Autor Thema: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?  (Gelesen 73546 mal)

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Offline Feuersänger

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #475 am: 5.03.2010 | 16:36 »
Da ist DSA halt auch wieder inkonsistent; immer schon gewesen. Einerseits ist die Rede nicht von SCs sondern von "Helden". Aber gleichzeitig werden seit MSZ jede Menge typische Anti-Helden als Spielerklassen angeboten; in DSA4 wurden es nochmal viel mehr (Stichwort Zuckerbäcker). Dass dann auch noch das DSA-Kleinhalt-System heldenhafte Aktionen über lange Strecken gekonnt unterbindet, sei in diesem Thread nur nebenbei erwähnt, ist ja schließlich nicht das Thema. Auf jeden Fall aber beisst sich Anspruch und Wirklichkeit von DSA, wie so oft.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Offline Markus

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #476 am: 5.03.2010 | 16:41 »
Sei es bei dem Versuch Vampire frei auf Basis der Char Motivationen zu spielen oder in einer freien Version des z.B. ST Universums zu agieren. Ersteres fuehrt zu exessiven Tavernenspiel, zweiteres laeuft sich nach spaetesdens ~3-7 Jahren imho spannungs technisch so etwas von tot. Selbstwenn man die Leute persoenlich kennt und rege kommuniziert.
Schönes Beispiel für einen gern gemachten Fehler. Wenn die Charaktermotivation in die Taverne führt habt ihr für's freie Spiel falsche Charaktere erstellt. Die eignen sich dafür genauso wenig wie Leute mit einer sehr spezifischen Motivation (Rache an XY) in generische SL-Abenteuer passen. Für's freie Spiel empfehlen sich Charaktere, die als Gruppe ein gemeinsames Ziel haben (und das dann auch verfolgen) und jedeR noch ein paar persönliche Ziele. Für generischen SL-Plot sind eher ziellose SCs günstig.

Einzelszenen: auch da muss man schon bei der Charaktererschaffung aufpassen. Wenn mich der SC eines anderen Spielers interessiert, weil ich ihn cool und spannend finde, und wenn ich auch mal was einwerfen darf, obwohl mein SC nicht dabei ist, dann schaue ich mir gerne auch mal eine längere Einzelszene mit diesem SC an. Wenn dagegen der Typ neben mir einen langweiligen guten Drow mit zwei Schwertern, Sonnenbrille und Trenchcoat baut und den auch entsprechend spielt wird's öde. Im gut durchgeskripteten Abenteuer ist das weniger ein Problem, da darf er halt vorher in der Kneipenszene und im Endkampf mal die coole Sau raushängen lassen, das macht mir nichts.

und so weiter und so fort. Es gibt da 'ne Menge Stellschrauben, die auf Anhieb nicht offensichtlich sind.

Offline Xemides

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #477 am: 5.03.2010 | 16:46 »
Ja, natürlich sollen Spieler, deren Charaktere nicht anwesend sind, den anderen in ihren Szenen Ratschläge geben, anfeuern, helfen, mit Popcorn bewerfen, die Rätsellösung vorflüstern usw usw. Es wäre je grauenhaft langweilig, wenn ich nix mehr sagen dürfte, nur weil mein Tschar "nicht dabei ist". So spielt doch auch keiner, oder? Dann wäre ja die Gruppentrennung wirklich ein Riesenproblem, weil nicht nur Tschars, sondern auch Spieler abgestellt sind, wenn gerade jemand anders "dran ist".

Doch, genau so spielen wir, in allen Runden die ich kenne. Aber ein Problem ist das für uns eigentlich nie, weil man ja vor der Gruppentrennung weiß, das dann halt nur die Anwesenden reden und die anderen zuhöhren. Das geht immer sehr gut.

Wichtig ist natürlich das Timing des SL, das der den Zeitaufwand nicht ausufern läßt und nach einer nicht zu langen ZEit wieder zu den anderen wechselt.

Das ist aber eigentlich auch egal, ob andere Charaktere dabei sind oder nicht (ich hasse Char und Tschar als Abkürzungen wie alle MMORPG-Begriffe), denn es gibt auch Situationen, bei denen die Gruppe zusammen ist und trotzdem nur einer redet und handelt.
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Achamanian

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #478 am: 5.03.2010 | 16:58 »
Doch, genau so spielen wir, in allen Runden die ich kenne. Aber ein Problem ist das für uns eigentlich nie, weil man ja vor der Gruppentrennung weiß, das dann halt nur die Anwesenden reden und die anderen zuhöhren. Das geht immer sehr gut.

Aber warum?
Ist es dann auch so, dass die Spieler nur In-Time reden dürfen?
Ich finde ja, zu den praktischen Sachen bei Pen&Paper gehört, dass z.B. ein Spieler den Magier spielen kann, ohne vielleicht alle Magieregeln super parat zu haben, und dass ein anderer Spieler, der vielleicht gerade den Kämpfer hat, die Magieregeln aber besser drauf, ihm auch mal sagen kann: "Hey, mach doch Zauber XY!" Klar, die Entscheidung liegt immer beim Spieler, den den Charakter führt, aber es spricht doch nichts dagegen, seine Mitspieler mit Anregungen zu füttern, solange man nicht aufdringlich wird, oder?

Offline Teylen

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #479 am: 5.03.2010 | 17:20 »
Nein, ich meine doch: Zu den von dir geschilderten Problemen kommt es nicht (bzw. sie sind vergleichsweise leicht zu lösen), wenn man darüber kommuniziert, was man und wie man spielt.
Wurde exessiv getan.
Im Mail / Foren RPG Bereich waren es gut vier unterschiedliche Spielerkreise mit denen sich auch mal im richtigen Leben getroffen wurde - aus allen Ecken "Deutschlands" - und die eigentlich in erster Linie nur Rollenspiel als Gemeinsamkeit hatten. Andere Sachen kamen hoechstens spaeter als Goodie.

Zitat
Warum sollten Spieler sich denn selbst mit exzessivem Tavernenspiel langweilen (bzw., wenn es ihnen wirklich Spaß macht, wo ist das Problem?)
Weil ihnen selbst nichts besseres einfaellt, sie schlicht zu friedlich sind, sie die Sicherheit zu sehr schaetzen und lieber auf einen Plot wachten.

Zum Einwurf von Markus:
Zitat
Wenn die Charaktermotivation in die Taverne führt habt ihr für's freie Spiel falsche Charaktere erstellt. Die eignen sich dafür genauso wenig wie Leute mit einer sehr spezifischen Motivation (Rache an XY) in generische SL-Abenteuer passen. Für's freie Spiel empfehlen sich Charaktere, die als Gruppe ein gemeinsames Ziel haben (und das dann auch verfolgen) und jedeR noch ein paar persönliche Ziele. Für generischen SL-Plot sind eher ziellose SCs günstig.
Die Charaktere hatten alle Ziele. Es wurde darauf geachtet das jeder Spieler seinem Char sich Chronik bezogene und pers. aufschrieb. Derer mindestens drei.
Die Spieler bekamen die Hintern der Charaktere dennoch nicht vom Tavernenstuhl hoch.
Bei ST ist es mehr ein "Ziehe aus und tue gutes" was irgendwann endet in "Wir/Ich zog aus und tat gutes" und auch nicht durch die Variation "Ich/Wir zogen aus und taten ungutes" spannender wurde.

Zurueck zu Achmanian..
Zitat
warum sollten sie versuchen, eine Übermacht überlegener Feinde (Nazgul) anzugreifen?
Weil sie einfach darauf vertrauen gewinnen zu koennen und gerade beim freien Spiel immer eine Chance haben wollen. Es quasi keine echte Relation zu einem ueberlegenen Feind gibt gerade wenn nach Gruppen Konsens keine Spieler Charaktere sterben koennen.

