Auch die Anzahl der Schattenwandler im Schloss ist nur aus dem Abschnitt über die Schalcht zu schließen. Überhaupt nicht ermittelbar war, wie lange die Schattenwandler brauchen, um wiederzukehren,nachdem sie erschlagen wurden und wie schnell sich der Finstermann bewegt (kann er sich teleportieren wie seine Diener, kann er sich nur projezieren, kann er das immer?, wahrscheinlich mit der Geschwindigkeit des Plots. ); (Alles Sachen, die ich auch schlicht übersegen haben kann. Habe den Text aber immerhin zweimal gelesen)
Es sei hier zugegeben, dass jede Strukturierung ihre Nachteile hat und man immer wird ein wenig suchen müssen. Nur scheint mir hier die Aufteilung zum konkreten Leiten am Spieltisch ausgesprochen unpraktisch.
Es stellt sich letztlich die Frage, ob die gute Lesbarkeit nicht zu Lasten den Leitbarkeit geht.
Genug davon.
Das Abenteuers zweiter Teil Im zweiten Teil geht es um die endgültige Vernichtung des Finstermannes. Dafüpr müssen die Helden die Identität des Finstermannes ermitteln, sein Verhältnis zu Wulfrat in Erfahrung bringen, herausfinden, wo er gefallen ist und letztlich seine Leiche und insbesondere seinen Marschallsstab finden, der das entscheidende magische Gefäß ist. In diesem, bzw. einer Globule, deren Tor der Stab darstellt ist nämlich der arme Wolfrat gefangen.
Haben die Helden den Stab --- nach einem kurzen und sinnvoll eingestreuten Kampf gegen ein paar Skelette --- vom Schlachtfeld vor Wehrheim geborgen, so können sie nun verschiedene Wege beschreiten; diese sind sehr fein ausgebreitet und reichen von der Verwahrung des Stabes in einem Tempel, wo sich der Untote nicht erheben kann, dafür aber die Seele ihrer Qual ausgesetzt ist bis hin zu der pragmatischen Lösung, den Finstermann einfach alljährlich zu erschlagen.
Will man aber die arme Seele befreien, so muss man in die Alptraumwelt des Wolfrat von Rabenmund eindringen. Diese (sicherlich auch beste) Variante wird etwas ausführlicher bescrieben. Es wird darauf eingegangen, wen man um Hilfe bitten kann und wer diese auch bietet und wie man die entsprechenden Zauber, um eben in jene Traumglobule zu kommen, selbst lernen und verwenden kann.
Ist der Stab vor Ort und der Finstermann unter Kontrolle, können nun die Helden, evtl. unterstützt vom ehemaligen Geliebten, den Herrn aus seinen Albträumen befreien. Dazu müssen sie ihm in zwei prägenden Momenten beistehen, seinem Coming Out als Homosexueller und seiner Abweisung vor einem Feldherrenzelt. Ist es den Helden gelungen, die Realitätsdiche zu senken und Braggu (ein Dämon, der das ganze kontrolliert) zurückschlagen, können sie zum mit einem Unmetall (cool!) gefesselten Wolfrat vordringen. Hier gibt es wieder verschiedene Vorgehensweisen und einen albtraumhaften (haha) Kampf.
So linear der erste Teil des Abenteuers, so offen ist der zweite. Die Informationen werden ohne größere Erzählhuberei dargelegt und durchweg verschiedene Alternativen aufgezeigt. Schön gemacht. (Schade, dass Lob immer so viel kürzer als Tadel ist...)
Das einzige, mit dem ich nicht so recht etwas anzufangen weiß, ist die Traumsequenz. Dabei habe ich keineswegs etwas gegen solcherlei Sachen in Abenteuern, und mich stört der Emo-Porn daran auch nicht besonders, aber ich kann mir nicht recht vorstellen, was man da so konkret machen soll. Letztlich scheint es so, als bliebe den Helden nichts, als dem Herrn in seinem Alptraum zu sagen, das es voll o.k. sei, dass er schwul ist, und ihm klarzumachen, dass er doch ein ganz toller Hecht ist. Oder was immer. Das ist hier nicht einmal so sehr Kritik, als wirklich ein bisschen Unverständnis und Neugier. Ich wäre sehr dankbar über Berichte dazu, wie sich das am Spieltisch machte!
Pseudogesamtfazit zum Finstermann: Licht und Schatten liegen dich beeinander in dieser Kampagne.:-)
Vorsatz: Der nächste Teil muss kürzer werden!