Zitat
Und warum betrachtest du das "warten müssen" schweigend von der negativen Warte der "Schmerzgrenze" aus, anstatt Vorschläge zu machen, wie sich das besser regeln ließe (z.B. durch Hin- und Herschneiden zwischen den Gruppenteilen)?
Weil es bis etwa eine halbe Stunde stimmig ist, gerne auch mit einer halben Stunde pro Grupptenteil, und ich mir dann verspreche auch irgendwann so eine halbe Stunde zu kriegen und nicht wirklich an der Schmerzgrenze.

Schwerer akzeptabel ist es lediglich ab mehr als einer halben Stunde, weil ich mich dann zurueck gesetzt fuehlte oder wenn die Gruppe mehr auseinander als beisammen ist.

Zitat
Und warum suchst du nicht auch nach Möglichkeiten, in der Wartzeit Spaß zu haben?
Weil ich nicht unbedingt soviel Spass Moeglichkeiten da sehe.
Heisst Kommentare gebe ich auch so schon ab. Aber halt im Rahmen.
Nu und ich will ja Rollenspiel Spielen und kein MST3K oder Waldorf und Sattler.

Wenn ich aber nun eine Stunde warte respektive das laengste war bisher gut zwei bis vier Stunden, also fast einen kompletten Abend bis auf 20 Minuten sehe ich da keine wirkliche Moeglichkeit daran Spass zu finden.

Zitat
Vielleicht haben die Leute, deren Charaktere gerade allein sind, durchaus auch Interesse an einem Gruppenerlebnis und wollen nicht nur ihren Egotrip durchziehen?
Wir spielen eher plotorientiert.
Nun und wenn es fuer mich ueber die Straenge schlug wendete ich mich da durchaus auch an den Spielleiter.

Zitat
Für mich klingen die ganzen Einwände jedenfalls mehr nach zuwenig Kommunikation über das, was man sich vom Spiel eigentlich erwartet.
Mit der Frage, ob man jetzt plotorientiert oder frei spielt, hat das doch eher wenig zu tun.
Nun ausser das es hier so dargestellt wird, wenn ich das richtig verstehe, das ein Vorteil des freien Spiel ist das sich die Gruppen mehr aufteilen koennen als es beim plotorientierten gegeben ist. Was auch logisch ist da man unterstellen kann das es beim plotorientierten Spiel in der Absicht des Spielleiters liegt und der die Leute entweder beisammen halten wird oder auf das Spotlight Balancing achten.
Beim freien muesste man da darauf vertrauen das keiner der Spieler entsprechend es verreist / ueber treibt.


Um die Diskussion mal ganz fies für mich zu beenden (weiteres gern per PM): Teylen, achso. Du spielst Vampire. Plötzlich ist mir alles klar.
Vielleicht ^^;
Wobei DSA und V:tM sich eh nahe stehen zu scheinen.
So wird in "Wege des Meisters" V:tM als Alternative bzw. ansprechendes System hervor gehoben. Nun und ich denke das Vampire Spieler tendentiell DSA'ler in mehr-oder-weniger 3v1l sind ^^;

Ist es dann auch so, dass die Spieler nur In-Time reden dürfen?
Ich persoenlich kann Out Game Taktik Diskussionen am Tisch beim P&P nicht ab.
Gerade solche zu "Kaempfe aber besser mal so". Boh! Oder gar Technik / Realismus diskussionen!
Weil es dann mehr von einem Strategie Spiel als von einem Rollenspiel hat.

Man kann ja etwas OT quatschen, aber nicht zuviel halt.
Tipps zum kaempfen, also hoechstens "Hey ich will den hauen. Was muss ich wuerfeln / wer kennt die Kampf regeln?"
Und eher danach.
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Achamanian

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #480 am: 5.03.2010 | 17:33 »
Weil ihnen selbst nichts besseres einfaellt, sie schlicht zu friedlich sind, sie die Sicherheit zu sehr schaetzen und lieber auf einen Plot wachten.

Also, wenn der SL sich denkt: "Jetzt sollen die mal machen, genügen Ziele und Probleme haben sie ja" und die SC auf den Plot warten, dann ist das doch so ziemlich das eindeutigste Zeichen von fehlgeschlagener Metakommunikation über den Spielstil, das man sich vorstellen kann.


Zurueck zu Achmanian..Weil sie einfach darauf vertrauen gewinnen zu koennen und gerade beim freien Spiel immer eine Chance haben wollen. Es quasi keine echte Relation zu einem ueberlegenen Feind gibt gerade wenn nach Gruppen Konsens keine Spieler Charaktere sterben koennen.

Okay, das ist nun wieder so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich mir unter freiem Spiel vorstelle. Warum "immer eine Chance haben"? Ich würde eher sagen: Frei handeln und dann auch die Konsequenzen tragen. Wer sich dann auf die marginale Chance verlassen will, die neun Nazgul im alleingang plattzumachen, soll das eben tun, mit entsprechenden Konsequenzen ... aber solche Fälle sind mir eigentlich noch fast nie begegnet.
Wichtig ist nur, dass die Charaktere auch Möglichkeiten haben, die Folgen ihres Handelns abzuschätzen, sodass sie nicht aus lauter Zufall mal eben über die Klinge springen.

Weil es bis etwa eine halbe Stunde stimmig ist, gerne auch mit einer halben Stunde pro Grupptenteil, und ich mir dann verspreche auch irgendwann so eine halbe Stunde zu kriegen und nicht wirklich an der Schmerzgrenze.
Schwerer akzeptabel ist es lediglich ab mehr als einer halben Stunde, weil ich mich dann zurueck gesetzt fuehlte oder wenn die Gruppe mehr auseinander als beisammen ist.

Die Einstellung, wo man sich seine Screentime gegen die anderen Spieler erkämpfen muss, ist mir echt fremd, bzw. ich habe das irgendwie schon erlebt, bin aber froh, dass die Zeiten vorbei sind ...

Nun und wenn es fuer mich ueber die Straenge schlug wendete ich mich da durchaus auch an den Spielleiter.

das klingt so, als sei der SL der Lehrer, bei dem man dann petzen oder sich beschweren geht, aber nur, wenn es ganz schlimm ist. Ich betrachte den SL ja eher als einen Mitspieler, mit dem man (outtime) auf Augenhöhe darüber redet, wie man das gemeinsame Spiel am besten gestaltet, genau wie mit den anderen Spielern.


EDIT:


Ich persoenlich kann Out Game Taktik Diskussionen am Tisch beim P&P nicht ab.
Gerade solche zu "Kaempfe aber besser mal so". Boh! Oder gar Technik / Realismus diskussionen!
Weil es dann mehr von einem Strategie Spiel als von einem Rollenspiel hat.

Realismusdiskussionen sind meistens schrecklich, okay. Aber es geht mir ja nicht nur um taktische Situationen wie Kämpfe, sondern allgemein darum, dass man auch die anderen Charaktere im Blick haben darf und den Spielern Anregungen geben ("he, warum lügst du ihm nicht einfach vor, dass ...?"). Das hat nix mit Strategie- vs. Rollenspiel zu tun. Das Verbot von Outgame-Reden klingt für mich eher nach Gutem Rollenspiel(TM).
« Letzte Änderung: 5.03.2010 | 17:40 von Achamanian »

Offline carthinius

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #481 am: 5.03.2010 | 17:42 »
Zum Thema "Gruppensplitten":
Der unterschied zwischen abnehmen und nicht spielen duerfen liegt fuer mich unter anderen bei der uebernehmen eines NSC.

Das heisst wenn die oder ein Charaktere zu dieser Zeit seperat spielen darf man aktuell nicht spielen weil der eigene Charakter gerade etwas anderes macht und sei es nur warten.

Wenn man dann allerdings einen Nichtspieler Charakter uebernehmen soll habe ich das Gefuehl das es ein Ersatz darstellen soll und mir mein eigentlicher Charakter gerade abgenommen wurde. Der wartet dann eben nicht mehr sondern wurde sozusagen ersetzt.

Ein Problem damit zu haben das man nichts machen kann - eigentlich genau genommen gerade ueberhaupt gar nicht mehr (mit)spielt - ist solange kein Eingriff in die Charakter Hoheit der Spieler solange man es nicht zum Ausdruck bringt respektive es mit der Aussicht auf eigene Spotlight Time ertraegt.
Zuvor verwendete ich das Beispiel einer Band und fuehrte die Soli an. Abgesehen von ein bisschen Stress habe ich da kein wirkliches Problem mit. In normalen Massen kann es sogar auf eine unrollenspielerische Art und Weise Spass machen anderen zu zuschauen.

Zu einem Problem wird es, und da weniger auf Charakter Ebene als auf menschlicher, wenn man als Krieger bei dem Abenteuer des Schurken ueberhaupt gar nicht mit kann weil es gegen jegliche Prinzipien verstoesst und eine Gruppe aus Schurke und Schwarzmagier neben der Gruppe von Krieger und Magier spielt. Anstelle das alle vier Spieler zusammen etwas spielen.
Das ist als wollte man miteinander Tennis spielen und dann steht man sich auf dem Tennisplatz nicht gegenueber sondern laesst sich, getrennt von einander mit einer Ballwurfmachine beschiessen.
Das sind meiner Meinung nach zwei Probleme, die du hier gerade in einen Topf wirfst. Das eine ist, dass du dich meinst, langweilen zu müssen, wenn dein SC nichts machen kann, weil ein anderer Spieler sein Solo hat, oder gar mit einem NSC "abgespeist" wirst, anstelle deinen Charakter spielen zu dürfen. Das andere ist, dass du es doof findest, einem anderen Charakter bei seinem (exessiven) Solo zuschauen zu müssen und gar nicht mitspielen zu können, weil die Charaktere da nicht passen.

Zu Problem zwei sage ich mal zuerst etwas. Meiner Wissens kommen solche Konstellationen zustande, sobald alle sagen "ich will gern das und das spielen!", aber sich keine Sau für das interessiert, was die anderen sagen. Sprich: Wenn ihr gemeinsam eure SC bauen würdet, würde euch auffallen, dass die Runde mit Praiosgeweihtem, Schwarzmagier und Taschendieb eventuell bis höchstwahrscheinlich nicht funktionieren kann; erst recht, wenn sich jeder noch 10 Seiten Hintergrund ausdenkt (1of3 hat das im Thread zu den Erweiterungen mal so schön "Solospiel" genannt, ich denke, das trifft es ganz gut). Wenn ihr die alle einzeln im stillen Kämmerlein baut, dann kann da nur noch der SL sagen "äh, nee find ich doof!", und dann ist der Spieler beleidigt, weil der SL im einen Charakter "verbietet". Sinnvoller ist es hier, in der Gruppe sich abzusprechen, was man gerne spielen will, gemeinsame Felder zu finden, die man beackern will (hier würde auch Eriks oben beschriebener Thorwaler wieder ins Spiel kommen: Wenn alle SC eher grau sind und vielleicht auch noch der Seefahrt nicht abgeneigt, spricht überhaupt nichts dagegen, dass die Gruppe beschließt, die 1000D einfach zu nehmen, sich ein Schiff zu kaufen und damit auf Kaperfahrt zu gehen! Auch hier gilt: Drüber reden hilft!). Man spricht ja auch gern darüber, "wo" man denn spielen will, also warum nicht auch "was" und "wie"! Warum MUSS denn eine Gruppe immer bunt zusammengewürfelt sein und eigentlich keine Motivation haben, irgendetwas zusammen zu tun (außer den Spielern, die eben wissen, dass das so sein muss)?!
Und selbst dann kann man noch unterschiedliche Charaktere haben, solange sie eben etwas Einendes haben - den gemeinsamen Feind, den man (noch!) nicht erreichen kann; die gleiche Abstammung; das gleiche Motiv (z.B. müssen alle aus diversen Gründen das Mittelreich verlassen und können auch erst einmal nicht zurück); Geld (hilft fast immer). Die Liste könnte ewig fortgesetzt werden.

Das andere (das erste) Problem ist das Spotlight-Problem: Das KANN in die Hose gehen, MUSS aber nicht. Denn: Jeder Spieler sollte eins kriegen. Das sollte auch jeder wissen. Jedes Spotlight sollte begrenzt sein - es kann also eher nicht angehen, dass es zwei Sitzungen nur um den Krieger geht (da gibt es Außnahmen, aber dazu später). Jedes Spotlight, das außerhalb der Gruppe spielt, lässt deswegen ja nicht die Gruppe einfrieren - nur weil der Dieb jetzt mal 20 Minuten ins Haus einbricht, steht die Gruppe ja nicht wie Salzsäulen in der Gegend rum; blödes Beispiel dafür (mir fällt grad nichts besseres ein): Geht die Gruppe einzeln einkaufen, wird ja auch nicht nur einer 20 Minuten ausgespielt und die anderen werden kurz mit "ja, kriegst du/nein, kriegst du nicht" abgefrühstückt. Wenn jeder in der Gruppe weiß, dass er sein Spotlight kriegen kann, ja sogar ein Anrecht darauf hat! Nicht nur der, der am lautesten schreit - das muss natürlich auch der SL sehen, aber das kann auch jeder in der Gruppe sagen: "Du, wieso darf der Krieger zum dritten Mal heute was alleine machen, mein Magier aber nicht?" Oder noch besser kommt das, wenn man das nicht für sich, sondern für andere fordert: "Du, warum darf denn Hagens Magier nicht allein in die Akademie? Fritz' Krieger durfte doch vorhin auch schon allein in den Rondratempel und allein zum Chef der Garde, findest du das fair?"
So weit, so gut. Jetzt zu deinem Problem mit "ich darf meinen Charakter nicht spielen und kriege so einen blöden Ersatz-NSC". Ich denke, du gehst falsch an die Sache heran. Der Gedanke ist, dass bei (längeren) Szenen eines anderen SC die anderen Spieler nicht dumm rumsitzen müssen, sondern aktiv sein können - daran ist erstmal nichts auszusetzen, oder? Dich stört jetzt, dass du einen anderen Charakter spielen sollst. Die Frage ist doch, warum stört dich das? Du bist doch zum Rollenspiel da - warum stört es dich, wenn du dann tatsächlich verschiedene Rollen spielen darfst und nicht nur eine? Du kannst an einem Abend nicht nur dein stolzer Krieger Rondrian sein, sondern auch Helge, der begriffsstutzige Gehilfe des Erzmagiers, der mit dem ganzen hochgestochenen Gefasel seines Herrn und dem SC-Magier nichts anfangen kann, aber trotzdem Sachen für sie tun soll; Arianna, die Schankmaid, die versucht, den Baron abzulenken, damit der charmante SC-Streuner, der ihr gerade schöne Augen gemacht hat, sich auf dessen Zimmer stehlen kann - und vielleicht kannst du sie erneut spielen, wenn der Streuner tatsächlich zum Date geht, dass sie ihm für den Gefallen abgeschwatzt hat ... da gibt es viele spannende Möglichkeiten! Außerdem wird durch KEINE dieser Aktionen dein Charakter entwertet! Warum auch? Auch hier gilt: Wenn Spieler 1 das bekommt, bekommt das jeder andere Spieler auch! Und der SL wird dadurch auch entlastet, denn er muss nicht 3 NSC auf einmal spielen, sondern nur einen oder vielleicht sogar gar keinen! Klar, diese Art von Spiel ist anders (und ich muss gestehen, in einer meiner Runden klappt sowas auch überhaupt nicht. Aber das heißt nicht, dass man es nicht ausprobieren sollte!). Du musst dafür nur erkennen, dass trotz allem weiterhin die SC die Hauptpersonen sind - aber das, was sie erleben können, wird dadurch viel bunter und spannender! Und damit ist auch das Solo eines anderen Spielers nicht mehr langweilig, denn du bist mittendrin, statt nur dabei.
 

Ich mag nicht das beim freien Spiel der Charakter alles machen kann und auch zusaetzlich vielleicht gar noch unterstellt wird das alles eine positive Auswirkung haben muss. Wenn die Charakter gefangen werden muessen mag ich etwas Illusion haben das es vielleicht nicht so ist, aber keine Option die komplett raus laeuft. Weder als SL noch als Spieler.
Es waere ja auch total irgendwie daneben, haette Frodo beim HdR bei der ersten Begnung sich nicht vor den Nazgul versteckt, sondern versucht sie umzubringen. Einfach weil die Geschichte danach fuer die Tonne ist und es unrealistisch waere.
Wer sagt denn, das beim freien Spiel alles positiv laufen muss?! Niemand sagt das! Wie kommst du darauf?! Das Scheitern der Helden ist sogar wahrscheinlicher als bei der Eisenbahn, denn die lässt ja andere Wege außer dem vorherbestimmten gar nicht zu - bei freiem Spiel scheitern die SC - wenn sie denn scheitern - selbstverschuldet, bei RR gewollt - egal, was sie tun. Was ist besser?

Uhm, ich versuche den anderen dann nicht in ihre Szene reinzuquatschen.
Finde ich ja etwas unhoeflich ^^;
Von meinem Reinquatsch-Faktor kann man hoechstens ablesen das ich ungehaltener werden
Also dagegen spreche ich mich erst aus wenn es meine "ausharren" Schmerzgrenze ueberschreitet. Heisst erst ab etwa einer Stunde nichts tun und warten schlaegt mein Stress in Frust um [wenn ich n schlechten Tag habe auch nach einer etwa dreiviertel Stunde]. Zumal ich *dann* anfange Zeit zu rechnen - also ob man den selben Spotlight Faktor krieg - was bisher die Laune net hob.
Eine Stunde Solo?! Das wär mir schon nach einer halben Stunde zuviel - erst recht, wenn ich wüsste, dass ich nichts gleichwertiges kriegen würde. Da ist es als Spieler dein Recht, den SL darauf hinzuweisen, dass hier gerade 4 Leute am Tisch sitzen, die heute Abend auch gern noch etwas machen würden. Bei unserer Warhammer-Runde vor zwei Wochen war zwar auch Gruppensplitting, das länger dauerte, aber da waren 2 Spieler auf einem Fest, während die anderen 4 Kultisten jagen gingen - da war für beide Gruppen klar, dass die Soli auf jeden Fall gleichwertig ausgespielt würden. Und so war es auch, und bei beiden Szenen hatten die, die zuhören/zuschauen mussten, auch ihren Spaß dabei.
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Offline Teylen

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #482 am: 5.03.2010 | 17:45 »
Also, wenn der SL sich denkt: "Jetzt sollen die mal machen, genügen Ziele und Probleme haben sie ja" und die SC auf den Plot warten, dann ist das doch so ziemlich das eindeutigste Zeichen von fehlgeschlagener Metakommunikation über den Spielstil, das man sich vorstellen kann.
Es wurde mehrfach explizit gesagt was erwartet wurde.
Von so beiden Seiten.
Es half nur nichts ^^;

Zitat
[Nazgul beim ersten begegnen plaetten wollen]
Okay, das ist nun wieder so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich mir unter freiem Spiel vorstelle.
Char-Unsterblichkeit steht imho aussen vor bei der Frage frei / nicht. Finde ich.

Zumal der Frodo-Spieler theorethisch ja noch gar nicht weiss was fuer ein Uebervieh der Nazgul da ist.
Nu und als praktisches Beispiel kenne ich auch Spieler die als HDR-Gruppe ernsthaft versucht haetten den Balrog zu plaetten. Was bei starker plotorientierung und entsprechender SL nicht der Fall waere.
Nu und es wird sich doch auch beschwert das man bei dem Borbard Abenteuer nix gegen Borbard tun kann weil der durch SC per default unverwundbar ist. Ist doch das selbe wie Nazgul plaetten moegen,..

Zitat
Die Einstellung, wo man sich seine Screentime gegen die anderen Spieler erkämpfen muss, ist mir echt fremd, bzw. ich habe das irgendwie schon erlebt, bin aber froh, dass die Zeiten vorbei sind ...
Ich gehe nicht davon aus das man sie sich erkaempfen muss sondern das es irgendwo verteilt wird. So vom SL.
Beim plotorientierten Spiel, nicht beim freien. Weil da wird ja das nicht geplant / so eingeteilt.

Zitat
Ich betrachte den SL ja eher als einen Mitspieler, mit dem man (outtime) auf Augenhöhe darüber redet, wie man das gemeinsame Spiel am besten gestaltet, genau wie mit den anderen Spielern.
Hat nichts mit petzen zu tun sondern eher damit das bei Plotorientierung mit RR-Faktor der SL dafuer mit zustaendig ist wieviel Zeit der Charaktere mit agieren kann. Und da mopse ich den auch nicht fies an sondern schildere ganz normal das ich ein Problem fuer mich sehe wenn ich einen Abend fast nix machen kann und auch bei so 1 Stunde+ warten eher ungluecklich werde als Spielspass habe..

@carthinius
Deinen Beitrag lese ich etwas spaeter, wollte nur das hier schonmal abschicken..
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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #483 am: 5.03.2010 | 17:48 »
Es wurde mehrfach explizit gesagt was erwartet wurde.
Von so beiden Seiten.
Es half nur nichts ^^;
Das finde ich wiederum höchst verwunderlich. Wer ging denn da mit welcher Erwartung ans Spiel? "Der SL wird uns schon anspielen" gegen "Die werden schon was tun, wenn sie was machen wollen"? Oder wie?!

@carthinius
Deinen Beitrag lese ich etwas spaeter, wollte nur das hier schonmal abschicken..
Kein Ding, ich muss jetzt auch erstmal weg. Bis später dann!  :D
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Offline Xemides

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #484 am: 5.03.2010 | 17:53 »
Aber warum?
Ist es dann auch so, dass die Spieler nur In-Time reden dürfen?
Ich finde ja, zu den praktischen Sachen bei Pen&Paper gehört, dass z.B. ein Spieler den Magier spielen kann, ohne vielleicht alle Magieregeln super parat zu haben, und dass ein anderer Spieler, der vielleicht gerade den Kämpfer hat, die Magieregeln aber besser drauf, ihm auch mal sagen kann: "Hey, mach doch Zauber XY!" Klar, die Entscheidung liegt immer beim Spieler, den den Charakter führt, aber es spricht doch nichts dagegen, seine Mitspieler mit Anregungen zu füttern, solange man nicht aufdringlich wird, oder?

Da bin ich sicher mehr der Stimungsspieler.

Out Game Gespräche gibt es bei uns immer reichlich, machmal auch einfach zu viele, so dass es störend ist weil es zum Beispiel den Spielfluß und die Athmosphäre stört (böses Wort, ich weiss).

Ich bin auch der Meinung, dass ein Spieler die seinen Charakter betreffenden Regeln schon kennen sollte. Ich habe zum Beispiel bei keinem Rollenspiel die Regeln im Kopf, schreibe mir aber gerne Zusammenfassungen für die meinen Charakter betreffenden Sachen heraus und habe diese parat.

Aber es geht ja auch nicht nur um Regeln.

Ich finde aber auch dass es die Immersion stört, wenn ein Spieler eines Charakters, der alleine in einer Situation ist, diese Situation nicht alleine lösen muss sondern Hilfe von den anderen bekommt.

Solche Situationen möchte ich auch so erleben, wie sie der Charakter erlebt. Das ist auch ein Nervenkitzel für mich.
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Achamanian

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #485 am: 5.03.2010 | 17:57 »
Ich gehe nicht davon aus das man sie sich erkaempfen muss sondern das es irgendwo verteilt wird. So vom SL.
Beim plotorientierten Spiel, nicht beim freien. Weil da wird ja das nicht geplant / so eingeteilt.


Aber es ist doch genausogut möglich, beim freien Spiel ein bewusstes Spielzeitmanagament zu betreiben. Sogar noch besser: Wenn sich im Plotorientierten, vorgescripteten Abenteuer ein einzelner SC irgendwie unabsichtlich aus dem Plot geschossen hat, dann hast du gar nichts mehr, was du mit ihm machen kannst. Bei freiem Spiel ist es dagegen kein Problem, abwechselnd mit dem einen Spieler und dem Rest der Gruppe zu spielen und bei beiden zu sehen, wie es weitergeht und wann es wieder zusammenläuft.

Was das Charaktersterben angeht: Das stimmt, das ist natürlich erstmal unabhängig von RR oder frei, und auch eine Absprache, die man am besten im Vorhinein trifft. Ich meinte eher, dass ich tendenziell mit dem freien Spiel assoziiere, dass die Charaktere auch mal ins Gras beißen können, weil's halt dumm gelaufen ist, während ich beim RR davon ausgehe, dass Charaktere, die brav dem Plot folgen, IMMER durchkommen, weil das ja vom Abenteuer so vorgesehen ist. Das man das in beiden Spielweisen auch bewusst anders einrichten kann (Plotorientiert mit Charaktersterben durch Würfelpech und Freies Spiel mit Sicherheitsvorkehrungen gegen Charaktersterben) ist mir klar, aber der "natürliche " Zusammenhang scheint mir eher andersrum zu sein.

Achamanian

  • Gast
Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #486 am: 5.03.2010 | 18:01 »
Solche Situationen möchte ich auch so erleben, wie sie der Charakter erlebt. Das ist auch ein Nervenkitzel für mich.

Okay, das konzept verstehe ich zwar, ich finde aber, dass man sich damit einer der schönsten Ressourcen für interessantes Rollenspiel beraubt. Manchmal hat eben ein anderer Spieler genau die Idee, die jetzt für den Charakter passend wäre (Spieler 1: "He, wäre es nicht super, wenn dein Thorwaler ...?" - Spieler 2 mit leuchtenden Augen: "jaaa!"). Und gerade, wenn der Magier mit klugheit 18 vor einem schier unlösbaren Rätsel steht, dürfen ihm natürlich ALLE Spieler dabei helfen, seinen überlegenen Intellekt zu simulieren!

Offline Oberkampf

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #487 am: 5.03.2010 | 18:38 »
Darf ich mir als (seit langem) nicht (mehr) DSA-Spieler  einige kurze Anmerkungen erlauben (da ich die Diskussion spannend finde, aber nur teilweise nachvollziehen kann)? (Ich versuche auch, ein paar DSA-Beispiele zu bringen, die sich natürlich alle auf sehr alte Regeln/Abenteuer beziehen   :-[)

1. Das Aufsplitten der Gruppe
Persönlich mag ich sowas auch nicht unbedingt, aber ist das wirklich ausschließlich ein Problem des "Freien Spiels"? Dunkel erinnere ich mich an ein DSA-Abenteuer, wo ein einzelner Helden wegen des Plots von der Gruppe getrennt wurde (und dann einen Maulwurf-NSC übernehmen musste). Das war die Geschichte von irgendsoeinem Elfenvampir. Sowas kommt also auch beim RR vor. Selbst wenn es im freien Spiel häufiger auftritt kann man sich im freieren Spiel ja Techniken/Strategien überlegen (bzw. Techniken nachschlagen), die das Aufsplittern der Gruppe begrenzen oder verkürzen.

Mich jedenfalls überzeugt das Argument, freies/offenes Rollenspiel würde Solospiel zur Folge haben, nicht wirklich.

2. Planlosigkeit der Charaktere
Mir ist schon klar, dass nicht jeder Spieler einerseits so kreativ ist, seinem Charakter Ziele zu setzen und diese zu verfolgen, und andererseits so rücksichtsvoll ist, den Rest der Gruppe in seine "private" Story einzubinden. Aber muss ein freies Spiel unbedingt jedem Spieler abverlangen, Ziele für seinen Charakter zu entwerfen (und die Gefahr eingehen, dass einige Spieler ihre Charaktere in der Taverne versacken lassen)? Man kann doch durchaus in einem eher am Setting als an der "Story" orientierten Spiel verschiedene Aufträge (mitsamt NSC-Auftraggebern) haben - bloß liegt es halt an der Gruppe, wessen Aufträge sie annimmt (und damit: wessen Partei sie langfristig ergreift).

Das geht über in:

3. Freiheit der Ziele - Freiheit der Mittel
Hier überschneidet sich für mich die Diskussion zwischen der Wahl der Charakterziele und der Wahl der Mittel, eine Herausforderung zu lösen. Das Seeogerbeispiel aus der Diskussion mal zur Verdeutlichung herangezogen: Anscheinend müssen die Spieler nicht bloß ein vom Abenteuer vorgegebenes Ziel mit einer vorgegebenen heroischen guten Gesinnung verfolgen (womit ich mich durchaus abfinden kann), sondern sind auch gezwungen, dem exakten Lösungsplan des Abenteuers Szene für Szene zu folgen (was mich als Spieler zur Weißglut bringen würde). Ich glaube, dass sind zwei verschiedene Paar Schuhe, die nach meinem Eindruck nicht immer in der Diskussion unterschieden wurden. (Wenn ich "one shots" leite, gebe ich auch das Ziel klar und sehr eng begrenzt vor, damit die Gruppe in die Gänge kommt, aber verschiedene Herangehensweisen stehen den Spielern trotzdem offen.) (DSA-Beispiel: mit einer gezielten Feuerlanze kann man den Elfenhenker aus "Ein Streuner soll sterben" durchaus abfackeln...)

wenn ich schon bei den Mitteln/Wegen bin:

4. Freiheit und Erfolgsgarantie
Mal kurz ein Zitat von Teylen (es geht um das Nazghul-Beispiel):
Zitat
Weil sie einfach darauf vertrauen gewinnen zu koennen und gerade beim freien Spiel immer eine Chance haben wollen. Es quasi keine echte Relation zu einem ueberlegenen Feind gibt gerade wenn nach Gruppen Konsens keine Spieler Charaktere sterben koennen.
Da kann ich nicht ganz zustimmen. Ich glaube, die Leute, die freies Rollenspiel propagieren (in der einen oder anderen Form), haben auch ein tendenziell offenes Verhältnis zum Würfel und seinem Ergebnis - auch wenn der Wurf zum Tod eines SCs führt. Mehr Entscheidungsfreiheit für die Spieler setzt das Risiko nicht außer Kraft. (DSA-Beispiel: man kann sich auch mit den eingesetzten ASP bei der Feuerlanze auf den Elfen verschätzen...)
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Offline Naga

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #488 am: 5.03.2010 | 19:21 »
Da schätzt du falsch... beim freien Spiel liegt VIEL mehr Verantwortung beim Spielleiter, weil er neutral bleiben muss, während bei der Eisenbahn die Linie vorgegeben wird.

Wo bitte steht geschrieben, dass der SL beim freien Spiel neutral sein muss?

Imho verdankt man genau solchen Behauptungen den Eindruck, dass manche "ach so unabhängige Spieler" gleich Railroading und Spielleiterwillkür schreien sobald der SL klotzt statt zu kleckern ohne den Spielern explizit ne Hintertür einzubauen.


Aber warum ich mich eigentlich doch noch mal in diesem Thread melde:

Warum wird sich so am "DSA-Kaufabenteuer sind auf gut gesinnte Charaktere ausgerichtet" aufgehangen?
Das ist nicht neu (mindestens seit dem Halbling-Assassinen nicht mehr) und auch nicht unbekannt (steht ja schon in den Grundregelwerken).

Andere Systeme treffen doch ebenso "einschränkende" Vorauswahlen: Vampire-Geschichten gehen von SC-Vampiren aus, Shadowrun-Abenteuer von Söldnern, Earthdawn-Abenteuer von Adepten, D&D-Abenteuer von übermenschlichen Massenschlächtern etc.

Seltsamerweise regt sich da niemand drüber auf, während der gleiche Punkt hier im DSA-Bereich ständig wiedergekäut wird. Wieso?

Offline Hotzenplot

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #489 am: 5.03.2010 | 19:45 »
Wieso?

Langeweile, Spaß, Mitteilungsbedürfnis. So ungefähr. :)

Ich spiele schon ziemlich lange DSA und habe meinen Spielstil immer wieder verändert, oft natürlich unbewusst. Wie vermutlich viele andere wechsele ich auch innerhalb weniger Spieltage oder sogar eines Spielabends mal ganz gerne zwischen freiem Spiel, sandschubsen und eisenbahnern. Mir machts Bock, den Spielern auch.
Ich habe schon als Kind die geschriebenen DSA-Abenteuer immer nur als Vorschläge verstanden und bin mir auch sicher, dass das von der Redaktion so gemeint ist, inklusive Metaplot, Regeln usw.

Meiner Meinung nach sollte man jede Rollenspielgruppe so spielen lassen, wie sie Lust hat und davon ablassen, Spielern mit anderer Philosophie unbedingt die als objektiv richtige Lage der Dinge verfasste eigene Meinung dermaßen penetrant nahezulegen. Hat ja schon was von einer Missionierung, das hier ist aber kein Glaubenskrieg. Aber wie ich weiß, landet dieser Appell im Hinterstübchen und stirbt da einen einsamen Tod.  >;D
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Offline Feuersänger

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #490 am: 5.03.2010 | 19:51 »
@Naga: zur Charakterauswahl: es passt halt einfach nicht zusammen, dass das System Charaktertypen als Spielerklassen anbietet, die dann vom Spiel nicht unterstützt werden. Die breite Auswahl der Charakterklassen suggeriert hier eine Wahlfreiheit, die in der Praxis nicht existiert. Also zumindest bei den Kaufabenteuern.

Es mag ja sein, dass es das Phänomen auch bei anderen Rollenspielen gibt. Das macht aber die Sache nicht besser.
--

Zum "freien Spiel": ich will als Spieler da auch bestimmte Safeguards haben. Ich will zum Beispiel nicht, dass der SL mich kaltlächelnd in etwas hineinrennen lässt, von dem er genau weiß dass es den Char / die Party umbringen wird, aber nichts sagt weil das dann ja "Railroading" oder sowas wäre. Da haben wir wieder die Sache mit den unterschiedlichen Wahrnehmungen: mal halten die Spieler den Seeoger für besiegbar, während der SL weiß, dass sie keine Chance haben. Mal ist es genau umgekehrt, und die Spieler drücken sich um einen Encounter, den der SL für sehr gut machbar hält. In solchen Situationen will ich klare Ansagen haben, denn ICH sitze am Spieltisch und nehme die Spielwelt nicht aus erster Hand wahr, also brauche ich da Hilfestellung.
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Offline Markus

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #491 am: 5.03.2010 | 20:10 »
@Teylen
Hab ihr für Vampire die Motivationen aus dem Regelwerk genommen? Die sind Mist, viel zu abstrakt. Eine gute Motivation ist eine, aus der sich natürlich ergibt, dass der Charakter etwas _tun_ muss. Vielleicht auch schon in etwa, was das sein könnte. Wenn man das macht kann der SC garnicht in der Taverne sitzen bleiben, ohne seine Motivation zu ignorieren. Wenn der Spieler es doch macht kann man klar sagen: Hey Spieler, glaubst du deine Rache an Baron Tunichgut wird durch saufen und würfeln von selbst zustande kommen?

ErikErikson

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #492 am: 5.03.2010 | 20:21 »
Ich sehe das freie Spiel mal einfach als ganz andere Sache. Damit es funzt, braucht man einige Zeit, also als One Shot ungeeignet. Dann viel Metadiskussion, damit jedem klar ist was Sache. Besonders gut muss die Gruppenkonstellation abgesprochen sein.

Was ich im RR für leicht irrsinnig halte wie Gruppentrennung ohne NSC Vergabe, Spotlight für einen Char länger als ne viertelstunde oder OT-Reinreden, sind dann eventuell schlicht funktionale Techniken in so einem freien Spiel. Bisher hab ich freies Spiel in dieser extremen Form aber noch nie erlebt, mag sein das das rockt.

Zu der Vermischung von Zielen und Methoden, da lass ich meinen Spielern die Methoden immer frei. Ich würde behaupten, es gibt kaum einen RR Meister, der seinen Spielern die Methoden vorschreibt. Wie soll er das eigentlich machen?  Sagen Nein, das geht nicht? Solche Leute gibts nur sehr selten.

Es überschneidet sich aber ebbes, weil manche Ziele eine offensichtlich beste Methode haben. Und solche Ziele trifft man im RR sehr häufig. Bsp. ist es meist sinniger, die Straße zu nehmen als sich durch die Wildniss zu schlagen. In solchen Fällen würde ich den Chars, die ohne speziellen Grund (alle Waldläufer) durch die Wildniss wollen, einen gewissen Opportunismus unterstellen.


Offline Feuersänger

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #493 am: 5.03.2010 | 20:55 »
Ziele und Methoden: kennst du den schönen Spruch, "Kein Plot übersteht den Erstkontakt mit den Abenteurern"?
Da ist was wahres dran, und das ist der Grund, warum meine Spielleiter sich schon überhaupt keine "Musterlösungen" mehr zurechtlegen (ein bestimmtes Abenteuerziel vorausgesetzt); sie überlegen sich zwar immer mindestens ein oder zwei Ansätze, die funktionieren können, aber lassen den Spielern völlig freie Hand, bzw warten einfach ab wie wir die Sache angehen.
Die Erfahrung zeigt, dass übertriebene Ausgestaltungen SL-seits selten gutgetan hätten, weil wir halt meistens ganz andere Einfälle hatten, mit denen der SL nicht gerechnet hat, die aber funktioniert haben.

Das klappt, wie gesagt, weil der SL da mit einer Art "Auftragstaktik" rangeht, es wäre also nur vorgegeben: Der Seeoger hat Person XY entführt und fordert 1000D Lösegeld, die auch bereit stehen. Auftrag: bringt XY sicher und gesund nach Hause zurück.
Wie ich mich und meine Mitspieler kenne, würden wir unsere Überlegungen darauf konzentrieren, wie wir das Opfer befreien können, ohne das Lösegeld zu zahlen, um dieses selber einstreichen zu können.

Dieser Leitansatz beisst sich aber mit Plotelementen nach Art von "Die Party wird überfallen und gefangengenommen. Wenn sie sich hartnäckig der Gefangennahme widersetzen, müssen sie sterben. Nach der Gefangennahme geht es da und da weiter."
Natürlich _kann_ die Gegenseite versuchen, die Party gefangenzunehmen. Aber ebenso dürfen die SCs versuchen, sich dem zu entziehen. Da ist es auch imho generell schlechter Stil, ihnen eine offensichtlich unbesiegbare Übermacht vorzusetzen, die den Spielern gar keine andere Wahl lässt. Denn dann kann der SL das Spiel auch gleich wieder durch eine Cutscene ersetzen.


Bsp. ist es meist sinniger, die Straße zu nehmen als sich durch die Wildniss zu schlagen. In solchen Fällen würde ich den Chars, die ohne speziellen Grund (alle Waldläufer) durch die Wildniss wollen, einen gewissen Opportunismus unterstellen.

Wieso Opportunismus? Sicher, dass das das richtige Wort ist für das, was du meinst?

Grundsätzlich würde ich sagen: wenn die Chars lieber abseits der Straße laufen wollen, werden die Spieler sich schon was dabei denken. Wahrscheinlich wollen sie Wegelagerer und ähnliche Scherereien vermeiden. Daran finde ich nichts Ungehöriges, im Gegenteil. Natürlich müssen sie dadurch gewisse Nachteile in Kauf nehmen (Geschwindigkeit etc), aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Im Gegenteil habe ich SLs gefressen, die ein solches Vorgehen unterbinden, weil es ihnen nicht in den Kram passt. Hab ich z.B. mal erlebt, dass wir in einem Gasthaus den starken Verdacht hatten, belauscht zu werden, und uns deshalb lieber draußen unterhalten wollten. Da kam dann "Draussen regnet es." - "Na und, dann regnet's halt." - "Hey, das ist schlechtes Rollenspiel." - weil er der Meinung war, unsere Charaktere könnten gar nicht wissen, dass sie evtl. belauscht würden.
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ErikErikson

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #494 am: 5.03.2010 | 21:04 »
Dem mit den Methoden stimm ich zu. Aber wieso beist sich das mit der Gefangennahme? Die ist dann eben ne kurze Cutszene. Ich würde dann halt die Spielrealität so anpassen, das der Spielerplan trotz Gefangennahme durchführbar ist. Eventuell nach ner Befreiungasaktion oder so.

Die Gefangennahme kann ich nicht rauslassen, weil sie, so definiere ich sie jetzt mal willkürlich, essentiell für den dramatischen Aufbau des Abenteuers und sehr spannend ist (ich weiss das ist schwammig). Anders: Die Szene ist so toll, die will ich unbedingt meinen Spielern zeigen.

Zur Wildnis: Da bin ich von meiner Gruppe ausgegangen, ohne es zu erwähnen.Man sehe: Die Spieler sind keine Wildnischars. Die Wildniss gilt als sehr gefährlich. Die Helden haben Pferde und nen Karren. Zeit ist essentiell. Unter diesen Umständen wäre der Begriff Opportismus angebraucht, oder?


Offline carthinius

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #495 am: 6.03.2010 | 01:24 »
Anders: Die Szene ist so toll, die will ich unbedingt meinen Spielern zeigen.
Bist du sicher, dass das die Spieler auch so sehen? Bist du sicher, dass deine Spieler die Szene auch auf jeden Fall toll finden?
Das ist ja eben das Problem: Kein SL (und erst recht kein Autor, der meine Runde überhaupt nicht kennt) kann wissen, was meine Spieler geil finden, worauf sie sicher anspringen, was sie total kalt lässt. Sicherlich gibt es geile Szenen, und sicherlich kann man die auch gern einbauen. Sobald aber eben feste Szenen oder Ereignisse, die einen bestimmten Ausgang bzw. ein bestimmtes Verhalten erfordern, zwingend vorausgesetzt werden, damit die Sache funktionieren kann - also die Sache, von der der Autor/SL denkt, dass sie geil ist -, kann ich doch gar nicht mehr sicher sagen, dass die Spieler das geil finden; erst recht nicht, wenn geile Szene D voraussetzt, dass die Spieler brav von A über Aktion B und Szene C kommen. Und wenn ich sie über A, B und C gegängelt habe, obwohl sie andere Dinge tun wollten, dann finden sie D mit Sicherheit nicht mehr geil.
Ich als SL kann ja nicht einmal sicher wissen, was meine Spieler wirklich geil finden, wenn sie es mir nicht sagen. Deswegen gibt es ja Techniken wie Flags oder In-Game-Ziele und Motivationen - die Spieler sollen mir sagen, was sie gern hätten, dann kann ich darauf auch eingehen. Natürlich kann ich als SL auch immer ignorieren, was meine Spieler wollen; das geht umso einfacher, je weniger man darüber redet. Sobald ich das aber weiß und weiter ignoriere, desto eher krieg ich irgendwann einen auf die Mütze. Ist vermutlich der Grund, warum SL, die "ihr Ding durchziehen" wollen, sowas nicht anwenden.
Lustigerweise machen ja viele "wahre Rollenspieler" es ansatzweise richtig, nur verkehrt herum: Sie schreiben 10 Seiten Hintergrund, in dem sie im Grunde schon festlegen, wie ihr Charakter tickt, was ihn interessiert und was in antreibt; aber: Sie lassen ihren Charakter dann sozusagen mit Spielbeginn im Regen stehen. Stattdessen sollten sie lieber 10 Seiten schreiben, genau diese Punkte daraus ableiten, in ein paar knackige Stichpunkte umsetzen (gern auch mit Gewichtung) und das ihrem SL auf einem Zettel geben. Das liest er auch, 10 Seiten Prosa von jedem in der Runde bestimmt nicht.

Im übrigen halte ich "freies Spiel" keineswegs für den Heiligen Gral des Rollenspiels - ich habe nur kein Bock mehr auf unreflektiertes Railroading, vermutlich nicht mal mehr auf reflektiertes (bzw. nur in geringen Dosen). Und noch einmal: Freies Spiel bedeutet nicht Sandbox über alles - es trägt nur vielmehr der folgender Tatsache Rechnung:
"Kein Plot übersteht den Erstkontakt mit den Abenteurern"?
Feuersänger sagt dazu auch ein paar sehr richtige Dinge.

Insgesamt habe ich halt oft das Gefühl, dass RR gerade für SL wichtig ist, die meinen, auf alles vorbereitet sein zu müssen - weil sie merken, dass sie nicht alle Gegebenheiten voraussehen können, "blocken" sie dann eben das, was ihnen überhaupt nicht in den Kram passt, egal was dafür ihre Motivation sein mag: geplante Begegnungen, fixe Szenen, die passieren müssen, ein bestimmter Zeitrahmen, der gefüllt werden muss etc. Damit landet man dann irgendwann eben bei dem "ich lass ihnen hier ein wenig Freilauf, da ist das ja nicht wichtig, aber wenn nachher der Plot wiederkommt, dann müssen sie wieder in den Zug". Genauso ist es eine Illusion, dass die Spieler Freiheiten beim Erforschen hätten, wenn es nur einen Weg gibt, bestimmte Wenn-Dann-Situationen auszulösen - dafür müssten sie nämlich in den Kopf des SL hineinschauen können. Und das stieß mir halt als Spieler irgendwann sauer auf.
Sicherlich kannst du sagen, dass ich als Spieler vielleicht einfach nicht erahnen konnte, was der SL/der Plot jetzt gern hätte (du nennst das ja als ein Element deines typischen DSA-Spiels). Aber muss ich das denn? Nicht jede Spieler-Aktion muss potentiell das (geplotete) Abenteuer zerhauen - wenn ein Spieler kein Abenteuer spielen wollen würde, dann würde er ja nicht am Tisch sitzen, oder?

Oh, und noch etwas: Niemand garantiert (oder behauptet), dass Freies Spiel immer total geil ist. Das kann genauso kacke sein wie jedes andere Abenteuer. Aber dann waren immerhin alle daran schuld und nicht nur eine Seite von Spieltisch. 
Meine itch.io-Seite | Guild of Gnomes, ein Hack von Lasers & Feelings (bisher nur auf englisch verfügbar) | Böser Mond, du stehst so stille, ein Szenario für Warhammer Fantasy RPG 3rd | DURF (Deutsche Ausgabe), ein knackiges, regelleichtes Dungeon-Fantasy-Rollenspiel

ErikErikson

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #496 am: 6.03.2010 | 07:44 »
Ja, dem kann ich voll zustimmen.

Ich bin natürlich auch ebbes egoistisch. Ich leite manchen Szenen tatsächlich nur, weil sie MIR Spaß machen. Zwar gehe ich davon aus, das sie auch den anderen gefallen, aber der wo über die Auswahl entscheidet bin ich.

Es ist für mich auch Spaß, den Plot durch Änderung der Welt dann doch durchzuziehen, auch wenn die Spieler ganz abstruse Dinge durchziehen, die ich seltenst blockiere. Das find ich schön, das der SL die ganze Welt einsetzen und jederzeit verändern kann.

Ein wichtiger Unterschied ist sicher auch, was Spaß macht: Ich bin jetzt gar nicht soooo scharf drauf, die Motivation meines Chars zu erfüllen. Die ist für mich auch ein Hilfsmittel ihn zu spielen. Klar freuts mich, wenn mein Erik Plündern kann oder auf See gehen kann, das ist toll! Aber das gibt iMHO nichts her, wenn ers die ganze Zeit machen würde, das wär dann schnell eintönig. Aber so ein bisschen freies Spiel und dazu ne Geschichte, das wär grade das optimale.

Also am besten ne schöne RR Story, mit der Möglichkeit die Ziele meines Chars zu verwirklichen.  :)

Das ist jetzt wirklich nur, was mir persönlich grade gefallen würde.

 

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #497 am: 6.03.2010 | 08:30 »
Ich sehe das freie Spiel mal einfach als ganz andere Sache. Damit es funzt, braucht man einige Zeit, also als One Shot ungeeignet. Dann viel Metadiskussion, damit jedem klar ist was Sache. Besonders gut muss die Gruppenkonstellation abgesprochen sein.

Überhaupt nicht!
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Offline Feuersänger

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #498 am: 6.03.2010 | 09:52 »
Dem mit den Methoden stimm ich zu. Aber wieso beist sich das mit der Gefangennahme?

Weil du dir da bereits von vornherein fest vorgenommen hast, Spielerentscheidungen zu entwerten. Vielleicht legen sich die Helden ja alle brav schlafen, verbocken ihre Wahrnehmungsproben und wachen gefesselt wieder auf. Schön. Vielleicht sichern sie aber auch ihr Lager, stellen immer zwei Wachen gleichzeitig auf um sicherzugehen dass keiner wegpennt, wirken womöglich noch Wachzauber oder ziehen andere Register, um eben solche Schwulitäten zu vermeiden. Da sagst du nun als SL "Ist mir alles scheißegal, ich will mein Ding durchziehen, und wenn ich mir dafür einen 15.stufigen Zauberer aus dem Arsch ziehen muss".
So ein Leitstil ist perfekt geeignet, um die Spieler zu frustrieren und ihnen gründlich abzugewöhnen, sich überhaupt Gedanken zum Spiel zu machen. Wenn sie merken, dass sowieso nichts fruchtet, werden sie - wenn sie überhaupt noch mitspielen - nur noch dasitzen und sich bemärchenonkeln lassen. Jegliche Eigeninitiative ist ja sowieso für die Katz.

Zitat
Zur Wildnis: Da bin ich von meiner Gruppe ausgegangen, ohne es zu erwähnen.Man sehe: Die Spieler sind keine Wildnischars. Die Wildniss gilt als sehr gefährlich. Die Helden haben Pferde und nen Karren. Zeit ist essentiell. Unter diesen Umständen wäre der Begriff Opportismus angebraucht, oder?

Hat damit überhaupt nichts zu tun. Opportunismus heisst in etwa, die gegebenen Umstände zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen. Für eine genauere Definition siehe Wikipedia. Ich meine schon zu wissen, was du sagen willst, aber dafür ist Opportunismus einfach nicht das richtige Wort.
Also zur Klarstellung, was meinst du, warum deine Spieler nicht die Straße benutzen wollen? Vielleicht, weil sie sich denken "Wir kennen doch unseren SL, da lauert uns bestimmt jemand auf; aber wenn wir durch die Wildnis latschen kann uns ja gar niemand auflauern, weil das wäre ja total unrealistisch."
Natürlich sitzt du als SL da am längeren Hebel, und kannst z.B. sagen: ihr müsst in 3 Tagen da und da sein, das könnt ihr auf der Straße genau schaffen, aber durch die Pampa schafft ihr in der Zeit höchstens die halbe Strecke, weil der Karren ständig steckenbleibt. Das ist durchaus legitim. Nur würde ich sagen, dann können sich die Spieler überlegen, ob sie vielleicht den Karren zurücklassen wollen, und welche Konsequenzen ihre spätere Ankunft haben wird, und nach wie vor entscheiden wo sie langgehen wollen.
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Zitat von: ErikErikson
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ErikErikson

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Re: [DSA und]Freies Spiel - warum überhaupt?
« Antwort #499 am: 6.03.2010 | 10:44 »
Stimmt, du hast recht. Zum Opportunismus sagt Wiki: Opportun heißt „herangetragen“ (wörtlich), „gelegen“ (figurativ), und bezieht sich auf eine günstige Gelegenheit; der Opportunist geht weiter, er nutzt eine günstige Gelegenheit ohne Rücksicht auf Konsequenzen oder eigene Wertvorstellungen zu seinem Vorteil.

Eigentlich meinte ich,das die Spieler sich quer stellen. Wie sagt man dann dazu?

Zur Entwertung: Mir als SL fallen die Augen zu, wenn mir meine Spieler ständig beschreiben, wie sie jetzt ihr Lager sicher und wieviele Wachen sie aufstellen. Wenn ich das haben will, spiel ich Schicksalsklinge.  ;) Ich will meine Spieler auch nicht zu para machen. Aber ich denke, das war jetzt mehr ein Beispiel von dir.

Also allgemeiner: Ich entwerte selten. Sagen wir, die Spieler stellen immer Wachen auf, und nach dem zweiten Stufe 15 Magier kommts ihnen irgendwie koscher vor, und sie denken sich, warum machen wir das überhaupt? DIch will aber unbedingt die Gefangennahme machen, was tu ich dann?

Theoretisch wärs ne schnelle Cutscene. Aber da die Helden ihr Lager umständlich sichern, scheinen sies ausspielen zu wollen. Das macht die Sache schwieriger.

Schwer auch, weils die Helden hier direkt drauf anlegen, ja nicht gefangengenommen zu werden. Daraus schließe ich, das die Helden eventuell Gefanhennahmen hassen. In dem Fall würd ich ne Ausnahme machen und sie eben nicht gefangennehmen.

Insgesamt hast du hier einen fürs RR wirklich blöden Fall gewählt.

Alternativ sind sie vielleicht nur vorsichtig. Dann würde ich einen Schwachpunkt in ihrer Verteidigung suchen, bsp. würde ich sie nicht nachts überfallen, sondern einer der Räuber weiblich, gutaussehen, würd sie in eine Falle locken.

Zur Straße: Da müssen die Helden rauf, weil sie da ihre Infos kriegen. Ich kann sie hier schlecht durch die Wildnis laufen lassen. Daher hab ich ihnen eben Incentive gegeben, auf der Straße zu bleiben, sie wollen bsp. auch noch Kopfgeld für Straßenräuber.

Vor allem deutet alles drauf hin, das sie die Straße nehmen sollen. Ich hab ihnen bsp. auch die Pferde gegeben. Von meinen Spielern erwarte ich, das sie auf solche Winke mit dem Zaunpfahl eingehen. Explizit gesagt. Jeder, der was gegen hat, konnte sich vorher abmelden.

Ich versuch das nicht zu übertreiben, aber manchmal muss dass sein. Wenn sie durch die Wildniss laufen, kann ich jede Menge Begegnungen abschreiben, die einfach wichtig sind. Dann weiss ich von vornherein, dass sie scheitern, weil ihnen einfach Infos und Helfer fehlen. Die kann ich ihnen in der Wildniss kaum plausibel vermitteln.

Dann wärs für mich langweilig, weil dann könnt ich nur noch zuschauen, wie sie in ihren Untergang laufen.

Ich finds auch besser, wenn die Spieler dem SL in gewisser Weise vertrauen, etwa dass er, wenn er ihnen Winke mit Zaunpfahl gibt, es auch sinnig ist denen zu folgen. Bei anderen SL hätten die Spieler ev. nen Vorteil in der Wildniss, weil sie so die Wegelagerer auf der Straße vermeiden. Bei mir nicht, weil ich meine Kämpfe eh an andern Aspekten festmache, etwa dramaturgisch oder wenn ich denke, jetzt ham grad alle Lust auf Fight.